tegung, stürzen sich dann aber sofort auf ihre Kulturen und suchen erichreckt, soviel ein jeder kann, von der kostbaren Nahrung zu retten.— Hygienisches. H e i l st ä t t e n und Zahnpflege. Es beginnen jetzt wieder die Winterkuren in den Lungenheilstätten und alle, die in der ersten Hälfte des Winters Aufnahme finden, sind wohl schon benachrichtigt. Jeder, der zur Kur zugelassen ist, kann mit der frohen Gewißheit forgehcn, daß die Krankheit bei ihm noch im Anfangsstadium ist und auf bedeutende Besserung rechnen. Das Loslösen von allen äußeren Sorgen, die kräftige Kost und vor allem die frische, reine Luft machen den Aufenthalt in den Heil- stätten den meisten zu einem großen Sonntag, an dem er von der Alltagsarbcit ausruht. Mau mutz aber am Alltag Vorsorgen, daß der Sonntag nicht gestört wird, und eine Arbeit, die noch in den Alltag gehört, ist die Instandsetzung seiner Zähne. Das ist viel- leicht keine ganz angenehme Sache. Wer aber wirklich Nutzen von seinem Aufenthalt haben will, der wird das leicht einsehen. Ich meine jetzt noch gar nicht einmal die Zahnschmerzen, obgleich sie recht unangenehm werden können und sich nicht in den Stunden einstellen, in denen wir sie am wenigstens vertragen können, z. B. des Nachts im Bett, wenn nichts die Aufmerksamkeit von ihnen ablenkt. Schlimmer ist es aber, daß die schöne, reine Luft durch alle die fauligen Dünste zerstört wird, die sich im Munde entwickeln und die natürlich auch in die angegriffene Lunge gelangen. Wie arg diese Dünste sind, kann man bei manchem Ncbenmenschen mit ungepflegtem Mund schon einige Schritte weit riechen, bei sich selbst merkt man leider nichts davon. Und das Essen I Erstens kann es mit den schadhaften und fehlenden Zähnen nicht recht gekaut und vom Magen nicht rasch und vollständig verdaut werden. Schlechte Zähne sind also niangclhafte Ausnützung der Nahrungs- mittel. Dann verderben sie uns aber noch das Essen, indem sie faulende Stoffe, Bakterien usw., die sich in den Zahnhöhlen bilden, zwischen die Speisen mischen. Wie derartig verschlechtertes Essen auf den Magen wirkt, kann sich jeder denken. Es dauert meist 2—3 Monate, bis ein Platz im Erholungs - heim frei ist. Diese Zeit läßt sich gut benutzen, um die Zähne in Ordnung zu bringen. Sie müssen gereinigt werden, damit nicht Zahnstein das Zahnfleisch entzündet; Löcher sollen plombiert und, wenn irgend möglich, fehlende Zähne ergänzt werden. Das ist Alltagsarbeit, sie muß vor. dem Erholungsaufenthalt erledigt werden. Draußen in, Freien, an unserem Sonntag, wollen wir nur so weit an unsere Zähne erinnert werden, als wir mit Behagen in einen Apfel oder in ein knuspriges Brötchen beißen. Physiologisches. Die Empfindlichkeit der Eingeweide. Heute kommt glücklicherweise kaum noch jemand in Gefahr, außer im Gefolge von Unglücksfällen, die Empfindlichkeit seiner inneren Organe gegen Verletzung:n zu erproben. Früher aber, als der Segen der Narkose noch unbekannt war, mutzten die Operationen/ wenn sie sich überhaupt an solche Organe heranwagten, eben ohne Rücksicht auf die Bereitung von Schmerzen vorgenommen werden, und der Arzt konnte im besten Falle damit rechnen, daß der Patient zur rechten Zeit in eine tiefe Ohnmacht fiel. Die wenigen Leute, die das Pech gehabt hatten, eine solche Erfahrung zu machen, haben versichert, daß ein Messer, das den Darm durchschneidet, keine andere Empfindung verursacht als die eines kalten Gegenstandes, ober nicht das geringste Schmerzgefühl. Gründliche Untersuchungen über die Empfindlichkeit der Eingeweide sind dann vor einiger Zeit von Dr. Lennander gemacht worden, und zwar während des Verlaufs von Operationen. Dabei hat sich ergeben, daß das an den Wandungen anliegende Bauchfell für alle operativen Maß- nahmen äußerst empfindlich ist. Durchaus unempfindlich dagegen sind in der Tat der ganze Darmkanal, das Gekröse, der Magen, der vordere Rand der Leber, die Gallenblase, die Harnblase und das Drüscugcwebe der Leber. Diese Organe sind sogar gegen Wärme- und Actzrcize stumpf. Auch das Bauchfell scheint nur gegen Ver- letzungcn empfindlich zu sein, nicht«her gegen Berührung und Wärme. Gleichfalls unempfindlich sind die Lungen und die vordere . Wand der Luftröhre, außerdem die Schleimhäute de ? Mastdarms. Im allgemeinen sind die Organe, die ihre Nerven von den söge- nannten visceralen Ncrvcnstämmen erhalten, unempfindlich, während alle Nerven, die sich von den sogenannten somatischen Stämmen her verzweigen, empfindlich sind. Wahrscheinlich er- leiden diese Regeln doch gewisse Ausnahmen, indem auch die sonst unempfindlichen Organe durch krankhafte Veränderungen schmerz- hast werden oder wenigstens» zu schmerzhaften Empfindungen Veranlassung geben können, wie ja die Erfahrung leider lehrt.— Humoristisches. — Die verprügelte Majestät. Ssissaghe, die Frauen- königin, verlas die Thronrede stehend, da ihr der Stationsarzt das Sitzen verboten hatte. --Der„Knnstw art".„Sagen Sie, Herr Baron, haben Sie sich nie mit Kunst beschäftigt?"—„Aber ich bitte Sie. Gnädigste, habe fünf Jahre mit'ner Sängerin Verhältnis gehabt." — Der geizige Kunde.„Haarwuchsmittel kaust er nich. Schnurrbartbinde braucht er nich— ich werd' ihm mal n Ohrzipfelchen abschneide», damit er mir für'n Groschen Heftpflaster abkauft I" �(.Lustige Blätter.*) Notizen. — Die monatlich erscheinende M u s i k m a p p a(20 Pf. pro Heft, Verlag W. Vobach u. Co., Berlin , Leipzig und Wien ) kultiviert das Gebiet der Tänze, der Salonstücks und Lieder. Also sogenannte Unterhaltungsmusik. Wertvoller als dieser Teil ihres Programms will uns die Beilage zu den Liederheften: Lieder- und Kommers« buch fürs deutsche Haus dünken, denn eS ist eine alte Er- fahrung, daß zu den alten lieben deutschen Volksliedern die Harmonien in der Regel fehlen. Ein Mangel beim häuslichen Genuß dieser Schätze, dem das Vobachsche Unternehmen abhilft. — Eine ärztefeindliche Stiftung. Eine merk- würdige Stiftung ist der Stadt Paris von einem reichen Geschwistervaar. Herrn und Fräulein S o l l e r angeboten worden. „Die„Assistance publique", das städtische Wohlfahrtsbureau soll eine Million Frank erhalten, mit der Bestimmung, daß aus den Erträgnissen dieses Kapitals ein medizinischer und chirurgischer Konkrolldienst in den Krankenhäusern eingerichtet werden soll, der durch„kompetente, verantwortliche Männer der Wissen- schaft, die aber keine Aerzte sein dürfen", versehen wird. Der- mit dem Studium dieser Angelegenheit beauftragte sozialistische Gemcinderat Heppenheimer schlägt der kommunalen Vertretung vor, die Schenkung im Prinzip anzunehmen. Was aber die in d'eil Hospitälern tätigen Aerzte zu der„Kontrolle" sagen werden, ist noch fraglich. Die Spende ist wohl durch die ärzte- feindliche Sensationsliteratur angeregt worden, die auf den Boule- vardS jetzt namentlich durch ein dickleibiges Buch mit dem Titel: „Dsksnds la peau contre ton medecin"(„Wehr Dich Deiner Haut gegen Deinen Arzt") vertreten ist. Jedenfalls wird ein von Nicht- nrztcn besorgter Kontrolldienst das Vertrauen der Bevölkerung zur ärztlichen Kunst und Gewissenhastigkeit nicht gerade heben. — Der Eiffelturm als Stadtuhr. Die Pariser haben nun eine in allen Stadtteile»— ivenigstenS von den Dächern— sichtbare öffentliche Uhr bekonunen, die allerdings nur in den Abend- fstlnden funktioniert. Seit einigen Tagen zeigt der Eiffelturm nach Einbruch der Dunkelheit mit lelichtenden Riesenziffern die Zeit an und setzt Männlein und Weiblein in Stand, ihre Uhren astronomisch genau zu regulieren und etwa vereinbarte Rendezvous pünktlich ein- zuhalten. Der Apparat ist auf dem zweiten Stockwerke angebracht. Auf dem dritten wäre zwar fein Sichtbarkcitsrayon größer gewesen, aber es wäre unbewaffneten Augen kaum möglich geworden, die Zeit ab- zulesen. Bisher hatten die Pariser als offizielle Zeitweiser nur die Kanonschüffe, die mittags im Hofe des Palais Royal und zuletzt auch vom Eiffelturm abaegeben wurden. Die geringe Zahl und die Unzu- verlässtgkeit der öffentlichen Uhren ist oft beklagt lvorden. Freilich ist die neue Einrichtung mehr ein dekorativer Effekt, der im Publikum die Illusion aufrechterhalten soll, daß der Eiffelturm, dessen Er- Haltung recht viel Geld kostet, zu irgend etwas gut sei. — AuS st erben eines nordsibirischen Volks» st a m m e S. Aus den unwirtlichen Gefilden des riesengroßen nord« sibirischen Geländes kommt die Nachricht von dem Aussterben eines Volksstammes. Es handelt sich um die bisher besonders im Bezirk Olchminsk nomadisierenden Tungusen, die Stamnieingesessenen jener Gegend, die sich dem russischen Tschin in früheren Zeiten niemals unteriverfen wollten und daher den mannigfachsten Verfolgungen ausgesetzt waren. In der letzten Zeit aber hat sich die russische Regierung um die Eingeborenen Sibiriens , zumal um die im Hohen Norden, überhaupt fast gar nicht bekümmert. Das Aussterben nahm rapide zu und jetzt wird nun auch offiziell bestätigt, daß ein solcher verlassener Bolksstamm gänzlich eingegangen ist. Eine der Ursachen des Aussterbens ganzer Stamme in Nordsibirien dürste wohl der übermäßige Alkoholgenuß fein, andererseits aber hat die große un» erbittliche Hungersnot reichliche Ernte gehalten. Die Nomadenvölker Sibiriens werden seitens der russischen Regierung, die Sibirien schon länger als dreihundert Jahre besitzt und russifiziert, wie Stief- linder behandelt. — Die Räderabnntznng im Eisenbahnbetrieb ist neuerdings wissenschaftlich festgestellt worden. Wenn ein Eisen- bahnwagen 1000 Kilometer zurückgelegt hat. so hat jedes Rad durchschnittlich 82 Gramnr abgenommen. Hatte man gebremst, so ergab dies noch einen weiteren Verlust von 42 Gramm. Täglich und stündlich geht diese rastlose Verminderung vor sich. Dazu kommt noch, daß die Räder sich nicht rund erhalten, so muß denn gefeilt und geglättet werden. Auf diese Weise geht das meiste verloren. Zuletzt, wenn das Rad zirka 50 Kilogramm an seinem Ursprung- lichen Gewicht verloren hat, wird es zur Werkstätte abgeführt und wieder abgedankt. Bis eS dahin kommt, hat ein gebremste? Rad die Strecke von 02 000 Kilometer, ein ungebremstes dagegen eine solche von 142 000 Kilometer befahren, im Durchschnitt kann mau 122- bis 130 000 Kilometer rechnen. Hiernach läuft da? Rad eines Personenwagens zirka 2 Jahre, das eines Güterwagens etwa 8 Jahre. Verantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: VcrwärtLBuchdruckerci u.VerlaL»anstaltPaulSingerLcCo..BerlinL�V.
Ausgabe
24 (24.10.1907) 207
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