NSH der erstes Bahnberechnung der Mond dem Titan zu fern stand.Es bleibt daher die begründete Möglichkeit, dah wir über kurz oderlang mit der Nachricht von der Entdeckung eines 1l. Saturns-rnondes beglückt werden, wenn anders nicht ein anderer Körpergänzlich unbekannter Art diese Spuren hervorgerufen haben sollte—? eine gänzlich abzuweisende Vermutung.Die Entdeckung des gesuchten neunten Saturnsmondes ge-Paltete sich zu einer reinen Hydra. Ein Mond wurde gesucht undzwei fanden sich. Damit nicht genug: es steht weiterer Zuwachsin Aussicht l L-e,(Nachdruck verboten.)Im Sletfcberglaii�.Im Engelberger Hexenkessel brütete die Julisonne. Hoch überdem Gewühl der Bergführer und englischen Dandys, der Möncheund französischen Koketten, der biederen deutschen Bergkraxler undamerikanischen Milliardäre schien rein und blank, wie ein silbernesSchild, die gewölbte Kuppe des Titlis. Endlich hatte ich mit einemFührer abgeschlossen. Ein prächtiger Bursch, der«Hessen Kari".So um die Vierzig herum, ein Vollbart und unter den zusammen»gezogenen Augenbrauen, zwischen denen einige senkrechte Falten vonder Nasenwurzel ausliefen, ein Paar freundliche, gute Augen.Heut nacht noch würde er mir nachkommen nach dem Trübseehotel.Das ist ein grosser Holzkasten mit spartanisch einfacher Zimmer-einrichtung, wo man, nach zweistündigem Marsch auf steilen Saum-Pfaden, die Nacht zubringt. Am Abendessen nehmen da gewöhnlichnur Hand- und bcinfcste Menschen teil, die über die Renommagemit den schwergenagelten Schuhen schon hinaus sind. Unten ineiner Art Kellerstube sitzen und rauchen die Führer und unterhaltensich, oft in nicht sehr ehrerbietigem Ton, über ihre„Herren".Morgens um zwei Uhr klopfte es gelinde an meine Zimmertür.Ich war schon halb angekleidet. Zwei Tassen heihen Kaffees warenbald getrunken. Dann traten wir hinaus in die sternenhelle, frischeNacht. Gerade über dem Titlis stand die bleiche Mondsichel ündder Gletscher leuchtete wie Perlmutter.Zwischen tauschwerem Gebüsch hindurch, das unsere Gesichtermit kühlen Küssen streifte, wanden wir uns den engen steilen Pfadhinauf. Von fern her kam durch die-Nachtstille das verloreneRauschen der Gletschcrbäche wie ein heimlicher Gesang, der nurgestört wurde durch den klingenden Schritt der genagelten Berg-schuhe auf dem harten Steingeröll. Aus den Tiefen herauf strahltendie blauen Bogenlampen bor dem grossen Engelberger Hotel, indem in weichen Betten der reiche Bergpöbel schlief. Die Liniender massigen Felsenblöcke um uns herum verschwommen imschlvachen Mond- und Sternenschein und wie ein stummes Lied vomewig Werdenden lag es über den Graten. Zwei Stunden langgings so, ohne dass ein Wort zwischen uns gewechselt wurde. Nureinmal hatte sich der Führer umgedreht und gesagt:„Schön ist'sheut nacht." Und ich antwortete ihm:„Ja,'S ist schön heut nacht."Als wir gerade an einer kleinen Quelle einen Schluck Wasser undeinige Tropfen Kognak darin tranken, bekam die Quelle in demFelsbecken einen rötlichen Schein. Die Sonne kam. Alle Felsen-zinnen, die schauerlichen, gegen den Himmel blöckenden Zähne derzerrissenen Grate, und alle massiven Steintürme des Hochgebirgsfingen zuerst wie in einem grausilbernen Feuer an zu glühen.Die Sterne verloren ihren Glanz und ein eisiger Wind brausteauf einmal über die schlafende Welt der Bergungeheuer, als ob erihnen etwas Grosses ankünden wollte. Wir eilten, um vor Sonnen-aufgang auf der Höhe vor dem Gletscher zu sein. Schweihtriefendkamen wir an. Um mich herum mit unermehlichen Horizonten,über mir und unter mir lag wie eine neugeschaffene Welt imRosaschimmer das Alpenreich. Der Himmel war im Zenit er-bleicht bis zu einem matten Silbergrau. Die Mondsichel standblassgrün im Aether. Vom Osten her quoll aber wie aus unsicht-baren Toren das Sonnenlicht, bis alle Gletscher in einem dunklenRowiolett leuchteten. Alpendohlen flogen in Erwartung kommen-der Frühstücksrcste um uns herum und ihr Gefieder war wie vonrotem Gold Überflossen. Es wird den Leser interessieren zu er-fahren, was für Gefühle man angesichts eines so unermehlichgrossen, göttlichen Naturschauspiels hat, und was für Gedanken.Ich mutz ganz offen gestehen, dass ich zuerst erschrocken bin. DasAeberwältigende der schaffenden Natur tritt mit einer so gebiete-rischen Hoheit und strengen Schönheit vor uns hin, dass ein ahnungs-voller Schauer vor den geheim wirkenden Gewalten uns überfällt.Aber dann, auf einmal war es mir, als ob eine innere StimmeJagte:„Sei doch nicht so dumm, du gehörst ja auch dazu. Dasind keine fremden Herrlichkeiten. Da nimm nur und sieh und trinkdir die Augen voll." Der Hessen Kari aber hatte während desSonnenaufgangs den Rucksack aufgemacht und für sich und für michein tüchtiges Frühstück auf dem Felsen ausgebreitet.— Die Dohlenkannten das schon und schössen wie Möven so geschickt den ab-genagten Hühnerknochen nach, die wir in die Tiefe warfen. Geradeals der Führer seine kleine Flasche Rotwein an den Mund setzte,schoss zwischen zwei gewaltigen Felsenzähnen hindurch der ersteSonnenstrahl und vergoldete ihm den Schluck, den er bedächtigund mit Hingebung nahm.Als alles wieder eingepackt war, gingö ans Anseilen.' In derNähe ist ein Gletscher gar nicht das silberne Schild, als das es sichvon unten ansieht. Es ist Zeichnung und Bewegung in einemsolchen Eisfirom, nichts Starre». Der Regen und der Wind zeichenet, wie mit einem Eispickel gezogen, schöne Kurvenlinien in ihnhinein. Oft liegts wie ein Gewirre erstarrter Locken über ihm.Aber das sind nur die harmlosen Spielereien des Gletschers. Ergefällt sich in gefährlicheren Künsten. Plötzlich tut er sich vor demAhnungslosen als gähnender Schlund auf, in dessen Tiefen es blau»grün leuchtet. Das sind die weissen Gräber des Hochgebirgs. Werda hinunterstürzt, ist gewöhnlich gut aufgehoben. Aber mich dünkt,dass sich alles viel gefährlicher liest, wie es in Wirklichkeit ist,Schritt für Schritt, oft Stufen in das Eis schlagend, mühten wiruns langsam hinauf, der Führer voraus, ich am Seil hinten nach,Das Gefühl der Gefahr hat man nirgends. Die Hauptsache ist,dass man nicht ausgleitet; denn beim Abrutschen kann man haltnie wissen, ob man auf einem weichen Schneefeld oder in einertiefen harten Gletscherspalte landet. Noch einmal zwei Stunden.und nach einem wüsten Uebergang über einen Geröllkamm, wo linksund rechts die Steine unter den Füssen abrutschten und in die Tiefekollerten, fassen wir auf der Titlisspitze, einem kleinen zimmer»grossen Plateau, von dem man die Beine in endlose Tiefen hinab»baumeln lassen kann, wenn es einem gerade ums Renommierenist. In der Höhe von 3242 Metern ist die Luft schon ziemlich dünnund vielen wird es etwas ängstlich ums Herz herum. Da hilftnur ein fester Schluck Kognak. Dann geht dieses eigentümlicheGefühl des Sichauflösens langsam vorüber, die verschwommenenLinien der Berge fügen sich vor den Augen wieder zu festen Um-rissen und auf einmal hat man das Gefühl, eigentlich doch einKerl zu sein. Dann meldet sich zunächst ein grauenhafter Appetit,während dessen Befriedigung ntan alle Naturwunder um sich herumvergitzt. Den Uebergang zum Naturgenuss stellt meistens eineleichte Zigarre her und dann beginnt so für eine Stunde das Herr»lichste Wohlempsinden, das man je im Leben genossen hat. Waeman zuerst überwältigt, so bekommt man jetzt geistigen Abstand vondem Geschauten. Eine Art erleichterter Aufnahmefähigkeit stelltsich im Gehirn ein. Die Linien aller dieser aus den Tiefen sichhebenden Spitzen und Hörner, vergletscherten Kuppen und zer-rissenen Wände zeichnen sich einem tief ins Gedächtnis ein, undman hat alles zu tun, um oen Stolz, dass man die Schrecken dertoten Natur überwunden hat, nicht zu gross werden zu lassen.>Der Abstieg über den Steinberg war mühsamer und gefähk-licher als der Aufstieg. Es gab da einige sehr kitzlige Stellen, undals wir endlich wieder drunten am Trübsee waren, da sagte mir derHessen Kari gutmütig schalkhaft:«Aber einisch(einmal), Herr,sid ihr doch weiss wordel" Ich wusste, wo es war. Auf einem Gratvon 2 Fuss Breite und vielleicht zwanzig Meter Länge, wo's hübenund drüben so an die tausend Meter ohne Zwischenstation hinab»ging. Da konnte man, besonders wenn man kein alpenklubistischgenagelter und eingeschriebener Hochtourist ist, wie ich. schon bleichwerden.Der Titlis, über den die Kletterkünstler des Matierhorn oderdes Weisshorn nur milde lächeln, war meine erste Hochtour. Aberes ist mir von ihm mehr zurückgeblieben, als nur seine über»wältigende Eisherrlichkeit. Der Titlis befitzt auch anderen Wert.Wenn mir jetzt etwas nicht recht gelingen will und ich müde undunwirsch werde, dann denke ich an seine silberstrahlende Gletscher.kuppe.Schade, daß nicht jedesmal ein Hessen Kari dabei ist.A'. F.Kleines f euilleton«DaS Reiterstandbild. Bekanntlich ist eS unstatthaft, einenKönig ohne Pferd darzustellen.Man hat daS nicht zu allen Zeiten gewutzt. Immerhin istdie Erkenntnis schon dritthalb Jahrtausende alt. Sie dämmerte zu»erst bei den Persern auf. Wir werden hören. Die Aegypterhatten sie noch nicht, Sie stellten selbst rhre Götter nicht zuPferde dar.Wie aber die Perser das Reiterstandbild erfanden, das wirduns so erzählt:Als jene sieben Fürsten der Perser den falschen Bruder desKambyses ermordet hatten, hielten sie untereinander Rat überdie Regierungsform, die sie dem Lande geben sollten. Und alserster nahm Otanes das Wort und redete also:„Wir Haber»Grausamkeit genug von Kambyses empfangen, und deshalb istmein Rat: wir sollten keinen Alleinherrscher mehr wählen. Denn»auch den Besten, wenn er an diese Stelle gelangt, verführt sie.Und das zu den sonderbarsten Dingen; denn wenn man ihn mitMassen lobt, so ist er böse/ weil es ihm nicht genug ist; lobtman ihn aber über die Massen, so ist er böse, weil man ihmschmeichelt. Ich bin dafür, dass das Volk seine Vorsteher durch daSLos bestimmen, alle Befchlüffe aber gemeinsam fassen soll."Also sprach Otanes; da nahm Megabazos das Wort und sagte?„Wir wollen nicht vom Uebcrmut eines einzelnen in den Uebcrmuteiner ganzen Menge fallen. Einer kann Verstand haben, dasVolk aber kann es nicht. Es fällt auf die Geschäfte wie einBergstrom. Vielmehr ist meine Meinung, dass wir einen Ausschußder Besten ernennen, der daS Land leite."Also sprach Megabazos. Dareios aber nahm das Wort undsprach also:„Wenn ein Ausschuß herrscht, so werden die Leuteuneinig und streiten, bis einer von ihnen die Oberhand gewinnt