Durch rascheS Verdampfen der verflüssigten Gase in lust-verdünntem Räume gelang es auch, die.permanenten" Gase imfesten Zustande zu erhallen. Flüssige Kohlensäure wird ohneweiteres fest, wenn man sie aus den Stahlflaschen, in denen siesich unter starkem Druck befindet, herauslaufen läßt. Infolge derraschen Verdampfung eines Teiles der Kohlensäure wird der anoereTeil so stark abgekühlt, daß er gefriert. Der Schmelzpunkt fürKohlensäure liegt bei 216 Grad, der für Wasserstoff bei 16 Grad—beides in absoluter Temperatur gemessen. Feste Kohlensäure hatman sogar einmal versucht/ in den Handel zu bringen. Man um-gab die wie Ziegelsteine geformten Kuchen von fester Kohlensäuremit einer die Wärme schlecht leitenden Hülle. Der Transport istein sehr einfacher Man ist aber wieder davon abgekommen, seit-dem die Stahlflaschen, die sogenannten Boniben, allgemein ein-teführt worden sind. In den Stahlflaschen sind die verflüssigteniase fest eingeschlossen. Die Flaschen halten Druck von Hundertenvon Atmosphären aus. Es werden jetzt Ammoniak, Kohlensäureund Chlor und viele andere Gase in diesen Stahlflaschen verschickt.Aus einem an den Stab'flaschen angebrachten Hahn tann man dieGase in beliebiger Weise abzapfen. Neuerdings hat ProfessorH. Erdmann eine Beobachtung gemacht, die iveniger als Be-reicherung der Wissenschaft, als wegen der Kühnheit, mit der siewirtschaftlich verwertet werden soll, allgemeine Beachtung verdient.Erdmann verdunstete flüssige Lust von der Zusammensetzung deratmosphärischen Luft»n luftverdünntem Räume, ivobei sich derStickstoff in herrlichen Kristallen in dem flüssig gebliebenen Sauer-stoff abschied. Die festen Stickstoffkristalle sollen nun durch eine derMethoden, nach denen man in der Technik schon längst Kristallevon einer Flüssigkeit trennt, z. B. durch Abfiltrieren, vom flüssigenSauerstoff getrennt werden. Natürlich darf während des ganzenVerfahrens die Temperatur der Flüssigkeit nicht über den Schmelz-Punkt des Stickstoffes steigen, der sich bei 66 Grad absoluterTemperatur befindet, während der Schmelzpunkt des Sauerstoffesbei 40 Grad liegt. ES erscheint nicht ausgeschlossen, daß es durchgeeignete Konstruktion der Apparate gelingen wird, das Ver-fahren so auszuarbeiten, daß es zur Gewinnung von reinem Stick-stoff verwendet werden und mit dem bisher angewendeten Linde-schen Verfahren in Wettbewerb treten kann. Der Unterschied inbeiden Verfahren besteht darin, daß Linde die verschiedenen Siede-punkte von Stickstoff(78 Grad absoluter Temperatur) undSauerstoff fvl Grad) verwendet, um die beiden Körper ingenau derselben Weise voneinander zu scheiden, wie man etwaGemische von Alkohol und Wasser i» den Brennereien trennt,während Erdmann die verschiedenen Schmelzpunkte in der obenangegebenen Weise benutzt. Stickstoff wird jetzt in der chemischenTechnik stark begehrt für die Herstellung von Kalkstickstoff o. I.(Nachdruck verböte».)Das Opfer.Von KarlBusse.Nikolaus Prus steuerte bei sinkender Sonne seinem Dorf undfeiner Hütte zu. Barfuß mit hochgekrempelten Hosen, die schwerenStiefel am geschulterten Stock, watete er den Sommerweg derChaussee entlang, durch den zermnhlenen weißen Sand, der wiePuder aufstäubte. Von Zeit zu Zeit fuhr er mit der Hand wieliebkosend gegen die breiten Rocktaschen, als trüg' er in ihnen alleSchätze der Welt, und dann strahlten seine Augen in Lust undLachen, es strablte?as ganze, schon etwas verwitterte Gesicht, andem die Schweißtropfen herabliefen.Heilige Mutter Gottes, es war fast zu viel Glück... mankonnte ordentlich Angst bekommen I Wenn er an früher dachte: wiehatte sich Väterchen auf dem schlechte» Boden geschunden I Undalles umsonst... nichts hatte einschlagen wollen! Der alteAdam Prus blieb der ärmste Kossäte in ganz Runowo-Hauland.Ein Stück Acker nach dem andere» ging weg— wann kam derletzte dran?Und heut? Nikolaus strahlte wieder. Seine Lippen spitztensich, seine Hand fuhr in die Tasche. Natürlich.. er hatte dieFreundin bei sich, niemals trennte er sich von der kleinen Mund-Harmonika. Und er setzte sie an und begann zu blasen. Hin undher rutschten die Lippen an dem blanken Ding, und das sang undklang, als hält' es eine Seele und freu« sich mit über das Glückdes Hauses PruL. Kaum war der Alte tot, sing es an: die Wiesenstanden üppiger, die Felder trugen reicher, es fiel kein Stück Viehmehr, der Junge, der Witold, gedieh, und Nikolaus Prus Ijcttcseitdem ein Lachen im Herzen und in den Augen. Borsichtig könnt'er beginne», die drückendsten Schulden abzuzahlen... jedes Fahrein Teilchen. Langsam, langsam holte er sich dann die Beckerzurück, die der Vater hatte verlaufen müssen. Es blieb auch dann«och eine ärmliche Klitsche, auf der er saß, aber es ging doch auf-wärts. Und gar im letzte» Jahre hatte es einen Ruck nach vorwärts gegeben, daß ganz Runowo-Hauland aus dem Kopfe stand.Triumph und Jubel schmetterte die Mundharmonika empor.Jauchzend zogen die Töne über das grüne Meer des Roggens, indas der erwachte Abcndwind sich ewig wechselnde Täler grub.Schlag auf Schlag war es gekommen: zuerst hatten sie den Witold,seinen Jungen, unter die Soldaten gesteckt... unter die blauenDragoner, die in Bromberg standen. Vater und Sohn zogen einschiefes Maul, aber Gott wußte, was er tat. Seit der WitoldWeihnachten sporcnklirrend durchs Dorf gegangen war, könnt' diereiche Schulzenlockter schlecht schlafen und hatte eine merkwürdige� Vorliebe für die windschiefe Kossätenhütte. UebrigenS begreiflich'... alle Mädels waren ja hinter dem Jungen her wie die Hennenhinterm Hahn. Und wenn er die Schulzentochter kriegte, floßgoldner Hafer in seine Krippe.Dann: die Kleinbahn sollte gebaut werden, und bei allemRechnen und Messen kam das Eine heraus: sie mußte über dieFelder von Nikolaus Prus. Da stiegen ein paar Juchzer hinter-einander aus der Mundharmonika. Die mageren Accker, dieschlechte Frucht gebracht, trugen mit einem Male so viel Gold, daßman doppelt so viel jette dafür taufen könnt'.Und das Merkwürdigste, kaum Faßbare war doch jetzt geschehn.Strahlend hatte er, Nikolaus Prus, sich vor ein paar Wochen dieSummen für die Felder von der Kasse geholt; strahlend beim Kauf-man» Lewandowski ein Gläschen getrunken. Run, Kaufmannbleibt Kaufmann... reden können sie alle wie gedruckt. DerPan Lewandowski besonders. Ter hatte ihm denn auch glücklichein Papierchen angedreht, ein Los. Natürlich war es dummesZeug und ziemlich leuer. Aber weil er gerade die große Summeausgezahlt erhalten hatte, drückte er ein Auge zu. Schön, mochtenandere auch'was verdienen! Man war kein Unmensch.Da: vor vierzehn Tagen schon hatte der Kaufmann ihm durchden lahmen Bialla, vor acht Tagen durch Thomas LaSkowicz sagenlassen, er möchte doch mit dem Papicrchen mal zu ihm kommen.Und weil er heut grad sowieso in der Stadt zu tun hatte, war er'rangegangen. Was ist los? Kurz und gut: daS Papierchen hattegewonnen. Lewandowski zählte auf: Scheine, Scheine, Scheine,zuletzt tat er noch Gold drauf. Und alles für ihn, den Nikolaus... um nichts und wieder nichts I Lachen und Weinen stecktenihm gleichzeitig in der Kehle. Er könnt' es nicht glauben undglaubte es doch schon. Er sah immer wieder unsicher den Kauf-mann an, ob der keinen Scherz mit ihm triebe. Und dann plötzlichbegann er in blinder Halt alles aufzuraffen, als könnt' das Ganzedoch am Ende Spuk oder Irrtum sein, als müsse er die Summeso rasch wie möglich in Sicherheit bringen. Bis endlich durch Un-glauben und Furcht, Hast und Unruhe sich die unumstößliche Gewiß-heit Bahn brach: das Geld ist dein!Etwas von dem Rausch der nächsten Stunden steckte auch jetztnoch in ihm, als er längst mit der Mundharmonika zwischen grünenFeldern hinschritt. Was mit dem Gewinn gemacht werden sollte,stand ihm bereits fest. Man tat noch etwa? dazu, und sofort, amliebsten gleich morgen, mußte der Maurer Biskupsk» antreten undihm ein neue? Haus bauen. Die alte Baracke taugte wirklich nichtsmehr... durch alle Ritzen pfiff der Wind... im Winter konnte«sie noch so viel heizen und froren dennoch.Zwar: er hing an dem Hültchen. War drin geboren, hattebis jetzt drin gehaust— psia krew, trotzdem eS notwendig war, daßes fiel, würde cS ihm einen Stich ins Herz geben I Und eigentlichwar em Stall noch nötiger. Aber wenn der Witold nun heiratete?Wenn er die reiche Schulzentochter bekam? Nein, nein, es mußtenun mal ein neues und geräumigeres Haus gebaut werden! D«half nickts. Und die heilige Jungfrau hatte ihm selber nun fognädig das Geld dazu in den Schoß geschüttet!Eigentlich, sein Glück war wirklich beängstigend. Es war fastzu viel. Er wollt' freiwillig'was opfern, etwa ein paar dickeAltarkerzen für die heilige Jungfrau. Und keiner sollt' ihn scheelansehen, jedem wollt' er eine Freude machen. Nack Brombcrg anden Witold hatle er gleich ein Goldstückchen gesandt; für diePellascha, seine Frau, steckten zwei neue Kopftücher hier in derRocktasche, und ganz unten hatte er die Wurst, die Wurst für daSLudcrchen...Nikolaus Prus blies nicht mehr; er ging schneller, als er andas Luderche.» dachte.Das Ludcrchen war nächst dem Witold sein Liebling. Es warein Hund, den er selber mit der Flasche aufgezogen halte. EinHund, der nun sechs Jahre schon Freud und Leid mit ihm teilte.Ein Hund, wie eS keinen zweite» rn ganz Polen— nein, in derWelt gab. Schön war er nicht. Er hatte eine Figur, als>vär' ervom allmächtigen Schöpfer erst als Meerschwein angelegt und mitHänge» und Würgen im letzten Augenblick dann noch in eineranderen Tierfamilie untergebracht worden.. Für die Klasse, der erangehörte, gab es keinen Namen.Aber welch ein Tierl Nikolaus PrnS hätte stundenlang erzählen können. Niemals und nirgends war so viel Treue, so viefVirstand, so viel flusdauer beieinander gewesen! Morgens, wennes eben hell wurde, brachte das Luderchen schon die Stiefel ansBett: erst den rechten, dann den linken. Man konnte die Stiefelhinwerfen, wie man wollte: der Linke mit dem Riester kam stetsan zweiter Stelle.Oder wenn Nikolaus abends vor der Tür Harmonika blieS:wer sang so schön mit wie Luderchcn? Und wer war des Nachtswachsamer, wer folgsamer, als dieser Hund? Wer konnte besserschmeicheln? Wer liebte seinen Herren noch so blindlings? Miteinem. Worte: Nikolaus Prus hatte Grund, die Wurst zu kaufen.Er wickelte sie jetzt aus. Und sie bot sich ihm so appetitlich dar,daß er am liebsten selber hineingebiffen hätte, aber er bezwang sich.Wie lange noch, und er war zu Hause. Wie lange noch, undLuderchen schoß ihm wie ein Pfeil entgegen.Richtig— da kam es schon von weitem heran, als ob es sichüberkugele, mit kurzem Bellen und Freudengeheul, und NikolausPrus blieb stehen, schwenkte die Wurst, klatschte sich auf die Knie