Hm!" meinte vi der nächsten Minute, indem er sie über die Brille hinweg anblickte.Wenn doch Ihr Bauer sich mit seinem Kommen beeilen möchte!... Sehen Sie, über Rybin müssen wir unbedingt ein Flugblatt für das Land verfassen, ihm schadet das nicht, wo er sich einmal so tapfer führt, der Sache aber nützt es... Ich will es heute noch schreiben, Ludmila druckt es geschwind... Aber wie kommt das Flugblatt dahin?" Ich bringe es hin.. Nein, danke!.. rief Nikolai schnell.Lb Wjessowschtschikow nicht dafür taugt, ah?" Soll ich mit ihm sprechen?" Ja, versuchen Sie es!... Und instruieren Sie ihn." Aber was soll ich dann tun?" Darüber machen Sie sich keine Sorge!" Er setzte sich zum schreiben hin. Sie räumte den Tisch auf, blickte ihn an und sah, wie die Feder in seiner Hand zitterte, während sich das Papier mit schwarzen Wortreihen bedeckte. Bisweilen zitterte die Haut an seinem Halse, er warf den Kopf zurück, bedeckte die Augen, und sein Kinn zitterte. Das versetzte sie in Erregung. Straf sie gehörig!" murmelte sie leise.Hab kein Er- barmen mit den Bösewichtern..." (Fortsetzung folgt.)
(Nachdruck verboten) Oer elektrische Mensch. Von Pierre Souvestre  . Deutsch von Klara Hertz. Wo zum Teufel war das verdammte Ding geblieben? Der Chauffeur Marius, der soeben eine leichtePanne" rc- pariert hatte, suchte ärgerlich in dem umhergestreuten Inhalt seiner Werkzeugtasche, warf die englischen Schraubenschlüssel durch- einander, schüttelte die schmierigen Tuchfetzen, schlug mit der flachen Hand auf das Gras, das in einem dichten Streifen am Grabenrand stand und kehrte die Tasche mit den Luftschläuchen um und um. Umsonst! Nicht zu finden! Dieses infame Ding! Marius dachte ernstlich nach, und seine geistige Anstrengung brachte ihn auf den vorzüglichen Gedanken, die fünf Finger seiner rechten Hand zwischen seine Kiefer zu stecken und den Inhalt seiner Mundhöhle zu untersuchen. Denn dieser ausgezeichnete und sehr sympathische Angestellte der berühmten FirmaMoto-Vitesse" in Toulouse   hatte die Gewohnheit, seinen Mund als eine ihm von der Natur gratis zur Verfügung gestellte Tasche anzusehen. Abgesehen von dem Priemchen, das seinen festen Platz in einer Ecke hatte diese Gewohnheit stammte aus früheren Jahren, wo er zur See gefahren war brachte er darin, wenn seine Hände voll waren, alles unter, was ihm beim Arbeiten nötig war, Bolzen, Schrauben, Kapseln, Drahtenden, Korken usw. Zuerst entnahm Marius dem genannten Aufbewahrungsort eine alte Tube mit Schmieröl, die schon fast leer und ziemlich zer- kaut war; hierauf ein Stümpfchen Wachslicht und den Brenner zu einer Laterne; dann aber war er sehr überrascht, gegen Ende der Untersuchung in der Nähe der Backenzähne ein ganz neues Stückchen Kautabak zu finden, das er seiner Ueberzeugung nach vor wenigen Augenblicken gerade verschluckt hatte. Wie konnte das nur zugehen? Dann mußte er ja eben etwas anderes verschluckt haben... was konnte das gewesen sein?... Donnerwetter! Da war kein Zweifel... natürlich der Kontaktbolzen l Marius war wie niedergeschmettert. Nicht daß er für seinen Magen fürchtete, der hatte schon sonst manches erlebt und würde sich aus dem Stückchen Kupfer nichts machen... aber wie sollte er es wieder erlangen? ES war nicht daran zu denken, etwa den Bolzen durch einen Nagel zu ersetzen, sein Durchmesser war viel zu groß dazu; und trotz der Verschiedenartigkeit seines Handwerkzeugs fand Marius kein Stückchen Eisen oder Stahl darunter, dem er eventuell die Form des verloren gegangenen Gegenstandes hätte geben können. Tie Drähte aber waren durch häufiges Ausbessern so kurz geworden, daß er sie ohne Bolzen nicht in Kontakt bringen konnte. Den Tod im Sinn, die Verzweiflung im Herzen und, oh grau- same Ironie, ohne Zweifel den Bolzen im Magen, bestieg Marius mechanisch seinen Wagen, um aufs neue über seine Lage nach- zudenken und neue Pläne zu ihrer Verbesserung zu schmieden. Aber oh Wunderl Kaum berührte sein Fuß das Pedal�und seine Hand das Schwungrad, als der Trcmbleur zu zittern anfing; offenbar hatte sich an der Zündkerze ein Funken entwickelt, und der Motor fing langsam an zu arbeiten. Marius konnte nicht umhin, sich zu sagen, daß das wieder verdammt merkwürdig sei, aber er hütete sich wohl, die augenscheinlich ihm günstigen Absichten seiner rätselhasten Maschine zu durchkreuzen. Behutsam regelte er die Karburation, schaltete sachte zum Anfang aufErste" ein, dann aufZweite", dann aufDritte", ließ endlich noch den Akcelerateur in Krast treten und landete schließlich vor den Hallen derMoto-Vitesse" ohne den geringsten neuen Unfall, wenn er auch etwa zehnmalim Fluge" wegen zu schnellen Fahrens aufgeschrieben wurde.
Von diesem Tage an erfreute sich Marius einer kolossalen Popularität. Sein Abenteuer war in aller Munde. Jeder Un- gläubige wurde durch den Augenschein bekehrt; denn die wider» spenstigsten Motoren wurden durch Marius in Gang gesetzt, indem er einfach durch Auflegung seiner Hände die Verbindung herstellte. Zeitungen und Zeitschriften brachten sein?'ld und seine Biographie und nannten ihn denelektrischen Menschen". Marius erzählte sogar eines Tages seinen Freunden, daß er sich den Herren von der medizinischen Fakultät vorgestellt habe, und daß einer von fhncn einen wissenschaftlichen Bericht über seinen Fall unter der Feder hätte. Die Firma, für die er eine glänzende Reklame war, legte sich enorme Geldopfer auf, um ihn zu halten. Man bezahlte seine Anwesenheit mit purem Golde. Trotz alledem war Marius noch nicht zufrieden, und darauf sinnend, seinem Ruhmcskranz neue Blätter hinzuzufügen, verbreitete er in den Cafes der Stadt das Gerücht, daß er nicht nur Motoren mit Zündkerzen in Bewegung setzen könne, sondern es auch unter- nehmen wolle, Akkumulatoren zu laden, indem er ganz einfach ein bißchen mit seinen Fingern auf ihren Polen   herumtippe. Aber dieses großartige Projekt, dessen Gelingen geeignet gewesen wäre, eine vollständige Umwälzung in der Wissenschaft und Industrie hervorzubringen, sollte nicht zur Ausführung kommen. Es scheiterte an folgendem Vorfall: Der Automobilklub der Haute-Garonne   hatte nämlich unter- dessen eine Wettfahrt ausgeschrieben, von Toulouse   nach Montpellier  und zurück. Zahlreiche Teilnehmer hatten sich gefunden, und als einer der Ersten hatte sich Marius eingeschrieben, der mit seiner Zuversicht in bczug auf Elektrizität nicht unterwegs stecken bleiben zu können, seines Sieges gewiß war. Indessen war er die Tage, die der Fahrt vorausgingen, sehr haushälterisch mit seinen Kräften und war zu keinerlei elektrischen Kundgebungen zu bewegen. Der große Tag kam. Es hatten sich etwa dreißig Wagen ver- sammelt, die zusammengenommen wohl an tausend Pferdekräfte repräsentierten und unter Pfauchen und Pusten auf das Signal zur Abfahrt warteten. Seiner Gewohnheit getreu, hatte Marius weder einen Kontaktbolzen noch eine Zündkerze bei sich. Er selbst war da. Das genügte. Und in der Tat, von Anfang an legte er eine geradezu fabelhafte Anzahl von Kilometern per Stunde zurück; er schlug jeden bisher dagewesenen Rekord, überholte ohne Aus- nähme alle Konkurrenten und gewann einen solchen Vorsprung, daß er ganz gut unterwegs hätte ein Schläfchen machen können, ohne seinen Sieg zu gefährden. Aber er dachte nicht varan, sein Ziel auch nur für einen Augenblick aus den Augen zu lassen. Mit spähendem Blick, unbeweglich über das Schwungrad gebeugt, sauste. er weiter. Plötzlich fühlte er einen sonderbaren Schmerz, der ihm den kalten Schweiß auf die Stirn treten ließ. Ein starkes allgemeines Unbehagen schüttelte seinen Körper; dann konzentrierte sich der Schmerz unterhalb der Rippen, in der Gegend seines Unterleibes, woraus Marius schloß, daß sein Inneres gebieterisch die AuS- führung einer gewissen Handlung forderte, der er sich nicht ent- ziehen konnte.Schadet nichts," dachte er,ich habe einen solchen Vorsprung, daß ich auf keinen Fall mehr eingeholt werden kann." Es blieb ihm nur noch übrig, ein passendes verborgenes Plätzchen zu finden, wie es einem sittsamen Menschen geziemt. Er sah sich um; etwas weiter hin schimmerte durch dichtes Gebüsch oas halbzerbröckelte Mauerwerk eines alten verlassenen Brunnens, aus dessen Tiefe einige Ginsterbüsche aufragten, während in dein Rest Wasser am Boden eine Froschfamilie ein beschauliches Dasein führte. Der Rand dieses Brunnens schien Marius ein passender und bequemer Sitz,-- dann kehrte er zu seinem Wagen zurück und stieg ein. Aber oh Schrecken! Der Trembleur zitterte nicht, die Zünd- kerze gab keine Funken, der Motor machte keinerlei Anstalten, sich in Bewegung zu setzen. Was war nur vorgegangen? Gar nichts besonderes, und Marius brauchte sich nicht lange den Kopf zu zerbrechen, um das Verzweifelte semer Lage ein- zusehen. Der Bolzen, der berühmte Kontaktbolzen... es war nicht wegzuleugnen, er hatte nach einer langen Reise durch das Innere des phänomenalen elektrischen Menschen endlich Sehnsucht nach dem Sonnenlicht verspürt... undMag ihn da im Brunnen suchen wer Lust hat!" schrie Marius verzweifelt. Und so kam eS, daß Marius längst nach dem Letzten am Ziel ankam, geschleppt von zwei von einem Bauern geleiteten Ochsen. Keine Zeitung sprach mehr von ihm, der Gelehrte von der medizinischen Fakultät lieg seinen Bericht unvollendet liegen, und die Firma gab ihm den Ab- schied. Marius versuchte zwar die Sache wieder gut zu machen, indem er einen neuen Bolzen verschluckte, aber er mußte es wohl ungeschickt angefangen haben, denn das Ding blieb ihm in dey Kehle stecken, und er mußte elendiglich ersticken. Armer Marius l
KL. Der geneigte Leser, der vielleicht an der Echtheit dieser Geschichte zweifelt, wird gebe�m, zu beachten, daß sie sich an den Ufern der Garonne zugetragen hat, ferner, daß Marius auS Mar- seillc stammte, und daß der Erzähler ein Gascogner ist.,,, dq« durch wird ihm viel erklärt!