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stellerin darum ein Vortsurf träfe, in dem Zusammenhang des Bühnenganzen nur flüchtig zur Erscheinung. Die um den Hof­meister Malvolio gruppierten Possenszenen, die zum Teil doch schon recht altfränkisch anmuten, drängten alles Uebrige vollständig in den Hintergrund. Eine besonders frappante Reistung trat hier nicht hervor. Wasimanns vorzüglicher Junker Christoph von Bleichenwand war 3 dieses Schauspielers früheren Shakespeare­rollen schon im voraus bekannt, Schildkrauts Malvolio erzellierte mehr durch karikierte Häßlichkeit als charakterisierende Somit. Moissi gab dem Narren, ohne rechte Begründung schien mir, einen weltschmerzlich weichen Unterton. Else Heims war eine auffallend hübsche, zierliche Olivia. Hedwig Wangel als Kammerfräulein ein Ausbund lachlustiger Durchtriebenheit. Die Kulissen zeigten einfache und stimmungsvolle Etilisierung. Beim Szenenwechsel unterhielt Reinhardt das Publikum durch ein ganz eigenartiges Experiment. Der Vorhang fiel nicht. Man sah im Halbdunkel die Drehbühne mit ihren verschiedenen Bildern sich langsam fortbewegen. Das Hin und Her der Bilder erinnerte etwa an Bierleisten, wie sie beim flüchtigen Durchblättern eines Buches rasch vorüberhuschen. Zum bunten Märchencharakter der Komödie stimmte das Sputhaft- Phantastische, das Durcheinander von vor und hinter den Kulissen gar nicht übel. dt.

Kunst.

Ueber die künstlerischen Probleme der heu tigen Architettur" sprach Architekt August Endell in dem von ihm erbauten Festsaal Rosenthalerstr. 40. Endell ist einer der begabtesten jüngeren Architekten Berlins und so boten seine Aus­einandersetzungen vieles Interessante.

Zu Anfang betonte er die Notwendigkeit, zu neuen Bauformen zu kommen. Da unsere Technik, unsere Konstruktionsmöglichkeiten, unsere Art des Wohnens, unser Lebensgefühl andere geworden seien, müßten auch die Formen der Architektur von selbst sich ändern. Die Römer konnten Gewölbe von 20-30 Meter überspannen, wir können jolche von 70, ja 100 Metern überdachen. Andererseits wohnen wir enger beieinander, dichter übereinander und wir verlangen anderes und mehr von unseren Räumen, in denen wir wohnen, als die Vor­fahren. Man habe versucht, burch Auswahl alter Formen zu einer nenen Architektur zu kommen. Sowohl in dem einfachen Sinn, daß man die Stilsprache überträgt( wobei meist, da die Verhältnisse andere find, Entgleisungen vorkommen) oder in dem feineren Sinne eines Messel und Hoffmann, die in sorgfältiger, geschmackvoller Weise wirklich den Geist der alten Architektur in einem Extrakt darbieten. Aber auch hier sei oft das Resultat ein ungünstiges, da moderne Forderungen oft mit der alten Architektur kollidieren. Aber speziell auf dem Gebiete des Grundrisses, der Raumau snugung sei diese ältere Generation vorbildlich tätig gewesen.

Danach kam die kunstgewerbliche Bewegung der achtziger Jahre, die nach einem allgemeinen leberschwang bald eine Ernüchterung brachte. Die Folge war, daß man nun, um sich vor der Fülle des Falschen und lebertriebenen zu retten, betonte, man dürfe nur zweck­gemäß, materialgerecht, fonstruktiv bauen. Dies war ein Notbehelf, fein Ende. Denn über der Notdurft steht die Schönheit. Schönheit in Form und Farbe sei etwas sehr Reales, speziell in der Architektur. Man sehe das an den alten Bauwerken, bei denen uns oft eine unerklärliche Schönheit entzücke. Diese Schönheit kann, da sie in den architektonischen Verhältnissen liegt, studiert, untersucht, gelehrt werden.

POVO

und es ist zu wünschen, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, fördernd und anregend zu wirken. Nicht nur als Lehrer, sondern auch als Künstler, als Architekt mit praktischen Beispielen seiner Kunst, das heißt, daß er Aufträge erhält.

Es ist ein Gewinn, daß ein Architekt, der Künstler ist, der in seiner Kunst so bewußt das Neue sucht, von dieser zu reden unter nimmt. Nur der Künstler überzeugt ims. Wir beginnen uns von der Wissenschaft zu emanzipieren. Und es ist das wohl als ein weiteres erfreuliches Zeichen dafür anzusehen, daß die Freude an der Baukunst im Steigen begriffen ist.

Medizinisches.

e. S.

Die Heilung der zerrissenen Leber. In der Chirurgie gibt es heute nichts Unmögliches mehr. Die schwersten Verlegungen, die ohne operative Eingriffe sicher zum Tode geführt hätten, werden jezt durch die kühnen Eingriffe des Chirurgen ge heilt. In Zürich geriet türzlich ein Bahnarbeiter zwischen die Buffer zweier Güterwgaen, und es wurde ihm der Unterleib stark gequetscht. Er konnte immerhin noch 200 Meter weit zum Arzte gehen, fiel aber bei demselben mit den schwersten Zeichen der inneren Blutung ohnmächtig zu Boden. Bei der in der Klinik Stunden nach der Verlegung vorgenommenen Leibesöffnung, stürzten große Massen Blut aus der Leibeshöhle heraus. Als Ur. sache der Blutung erwies sich eine schwere Verlegung der Leber, der linke Rappen war fast völlig vom rechten abgerissen. Um die sehr starke Blutung zu stillen, wurde der linke Reberlappen völlig entfernt, wobei eine 16 Zentimeter lange Wundfläche des rechten Lappens zurückblieb. Der Stumpf wurde alsdann zusammen gedrückt und die blutenden Gefäße unterbunden, dann wurden acht Nähte angelegt, welche den ganzen Leberquerschnitt durchsetzten. Der entfernte linke Lappen wog 320 Gramm. Nach mehrtägigem Fieber und Erbrechen erholte sich der Kranke allmählich von der schweren Operation und dem Kräfteverfall und wurde genesen ent­lassen.

Technisches.

Elektrische Rattenvertilgung. Damit ein großes Unheil auch nicht ganz ohne gute Folgen sein sollte, hat das Auf­treten der Pest in Indien mit ihren beispiellosen Verwüstungen einen Fortschritt gebracht, der sowohl in materieller wie in hygie­nischer Beziehung, was übrigens oft in einem engen inneren Bu­fammenhang steht, nicht gering zu veranschlagen ist. Die alte Lehre von der Ausbreitung der Best durch die Ratten ist wieder aufgelebt und von der Wissenschaft bestätigt worden, und dadurch ist es zu einer richtigen Kriegserklärung des Menschen gegen dies lingeziefer gekommen. Namentlich hat die Technik alle möglichen Mittel aufgeboten, die zu einer Vernichtung der Schiffsratten führen könnten, weil die Rattenbevölkerung der Schiffe selbstver= ständlich in erster Linie dazu geeignet ist, die Pest auf weite Ent­fernungen und über Meere hinweg zu verpflanzen. Die meisten Beiträge zu dem Arsenal dieses Krieges hatte bisher die Chemie geliefert, indem sie verschiedene giftige Gase, wie Kohlensäure, schweflige Säure nebst den zu ihrer wirksamen Anwendung nötigen Apparaten zur Vergiftung der Ratten empfahl. Jeht hat auch die Physik mobil gemacht, denn im Gesundheitsingenieur" ist von einer Erfindung zu lesen, die von Albert von Biederheim in Wien herrührt und den elektrischen Strom zu dem erwähnten Zived be nuten will. In den Schiffsräumen wird eine große Zahl von metallischen Spizen angebracht, die ziemlich dicht nebeneinander stehen und mit einer elektrischen Starkstromleitung verbunden sind. Jede Ratte, die mit einer dieser Spigen in Berührung kommt, ist sofort verloren. Nun wird außerdem zwischen die Spizenreihen noch irgendein Köder gelegt, und außerdem fällt die elektrisch hin­gerichtete Ratte in ein geschickt angebrachtes Faß. Selbstverständ lich kann diese Erfindung auch an anderen Stellen außer auf Schiffen verwandt werden, z. B. in Kanalisationen. Man läßt die elektrische Mausefalle in den Kanal hinab und zieht sie dann mit den getöteten Tieren wieder herauf. Versuche, die mit der Er­findung in Triest angestellt worden sind, haben befriedigende Er gebnisse erzielt.

Ju dieser Weise sei das Studium der Alten zu empfehlen. Sowie ich eine antife Säule nicht darauf ansehe, wie ich sie benußen kann, sondern zu dem Zwecke, zu ergründen, wie ist der Baumeister zu diesem Ausdruce gekommen, warum hat er sier geändert, dort fortgelassen, dort hinzugefügt, belebt sich vor meinen Augen die Vergangenheit. Ich suche nicht Motive zusammen, sondern ich lerne verstehen, erziehe mich, bereichere mich durch Erkenntnis der Arbeits­weise der alten Meister und finde auf diesem Wege neues. Ebenso geht es mit der Natur. Sie liefert einen unerschöpflichen Schatz von Vorbildern. Diese muß ich studieren. Ich muß mir z. B. ein Blatt, eine verschiedene Serie von Blättern an sehen, so genau ansehen, daß sich mir die individuelle Form jedes Blattes einprägt. Dann arbeite ich weiter; ich variiere; ich lasse hier eine Schwingung weg, füge eine Linie zu, stelle das Blatt auf den Kopf. Aus diesem Vorrat suche ich mir dann das jeweilig Glückliches Zusammentreffen. Wohnungs Passende aus, das den Rythmus der Form, die ich verlange, am vermieterin: Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich im Geld­geschmeidigsten ausdrückt. So kann ich auch mit Linien operieren; punkte sehr energisch bin. Ihr Vorgänger blieb mir drei Monate überall beleben sich vor meinem Blick neue Möglichkeiten. Das ist die Miete schuldig, und als er auch da noch nicht zahlen konnte, habe eine Technik des Schaffens, die gelehrt werden kann, da sie auf ich ihn einfach hinausgeworfen." Mieter:" Macht nichts. Unter Kenntnissen, Gesetzen beruht, und in diesem künstlerisch lebendigen diesen Bedingungen nehme ich die Wohnung auch!" Sinne ist das Studium der Aesthetik zu empfehlen, um durch Ver­gleichung der Formen zu e'ner lebendigen Anschauung, zu einer Die Hauptsache. Else: Was, Du gehst schon wieder Stritit zu kommen. Indem ich die Wandlung der Formen überblicke, ins Theater? Das Stück hast Du doch schon gesehen!" eröffnen fich mir neue Perspektiven. Da die Architektur von heute Ja aber noch nicht in meiner neuen Toillette!" überall durch Vorschriften gebunden ist, gilt es durch geschmeidige Auswahl jeweils das Passendste zu fuchen.

In diesem praktischert Sinne will Endell im kommenden Winter Vorträge über Architekt ir halten, an der Hand von Zeichnungen, Photographien und Lichtbilden. Der Zyklus erstreckt sich über zwei Jahre und soll eine zusammenhängende Bauformenlehre geben. Endell vereinigt Temperament und fühles Urteil; er strebt hin zum Bewußt- Schöpferischen; er besitzt damit ein vorzügliches Lehrtalent

Humoristisches.

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Grete:

- Ratheberblüte. Professor der Naturgeschichte: sehen hier, meine Herren, ein selten schönes Eremplar eines Gorilla­schädels. Solche Schädel existieren in unserer Stadt nur zwei; den einen besitzt das Museum, den anderen habe ich." ( Fliegende Blätter ".)

Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.- Drud u. Verlag: Borwärts Buchdruderei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.