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genoffen riß fie in ihren Bann, gwang fie zu einem Taumel der Unvermeidlich find ja die biographischen und ähnlichen Themen Begeisterung. Die wundervolle Aussprache, die Kunst der großen jedenfalls. In der dem Außenstehenden ganz besonders schwer Geste, der bewußten Steigerung bis zu einem Höhepunkt, dessen mit Worten zu beschreibenden Tonkunft geben Mufiferbiographien aufgespeicherte Gewalt sich wie eine Explosion in einem Wort ent- etwas wie einen Eriaz für musikalische Instruktion. Die Reclamiche lädt, das sind alles nur Mittel und Bedingungen ihrer Wirkung. Universalbibliothek hat sich um die Mufitpflege insbesondere durch Ihr eigenstes war eine Verbindung von höchster Energie und ihre Textbücher( oder genauer: Regiebücher) von Opernwerken ver­edelster Gemessenheit, von chaotischer Wildheit und starrer Be- dient gemacht; und es ist nur sehr zu wünschen, daß diefe trefflichen rechnung. Die Rachel ist zugleich der Typus des großen modernen und billigen Ausgaben endlich einmal die( noch dazu teueren) Text­Schauspielers, wie ihn in ähnlicher Weise in Deutschland   Ludwig bücher", die meist mir Arien und Gesänge" enthalten, verdrängen. Devrient ebenfalls aus dem Urgrund der Romantif herausbildete; Nicht so vollkommen sind die Musikerbiographien bei Reclam  ; fie ist ganz Nervenweib, von einer erbarmungslosen psychologischen mindestens darf man fie ungleichmäßig nennen. Immerhin können Selbstzergliederung, und mehr noch als Weib stets Schauspielerin, auch sie einen Erfaz für die sonst etwas dürftige biographische Musik­die Empfindungen des Lebens mit denen der Bühne vermischend literatur geben. Wer eine noch beffere Orientierung sucht, findet in dem und alles auf ihre Kunst beziehend. Als Edmond de Goncourt   in überhaupt stets wieder rühmenswerten" Musillegifon" von Hugo La Faustin" ein Bild der modernen Tragödin entwarf, nahm er Niemann( Leipzig   bei Mag Hesse, 6. Auflage) die erforderlichen Die Rachel zum Vorbild, die ähnlich wie die Heldin feines Romans Literaturangaben. auch noch an den Zügen des sterbenden Geliebten die Verzerrungen Das eingangs genannte Büchlein( Leipzig   1907, bei Quelle u. des Todes studiert hätte. Ins Maßlose gesteigert waren alle Meyer, 17. Bändchen von Wissenschaft und Bildung") macht einen Leidenschaften dieser Frau, die nur sich selbst gab, wenn sie die wirksamen Eindruck durch die Geschicklichkeit des Autors, einfachste Königinnen und die großen Liebhaberinnen spielte. Ihre Ruhm- Gedanken touchtig auszudrücken. Sein Thema gibt besonders biel fucht, ihre Verschwendung und Bracht liebe, ihre unerfättliche Hab- Gelegenheit, llebertreibungen und Missverständnisse mit nüchterner gier hielten Paris   in Aufregung. Ihre Streitigkeiten mit der Berständigkeit aufzuflären. So instruiert uns der Verfasser Comédie, von der sie immer höhere Gagen verlangte, waren stadt- beispielsweise( Seite 51) darüber, daß die Musit nicht die bekannt, aber die 60 000 Frant, die sie erhielt, genügten ihr nicht, Empfindung selbst als solche ausdrücken fann, sondern ihre fondern sie ging noch sechs Monate auf Gastspielreisen, um in Art, Dauer, Stärke, ihren Verlauf, ihren Grund England, Belgien  , Holland  , Deutschland   und Rußland   neue Schäße ihren Gipfel". Näher zeigt es uns die Erläuterung von Beethovens zu erwerben und dann abgeheyt, ermattet nach Paris   zurüdzu Bastoralfinfonie( Seite 53 ff.). Nicht wie es auf dem Lande aus­fehren. Bei ihrem Gastspiel in Berlin   im Jahre 1850, bei dem ihr das königliche Theater unentgeltlich zur Verfügung gestellt sieht, sondern wie uns auf dem Lande zu Mute ist, fagt uns diefer wurde und bei dem sie in wenigen Tagen die für damalige Ver- aus nicht ein und dasselbe." Besonders interessant wird die Aus­erste Say." Dann: Programmmufit und Tonmalerei sind durch hältnisse ungeheure Summe von 15 400 preußischen Talern bereinanderfegung des Fidelio", mit nachdrücklichem Stampfe gegen diente, hat Gottfried Keller   die Rachel gesehen. Der Dichter, der ein scharfer Kritiker des Theaters war, und dem da die Auffaffung der Leonore als einer heroifchen Figur, und mit mals kein deutscher Schauspieler genügen mochte, empfing hier glücklichen Hinweisen darauf, wie beweisend der musikalische Aus­einen unvergeßlichen Eindruck, der sich ihm für sein Leben lebendig druck dort ist, wo das Gesprochene veriagt( Seite 79). Unter den erhielt. Die Rachel", schrieb er an den Literarhistoriker übrigen Werken des Meisters behandelt sein Deuter mit besonderer Hermann Hettner  , habe ich einige Male gesehen und fast Luft Hochschäzung die missa solemnis". In den Auseinandersetzungen bekommen, mich zu entnationalisieren und französisch zu lernen. über die neunte Sinfonie und über andere Werke des letzten Sie hat viel Manier, ist aber troẞdem eine großartige Person und Beethoven   werden wir wieder vor falschen hineintragungen gewarnt die oder vielmehr der größte Künstler, den ich tenne. Am besten und hören die zutreffende Bemerkung, daß die sich dabei bildenden hat sie mir in Racines Athalie" gefallen, wo sie eine altorienta- Parteien nicht sowohl über Beethoven urteilen, als vielmehr sich Tische, tyrannische und blutbefleckte Königin so darstellte, wie es felbft qualifizieren; das tut man ja überhaupt viel öfter als man nur ein Weib kann, die in der Wirklichkeit und in den gegebenen glaubt"( Seite 127).- Im Mittelpunkte steht für den Verfasser der Verhältnissen das Original selbst gewesen wäre. Sie spielte nur musikalische Dramatiker" Beethoven  . Hier haben wir den Schlüffel den zweiten Akt und diesen fast ganz in einem Sessel sigend, in zum Verständnis seiner Werke." Ob das nicht zu weit geht und ob cinem prägnanten glanzvollen Stoftüm, mit großen, ergrauten die Seele aller Dramatit" schon durch gegenfäßlichen Empfindungss Rocken. Ihre Bewegungen waren so folossal einfach, derb und fast ausdruck erschöpft ist( Seite 13, 19), während der Verzicht auf männlich, und doch so majestätisch, wie man es sich von einem eine Durchführung von Gegenfäßen wesentlich Chrisch sei" Königsweib aus der Pyramidenzeit denken fann; es lag auch soviel( Seite 23): darüber läßt sich noch streiten. Im Zusammenhange wilde Majestät und Größe in ihr, daß man für sie Partei nahm damit scheint es uns, als tönnte die Rhythmit, in der ja gegen die frommen, aber langweiligen Priester Jehovas, wenigstens Beethoven   wohl am größten war, noch näher behandelt werden. ich. Dem deutschen   Bublikum hat sie freilich in dieser Rolle am Ebenso könnte fich zeigen laffen, wie Beethovens Kunst der Be­venigsten gefallen; man sah nur ein böses Weib" und bewunderte handlung seiner Motive von den Spielern eine weit größere fie hingegen als Virginia  , wo sie als liebende Braut ihre Jung- Phrafierung" oder Gestaltung verlangt, als heutzutage üblich ist. fräulichfeit gegen einen Tyrannen bewahren mußte." Auch am Daß auch in der Sinfonie Haydn   der Vater der Gattung fei( S. 30), Berliner Hofe wurde die große Tragödin gefeiert und mußte läßt fich nach der Aufdeckung der schon vorher durch die Mann mehrere Male vor dem König und dem anwesenden russischen beimer Schule" gemachten Fortschritte schwerlich mehr aufrecht er Staiserpaare spielen. Friedrich Wilhelm IV.   fchidte ihr, nachdem halten. Von derartigem abgefehen, ist unser Büchlein eine gute fie in Potsdam   die Phädra" gespielt hatte, die Summe von Biographie und ist gut instruktiv, nicht am wenigften durch die bei­30 000 M., und der Kaiser von Rußland   ließ ihr einen mit Dia- gegebene Literaturübersicht. manten besetzten Opalschmud überreichen, der wenigstens 20 000 Mark wert war. Dieser Ruhmeszug durch Europa   untergrub die ohnehin schwache Gesundheit der Nachel völlig, und als sie dann noch eine Tournee nach Amerika   unternahm, hielt den völlig ent­fräfteten Störper eigentlich nur noch ihr inneres Feuer mühsam aufrecht. Als fie nach Paris   zurückkehrte war sie dem Tode ge­weiht. Vergebens suchte sie in Nizza  , in Aegypten   Geſundung; immer schwächer flackerte die Flamme auf, die ein leuchtendes Fanal am Himmel der Kunst gewesen, und am 4. Januar 1858 verlosch sie.

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Musik.

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Eine andere uns vorliegende Mufilerbiographie, der 24. und 25. Band aus der Sammlung Die Mufit"( Berlin   bei Marquardt u. Co.) ist der Bizet  " von Adolf Weißmann  . Bisher gab es nur eine französische und eine kleine deutsche Biographie des franzöfifchen Opernmeisters. Jept bekommen wir manche bisher nicht oder wenig bekannte Aufschlüsse und können dem Verfasser namentlich dafür danken, daß er den hohen Wert der früheren Werke von Bizet   betont. In Berlin   haben uns die letzten Jahre zwar zu unserer Freude, zu unserer Freude, doch ohne nachhaltigen äußeren Erfolg sowohl die Perlenfischer" wie auch" Djamileh" ( die föstlichste Blüte Vizetscher Feinfunft") wie auch die Suite Musikerbiographien. In dem Büchlein, Beethoven  "" L'Arlefienne" gebracht. Auf diese legt der Verfasser besonderes nimmt H. von der Pfordten energifch und mit Recht Stellung Gewicht, mit dem berechtigten Wunsche, daß diese wunderliche Mufir gegen den übertriebenen Beethoven  - Kultus. Mit einem hübschen nicht nur im Konzertiaale, sondern auch zu wirklichen Aufführungen Gleichnis erinnert er( Seite 136 f.) daran, daß ein fortwährendes des Daudetschen Dramas erflingen möge. Daß dabei, wie es der Besteigen des höchsten Gipfels einer Gebirgsgruppe diefen weniger Typus einer Biographie mit fich bringt, der Meister etwas über­läßt sich begreifen. gut kennen lehrt, als eine Ergänzung durch das Besteigen auch schätzt wird, In Erläuterung der" Carmen  ", stört uns die aller anderer Gipfel. Man könnte dies vielleicht gegen den Tutor wenden des als des bohen und ihn fragen, warum denn er selbst über Beethoven   und nicht dings übliche Auffassung diefes Stüdes der Liebe". lieber über einen weniger berhimmelten Meister schreibt. Indessen Liedes Im übrigen findet sich auch hier viel ist ja die Themawahl nicht immer eigene Sache des Autors. Das Treffendes und Instruktives; gegenüber dem etwas biderben Stif gegen läßt sich um so mehr darauf hinweisen, wie sehr gerade des Beethovenbüchleins fann das Bizetbüchlein durch einen koketten Heute die fozusagen fefundäre Literatur anschwillt, d. i, die Schrift- Stil anziehen oder abstoßen. Zahlreiche fleine Musikbeilagen er­verfe über vorhandene Leistungen, zumal über die großer Namen. wecken Intereffe. Leider geht es auch hier wie so oft: die illuftrics Solche Literaturftüde haben von vornherein viel Erfolgshoffnung renden Beilagen sind durch keine Hinweise organisch mit dem Tert für sich. Dahinter treten die Aussichten der selbständig en Themen, verbunden eine effetthaschende Aeußerlichkeit, die bei den Ber fozusagen der primären Literatur, beträchtlich zurüid; oder um in legern sehr beliebt ist, aber den Protest eines jeden herausfordern jenem Vergleiche zu bleiben: wer felbft Gipfel ist, zumal ein neuer muß, der fachlich denkt. Gipfel, hat es schiverer als der Bergsteiger.

Schließlich geraten auch wir in das gleiche hinein und tragen aur Empfehlung solcher Werke bei. Diesmal mit mancher Freude. Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin  .

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Drud u. Verlag: Vorwärts Budbruderei u.Berlagsanstalt Baul Singer& Co..Berlin   SW.