kehrst Du heim, mein Süßer, Heißgeliebter? Und hier— hörenSie doch nur, gnädige Frau!— hier tönt don oben eine Engels-stimme: Tröste Dich, er kommt Wiederl Du sollst ihn haben,meine Tochter."Frau Wulke war so gerührt, daß ihr die dicken Tränen überdie Backen liefen. Die Lehrerin trocknete sich auch die Augen, alsfu geendet hatte und sagte:„Ja, hochverehrte gnädige Frau, soist es immer, wenn ich das Gebet spiele. Das wirkt tiefergreifendauf alle die Herrschaften, die Herzensbildung haben und ein wirk-liches Kunstverständnis." Dann zog sie Fanny, die sich geradedamit vergnügte, mit beiden Fäusten auf die Tasten zu hämmern.auf ihren Schoß, hätschelte sie und fragte:„Willst Du auch soschön spielen lernen, mein Herzblatt?"Fanny lutschte nachdenklich an ihrem rechten Daumen, dannzog sie ihn aus dem Munde heraus, wischte ihn an Frau BommelsKleid ab und erwiderte:„Näh... ich will nicht!"„Ungezogenes Balg", schalt die Mutter,„Du wirst schonwollen."„Näh!" trotzte Fanny auf und wollte anfangen zu heulen.Aber Frau Bommel zog geschwind eine Zuckertüte aus der Tasche,gab sie der Kleinen und flüsterte:„Nicht weinen, mein Liebling,nicht weinen!" Dann wandte fle sich wieder an die Mutter undbeteuerte:„Das geht anfangs mit all den lieben Kinderchen so.Aber die Lust und Liebe kommt bald. Man muß nur die richtigeMethode haben und die Kleinen nicht ermüden mit Sonaten undweiter so dummem Zeug." Dann rief sie:„Nun paß mal auf,Fannychen, was Du bei mir für schöne Stücke lernen wirst!"Und sie spielte und sang:„Putt, putt, putt, mein Hühnchen",woraufhin Fanny hell aufkreischte vor Vergnügen und wie einkleiner Straßenjunge lärmend einfiel:„Putt, putt, putt, meinHahn!"Die Frauen lachten, und die Klavierlehrerin klatschte in dieHände und rief:„Sehen Sie, gnädige Frau, da kommt schon dieLust und Liebe! Das Talent braucht nur geweckt werden. Manmuß nur eine gediegene Methode haben."kleines Feuilleton.Australiens Wasserversorgung. Tie Besiedelung und Wirt-schaftliche EntWickelung Australiens, dieses an Mineralien undanderen Schätzen so reichen Landes, das einen 14mal so großenFlächenraum einnimmt wie daS Deutsche Reich, wird hauptsächlichdadurch aufgehalten und verhindert, daß der größte Teil des Landesfast das ganze Jahr unter großer Dürre leidet, die nur seltenund stellenweise von gewaltigen, schnell abfließenden Regenmengenunterbrochen wird. Aber die Kolonialverwaltung ist nicht gewillt,diesen Mißstand untätig zu ertragen. Daher macht die künstlicheWasserversorgung des australischen Kontinents, wie die„Geogr.Zeitschrift" berichtet, stetige und gewaltige Fortschritte, besondersdurch die im Jahre 1908 eröffnete, 525 Kilometer lange Wasser-leitung von Perth nach den Goldfeldern. Bisher hat Süd-Australien mit 389 900 Einwohnern bereits über 199 MillionenMark für Wasserbauten ausgegeben, hauptsächlich für Berieselungs-kolonien am Murray, die außerordentlich günstige Erfolge auf-weisen. Die früher wüstenähnlichen Gegenden sind jetzt von Obst-und Weingärten bedeckt. Gewaltige Maschinen pumpen das Wasseraus dem Flusse in unzählige Berieselungskanäle. Hauptsächlichwerden Weintrauben, Aprikosen, Pfirsiche, Feigen, Oliven, Orangenund Zitronen angebaut, wovon ein großer Teil exportiert wird.'.Victoria und Neu-Süd-Wales planen jetzt auch die Anlage ge-waltiger Staubecken, die an Ausdehnung alles weit übertreffenwerden, was auf diesem Gebiete irgendwo auf der Erde geleistetworden ist.In Neu-Süd-Wales beabsichtigt der Staat die Gewässer desMurrumbidgce durch einen gewaltigen Damm bei Barren-Jackaufzustauen und die Gewässer zur Berieselung zu verwenden. DieKosten des Bauwerks wurden auf 31� Millionen Mark veranschlagt. Noch gewaltiger sind die am Goulbourefluß in Victoriageplanten Wasserbauten; dieser in den australischen Mpen ent-springende Nebenfluß des Murray hat ein starkes Gefälle, unddie von ihm zu liefernde Kraft wird ausreichen, um ganz Melbournesowohl mit elektrischem Licht wie mit bewegender Kraft zum Be-triebe der Straßenbahnen und Vorstadt-Eisenbahnen zu versorgen.Außerdem soll die 499 Kilometer weit zu leitende elektrische Kraftimstande sein, sämtliche Maschinen der Minen zu Ballarat undBendige zu treiben. Das zu erbauende Reservoir wird das größteder Welt werden und dreimal so viel Wasser fassen, wie der Nil-dämm zu Affuan aufzustauen vermag.So ist die Verwaltung der australischen Commonwealth eifrigdabei, in Australien das LebenSelement jeder Kultur, die Be-Wässerung, nicht nur künstlich zu schaffen und zu regeln, sondernauch die lebendige Energie der künstlich angesammelten Wasser-mengen wirtschaftlich auszunutzen, v.Musik.Von den Münchener Wagnerfestspielen. DieSaison im Münchener Prinzregententheater steht in voller Blüte.Der erste Ring-Cyklus. Tannhäuser. Die Meistersinger liegenhinter uns. Das Theater Kar jedesmal ausverkauft und besetztvon den blasierten Mitgliedern der europäischen Geldaristokratie.Wagner ersehnte in„Kunst und Religion", dem kommunistischenManifest der dramatischen Kunst, eine demokratische Kunst undein demokratisches Publikum. Denn ihm war das Volk der Zu»sammenschluß aller jener, die eine gemeinsame Not empfinden.Und sein Kunstwerk sollte eben die Erlösung aus dieser gemein»samen Not bringen. Sein Ideal war somit ein Publikum, das mitHöher gestimmter Seele sich seinem Drama nahen und in ihmeinzig künstlerische Erschütterung und durch die Weihe des ton-dichterischen Ausdrucks Erhebung über die Prosa des nüchternenAlltags suchen wollte. Ob das mondäne Publikum der MünchenerFestaufführungen dem Ideal des Bayreuther Reformators ent-sprechen würde? Ich möchte es verneinen, wenn ich die Physiognomiedieses schwirrenden, plaudernden, lachenden Völkchens überblickeund einen Rückschluß auf sein geistiges Niveau ziehe. Es ist an derIsar genau so wie am roten Main, an der Mutterbühne Bayreuthgenau so wie an der Tochterbühne München. Der Wagncrkult istModesache und bleibt Modesache für die internationale Lebewelt.wird aber nie Herzenssache für diese Oberflächenmenschcn werden.Tristan, Siegfried und Hans Sachs und das, was ihr tiefstes Wesenausstrahlt, ist keine notwendige Forderung ihrer geistigen Kultur,loohl aber eine interessante Station im sommerlichen Reise-Programm. Man sah in den Wandelgängen und Prunksalons,in dem teuren Restaurant, um die bengalisch beleuchtete Fontänedes halb a la Versailles, halb a la Wotan kostümierten Gartensin überwiegender Mehrzahl Engländer, die den Gralsport be-kanntlich mit demselben Eifer betreiben wie den Futzballsport.Daneben verschwanden die Angehörigen anderer Nationen be-scheiden im Hintergrunde. Namentlich die Deutschen, gar nicht zureden von den einheimischen Münchenern. Aber für die Münchenermünzt die kleine Exzellenz Speidel— der bei der ganzen Sacheübrigens Mann im Schatttcn ist im Gegensatz zu dem Ex-Jnten-danten Poffart, dessen Name auf aller Lippen schwebte!— ja auchnicht aus Rheingold reines Gold.—Nun zur künstlerischen Seite der Sache. Da muß konstatiertwerden, daß der Charakter des Außerordentlichen, des Muster-haften im Niveau der Vorstellungen, wie das ja in Bayreuthjahrelang der Fall war, im Durchschnitt nicht erreicht worden ist.Dazu fehlt vor allem die Einheitlichkeit des Ensembles, die inBayreuth Vorbedingung ist. Das an sich gute und geschulteWagner-Ensemble wird vielmehr durch eine Reihe glänzenderFixsterne vom europäifchen Wagnerhimmel vorübergehend illu-miniert. Es liegt auf der Hand, daß jeder von diesen berühmtenGästen seine private Auffassung von der betreffenden Rolle fixund fertig mitbringt und sich von dem Münchener Regisseur nichtsdreinreden läßt. Da gibt es natürlich oft Disharmonien undbedenkliche Unstimmigkeiten. Es fehlt eben die harmonische Durch-arbeitung aller Teile des großen dramatisch-musikalisch-szcnischenGesamtorganismus, ein Ziel, das nur durch gewissenhafte Probenund durch Selbstlosigkeit der Künstler zu erreichen ist. Da sah manz. B. einen Tristan(Ernst Kraus- Berlin), der mit naturalistischenMätzchen arbeitete und rhythmisch sehr willkürlich sang, einenLoge(Dr. B r i e s e m« i st e r). der ebenso wie sein Kollege Mime(Breuer-Wien) im„Atelier Cosima" bis aufs letzte Tüpfelchenfertig gestellt war und einen regelrechten Mephisto der Oper zeigte.Auch die Brünnhilde des ersten Rings, Frau Ellen G u l»branson, ist eine Meisterschülerin der Bayreuther Stilbildung,aber ihre eigene Persönlichkeit durchbricht doch immer feurig undlebensvoll die starre Schablone. Einen verunglückten Siegmundgab Herr Burgstaller- New York, einer der UeberläuferBayreuths zu Direktor Conried. Prächtige Leistungen boten da-gegen Frau W i t t i ch- Dresden als Isolde, Heinrich Knote»München als Siegfried und F e i n h a l s- München als Wotan.Hofoperndirektor Felix Mottl brachte die Partituren desRing und Tristan mit prachtvoller Deutlichkeit und organischerGestaltungskraft, großzügig in der motivischen Linienführung undbeseelt in allen lyrischen Teilen zum tönenden Leben. DieMaschinenmeister und Dekorationsmaler sind mit ihren Feuern,Wassern, Lichtbögen, Gewittcrschlägen. Lindwürmern und Hallen-einstürzen dem Prohlem der naturalistischen Darstellung der WeltWotans und Alberichs wieder ein Stückchen näher gekommen. DieFrage ist nur, ob hier überhaupt der Naturalismus am Platze ist.m.Aus dem Tierreiche.DeS Hammers gräuliche Ungestalt. Wer ein-mal daS Bild eines Hammerfisches gesehen hat, wird es begreiflichfinden, daß Schiller in seinem„Taucher" sich gerade diesen Ver-treter der Fischklassc, der überdies noch zu der berüchtigten Familieder Menschenhaie gehört, dazu auserwählt hat, um mit ihm nebenden Nochen und Klippenfischen die Tiefen des Meeres möglichsterschreckend zu beleben. Die Hammerfische könnten kaum andersbenannt werden, weil ihr verbreiterter Kopf unwiderstehlich anden eines Hammers erinnert, während der übrige Körper ähnlichist wie bei anderen Haien. Bei einer Länge von 3— 4 Meternund einem Gewicht bis zu 6 Zentnern muß dieser Fisch schlechthineinen entsetzlichen Eindruck gewähren, der noch bis ins Phantastischedadurch gesteigert wird, daß die Augen ganz an den beiden Seitendes ungestalten Hammerkopfes sitzen. Dabei ist der Hammcrfischziemlich weit verbreitet und gelangt zuweilen in europäische Ge-Wässer, kommt dem Menschen aber doch nicht häufig vors Auge,Weil er den schlammigen Meeresgrund liebt, wo er auf Nochen und