Ter Dffizler ergriff mit seinen zar?en weißen Fingern schnell die Bücher, blätterte sie durch, schüttelte sie und schleuderte sie mit einer geschickten Handbewegung beiseite. Bisweilen klatschte ein Buch weich aus den Fußboden. Alle schwiegen. Man hörte nur das schwere Schnauben der schwitzenden Gendarmen, Sporenklirren und bisweilen die leise Frage: Hier schon nachgesehen?" Die Mutter stand neben Pawel an der Wand, hatte die Hände wie auf der Brust verschränkt und blickte ebenfalls den Offizier an. Ihre Knie zitterten und wogender Nebel ver- schleierte ihre Augen. Plötzlich tönte durch das Schweigen Nikolais scharfe Stimme: Wozu ist das nötig die Bücher auf die Erde zu werfen?" Die Mutter fuhr zusammen. Twersakoff nickte, als hätte ihn jemand in den Nacken gestoßen, und Rybin räusperte sich und blickte Nikolai aufmerksam an. Der Ossizier warf den Kopf hoch, blinzelte mit den Augen und bohrte eine Sekunde den Blick in das pockennarbige, bunte, unbewegliche Gesicht... Seine Finger blätterten die Seiten noch schneller um. Bisweilen riß er seine großen, grauen Augen so weit auf, als sei ihm unerträglich web zu- mute und als wäre er bereit, einen lauten ohnmächtigen Wut- schrei auszustoßen. Soldat!" sagte Wjessowschtschikow wieder,hebt die , aus.. Alle Gendarmen wandten sich ihm zu und blickten dann auf den Offizier. Ter erhob wieder den Kopf, ließ einen forschenden Blick über die breite Gestalt Nikolais schweifen und näselte: Na o.. Hebt sie auf Ein Gendarm bückte sich und begann die zerzausten Bücher aufzuheben. Dabei schielte er nach Wjessowschtschikow hin... Der Nikolai sollte doch still sein!",,» flüsterte die Mitter Pawel leise zu. Ter zuckte die Achseln. Der Kleinrusfe senkte den Kopf. Was ist das da für ein Flüstern? Bitte zu schweigen! Wer liest hier die Bibel?" Ich!" sagte Pawel. Aha... Und wem gehören diese Bücher? Mir!" erwiderte Pawel. So!" sagte der Offizier und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Dann knackte er mit seinen zarten Fingern, schob die Füße unter den Tisch, glättete seinen Schnurrbart und fragte Nikolai: Bist Du Andrej Nachodka?"._ Jawohl!" erwiderte Nikolai, bortretend. Ter Klein- rnsse streckte die Hand aus, faßte ihn an der Schulter und drängte ihn zurück. Er irrt sich! Ich bin Andrej!..." Der Offizier erhob die Hand, drbhte Wjessowschtschikow mit dem kleinen Finger und sagte: Du, paß auf!..." Er stöberte in seinen Papieren. Bon der Straße blickte die helle Mondnacht mit starren Augen inS Fenster. Vor dem Fenster ging jemand langsam aus und ab, der Schnee knirschte. (Fortsetzung folgt.) J�och einmal ßlutsvcrwandtfchaft. Von Dr. C. Thesin g. In dem Unkerhaltungsblatt Nr. 133 berichtet H. G. über die tvichtigsten Erscheinungen des Blutes. Es fei mir hier gestattet, noch einige ergänzende Tatsachen diesen interessanten Ausführungen zuzufügen. Wir erfuhren dort bereits von der merkwürdigen Er- fcheinung, daß das Blut zweier verschiedener Tierarten aufeinander «ine stark zersetzende Wirkung ausübt und die roten Blutkörperchen des einen Individuums von der Blutflüssigkeit des anderen zer- stört werden. Die Gistwirkung ist um so schwerer, je ferner die verwandtschaftlichen Beziehungen der betreffenden Arten find. während bei einander sehr nahestehenden Tieren oder gar bei In- bividuen der gleichen Art überhaupt keine schädlichen Folgen mehr beobachtet werden. Durch zahlreiche interessante Untersuchungen vermochte nun Friedenthal den Nachweis zu erbringen, daß das Blutserum eines Menschen Wohl noch die roten Blutkörperchen von Hundsaffen lPaviancn usw.) zerstört, nicht aber mehr die der Menschenaffen(Schimpanse, Orang usw.). Auch der umgekehrte Versuch gelang vollständig, auch die rvken Bluischeiben des Menschen wurden in den meisten Fällen von dem Blutserum niederer Affen aufgelöst, dagegen blieb bei Benutzung des Blutess höherer Affen diese Reaktion aus. Es ist eine seit langem bekannte, wertvolle Eigentümlichkeit des lebenden Körpers, für jedes eingeführte Gift oder Toxin ein Gegengift oder Antitoxin zu erzeugen, das die gefährlichen Wirkungen des ersteren bekämpft Auf dieser Fähigkeit beruht es. daß sich der Organismus mit der Zeit durch allmähliche Steigerung der Giftdosen selbst an dir schwersten Gifte zu gewöhnen vermag, Wer kennt nicht die alle Sage von Mithridates, dem mächtigen Herrscher von Pontus, der aus Furcht von Meuchelmord seinen Körper so gegen alle Gifte gefestigt hatte, daß er bei Zusammen- brnch seines blutigen Ruhmes keine Giftmenge mehr fand, starb genug, ihn von seinem elenden Leben zu erlösen. Endlich gab nncr seiner wenigen Getreuen dem Könige mit dem Schwerte den er-> sehnten Tod. Auch als Folge der Einspritzung artfremden Blutes bilden sich in dem tierischen Körper gewisse Stoffe, die wir als Präcipitine bezeichnen und die sich bei lange währender systematischer Vor- behandlung mit einer bestimmten Blutart in großer Menge in dem Blute des Versuchstieres aufspeichern. Diese Präcipitine haben die merkwürdige Eigenschaft, in der Blutflüftigkeit der Tierart, von welcher das Blut zu den Injektionen(Einspritzungen) gelvonnen wurde, auffallende Niederschläge zu erzeugen, während sie das Blut aller anderen Tierarten unverändert lassen. Doch ein Beispiel wird dieses klarer machen. Spritzt man einem Kaninchen in regelmäßigen Zwischenräumen von zwei bis zu sechs Tagen je 10 Kubikzentimeter Huhnerblut ein wenn sich das Tierchen erst an das fremde Blut gewöhnt hat, kann man auch die Menge etwas steigern, dann erhält man endlich ein Kaninchen- blutserum-Hühncrantiserum, das, mit Hühnerblut vermischt, in diesem sehr starke trübe Niederschläge erzeugt, da? Blut anderer Tiere dagegen klar läßt. So interessant diese Beobachtung ist, so würde sie für den Zweck des Nachweises einer Blutsverwandtschaft zwischen ver- schiedenen Tieren doch ohne Bedeutung sein, falls nicht auch die Wirkung des so gewonnenen Kaninchenserums ebenso wie die Gift- Wirkung des Blutes selbst keine streng spezifische wäre. Mit anderen Worten, das Kaninchensernm erzeugt nicht nur im Hühnerblut, sondern auch in dem der am nächsten verwandten Tier- arten einen, wenn auch schwächeren Niederschlag. Diese Eigenschaft ist von N u t a l l und anderen Forschern' zum Ausgangspunkt ge- nommen worden, um in umfangreichem Maßstab die verwandt- schaftlichen Beziehungen der Tierwelt zu ermitteln. Versuche, die im großen und ganzen zu einer glänzenden Bestätigung der Er- gebnissc führten, zu denen wir bereits vorher auf Grund der ver- glerchend-anatomischcn und entwickelungsgeschichtlichcn Forschungen gelangt waren. Wir können hier natürlich nur einige dieser intcr- essantcn Untersuchungen herausgreifen. Es verdient aber noch bemerkt zu werden, daß man auf Grund positiv ausgefallener Ver- suche niemals sagen kann, wie nahe die untersuchten Tiere miteinander verwandt sind. Ans der Menge und Stärke des Niederschlages können wir vielmehr nur schließen, daß ein Tier.A näher mit dem Tiere B a l s mit dem Tiere C verwandt sei. Durch eine sinn- reiche Methode hat es Nutall ermöglicht, durch einfache Messung der Menge des Niederschlages den Verwandtschaftsgrad zu ver- gleichen. So ergab beispielsweise ein Antischafferum, das man durch fortgesetzte Einspritzung von Schafblut bei einem Kaninchen erziell, mit Schafblut zusammengebracht einen kräftigen Nieder- schlag, dessen Menge man als IMproz. bezeichnet. Mit Rinderblut vermischt, betrug die Menge des Niederschlages entsprechend der entfernteren Verwandtschaft nur noch etwa 80 Proz., bei der Antilope bv Proz., beim Para 47 Proz., beim Rcnnticr 30 Proz.» beim Schwein 20 Proz., beim Pferd 16 Proz., bei der Katze 12 Proz.» beim Hund 7 Proz. und beim Kängernh nur noch 5 Proz. Ganz entsprechend lieferte ein Antischweineserum beim Schwein 100 Proz., beim Para 14 Proz., bei der Katze 14 Proz., beim Hund und Schaf je 13 Proz. und beim Känguruh S Proz. Ein Antirinderseriun lieferte nicht nur bei anderen Rinderarten Reaktionen, sondern schwächere auch noch bei Schafen, Ziegen, Antilopen und- Gnus. Wir dürfen nach der Meinung von Nutall und anderer Forscher ans diesen Versuchen wohl den Schluß ziehen, daß auch der stammesgcschichtliche Verwandtschaftsgrad dieser Tiere der Menge des Niederschlages entspräche. Auch über die verwandtschaftliche Stellung des Menschen im Tierreiche versuchte Nutall in der gleichen Weise Licht zu ver- breiten, und es ist bemerkenswert, daß diese Experimente nicht nur zu den gleichen Ergebnissen führten wie die Versuche Friedenthals, sondern sich auch mit dem von Haeckel aufgestellten Stammbaum der Herrentiere im Einklang befinden. Es zcigre sich nämlich» wie zu erwarten war, daß ein Antimenschserum bei Mensche»? ver- schicdener Rassen die stärkste Reaktion lieferte, eine etwas schwächere bei den menschenähnlichen Affen, noch geringer wurde die Höhe des Niederschlages bei Meerkatzen und Pavianen, am geringste», bei den Affen der neuen Welt, den sogenannten Brcilnasen oder Platyrhincn. Bei den Halbaffen oder Prosinrien endlich trat nur in seltenen Fällen und bei Anwendung sehr starker Sera eine leichte Trübung auf. Ja, die Versuche deuten sogar darauf hin, daß die biochemische Verschiedenheit, welche das Menschengeschlecht