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Die andere Richtung gibt der Kontur ihr Recht; die Gegen stände treten deutlich heraus. Während die vorigen Künstler malerisch auflösen und über das Dargestellte einen Schleier breiten, treiben diese Künstler das Gegenständliche mit Absicht traß heraus und die Farbe ist wie eingefaßt mit breiten Linien. Auf diese Weise gewinnen sie durch Betonung der leuchtenden nuacierten Lotalfarben eine dekorative Erscheinung, deren Wert im einzelnen, in den deutlich sichtbaren Farbenflächen besteht. Mit außerordent licher Aühnheit geht da Herbin vor, dessen Pinselstriche breit und derb nebeneinander fißen, dessen Farben so prall leuchten. In den Stilleben übertrifft ihn der vorgenannte Guérin, der nicht fo berechnend, absichtlich ist und auch in dieser zweiten Manier arbeitet. Er stimmt die Gesamtfarben feiner zu einander. Da gegen sind Herbins Landschaften von fabelhafter Leuchtkraft, die einzelnen Nuancen stehen trotz aller Kraft fein ineinander, das Licht steht prachtvoll über den Bäumen, am grünblauen Himmel. Mit stärksten Mitteln ist hier ein Natureindruck erreicht, der durch die Art der Darstellung bewußte Kunst geworden ist.
eines offenen Bootes mit 16 bis 20 Mann nennt man eine In anderer Art gehen die jungen Künstler vor. Zwei Richtungen skipshöfn( Schiffsladung, Schiffsmannschaft), diese wählt sich einen find erkennbar. Die eine entnimmt dem Malerischen, Aufgelöften Steuermann. Aus allen Bezirken strömen die Leute dann an die den dekorativen Reiz. Die Farben siten loder neben einander. Küste, um zu rudern", mar he als Matrofen, andere mit eigenen Solch ein Bild verhüllt leicht den Inhalt und die Farben schimmern Booten; auch eine große Menge Bandarbeiter sucht im Winter ihr in faft selbständiger Erscheinung. Man merkt das Nachwirken des Glück auf dem Meere, da sie zu dieser Jahreszeit auf den Bauern- Rofofo, jenes Leichte, Flatternde in der Malerei. So gibt Guérin höfen wenig zu tun haben. Unterkunft finden sie teils bei den Stimmungen aus einem alten Park mit Damen in alten Kostümen; Seebauern, teils hausen fie in besonderen, sehr dürftigen Hütten, über das Ganze ist ein einheitlicher grauer Schimmer gebreitet, aus den sogenannten" Seebuden", die den Rest des Jahres leer stehen; dem Gelb, Blau, Violett nur sanft herausleuchten. Ebenso geht fie bestehen aus einer großen Schlaf- und Wohnstube, einer Küche Roussel vor, dessen Motive( Nymphen und Satyre) an Bödlin und einem Raum zum Salzen der Fische; in der Regel haben sie erinnern, dessen Größe er lange nicht erreicht, wenn er ihn auch im eine Frau bei fich, die ihnen das einfache Effen zubereitet. In Technischen übertrifft. Die Figuren treten nicht heraus; diese der Wintersaison" ist die Fischerei gewöhnlich am lebendigsten. Tanzenden, Lagernden find ganz eingehüllt in sonnige Luft, die Der Winter ist auf Jsland beständig stürmisch, und es gehört viel wundervoll über gelben Büschen und am hellblauen Himmel Abhärtung, Mut und Energie dazu, in dem Unwetter, Schnee und flimmert, so daß auch hier trotz alles Diffizilen eine malerische EinFrost auf den fleinen, schmalen, gebrechlichen offenen Booten ins heit erzielt ist. Ebenso gehen Vaillard und Bonnard darauf aus, offene Meer zu fahren. Unglüdsfälle sind darum nicht selten, und durch Auflösung der farbigen Massen malerische Gesamtstimmung ein eingiger Sturm hat schon manche Ansiedelung der gesamten au erreichen. männlichen Bevölkerung beraubt. Die unruhigen südlichen Winde find den fremden wie den isländischen Fischerfahrzeugen gleich verhängnisvoll. Es ist also ein harter, gefährlicher Erwerb, und nicht jeden Tag fann gefischt werden; darum gilt es, jeden Augenblid der kurzen Zeit auszunuzen, wo der Dorsch unterm Lande steht. Hat man 20 Fischtage in dem vertid, so ist man schon ganz zu frieden. Schon ein Spaziergang vor die Tore von Reykjavit macht uns mit den beiden wichtigsten Zubereitungsarten des Dorsches bekannt: als„ harter Fisch"( hardur fiskur) und gesalzener Fisch( saltfiskur, Klippfisch). Daß es dabei nicht allzu reinlich hergeht, und daß dabei nicht Arabiens Wohlgerüche ausgeströmt werden, mag un vermeidlich sein. Dem geföpften Hartfisch wird der Bauch geöffnet, die Eingeweide werden herausgenommen und die Seiten gespalten, dann wird er gehörig gewaschen und zum Trocknen in den hjallur gehängt, d. h. in ein auf allen Seiten dem Winde geöffnetes Häuschen mit verstellbaren Jalousien( die Trockenräume für die Kleider sind auf den Bauernhöfen ebenso eingerichtet). Die so aufgehängten Fische heißen hengifiskar, die auf den Felsen oder auf den Steinwällen, die das Haus umgeben, getrockneten heißen flatfiskar. Ist nun der Fisch so steif und trocken geworden wie ein Stock daher sein Name Stockfisch so wird er in Bündel zusammengelegt; bei der Zubereitung für den Tisch muß er erst mit Steinen mürbe geklopft werden und schmeckt, mit frischer Butter zubereitet, ganz gut nur nicht des Morgens um 9 Uhr zum Kaffee. Der Klippfisch wird ebenso behandelt, dann aber auf dem Boden aufgeschichtet und tüchtig Salz wird zwischen die einzelnen Lagen gestreut; dieses dringt völlig in den Fisch ein, und das Waffer fidert ab. Nach dem Einpökeln werden die Klippfische auf Steinen ausgebreitet und Sonne und Wind zum Trocknen überlassen. Wenn fie so steif wie ein Besenstiel" geworden, sind sie versandfähig und fönnen fromme Katholiken an Fafttagen erfreuen der Jsländer felbft genießt sie nur wenig. Eine dritte Art der Zubereitung des Dorsches als Tonnenfisch( saltadur porskur) wird von den 3 Tändern felbft faft gar nicht ausgeübt. Der Tonnenfisch wird wie der gesalzene Hering behandelt: man wirft auf ein paar Hände boll Fische immer ein paar Hände voll Salz in eine Tonne, so daß das konservierte Salz mit der von den Fischen ablaufenden Flüssigfeit zusammen bleibt. Nur die fremden Fischer, die keine Zeit und Gelegenheit haben, die Fische am Lande anders zu behandeln, verfahren auf ihren Fahrzeugen immer so.
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Kunst.
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Im Kunstfolon Schulte bietet die erste, gemeinsame Ausflellung von Werken deutscher und französischer Künstler viel Interessantes. Es ist eine neue Generation, die hier zu Worte fommt; junge Künstler, die man noch nicht sah.
Man hofft, durch diesen Import des Allerneuesten leberraschungen zu fehen; man meint, diese Jüngsten werden Probleme zeigen, die neue Lösungen ermöglichen. Das ist nicht der Fall. Es sind alles Schüler der Maler, die wir bei Caffirer zu sehen gewohnt sind, der Renoir , Bézanne, van Gogh . Es ift interefftnt, festzustellen, daß nicht Manet oder Monet die Vorbilder sind, die einfache Natur ausschnitte mit allem Reiz des Lichts gaben, sondern die Genannten, die alle auf den dekorativen Eindruck aus find. Damit wird eine neue Etappe der Malerei angebahnt. Man strebt aus dem Impressionismus heraus zu breiten, fräftigen Wirkungen, zu einer Art großer Malerei. Es war vorauszusehen, daß den Nachfolgern die auf die Dauer kleinliche Art des Impressionismus nicht mehr befriedigt. Immer wieder kommt das Streben hoch, große Malerei zu geben. Und so ist dieses Hinneigen zum Dekorativen Chratteristisches, in dem zum Ausdrud kommt, daß auch der Impressionismus zu großen Wirkungen ausgebildet werden kann. Die Werte gibt ihnen aber nicht der Inhalt des Dargestellten, sondern die Technik.
In diesem Sinne find P. Gauguin und M. Denis bemerlenswert. Sie sind bestrebt, ihren Bildern breite, flächige Wirkung zu geben. Gauguin liebt mehr die dunklen, tiefen Farben, Denis die hellen, lichten. Beide aber stimmen darin überein, daß fie die Kontur wieder gewinnen und ein Bild komponieren. Beiden ift auch eigen die Vorliebe für das Primitive, das sich bei Gauguin in dem Bevorzugen der Motive aus Tahiti , bei Denis in dem Bevorzugen von Kindermotiven ausspricht.
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Sind diese jungen Franzosen mehr oder weniger Schüler, die dadurch, daß sie das Programm weitergeben, wirken, so ist Balloton, einer von der alten Garde, eine Persönlichkeit. Er zeigt, daß nicht die Manier entscheidet. Er malt in alter Art, gründlich, sorgfältig; das Zeichnerische zeigt sich in der genauen Beibehaltung der Kontur. Ja, sogar eine gewisse Glätte ist seinen Bildern eigen. Dennoch fesselt er nachhaltig. Sein Porträt eines alten Mannes" hat fast gar nichts Modern- Französisches. Da ist alles bis ins einzelnfte fast pedantisch nachgezeichnet und doch kommt der ganze Gindrud dieses Mannes aus dem Bolte voll heraus. Auch die Interieurs haben feinen Reiz. Meist blidt man durch die offene Tür in ein hinterliegendes Zimmer, in dem sich die Erscheinungen zu einem malerischen Eindrud sammeln. Blumen, die Balloton mit aller Sinnfälligkeit gibt, dienen dazu, die Farbig feit zu bereichern. Valloton ist einer, der ehrlich lernt, der nicht eine Manier ausnutt, sondern jedes Mal neu bor bie Erscheinungen tritt.
Im ganzen feffelt auch bei diesem jungen Franzosen die Kultur, das wirklichen Malen- Können. Auch die sich anschließenden deutschen Sünstler brauchen sich nicht zu schämen. Vor allem ist da Jda Gerhardi, die die Ausstellung zusammenbrachte, zu nennen. Ihre Porträts biederer Lüdenscheider Bürger haben aparte farbige Erscheinung und sie weiß durch die Entschiedenheit des Farbigen gerade das Edig- Kleinbürgerliche dieser Menschen mit dem Modernen in der Darstellung wirkungsvoll zu kontrastieren. Es ftellt in fich eine Vermischung des Deutschen und Franzöfifchen dar. sind dann noch E. R. Weiß und Rohlfs zu nennen. Weiß Er hat viel von den Franzosen gelernt, das Farbige, Malerische, und er hat fich nicht aufgegeben. Das bewußte seiner Arbeiten zeugt von Reife, und namentlich die Stilleben, Blumen, Obst, haben prachtvoll große Erscheinung. Rohlfs gibt durch seine neoimpreffio nistische Technik, die alles in Striche und Punkte auflöft, alten, weits fälischen Häusern eine sehr dekorative Erscheinung
Musik.
C. S,
Im Theater des Westens " bekamen wir am Sonnabend die Operette„ Ein Walgertraum" zu hören, und awar von Wien herüber, wo sie unbeschreiblich wirksam eingeschlagen haben soll. Auch bei uns wird es voraussichtlich ähnlich gehen, obwohl das Ganze ein Hymnus auf Wiener Walzer und Gemüt fein will. Der von drei Autoren stammende Tert hat kura folgenden Inhalt. In dem Fürstentum Flausenturm wird für bie Prinzessin Helene ein Prinzgemahl gesucht und in der Person eines fefchen Wiener Leutnants und armen Grafen gefunden. Allein der so Hochgeehrte fühlt sich recht unbehaglich und streikt gegenüber seiner jungen Frau und seinem fürstlichen Schwieger vater derart, daß sich diesem die Krone auf dem Haupte sträubt. und die arme Dhnaftie So was überlebt fie nie!" Schon lauert auch die Seitenlinie", ein" Dynastiefabke", auf das Intrigieren gegen den Eindringling und auf Kalauer gegen das Publikum. Der junge Held aber entflieht sogar seinem eigenen separaten Schlafzimmer und weidet sich an der Dirigentin einer Wiener Damenkapelle, natürlich verfolgt von den lebrigen. Schließlich gewinnt die Prinzessin das Herz ihres Gemahls, indem sie sich an die fesche Wienerin hält und sie zu einem rührenden
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