immerzu, und ein Junge, der bei ihnen saß, horchte ihnen aufmerk-sam zu. Andere grübelte» tieffinnig und mürrisch in ihren Tellerund blickten gar nicht auf. Wieder andere hörten kaum zu, zeigtenaber durch einen plötzlichen Einwurf, daß sie alles verfolgt hatten,Und eine andere Tafelrunde saß stumm bei einander, nur zuweilenflog ein Wort kurz von einem zum andern, dann war es wiederlange still.Großes Aufsehen machte eS daher, als ein schiefer Hausierererschien, sich in die Nähe der Tür setzte und nun anfing, uimnter-Krochen von Christus und Petrus und sämtlichen Heiligen zu reden.Dabei redete er nicht zu Einzelnen, sondern in die Lust, zu einereüigebildeten Allgemeinheit. Nur, wenn er eine Bestätigung brauchte,nahm er auf einen der Zuhörer, den, der ihm am aufmerksamstenzuhörte, Bezug und heischte von ihm Zustimmung. Wie lebhaft,bunt und abwechselungsreich war es hier I Alles ausgeprägte Typen.Jeder sich so gebend, ohne Rücksicht, wie er war. Ein kleines,niedriges Stübchen war's nur. aber voller Leben, aus-gefüllt mit den verschiedenen Regungen und Bildern inwechselnden Nuancen. Und wenn ich dann zufällig durchdie Tür, wenn die Kellnerin hineinging, in den Raumfür d.e Fremden hineinsah, wo alles so langweiligund gleichmäßig weiß gedeckt bei einander war, war ich stoh, hiergeblieben zu fem. Nebenbei patzte mein Anzug besser hierher als zuden Fremden. Ein kleines, altes Büfett stand in der Ecke nach dem?;lur zu, wohin ein Schiebefenster sich öffnete. Und die Kellnerinnenatten genug zu tun. alle zu versorgen. Es war lebhafte Be-wegung unter den Gästen. Und besonders groß war die Freudeund das Reden, wenn, wie es gerade geschah, ein Alter aus demteimatSdorfe ankam und mit einem„Sieh da, die Kathl*. dieellnerin begrüßte. Und dann ging es an ein langes Erzählen.«Ich trete hinaus aus dem dunstigen Raum, der von Reden undLärmen erfüllt ist.Tief geborgen und ruhig liegt der See da und kaum dringtein Laut über das Wasser. Noch ist es früher Vormittag. DieFläche glänzt matt in zartem Gnin. Dazu bilden die dunklerenWände der Berge einen scharfen Kontrast, dessen Uebergänge diekleineren dichtgrün beioaldeten und sonnenwarn, en Erhebungen dichtam See bilden, Ausläufer, die sich bis in die Ebene erstrecken. AmEnde des Sees Wiesen, die in aller Pracht der Fülle und der Farbenstrotzen.Am See entlang gehend höre ich ab und zu das leise Plätschern.Zuweilen der Pfiff eines Motorboots. Oder das Rufen von Kahnzu Kahn, das von den Bergen widerhallt. Diese Morgenruhe amSee ist so feierlich und tiefruhig. Die Menschen haben alle in denHäusern zu tun. bereiten das Mittag vor, so ist es ganz einsam undstill draußen. Nur daß vielleicht an der Bootstelle der Fährmannan seinen Rudern bastelt.Ich gehe an dem Brauhaus vorbei, das friedlich mit der Kirchezusammengebaut ist. Im Bierstübl sitzen schon einige Zecher. EinLaubengang am Wasser. Dann über eine Wiese, strotzend in allenFarben. Da summt's und brummt's und glänzt und duftet. DieBlumen recken sich hier noch einmal so hoch, die Stengel sind nocheinmal so dick, die Blüten noch einmal so prächtig und die Farbennoch einmal so leuchtend. Die Sonne liegt voll auf der Wiese. Einedustende Wärme umfängt den Spaziergänger. ES ist eine Lust, überdie Wiesen zu wandern.Am äußersten Winkel deS Sees, auf einer Anhöhe mache ichHalt. Dort drüben liegen zwei Dörfchen, klein und bescheiden,Rottach und Egern. Lauter kleine Häuschen, die sich lebhaft zu-sammendrängen. Und dahinter steigt der dunkle Hirschberg hinan.Der Fährmann fährt hinüber. Seit Jahren immer derselbe. Einhagerer, kleiner, sehniger Kerl. Das Gesicht wie Bronze so braunund glänzend. Die Augen hell funkelnd. Sehr gut steht dazu dasgrüne Kostüm.Auf grünem Waffer fährt dort drüben ein Boot, eine jungeBäuerin sitzt drin und rudert zum Bahnhof hinüber. Sie fingtkräftig und schnell, und der Schall dringt herüber. Es klingt, alswäre es ganz nah. Sieht man aber hin, so staunt man über dieEntfernung, kaum ist die Gestalt zu erkennen. So weit trägt dasWasser herüber. Die Ruhe wird dadurch um so tiefer. Der volleKlang der Stimme ist herb und klar. Leise plätschert das Wafferzu meinen Füßen. Und hoch recken sich die Berge und thronen inewiger, unbesiegbarer Kraft, Denkmäler von Gewalt und Schönheit,ruhend in der Sonne.Das Ganze ein herrliche» Bild des unermeßlichen, sonnendurchglühten Raums.Kleines f euilleton*Zauberkurcn. Der primitive Mensch flüchtet sich in allenSorgen und Nöten» die ihm zustoßen, in das Gebiet deS Reli-giösen, wo er bei den überirdischen Mächten seiner dunklen Ahnungam ehesten Hülfe und Rettung zu finden hofft. So ist denn auchbei allen Krankheitsfällen die Besänftigung und Versöhnung, dieAnrufung der Gottheit seine wirksamste und wohltätigste Medizin.Zahllos sind daher die Zaubermittel, Amulette und Talismane,denen er einen Zusammenhang mit segenspcndenden Mächten undgöttlicher Heilkraft zuspricht. Gewisse Pflanzen spielen hierbei,wie im„Scientific American" des längeren ausgeführt wird, einegroße Rolle. Eine wollige und knorrige Wurzel, verwandt der beiuns im Mittelalter so hoch geachteten Mandragora, dem wunder»tätigen„Alräunchcn", wird ihrem Aussehen nach bei manchenVölkern als„skhthisches Lamm", bei den Chinesen als„gold»haariger Hund"(Kaochi) bezeichnet. Sie gilt als ein Zaubermittelvoll wundersamster Heilkraft, was sich schon in ihrem. halbtierischen, halb pflanzlichen Aussehen bekunden soll. Gesundheit.Jugend, Schönheit und Glück werden ihrem Besitzer in reichemMaße zuteil. Das Tierreich liefert eine große Anzahl von wirk«samen Amuletten Kröten und anderen Molchtieren wird eine ge-sundmachende Wirkung zugeschrieben; in China sind ein beliebtesHeilmittel Eidechsen, die getrocknet und sorgsam auf Bambusstäbeaufgezogen werden und die man nur bei sich zu tragen braucht, umaller Schmerzen ledig zu sein. In Japan gilt eine Schlangenhaut.auf den kranken Körperteil gelegt, als die kräftigste Medizin beiallen Unterleibsleiden. Auch den Schildkröten bringt der chinesischeArzt große Sympathie entgegen und wendet sie bei dieser oderjener Krankheit an. Ein merkwürdiger Aberglauben ist die Bedeu,tung, die man verkohlten Knochen von Tigern oder Affen beilegt.In China werden bestimmte Arten von Schwalbennestern als be«sonders kräftigende Nahrung den Kranken gereicht, und eine Besse«rung jedes Uebels wird von ihnen erwartet. Das Lsllheilmittelvieler Zauberer bei wilden Völkern ist das Erzeugen großen Lärmsund Getöses, weil man dadurch die bösen Dämonen aus demKörper des Kranken zu vertreiben hofft. Zu diesem Zwecke dienenhölzerne Klappern, die mit dem Fell eines Wildes überzogenwerden und die Form einer Schildkröte haben. Die Lamas inTibet verwenden zur Austreibung von Tcuftln, die die Menschenmit Beschwerden und Uebeln quälen, Pfeifen, die aus Menkchen-knochen gemacht und mit Menschenhaut überzogen find; dazu wirdauf einer Trommel, die aus zwei Menschenschädeln besteht, eindumpfes Geräusch erzeugt. Wundertätige Kraft und heilsameZaubetti schreibt man auch alten Kleidern, Lumpen oder anderenGegenständen zu, die ein heiliger Mann oder ein heiliges Tier be-rührt hat. Bei den Indianern, bei den Norwegern und anderennordischen Stämmen gilt der Huf des Elch für die beste veruhi«aung aller epileptischen Anfälle; er wird dem von Zuckungen Be-fallenen aufe Herz und dann ans Ohr gelegt, worauf die Erschei»nungen sofort nachlassen sollen. Auf den Havaischen Inselnexistiert ein merkwürdig geformter Fetisch, der aus einem mensch«lichen Schenkelknochen und dicken Strähnen menschlichen Haare«besteht und jegliches Unglück abwendet. In Korea werden amletzten Tage des Jahres auf allen Häusern menschlich gebildet?Strohwische herausgesteckt, weil man dadurch alle Sünden aus derWohnung herauszutreiben meint und sich damit am besten aegendie unheilvollen Folgen des bösen BlickeS schützt. Ein probatesZaubermittel gegen Warzen und unreinen Teint wird aus demMittelalter und von einigen wilden Stämmen berichtet: ES be»steht darin, daß man ein Stück rohen Fleisches auf die betreffendeHautstelle legt und dann das Stück Fleisch vergräbt, worauf so-gleich die Warzen verschwinden. Schönheitsmittel der Frauen be-stehen auch darin, daß sie allerhand Pflanzen und Gräser essen.Bleicher, blasser Teint wird blühend und rot durch den Genuß vonRosen; in Algier essen die Frauen, um sckchn zu werden, den„Box-Hornklee", der dort vielfach wächst. Zahllos sind die Zeremonienund Opfer, die in China, Indien, Java und Korea den verschie-denen Göttern und Göttinnen dargebracht werden, auf daß sie dieKrankheiten heilen möchten. Eine Hindugöttin, die die Pocken ver»treibt, ist beständig von Kranken umlagert, die zu ihr emporflehen»während junge Mädchen mit reinen Händen die opfergefiilltenKörbe herbeitragen, die Priester ihre Musik ertönen lassen und be-stimmte Gebete laut vortragen. In Java haben viele Gottheitengroße Glocken um den Hals gehängt, an denen der Bittflehendeläutet, um die Aufmerksamkeit des mächtigen KrankhcitSbertrei-bers zu erregen. In Korea und bei den Indianern Nordamerikaswerden Bildwerke aus dem verschiedenartigsten Material herge-stellt, in denen die Götter ihre Wohnung nehmen und durch die sieihre Wundermacht betätigen. Ein merkwürdiges Amulett dieserArt ist die aus Leder verfertigte Figur eines Zauberers, die ritt-lingö auf einem Pferde sitzt, wie sie die Koreaner gegen Krankheitbei sich tragen. Die Zunni-Jndianer stellen aus Ton ein Abbilddes Berglöwen her, den sie als den obersten der Jagdgötter und denWächter in den ewigen Jagdgründen verehren, und der mächtig:Geist dieses Tieres kommt dann, um in dem tönernen Abbild zuwohnen und hilft dem Stamme auf dem Kriegspfad und beimJagen. Eine merkwürdige Art der medizinischen Behandlung be-steht auch heute noch in einzelnen Teilen Japans, wo die Aerztemit der modernen medizinischen Wissenschaft sich noch nicht bekanntgemacht haben. Die Diagnose erfolgt hauptsächlich durch die gc-naue Beobachtung des Pulses, und zwar gibt es sechs verschiedene„Pulse", drei an jedem Handgelenk, an der rechten Hand alsobersten Puls den des Herzens, als mittleren den des Magens, alsunteren den der rechten Niere; an der linken Hand als oberstenPuls den der Lungen, als mittleren den der Leber, als unterenden der linken Niere. Mittels dieser merkwürdigen Einteilungstellen diese Aerzte durch bloßes Pulsfühlen jede Krankheit festund wissen dann den rechten Weg zur Heilung vorzuschreiben, odersie konstatieren auch mit Bestimmtheit, daß der Patient überhauptnicht krank ist, und diese tröstliche Versicherung können sie recht oftgeben, daß sie sehr häufig nichts Besonderes bemerken.