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geschwärzt von Kohlenstaub und Schweiß, und selbst die hellblonden Der Bursche feufzt und richtet sich halb auf. Sein Gesicht ist Haare sind mit dem schwarzen Puder über und über bestäubt.

" Ja, ja," sagt er mit leiser Stimme. Mir ist nur so schlecht." Der Koch halt ihm ein Glas Waffer hin, und der Erschöpfte trinkt, trinit mit vollen, langen Bügen. siu

Jezt ist Dir schon besser?"

Taufen, während ganz in ihrer Nähe ein Königstiger, miß- Run, Faulpels," fagt der Koch, willft Su nun aufstehen? gestimmt über diese Nachbarschaft von frischem Fleisch und Oder meinst Du, daß Du mit Deinem Schornsteinfegerbudel hier dem unaufhörlichen Rollen der Kugeln um ihn her, sich von den Fußboden polieren mußt?" Zeit zu Zeit an den Eisenstäben seines Käfigs emporrichtete und ein Stöhnen ausstieß, das wie frachender Dampfauswurf hervorbrach. Sie durschritten das Getrappel der Ställe, die in schläfriges Dunkel gehüllt waren, und traten hinaus in den Zirkus, der jetzt, am vollen Vormittage, in dem dämmerigen Licht solcher Lokalitäten dalag, die dazu errichtet find, nur abends erhellt zu werden, und wo in der leeren Manege fünf bis sechs Männer in Mützen und Blusen um einen Tisch herumfaßen, mit Einstudieren einer Bantomime beschäftigt, einer Pantomime, welche hier, in der prosaischen äußeren Erscheinung ihrer Afteure, ihrer Komit, die feinen Widerhall bei einem Bublifum fand, in dem gespenstischen Halblicht des weiten leeren Raumes ein sonderbares Bild abgab. ( Fortsetzung folgt.)

( Nachdrud verboten.) ot

Aeber Bord.

Von W. Scharrelmann.

Es ist um die Mittagsstunde, und eine drückende Hitze herrscht felbft unter dem Sonnenzelte, unter dem doch noch von Zeit zu Beit ein belebender Windhauch hindurchfährt.

Die Bassagiere halten Siesta.

In bequemen Liegefesseln läßt es sich so angenehm träumen und hindämmern. Nur das Stampfen der Maschine da unten im Bauche des Schiffes und das rauschende, gurgelnde Wühlen der Schraube im Wasser unterbricht die Mittagsstille.

Die Mannschaft ist zum größten Teile jetzt bei der Mahlzeit. Aus dem Logis hört man das klirren und Klappern der Geschirre. In gleichmäßigem Tatte stampft die unermüdliche Maschine unten im Raum. Alle Lufen und Einfalllichter find geöffnet, um die glühende Hitze, die dort unter herrscht, ein wenig herunterzu­drücken.

Die Heizer stehen mit nedten Armen und entblößter Brust vor den gewaltigen Feuerschlünden, die unter den Keffeln glühen. Schwarz und beschmutzt vom Kohlenstaub, naß vom perlenden Schweiße flebt das Hemd auf den muskulösen Schultern.

Oben vom Lichtschachte aus gesehen, aus dem der heiße, feuchte Dunst atemnehmend emporsteigt, scheint es dort unten der Hölle ähnlich zu sein.

Unablässig schaffen die Trimmer die schwarzen Kohlen aus den Bunkern herbei und schütten ganze Berge davon vor den Feuern nieder, die von der Hand der Heizer bedient, ihre weißstrahlende Glut in den Raum scheinen lassen, wenn mit den langen eisernen Haken die runden Türen geöffnet werden, um die in weitem Bogen geworfenen Kohlen in die gierig züngelnden Flammen zu schaffen. Es ist seine erste Reise als Trimmer," sagt der Hagere, fehnige Arbeiter mit dem rotbuntfarierten Hemde zu seinem Arbeits­genossen. Er hätte beffer getan, so lange im Hafen zu bleiben, um erst das Geld fürs Zwischended auf dem Lande zu verdienen, ehe er seinen Fuß auf das Schiff fehte, um fich hinüberzuarbeiten. " Faß ihn an, wir wollen ihn an die Luft bringen, vielleicht wird ihm dann beffer."

Sie heben den schmächtigen Körper des Ohnmächtigen und tragen ihn etwas unvorsichtig hinaus, die eiserne Treppe hinauf, durch die enge eiserne Tür und streifen dabei im Gehen die Leder­schuhe von den nadten Füßen, um den Kohlenstaub nicht mit auf den Gang zu schleppen.

Der eine der Maschinisten bemerkt sie und ruft, was es gibt. Man antwortet.

Der Maschinist geht brummend und unwillig, um dem Schiffs­arat au flingeln.

Man hat nur seine Qual mit solchen Burschen. Der Schiffs= arzt hat ihn doch untersucht, ehe er angemustert wurde. Was foll denn das nun?"

Der andere nidt und erhebt sich nun ganz. Aber die Beine wollen ihn immer noch nicht tragen. Er feßt sich auf den Klapp­ Es ist feine feine Arbeit, das Trimmen, beileibe nicht," meint jessel, der nahe der Tür an der Wand angebracht ist. der Koch nun, der Schüsseln spült und viel Geflapper dabei macht. llebrigens rätele Dich nicht so. Du schmierft mir auch noch die Wand mit Deinem schmutzigen Hemde ein," sagt er nun in cinem gutmütigen, polternden Tone scheltend, als der Bursche fich crschöpft an die Wand lehnt.

Rein, nein," entgegnet der verwirrt und unsicher.

" Wie ist Dir denn der Einfall gekommen, Dich hinüberzu. arbeiten? he?" fragt der Koch, die Hände im Handtuch trocknend. " Ich mußte."

" So? All Dein Geld verfät, was? ber Du bist zu jung zum Trimmen!"

"

Ich mußte fort von dort. Und das sogleich."

Run, nun, Du wirst doch keinen Mord auf dem Gewissen

haben?" Wer weiß?" sagt der andere leise und versucht zu lächeln. i " Das Trimmen ist nichts für Dich. Das war nun Deine erste Schicht. Wie solls mit der anderen und übernächsten werden? Wir haben noch zwei Tage bis Genua  ."

Weiß Gott  , ich geh auch nicht wieder hinunter, in die Hölle da unten. Eher gehe ich über Bord!"

# 1

Run, fachte, mein Bürschchen!" ruft der Koch, etivas erschroden über den Ton, in dem der andere gesprochen hat. Im Meere ist's selbst bei dieser Hitze nur so lange mollig, als man die Nase über Wasser hat."

Da guden die beiden, die den Jungen hereingetragen haben, neugierig durch die Tür, und er geht mit ihnen ins Logis. Man wäscht sich und legt sich dann auf die Matraßen zum Aus­ruhen.

Bier Stunden Pause bis zur nächsten Schicht.

Ein wohliges Gefühl! Vier Stunden erlöst zu sein und die Nuhe zu genießen, die selbst in dem dumpfigen, nach Schweiß riechenden Logis erquidend und wohltuend ist.

Bald tönt das Schnarchen der Erschöpften durch den Raum. Auch der übermüde und matte Bursche schlummert ein, trotzdem die zerschlagenen Glieder schmerzen und in keiner Lage zurecht­fommen lönnen....

Ja. Ja. Das ist seiner Mutter Haus. Er sieht es deutlich im Traume. Das Gartentor ist noch das alte. Die Strebe daran ist zerbrochen, und der eine der beiden Pfeiler, die es halten, ist ctwas verrutscht und zur Seite geneigt. Der Lindenbaum aber fcheint noch dicker und behäbiger geworden zu sein, seitdem er Ab­schied nahm, heimlich, ohne ein Ade, in der ersten Nacht im Mai vor sieben Jahren.

Die Jalousien find heruntergelassen, und die Haustür ist ver­fchloffen. Gerade so wie damals, als er fortging und den Fenster­flügel hinter sich zudrüdte. Und auf dem Beete links am Wege die kleinen Stiefmütterchen, die damals so leuchteten mit ihren gelben Blüten, als er im Mondschein noch einmal Haus und Garter besah und sich dann umwandte und fortging, und ihm dann doch etwas wunderlich wurde und er ein Lied pfiff.

fehen.

Auch das Hühnerhaus steht noch da. Aber kein Huhn läßt sich

Alles liegt wie verzaubert. Still und ohne Leben.

Nicht einmal die Bäume rauschen im Winde. Aus dem Schorn­stein quilt fein Rauch, und die Stare sind nicht da, die jedes Jahr unter den moosbewachsenen Pfannen nifteten. hand so dil Und doch ist es seiner Mutter Haus.

Er geht die zwei Steinstufen hinauf, die zur Haustür führen, und das Herz flopft ihm zum Springen. Der Drüder mit dem Die beiden Trimmer haben den Chnmächtigen in die Mann- Meffingschnabel fühlt sich eiskalt an in der heißen Hand, und die fchaftstüche gebracht, wo der Koch ihm faltes Wafer über Brust Glode schellt nicht, als er nun öffnet. und Kopf gießt.

Er schlägt die Augen auf, rührt sich aber nicht. Wie ein Toter liegt er auf dem Gummibelag des Fußbodens.

Der Arzt kommt, etwas ärgerlich über die gestörte Mittags ruhe. Nun?" Wieder einer? Er ist ja schon wieder wach. Die wievielte Stunde der Schicht ist denn?"

Der Bursche sieht teilnahmslos an ihm vorbei. Seine beiden Kameraden sind gleich beim Erscheinen des Arztes schon ver­schwunden.

gehe.

Der Koch anttvortet, daß die Schicht in einer Stunde zu Ende

So. Haben Sie Schmerzen? Hier? Dort? Wo denn?" Der Bursche rührt sich nicht. Auch antwortet er nicht. Der Arzt fühlt ungeduldig nach dem Puls und sagt dann: " Zur nächsten Schicht wird er wohl wieder auf den Beinen sein!" schlägt die Tür zu und geht.

Aber in der Küche hinten am Flur, vor dem steinernen Herde steht seine Mutter und dreht sich um und läßt vor Schreden das Messer fallen, mit dem sie die Erdäpfel schälte, und er ruft über­laut: Mutter!" und stürzt an ihr Herz und fühlt ihre Arme um seinen Hals.

Die Kameraden weden ihn etwas rauh. Er fährt in die Höhe und sieht sich verwirrt um, und mit einem Male durchzudt es ihn wie ein Blib: Du mußt Kohlen schleppen da drunten im Raume. Da padt ihn eine Angst, ein Entsetzen, ein wilder Trotz.

Er schlägt mit den Armen um sich wie ein wildes Tier, und dann bricht er in Weinen aus.

Die beiden, der im rotkarierten Hemde und der mit dem schmutzigen Rittel, lachen aus vollem Halfe. Das ernüchtert ihn.

Und er sagt sehr ruhig: Geht nur. Geht! Ich habe es fatt. Mich friegt Ihr nicht wieder hinunter!"

Meinethalben!" sagt der Notkarierte. Dann wirst Du in