.
851
Endlich hört das wahnsinnige Springen auf. Feierlicher Ernst ficgt auf allen Gesichtern. Allah ist zugegen. In den Scheich ist Allahs Odem eingezogen; ihm werden Kranke zugeführt, die er anHaucht. Kleidungsstüde werden gesegnet; Erwachsene und Kinder Tegen fich mit dem Gesicht nach unten platt auf den Boden; der Scheich schreitet auf ihren Leibern dahin, und die leben- und fegenspendende Kraft geht in die Gläubigen über.
Drud, die auf den europäischen Zuschauern lasten, müßten in durch die Boren der Kleider. Da wird also, wie man leicht einsieht, hysterischem Geschrei oder Tobsucht explodieren. Diesen stunden- derjenige Stoff der beste sein, der die meiste Luft in sich enthält, langen Attaden auf das Gefühl ist schließlich niemand gewachsen- weil er dem Schweiß den besten Weg zur Entfernung bietet. Flanell mit Ausnahme vielleicht jener blonden englischen Miß, die drüben gewebe besteht aber aus 9 Raumteilen Wolle und 91 Raumteilen fühl den blauen Schleier lüftet. Luft, Trifotgewebe fett fich zusammen aus 17 Raumteilen festen Stoffes und 83 Raumteilen Luft, und es ist dabei gleichgültig, ob es sich um ein Trifot aus Seide, Wolle, Baumwolle oder Leinewand handelt. Die verschiedenen Tucharten enthalten 20 Raumteile Stoff und 80 Raumteile Luft, glattgewebte Baumwolle und Beinewand endlich werden gebildet aus 48 Teilen fester Bestandteile und 52 Teilen Luft; also auch hier bietet der Wollflanell die günstigsten Bedingungen. Zugleich lehrt diese Zusammenstellung, daß nicht derjenige Kleiderstoff der Wärmeabgabe den größten Widerstand entgegenseßt, der relativ am meisten Gewebe und am wenigsten Luft enthält, wie auch andererseits die Leichtigkeit der Kohlensäureabgabe nicht direkt von diesem Berhältnis abhängt. Schließlich muß man berücksichtigen, daß der Schweiß zwar zum Teil verdampft, zum Teil aber auch die Poren verschließt, und die solchergestalt verschlossenen Poren sind dann für die weitere Ent fernung von neu entstandenem Schweiß nicht mehr zu verwerten. Aus diesem Grunde muß untersucht werden, wie viele Boren der einzelnen Gewebearten sich durchschnittlich mit Schweiß anfüllen, und dabei hat sich herausgestellt, daß, gleiche Zeitdauer der Prüfung vorausgeseht, von Schweiß frei bleiben bei Wolle 74 Proz. aller Baren, bei Baumwolle 73 Bros., bei Seide 60 Proz. und bei Leine wand 43 Proz. Also auch hier gebührt der Wolle der Vorzug; wenn fie in dieser Rüdsicht nur einen geringen Vorzug vor der Baumivolle befikt, so hat sie doch immerhin einen Vorrang auch bor ihr. Wir kommen bei Berücksichtigung aller in Frage tommenden Umstände und Bedingungen zu dem Endergebnis, daß der Wollenflanell dasjenige von allen zurzeit existierenden Geweben ist, das nach allen hygienischen Rücksichten die dem Menschen zu träglichste Bekleidung liefert.-
Es ist ein eigen Ding um den Menschen und seinen Glauben. Die Anschauung, daß bestimmte Leistungen" das höchste Wesen zum Erscheinen zwingen, ist so alt, wie der Glaube an dieses Wesen jelbft. Bom Brandopfer Abrahams bis zur Gesundbelerin in Berlin W., vom Tibetaner, der seine Gebetmühle dreht, bis zum tanzenden und heulenden Derwisch ist ein weiter Weg; aber schließlich liegt doch überall dieselbe Anschauung zu Grunde. Fatiere und Flagellanten, Penitents in Nordamerika und Chlyfty in Rußland wollen ungefähr dasselbe. Und wenn die roh- sinnliche Anschauung fiberwunden ist, wird die Geißel des Flagellanten zur Reue, mit der der Gläubige fich die Seele germartert, und das schwindelcrregende Drehen der Derwische zum circulus vitiosus der Erbfünde.
Kleines feuilleton.
Literarisches
Das Jubiläum des„ Nürnberger Trichters. Am 1. November wird in Nürnberg der 300. Geburtstag eines Mannes gefeiert, den die alte Reichsstadt an der Begnig in die Schar ihrer vielen berühmten Männer eingereiht hat. Es ist Jobann Philipp Harsdörfer, der Schöpfer einer literarischen Gesellschaft, die noch heute besteht. Er ist es auch, auf den die berühmte Redens art bom Nürnberger Trichter zurüdgeht. Unter seinen mehr als 50 Bände füllenden Schriften befindet sich auch ein merkwürdiges, 1647 erschienenes Buch" Poetischer Trichter, die deutsche Dicht- und Reimtunst, ohne Behuf der lateinischen Sprache in 6 Stunden ein augießen". Dieses Buch hat die Veranlaffung zu der genannten Nedensart gegeben. Im Jahre 1644 gründete Harsdörfer den Blumenorden der Schäfer an der Begniz", eine Art literarisches Kränzchen, das sich die Pflege der Dichtkunft zur Aufgabe machte. aber feine Mitglieder verrichteten teine besonders hervorragenden Taten. Höher find ihre Verdienste um die Reinigung der deutschen Sprache anzuschlagen, die ebenfalls gwed dieser Bereinigung ivar. Die Pegnitzschäfer", wie fie fich nannten, frönten hauptsächlich der dem damaligen Zeitgeschmad entsprechenden gezierten Hirtenpoefie, bei ihren Zusammenfünften, die meistens in einem Hirtenhain stattfanden, verkleideten sie sich als Schäfer und riefen fich gegenseitig mit angenommenen Dichternamen. Der erste Dichterhain" ist nicht mehr aufzufinden, aber der zweite egiftiert noch. Es ist der Jrrhain bei Kraftshof, ein herrlicher Bart, in dem früher labyrinthartige Laubengänge angelegt waren. Jeder Pegnitze fchäfer hatte in dem Hain eine fleine Hütte, in die er jich zurüdzog, wenn er das Bedürfnis empfand, mit seiner Muse allein zu fein. Der Hain, der 1678 von der Gesellschaft erworben wurde, befindet sich noch heute in deren Befizz. Alljährlich wird dort das sogenannte Frrhainfest begangen. Aus Anlaß dieses Jubiläums wird im Germanischen Museum in Nürnberg eine Ausstellung von den Werken Harsdörfers und der auf ihn und seine Bestrebungen bezüglichen Schriften usw. veranstaltet.
"
Ift wollene, baumwollene, feidene oder leinene Kleidung dem Menschen am dienlichsten? Der Kalender mahnt uns, auch wenn die Sonne im Oktober noch warm herniederstrahlt, mit unerbittlicher Strenge, daß die Zeit naht, in der auch der nicht verwöhnte Mensch die leichte Kleidung des Sommers mit wärmerer Umhüllung bertauschen muß, und es entsteht die Frage, welche Kleidung uns am dienlichsten ist. Unsere Kleidung verschafft uns nicht nur eine gewiffe notwendige Behaglichkeit, sondern sie bedeutet eine ganz erhebliche Ersparung an Nahrungsmitteln. Gingen wir unbefleidet, fo gäben wir eine große Menge Wärme an unsere fühlere Umgebung ab, diese verlorene Wärme fönnte unser Körper aber nicht entbehren, sondern wir müßten sie wiederherstellen, und zu diesem 3wed müßten wir viel mehr Nahrung aufnehmen, als unser Körper ohne Wärmeabgabe erfordert. Denn im Körper gehen mit der Nahrung Prozesse vor sich, bei denen Wärme entsteht, und dies ist ein wesentlicher Zwed der Nahrungsaufnahme. Justus v. Liebig jagte, wenn wir in unserem Klima unbekleidet gingen, so würden wir mit Leichtigkeit ein halbes Kalb und einige Dugend Talgkerzen verzehren; das mag ja wohl etwas übertrieben fein, aber sicher müßten wir unbekleidet etwa zwanzig Prozent mehr Nahrung aufnehmen als so. Die Stoffe, mit denen wir uns au bekleiden pflegen, find schlechte Wärmeleiter, d. h. fie behindern die Abwanderung unserer Wärme an die falte Luft, und sie sehen dieser Wanderung einen um so größeren Widerstand entgegen, in je diceren Schichten fie von uns getragen werden. Das wird ja auch praktisch durch geführt, indem die Winterkleider wohl aus ähnlichen Stoffen an gefertigt werden, wie die Sommerkleider, aber dider gewebt find als diese. Hier tritt nun eine Berschiedenheit des Nuzens der verschiedenen Gewebe zutage. Es hat sich herausgestellt, daß zwar eine gleich dice Schicht von Wolltrikot, leichtem Wolflanell, Baumwolltrikot, Seidentrikot und Leinewand der Wärmewanderung den gleichen Widerstand entgegenseßt, aber diese gleich dicken Schichten verschiedener Stoffe haben recht verschiedene Gewichte. Tausend Quadratzentimeter von 4½ Millimeter Dide wiegen bei Wollflanell 38,9 Gramm, bei Wolltrikot 50,2; bei Baumwolltrikot 93,3; bei Seidentrikot 100,9; bei Leineland 183,9. Selbstverständlich ist jede unnüße Belastung des Körpers zu vermeiden, und wenn uns 39 Gramm Wolle ebensoviel Wärme konservieren, das heißt Nahrung ersparen, wie 101 Gramm Seide oder 184 Gramm Leinetand, so werden wir natürlich den Wollflanell für die praktischste Kleidung erklären. Dazu kommt, daß wir durch unsere Haut fortwährend Gin, heiterer Vortragsabend" Todte uns am Mitte Sohlensäure abgeben. Zu unserer Behaglichkeit ist es notwendig, woch in den Festsaal der Schlaraffia" am Endeplatz. Was es oft daß diese abgegebene Kohlensäure mit möglichster Beschleunigung mit solchen Veranstaltungen für eine Bewandtuis zu haben pflegt, von der Körperoberfläche entfernt werde. Nun bildet ja die Kleidung weiß man ja: belanglofe Bortragsstücke, mittelmäßige Interpreten. ein Hindernis für die Wegführung der Kohlensäure, aber gegenüber Diesmal hieß der Rezitator Friz Richard. Daß er sich eines dem Nutzen der Kleidung müssen wir diese Unbequemlichkeit eben in guten Mufes als denkender Schauspieler und begehrter Charakterden Kauf nehmen, nur werden wir eine solche Kleidung bevor- darsteller erfreut, war uns nicht unbekannt. Wenn wir aus diesem zugen, die bei gleicher Wärmewirkung der abziehenden Kohlensäure Grunde unsere Erwartungen an feine Vortragsfunft höher gespannt die geringste Schwierigkeit in den Weg stellt, und das ist wiederum hatten, so fanden wir uns nicht getäuscht. Friz Richard erfüllt, der Wollflanell. Unter gleichem Drud wandern in einer Minute was er verspricht. Zu einer gewinnenden Erscheinung des Aufbei gleicher Dide des Stoffes durch glatte Baumwolle 0,207 Liter tretens kommt eine hoch ausgebildete Sprechkunst, die alle Register Gas, durch Trikotstoff 1,027 Liter, durch Wollflanell 1,138 Liter. beherrscht, die stimmungsvoll malen und plastisch bilden lann. Noch ein dritter Bunit ist von Bichtigkeit. Unsere Haut sondert So tvie Richard reden die Leute Desterreichs, und außer der Kohlensäure fortwährend fleine Schweißtröpfchen ab, folche eindrucksvolle Mimik unterstützt das, was sie schlicht und auch sie müssen schnell entfernt werden, sollen sie uns nicht und doch drastisch erzählen. Der Vortragende bot vorzugsweise unbequem werden. In dieser Beziehung werden wir also dem Stücke aus der reichen Dialektliteratur seiner österreichischen jenigen Stoff den Borzug geben, der dem entstandenen Schweiß den Heimat. Und er tut recht daran. Dort liegt feine Stärke; dort leichtesten Abzug gestattet. Nun bilden alle unsere Kleidungsstoffe entwidelt er eine wohltnende Wärme und köstliche Heiterkeit, und ein Gemisch aus feftem Körper und Luft, die sich in den Boren der Zuhörer bekommt den Eindruck, als wandle er mit dem Vordes festen Körpers befindet, aus dem das Gewebe hergestellt ist. tragenden unter seinen niederösterreichischen, tyroler und steherDer Schweiß berbindet sich so gut wie gar nicht mit der eigentlichen märkischen Wolfsgenossen felber. Schließlich ist das der höchfte festen Substanz des Gewebes, er entfernt fich vielmehr wesentlich Triumph der Vortragskunft. Das Stüd urechtestes Volkstum. bas
-
Runft.