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sangsschulung bedarf. Außerdem waren in beiden Stücken der Tenorbuffo Peter Kreuder und der Ihrische Tenor Bernhard Bötel hervorragend tätig. Weitere Namensnennungen sind wohl unnötig. Daß aber alles in allem besser gesungen werden könnte, wenn schon einmal mit den Einstudierungen soviel Mühe aufgewendet wird, und daß daran das Jagen nach übernaturalistischer Charakterisierung mit schuld ist, sieht hoffentlich auch die Direktion ein. Anatomisches.
SZ.
Seit
Die Pyrotechnik in ihrer modernen Gestaltung, wo fie ledig-| für das Lieschen in den Flotte Bursche" reicht thr gesangstech lich dem Unterhaltungsbedürfnis dient, ist ja noch ziemlich jungen nisches Können noch eher zu, als für die Bierpuppen", in welcher Ursprungs, wenn auch zweifellos ist, daß auch schon die alten Rolle sie stark den Eindruck machte, daß sie noch einer langen Ges Völker, sei es zum Vergnügen, sei es im Kriege, ähnliche Mittel anwandten und ähnliche Effekte erzielten, wie unsere Feuerwerker. Bekannt ist z. B. das sogenannte„ griechische Feuer", eine explosivbrennende Mischung, die zuerst unter Konstantin dem Großen im Jahre 330 genannt wird, aber sicherlich weit älteren Datums ist. Man benutzte dieses Mittel im Kriege zum Anzünden brennbarer Stoffe und es heißt, es soll selbst unter dem Wasser gebrannt, und bei der Entzündung unter furchtbarem Knall einen dichten Rauch erzeugt haben. Dieses griechische Feuer, von dem behauptet wird, daß schon Archimedes damit eine Flotte in Brand steckte, spielte in der Kriegsgeschichte eine große Rolle. Konstantin IV. benutzte es 678 gegen die Araber bei der Belagerung von Konstantinopel und Alexios gegen die Pisaner. Nachdem dann die Griechen viele Jahr. hunderte lang im ausschließlichen Besitz ihres Geheimnisses geblieben waren, tam es durch Verrat an die Sarazenen, die sich seiner in den Kreuzzügen im 12. und 13. Jahrhundert gegen die Christen bedienten. Später wurde dieses Feuerungsmittel durch das Schießpulver verdrängt, dessen Ursprung ja ebenfalls in Dunkel gehüllt ist. Es ist aber zweifellos, daß die Chinesen, wenn auch nicht unser Schießpulver, so doch andere Explosivstoffe in uralter Zeit gekannt haben, und es ist daher auch ganz sicher, daß die Chinesen Feuerwerke schon in frühester Kulturperiode abbrannten, wie sie heute noch dasjenige Volt sind, das die größte Freude an der Pyrotechnik hat. Und ebenso sicher haben auch unsere modernen Pyrotechniker So mancherlei von altchinesischen Feuerwerkern übernommen. find z. B. die Raketen auf deren Bedeutung für unser Signalund Rettungswesen zur See hier nur beiläufig hingewiesen sei eine chinesische Erfindung. In China gibt es wohl kein Fest, bei dem nicht ein Feuerwerk abgebrannt wird, und man kennt dort selbst bei gewöhnlichen Gelegenheiten Feuerwerke von solcher Größe, wie sie bei uns wohl überhaupt noch nicht gesehen wurden. Augenblicklich ist, wie gesagt, bei uns die Kunstfeuerwerkerei entschieden im Rüdgang begriffen, indessen offenbar nicht nur in Deutschland , sondern auch in Ländern, deren Bevölkerung im allgemeinen mehr Geschmack an derartigen lediglich in grobfinnlicher Weise wirkenden Vergnügungen hat. Mag das nun auch erfreulich sein, daß die größeren Volksmassen sich edleren Vergnügungen zuwenden, die ihnen ja auch von Jahr zu Jahr leichter geboten werden, so ist es andererseits doch immerhin auch bedauerlich, daß die Kunst der Pyrotechnik darunter verflacht. Was heutzutage vielfach als Feuerwerk geboten wird, darf kaum auf die Bezeichnung einer fünstlerischen Veranstaltung Anspruch erheben.
Kleines feuilleton.
Musik.
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Mit einem flotten Sujet und mit der Benütung alter vielbekannter Weisen ist einem Theaterpublikum leicht gedient. Das sichert auch der fomischen Operette Flotte Bursche" des fogenannten Vaters der deutschen Operette, Franz.b Suppé, ihre Wirkung. Lange war diese nunmehr 44 Jahre alte Somit nicht Wir haben inzwischen mehr auf unseren Bühnen erschienen. Suppésche Werte wieder vorgeführt bekommen, die sich weit höher über die Posse erheben, als es dieses Stück tut. Doch auch ihm tommen wir gern entgegen; die Oberflächlichkeit, mit welcher die Mufit durchgearbeitet oder vielmehr nicht durchgearbeitet ist, vergißt man schließlich dem gegenüber Verdienst, den Sängern und Sängerinnen gut sangliche Aufgaben zu stellen. Der Text ist harmlos genug: Heidelberger Studenten nehmen sich eines armen Handwerksburschen, der sein Lieschen verLassen soll, an und prellen in mehr als drastischer Weise einen alten Geizkragen.
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Die Gehirnwindungen. Ueber die seit Jahr hunderten umstrittene Frage der Lokalisationen im Gehirn sprach in der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft, die gegenwärtig in Straßburg tagt, Professor Dr. Stieda- Königsberg. langer Zeit hat man, führte er aus, mit redseliger Ausführlichkeit die Windungen des Gehirns als Siß der Intelligenz beschrieben. In Wahrheit sind Gestalt, Form und Aussehen der Gehirn= windungen ganz gleichgültig für die Venttätigkeit. Man hat die Hirne bedeutender Staatsmänner und Gelehrten mit großer Mühe gesammelt und untersucht, aber es ist mit den Hirnen großer Männer wirklich nichts los.( Heiterkeit.) Ich selbst konnte in diesem Jahr das Hirn eines Mannes untersuchen, der zwar fein Sant und kein Bismarck war, aber doch eine geistige Fähigkeit besaß, wie sie in Hunderten von Jahren nur einmal vorkommt. Dieser Mann, Dr. Er sprach, schrieb und dichtete in 54 Sprachen. Georg Sauerwein , ist vor drei Jahren siebzigjährig in Stockholm gestorben und hat mir sein Hirn testamentarisch vermacht. Sein Hirn wies viele sonderbare Abweichungen auf aber gerade wo nach Broca die Sprache ihren Siz haben soll, war es ganz gewöhnlich. Ebensowenig fand sich hier bei Taubstummen- Hirnen eine Abweichung. Ueberhaupt ist die Hirnwindung, in der die Sprache angeblich ihren Siz hat, bei den Frauen weniger entwickelt. Das Gegenteil müßte der Fall sein.( Heiterkeit.) Aber in Wahrheit fann heute an den Hirnwindungen der Anatom den Gesunden vom Kranken, den Verbrecher vom normalen Menschen überhaupt nicht, ja kaum das weibliche Hirn bom männlichen unterscheiden. Die Hirnwindungen in ihrer Verschiedenheit rühren von unbekannten mechanischen Ursachen her; sie sind genau so wenig Ursachen oder Maßstäbe der Intelligenz wie die Windungen der Hand, aus denen alte Weiber prophezeien, Maßstäbe des Glückes oder der Straft. Vielleicht rührt die Verschiedenheit von andersartigem Wachstum her. Jedenfalls ist das einzige, was Bedeutung für die Intelligenz, die graue Hirnrinde. Hier muß die Untersuchung einsehen. Wenn wir einmal wissen, wie die Form, der Chemismus, die Topine der Zellen der grauen Hirnrinde ihre Funktion bestimmen, wird die Wissenschaft vom menschlichen Hirn weiter vor. wärts gehen. Aus dem Tierreiche.
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Das Cochenille Insekt. Als Ferdinand Cortez Merifo eroberte, fand er dort im landwirtschaftlichen Betriebe eine den Europäern ganz unbekannte Kultur, die in Amerika schon seit vielen Jahrhunderten bestanden haben mochte. Weite Streden nämlich waren mit einer Pflanze bedeckt, die zu den Kaktusgewächsen gehört, als Nopalpflanze bezeichnet wird und keinen anderen Zweck hat, als auf ihr die Schildläufe zu züchten, die unter der Bezeichnung Cochenille zu einer Weltberühmtheit geworden sind. Große Teile von Meriko zahlten damals ihren Tribut an den König Montezuma in Cochenille, die allein zur Färbung der Gewänder für den Gebrauch des Königs und des Adels benutzt wurde. Im Jahre 1518 wurden Proben des Farbstoffes nach Spanien gesandt, und der König Ferdinand war von dieser Farbe so entzückt, daß er einen Befehl an seine Statthalter in Amerika ergehen ließ, ihm möglichst viel davon zu verschaffen. Mit der Beit entwidelte sich dann die Cochenille- Industrie zu ansehnlicher Verbreitung und großer Wichtigkeit, die erst neuerdings durch Unsere Komische Oper" scheint diesen Griff in die Ver- ben ungeheuren Aufschianug der chemischen Farbindustrie in Nach gangenheit mehr nur in Ermangelung eines Befferen gemacht zu teil geraten ist. Heute steht wahrscheinlich nicht mehr der zehnte Haben. Was uns an ihr stört, tritt hier allerdings noch mehr her- Teil der Nopalfelder, die noch vor 20 bis 25 Jahren vorhanden bor, als das, was ihr besonderes Verdienst ist. Vor allem führt waren, und es ist die Frage, ob sie nicht in einer nicht mehr ferndort das Streben nach naturgetreuer Charakteristik zu einer liegenden Zukunft ganz berschwunden sein werden. Falls dann zappeligen Hetze und undeutlichen Verwischung, so daß man oft die Cochenille- Industrie ganz der Geschichte angehören wird, so Mühe hat, das Ganze zu überschauen. Der vorgeftrige Abend, der wird sie doch als eine der merkwürdigsten, auf die der Mensch je Das Cochenille- Infekt hat uns diese Neueinstudierung brachte, enthielt auch eine Wiederholung verfallen ist, im Gedächtnis bleiben. des neuen Einatters 8ier puppen" von Anselm Göl. seine Heimat ausschließlich in Amerika und wurde außer in Wir haben diese Musikalische Komödie " berefts früher besprochen Meriko am frühesten in Peru , dem Lande der Inkas, gezüchtet. und fönnen jetzt unser damaliges Urteil bestätigen, sogar noch ein Außerdem fommt es auch auf den wilden Kakteen der Wüstengehjete wenig zugunsten dieser schrichten und anmutigen Musit vec- in den westlichen Vereinigten Staaten vor, liefert dort aber einen stärken. Anders die Aufführung. Sie übertrieb womöglich noch blassen Farbstoff, der für den Handel nicht verwertbar ist. Es mehr als damals. Die Sangestunst stand in beiden Stüden dieses ist versucht worden, die merikanischen Schildläufe nach Kalifornien Abends nicht hoch. Am besten bewährte sich wohl Isabelle einzuführen, aber ohne Erfolg, weil die Insekten bei dieser VerI'huillier in der Rolle der zweiten von den gespreizten Damen pflanzung aus ihrer Heimat ihre wertvollen Eigenschaften alsMolières. Se sang nicht nur gut, sondern spielte auch insofern bald einbüßen. Besser gelang die Ansiedelung des Insektes im trefflich, die sie merken ließ, daß die Zierpuppigkeit dem eigent- südlichen Spanien , in Algier nnd namentlich auf den Kanarischen lichen Charakter dieses Mädchens bloß angelernt, nicht aber ur- Inseln. Die Nopalpflanze, auf der die Cochenille schmaroßt, wird sprünglich eigen ist. Nur wenn dieser Gegensatz beizeiten mimisch daher auch Cochenillefeige genannt und besitzt eine große Aehnlichausgeprägt wird, rechtfertigt sich der Schluß, tn welchem die feit mit der bekannten Feigendistel( Opuntia). Sie wächst auf Mädchen ihre Gespreiztheit abwerfen. In den beiden Stüden Hochflächen, wo sieben Monate im Jahre fein Regen fällt und sonst hatte lie Lorenz dankbare Rollen und gab sich redlich Mühe; I fein Gewächs fortkommt. Die Pflanze verlangt fast gar keine
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