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Wir wollen effen!... Bawel, Du hast wohl noch nicht gegessen?" meinte sie geschäftig. " Nein. Ich habe gestern vom Aufseher erfahren, daß ich entlassen sei, und heute hatte ich keine Lust zu essen und zu trinken.
"
Der erste, der mir hier begegnete, war der alte Sfisow", erzählte Pawel. Als er mich sah, kam er über die Straße bnd begrüßte mich. Ich sagte ihm, er solle jetzt vorsichtig mit mir sein, ich sei ein gefährlicher Mensch und stände unter Polizeiaufsicht. Das macht nichts, sagte er. Und weißt Du, wie er sich nach seinem Neffen erkundigte? Hat Fedor sich gut geführt? fragte er. Was heißt sich gut im Gefängnis führen? Nun, meinte er, hat er sich auch bei der Aussage über seine Kameraden nicht verplappert? Und das ich erwiderte, Fedor sei ein braber, fluger Junge, strich er den Bart und erklärte stolz: Wir Sfisows haben keine schlechten Glieder in unserer Familie..
" Der Alte hat Grüße im Kopf!" nickte der Kleinrusse. Wir unterhalten uns oft miteinander, er ist ein guter Bauer. Wird Feodor bald entlassen?"
ch denke, alle werden entlassen! Man hat ja keine anderen Beweise, als Issais Angaben, und was kann der aussagen?"
Die Mutter ging hin und her und blickte ihren Sohn an. Andrej hatte die Hände auf den Rücken gelegt und hörte feiner Erzählung zu. Pawel trug jezt einen Bart; fleine, feine, dunkle Haarringe zogen sich an den Wangen entlang und dämpften die braune Gesichtsfarbe. Seine etwas düsteren Augen blickten strenge drein.
( Fortsetzung folgt.)
feuerwerke.
( Nachdruck verboten.)
Die Sommerzeit ist die Saison der Feuerwerke. Aber scheint es nicht, als ob uns der Geschmack an pyrotechnischen Schauspielen etwas abhanden gekommen sei? Zwar finden in jedem Sommer allerorten noch zahlreiche derartige Veranstaltungen statt, doch man tann nicht sagen, daß sie viel Abwechselung bieten. Wenigstens ist das bei uns in Deutschland der Fall, während in südlichen Ländern die Phantasie der Pyrotechniker lebhafter und demgemäß auch das Interesse des Publikums an Feuerwerken größer zu sein scheint. Offenbar finden die Völker des Südens mehr Freude und Geschmack an derlei farbenprächtigen Schauspielen, zumal in diesen Ländern das Leben des Volkes sich im allgemeinen mehr im Freien abspielt, als bei uns, und derlei Veranstaltungen feltener durch Regen gestört werden, als in nördlicheren Gegenden. Man erinnert sich vielleicht, daß vor zwei oder drei Jahren ein englisches Konsortium, das in größeren Städten Deutschlands pyrotechnische Schauspiele großen Stiles vorführte fie stellten den Untergang von Herkulanum und Pompeji dar, wobei noch das feurige Drama durch Darsteller, Artisten und Sänger belebt wurde fläglich zugrunde ging, weil einerseits lange Regenperioden die Vorstellungen unterbrachen, andererseits aber der Bulauf des Publifums auch an schönen Tagen nicht groß genug war, um die erheblichen Unkosten zu decken.
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Wir sind in Deutschland eben gewöhnt, Feuerwerke nur als Bugabe zu anderen Sommerbergnügungen zu genießen, ohne einem solchen Schauspiel allein ganze Stunden zu widmen. Dazu wagt man es bei uns nicht recht, wenn nicht außerordentliche Anlässe vorliegen, biele Tausende für ein solches Bergnügen zu opfern auf die Gefahr hin, daß das Abbrennen des Feuerwerks durch Wenn man hört, daß zum Beispiel ein Regen gestört werde. Feuerwerk, das aus Anlaß des sächsischen Wettinjubiläums im Jahre 1889 in Dresden abgebrannt wurde, über 40 000 Mart toftete, auch damals wäre beinahe ein Gewitter dazwischen gefahren, ea berzog sich kurz vor Beginn des Schauspiels, so find solche Bedenken immerhin nicht ungerechtfertigt. Man fennt denn auch in Deutschland Feuerwerke großen Stils überhaupt fast nur bei Gelegenheit von Fürstenzusammenkünften und ähnlichen Festlichkeiten. Und da Wien als alte Habsburger Kaiserstadt nicht selten der Schauplatz großer dynastischer Feste war, to mag das auch die Ursache sein, daß sich gerade dort auch im Volte eine größere Vorliebe für pyrotechnische Schauspiele erhalten hat.
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Berühmt war dort z. B. das folossale Feuerwerk, das im Jahre 1666 anläßlich der Vermählungsfeier der Infantin Margaretha und Kaiser Leopold I. abgebrannt wurde. Das Schauspiel stellte den Kampf der Centauren mit den Teufeln dar, und den Höhepunkt der feurigen Darstellung bildete ein symbolischer Vorgang: Amor schmiedete zwei Herzen zusammen. Nicht minder berühmt war das große Feuerwerk, das Kaiser Franz I. am 29. September 1814 zu Ehren der zahlreichen fürstlichen und diplomatischen Gäste, die anläßlich des Wiener Kongresses sich
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in der österreichischen Hauptstadt aufhielten, durch den berühmten Pyrotechniker Stuwer abbrennen ließ. Das Programm des Feuerwerts nahm in eigentümlicher Weise auf den historischen Anlaß 1. Ein Blick in die Zukunft.( Heiterer Himmel, das Firmament des Schauspiels Bezug. Es zerfiel in folgende sechs Abteilungen: mit unzähligen Sternen bedeckt, Gott Mars, auf trüben Wolken fliehend, im Hintergrund.) 2. Die prophetischen Gestirne.( Firsterne mit Emblemen, den Frieden über dem Erdenrund festhaltend.) 3. Das Höchste des Lebens.( Zufriedenheit und Eins tracht, finnbildlich gezeichnet.). 4. Der Zirfel der Freude.( Fröh liche Aderleute und Winzer, Künste und Wissenschaften im höheren Fluge, Füllhörner verbreitend über die Industrie.) 5. Europas Holländer, Italiener , Ungarn , Polen , huldigend am Altar des Völkerdank.( Deutsche , Russen, Engländer, Spanier , Portugiesen, Friedens ihren Errettern und Beglüdern.) 6. Der Gürtel der Eintracht( fest verschlungen alle Monarchen und Völker in einem Rosenbande).
Die Wiener Pyrotechnikerfamilie Stuwer, die, Großvater, Vater und Sohn nacheinander, ein paar Menschenalter hindurch Feuerwerke großen Stiles veranstaltete, machte diese Art Schauſpiele in der österreichischen Kaiserhauptstadt ungemein populär. Noch heute gibt es in Wien eine sprüchwörtliche Redensart: Bravo Stuwer!", die davon herrührt, daß in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts viele Tausende Wiener am Schlusse der Feuerwerke„ Bravo Stuwer!" riefen. Besonders war es der Begründer der Pyrotechnikerdynastie Stuwer, der in den Siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts Feuerwerke in Wien einführte und als großer Künstler in seinem Fach gerühmt ward. Er kann als Romantiker der Feuerwerkerei bezeichnet werden. Bäuerle erzählt in seinen Memoiren von einem solchen Stuwerschen Feuerwerk, das er als Knabe( 1796) gesehen. Der Anschlagzettel verkündete:„ Etwas ganz Originelles, nie Gesehenes, noch in feinem Feuerwerk versuchtes Schauspiel, nämlich ein pantomimisches Feuerwerk, unter dem Titel:
Das Gerüst zur Hauptdekoration, das dauernd stehen blieb, weil seine Errichtung allein achttausend Gulden gekostet hatte, war 65 Klafter breit und 24 Klafter hoch. Bäuerle erzählt von diesem pyrotechnischen Roman, daß Werther seiner Lotte die Liebeserklärung unter einem blühenden Kirschbaume machte. Während er feine feurigen Seufzer" ausstieß, fielen die weißen Blüten vom Baume ab; der Baum bededte sich mit grünen Blättern, und als Werther seiner Lotte zu Füßen stürzte, erschienen schon die roten Kirschen an den grünen Zweigen. Das Publikum brach über diese Kunstleistung in unbeschreiblichen Jubel aus. Nach Bäuerles Mitteilungen war nach diesem ältesten Stuter die Raketenkanonade am Schluß das großartigste, die Erde erbebte unter den Donnerschlägen der plazenden Feuerwerkskörper. Von jener Werther- Aufführung erzählt er noch, daß„ Werther einen Kopf hatte, wie der größte Kürbis, die Augen rollte er furchtbar, einen Bauch produzierte er wie ein zehn Eimerfaß, und Beine, unverhältnismäßig, kurz und dünn wie von einem Reh. Daß er ein Schwärmer sei, markierte Herr Stuwer dadurch, daß er unaufhörlich feurige Schwärmer hinter ihm aufsteigen ließ. Die Lotte war noch ein ärgerer Bopanz. Angetan war sie mit einem weißen Flitterkleide wie die Bamina, es war aber ihr Anzug mehr Hemd als Kleid; sie erschien in blonden Locken aus rotem Feuer; einen Veilchenkranz im Haar, der so groß und plump Da diese Lotte in einer war, daß er einem Kuhkranz glich. folgenden Dekoration mit einem Laib Brot und einem Messer in der Hand zu erscheinen hat, womit sie ihren Geschwistern Brot aufschneidet, welches Herrn Werther gar so sehr rührt, so erschien fie gleich anfangs mit dem Brot und dem Messer, und statt seine Riebeserklärung zu erwidern, schnitt sie ihm ein Stüd Brot ab... Die Hauptdekoration stellte ein Tempel vor. Dieser Tempel war ein Meisterstück. Die herrliche Zeichnung wurde mit lautschallendem Jubel begrüßt; aber hfer fiel es dem Künstler ein, Lotte und Werther noch einmal erscheinen zu lassen. Werther hatte jetzt ein Bukett in der Hand, welches wenigstens vier Schuh hoch war. Die Kanonade an jenem Abend muß man bis Best gehört haben." Bis zum Jahre 1848 waren diese großen Feuerwerke im Prater jedesmal ein Festtag für die Wiener , an dem der gesamte of ebenso wie der Aermste in der Stadt teilnahm, denn wer kein Geld daran wenden konnte, fah von den Basteien oder dem Mariahilfer Berge dem Schauspiel gu!
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Besonders beliebt sind die Feuerwerker, wie schön erwähnt, noch heute in Italien und Frankreich . Napoleon führte auf seinen Heereszügen stets tüchtige Feuerwerker mit sich, die zu seinem und Frankreichs Ruhm große pyrotechnische Schauspiele veranJmmer am Napoleonstage, am 14. August, ftalten mußten. wurden herrliche Feuerwerke abgebrannt. Prinzessin Amalie von Sachsen , die als Bühnendichterin unter dem Namen Amalie Heiter bekannte Schriftstellerin, erwähnt in ihrem Tagebuch solch ein Feuerwerk, das am Napoleonstage 1813 auf der Elbe stattfand: den Mittelpunkt bildeten die Namenszüge Napoleons und Marie Luisens Sonderbar macht es sich dabei, daß zuletzt von allen Seiten Leuchtkugeln auf die Chiffren fielen und fie auslöschten. Mir tam es vor," schreibt die Prinzessin, wie eine Verbedeutung. Glücklicherweise hatten einzig französische Feuerwerker die Sache so ominös veranstaltet.