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Damit ging er fort.
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Natürlich bleibt bestimmend das Land der Herkunft. Es gibt Ja, rutscht nur ab!" murmelte Rybin. Ihr seid schon den Ton für Ohr und Auge. Das soll und wird ja auch immer leine Menschen mehr, sondern nur Kitt... mit dem man so sein. Aber gleichviel: wer will fagen, ob Jbsen mehr interSpalten verschmiert. Hast Du gesehen, Pawel, wer da rief, national, mehr germanisch oder mehr spezifisch nordisch ist? Er man sollte Dich zum Deputierten wählen? Dieselben, die bleibt ein Europäer auf der Grundlage des Norwegers; ein Sagten, Du feist ein Sozialist, ein Aufwiegler... genau die Heimatkünstler" auf der Grundlage des Internationalismus. Nach zwei Jahrtausenden entstand als ebenbürtiges Gegenstück felben. Sie treiben einen ins Unglüc und hinterher heißt zum antifen Drama das moderne. Aber von den Griechen bis zu es: Geschieht ihm ganz recht." Shakespeare ist kein weiterer Weg als von Shakespeare zu Jbsen. In ihrer Weise haben sie recht!" sagte Pawel. Und die letzten drei Jahrhunderte haben Drama und Theater aller „ Auch die Wölfe haben recht, wenn sie ihresgleichen zer- Nationen ebenso gründlich durcheinandergeschüttelt, wie es vorher, reißen..." bei so viel langsamerem und geringerem Verkehr, zwei Jahrtausende bermocht hatten. Wenn einst nach den Griechen die Römer am Kunstdrama herumegperimentierten und spätere Jahrhunderte beider Leistungen wieder hervorsuchten, während ständig allerlei Volksschauspiele durch ganz Europa und noch weiterhin fortlebten, bis in Shakespeare sich beide Strömungen vereinigten- so griff seit dem Beginn des achtzehnten Jahrhunderts bald diefes, bald jenes Volk nach der neuen dramatischen Gattung, die eine weitere Bermensch lichung der Kunst bedeutete: nach dem sogenannten bürgerlichen Trauerspiel und seinen Bariationen.
Rybins Gesicht war mürrisch, seine Stimme zitterte ungewöhnlich.
,, Dem nackten Wort glauben die Leute nicht muß erst leiden, dies Wort in Blut tauchen.
Man
Den ganzen Tag ging Patel finster, müde, sonderbar unruhig hin und her; seine Augen brannten und schienen etwas zu suchen. Als die Mutter das bemerkte, fragte sie borsichtig:
Was hast Du, Pawel?" bit di
Der Kopf tut mir weh!..." sagte er nachdenklich. Solltest Dich zu Bett legen... Ich hole den Doktor." Er sah sie an und erwiderte schnell:
Eigentlich hatte die Art ja in England angefangen, wo Billo und Edward Moore fie vertraten. Und schon 1755 folgte ihnen Lessing mit der Miß Sara Sampson". Sie könnte also in Deutsch land fcheinbar als Urahne des heutigen Dramas gelten. Aber man hat vor zwei Jahren mit Recht vergessen, sie zu feiern. Denn ,, Nein, ist nicht nötig... ist nichts, das geht schon vorerst Diderot legte theoretisch und praktisch den Grund zum neuen über." Drama.
( Fortsetzung folgt.)
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Das bürgerliche Trauerspiel.
( 1757-1907.)
Von Rudolf Franz( Marburg .) Menschen und Ereignisse werden geboren, denen man's lange nicht anmerkt, was sie zu bedeuten haben. Daß einer bei seinem fünfzigsten Geburtstag hoch gefeiert wird, ist schon eine Seltenheit. Meist muß er den hundertsten erleben oder nicht erleben, um längst verdienter Ehren teilhaftig zu werden.
Nur bei Prinzen liegt der Fall umgekehrt: wenn sie zur Welt kommen, donnern die Kanonen; sind erst hundert Jahre vorüber, so fräht gemeiniglich kein Hahn mehr nach ihnen.
Leute, die was ganz Neues und Besonderes geleistet haben, warten auch wohl noch länger als hundert Jahre, bis der Nachwelt zum Bewußtsein kommt, was die Mitwelt versäumt hat. Ebenso ist es mit Ereignissen, mit Neuerungen, die sachte anheben, später fast im Sande verlaufen und dann auf einmal in ihrer ganzen Macht dastehen. So ging es mit den Zeitungen.
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Nach vielen Jahrzehnten muß die Welt noch froh sein, wenn sie wenigstens das Jahr des Ursprungs einer Sache weiß; das Jahr, in dem der neue Gedanke zuerst Form gewann so daß man jagen darf: damals fing es an. Wenn eines Menschen Größe erst von späten Geschlechtern erfannt wird, so liegt die Schuld an den früheren. Aber eine Begebenheit fann sehr wohl erst nach Menschenaltern Bedeutung er langen: indem sich nämlich dann erft zeigt, wozu fie den Grund gelegt hat, für welche Entwickelung fie bestimmend gewesen ist.
Noch vor fünfzig Jahren konnte man nicht ahnen, daß jene neue Art des Dramas, die neben dem„ hohen" Drama schon längst aufgekommen war, zu einem Gipfel führen würde. Es lagen zwar einige halbwegs bürgerliche" Stücke der deutschen Klassiker vor, aber sie galten nicht recht für voll. Auch Hebbels, Maria Magdalene " war ein vereinzelter Vorstoß. Was aber sonst auf diesem Gebiet geschaffen wurde, war durchaus nur geeignet, die ganze Richtung zu diskreditieren. Erst mußten Augier und der jüngere Dumas tommen, um einige Pionierarbeit zu leisten, bis dann der einzige Norweger in einem Vierteljahrhundert den Riefenbau unter Dach brachte, an dem fast zwei Jahrhunderte sich vergebens gemüht hatten.
Aus dem Jahre 1757 stammt der natürliche Sohn" des Diderot . Unter den vielen und vielerlei Kindern dieses fruchtbaren und umfassenden Genies ist der natürliche Sohn" wirklich eine Art Bastard gezeugt wie fein Bruder, der Hausvater", in einer furzen freien Che.
Die Entwickelungsgeschichte der Geisteswissenschaften ist ja die beste Widerlegung alles überpatriotischen Geschwäges. Tausend feste, feine Fäden gehen von Land zu Land, aus einem Jahrhundert ins andere. Und gerade die Geschichte des Dramas, das kraft seiner Knappheit so unmitelbar und träftig auf die Menschen wirkt, ist ein Beispiel dafür, was aus der gemeinsamen Arbeit der Völker entstehen kann. Ja, heute scheint es sogar, das Zurücktreten der na tionalen Eigentümlichkeit fönne noch viel weiter gehen, als selbst der Sozialismus einstweilen annimmt. Denn zeigt nicht Jbsen die vollendetste Internationalität in jedem Sinne? Hat er nicht, nach Form und Geist, für ganz Europa geschrieben, viel mehr als jemals einer vor ihm? Er lebte in Norwegen , in Deutschland , in Italien . Und das gab eine wundersame Mischung.
In Frankreich hatte vorher La Chauffée es zwar zu„ rührenden Lustspielen" gebracht; aber schon tat er den Schritt, in diesen seinen ernsthaften Komödien dem Publikum Leute seinesgleichen vorzuführen, Gemütszustände und Konflikte zu schildern, die allgemeine Menschensache sind. Mit anderen Worten: dem Fürstentum, dem Adel wurde eines seiner absurdesten Vorrechte entzogen, nämlich das, sogar auf dem Theater nur ernst genommen zu werden. Wie damals schon das reine Lustspiel hoch hinaufzugreifen wagte und vornehme Leute recht menschlich nackt auf die Bretter brachte: so begann das ernste Drama, die Tragik auch des bürgerlichen Menschen zu er weisen. Es vollzog sich also ein Ausgleich der Stoffgebiete beider Hauptgattungen des Dramas, wie es auch gleichzeitig zu einer Verschmelzung des Heitern und Ernsten eben in der„ comédie larmoyante", im„ rührenden Lustspiel" kam. Diese Bezeichnung war ursprünglich eine Spottname, wie denn in der Tat die Gattung mur rechte Spottgeburten zur Welt brachte. Aber solcherlei Verbindung zweier Gegensäge enthielt( oder erhielt wenigstens später) gleichwohl ihren tieferen Sinn. Mit dem Namen der„ Tragödie" ist es vielleicht einst ähnlich gegangen wenn es stimmt, daß der Stamm
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vater diefes Ausdrucks ein Tragos, ein Bock ist.
Um Götter und übermenschliche Helden, mindestens aber um Könige und Königsgenossen handelt sich's im antiken Drama. Shakespeare begnügte sich gelegentlich schon mit minderen Leuten und gab überties seinen Dramen einen proletarischen Einschlag, der zwar meist komische Tendenz besaß, gelegentlich aber schon, jei es auch nur in der Komik, sehr ernsthaft wirkt. So ein Shakespearescher Klown ist ein Symbol der Verschmelzung von Spaß und Trauer dieser Welt.
Aber in Frankreich mußte die respektlose Umwertung der Werte zuerst versucht werden. Und just nach dem glänzendsten seiner Fürsten fing man ernsthafter an, die hohen Herrschaften zu bespaßen
und in notwendiger Konsequenz sich um die Leiden der niedriger Gestellten zu fümmern. Die Tal laßt sein erhöhet! Der prächtige Diderot hat es ausgesprochen, daß eigentlich die Tränen und das Unglück unten im Volfe, Glück und Heiterkeit aber auf den Höhen zu Hause sind; weshalb denn auch das Lustspiel viel mehr Ursache habe, sich in diesen oberen Regionen aufzuhalten, und umgekehrt das Trauerspiel, auf den Erdboden herabzusteigen.
Diderot war es, der am Klarsten und wahrsten fühlte und erkannte, daß eine große Umwälzung des ganzen Dramas not wendig und möglich sei. Was tut es, daß er das Ziel der neuen Richtung falsch steckte; daß er auf ein gar zu rührendes, gar zu moralhaftes, gar zu bürgerliches Drama lossteuerte! Was tut es, daß er selbst mit bösem gutem Beispiel voranging und Dramen schuf, deren Schwüchen uns ihre Vorzüge zwar um so lieber, deren Schönheiten aber ihre Mängel um so unerträglicher machen! Lessing , auch Schiller und Goethe empfanden wohl die Größe diefer Leistung. Aber jener sah zu gut, wie wenig seine dem Diderot verwandte Anlage ihn zum Dramatifer befähigte; und die beiden anderen wurden, nach Jugendabschweifungen, durch ihre befonderen Kunsttendenzen zum anderen Stil des Dramas hingezogen. Kurz: es bedurfte erst, wie immer, bahnbrechender Experimentatoren; fräftige Leute mußten kommen, die stupellos die neue Art auf die Spitze trieben und erst einmal ausprobierten, was damit zu machen war. Und so erschienen zuerst Männer wie Jffland und Kotzebue , die gerade die anfechtbarste Eigentümlichkeit jenes bürgerlichen Traueripiels", die Sentimentalität, unerträglich häuften. Diese beiden sind ja seither oft genug von ganz denselben Leuten verhöhnt worden, deren Geistesverwandte einst bei ihnen so gern in Tränen schwammen. Man pflegt dann die Schuld auf Diderot zu schieben. sollte doch Wichtigeres und Nichtigeres über diesen und seine Dramen zu sagen wissen, als der Verfasser einer Geschichte der französischen Literatur", der da meint:" Schlegel hat recht, wenn er sagt, daß
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Aber man