Und der Alte stimmte schließlich, wenn er sich an diesen berühmten Besuch erinnerte, das Liedchen an, das ihn sem Vater gelehrt:
Unter einer grünen Tanne
Sprach die Königin zu dem König:
Ich hab Dich sehr lieb, mein fleiner Carlos, Doch noch lieber hab' ich Manuel."
Seine zittrige Stimme nahm beim Eingen einen ironi schen Ausdruck an, und er begleitete jeden Vers mit einem Augenblinzeln, als hätten die Leute des Albufera dieses Riedchen am vorigen Tage ersonnen, um sich für eine Vergnügungspartie zu rächen, deren unsinniger Lurus dem Elend Ser Fischer als eine Beleidigung erschienen war.
Doch diese glückliche Beit war für Tonet von kurzer Daner. Der Großvater begann sich anspruchsvoll und tyran nisch zu zeigen. Als er sah, daß er die Barke ganz geich manövrierte, ließ er ihn nicht mehr nach seinem Gefallen sich herumtreiben, sondern hielt ihn ganze Bormittage beim Fisch zug fest. Er ließ ihn die Nege aufheben und die Mornells", große Rezbeutel, in deren Maschen sich die Aale fangen, von neuem ausspannen,- eine Beschäftigung, die eine gewiffe Anstrengung verlangt.
Der Großvater stand unbeweglich dabei und sah der Operation zu, leistete aber nicht die geringste Hülfe. Wenn es fich um die Rückkehr nach beendetem Tagewerk handelte, streckte er sich wie ein Invalide auf dem Grunde der Barfe aus, während sein Enkel die Ruderstange handhabte und mühsam stöhnte.
Die Schiffer begrüßten aus der Ferne den alten, runzligen Kopf des Onkel Paloma, der sich nachlässig an die Schiffsplanken lehnte.
" Ach, der alte Schlaufopf, wie bequem er seinen Tag verbringt. Er ruht fich wie der Pfarrer von Palmar aus, während sein Enkel schwißt und arbeitet."
So erzieht man die jungen Leute," versetzte der Alte, ,, mein Vater hat es auch so mit mir gemacht."
Dann kam das Fischen mit dem Dreizad. Man mußte nach Sonnenuntergang auf den See fahren und in den langen Winternächten bis zum Sonnenuntergang draußen bleiben. Am Bug beobachtete Tonet den eisernen Korb, in welchem die trockenen Gräser brannten, die eine Art Fackel bildeten und gleichzeitig einen breiten Blutfled auf das Wasser warfen Der Großvater hielt sich im Hinterteil des Bootes mit seinem Dreizad auf, einer schrecklichen Waffe, die, einmal einge stoßen, sich nur mit großen Anstrengungen und Körperverrenfungen herausziehen ließ. Das Licht leuchtete bis auf den Grund des Sees. Man bemerkte das Bett der Muscheln, die Wasserpflanzen, eine ganz geheimnisvolle, während des Tages unsichtbare Welt, und das Wasser war so klar, daß die Barke ohne den geringsten Stüßpunkt durch die Luft zu gleiten schien. Die Tiere des Sees, die der rote Schein des Lichtes täuschte und blendete, kamen herbei, und der Onkel Paloma stieß nicht ein einziges Mal mit seinem Dreizack zu, ohne einen dicken, fetten Fisch herauszuholen, der verzweifelt zwischen den spişen Backen zappelte.
( Fortsetzung folgt.)
Walter Cranes Erinnerungen."
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Cranes Wirken hat sich indes nicht auf die Kunst beschränkt. Er war schon von Jugend auf politisch regiam, humanitär gefinnt, und mit dem ersten Erwachen des englischen Sozialismus ichloß sich Crane der Bewegung an und ist ihr mit ganzem Herzen treu geblieben. Sein Buch bildet gleichzeitig eine Chronit der sozia listischen Agitation in England. Es enthält jedoch keine Theorien, weder über Kunst noch über Sozialismus. Crane spekuliert nicht. Alles ist bei ihm Intuition und Gefühl. Die Gegenwart fo ar gumentiert er ist unschön, unfrei und ungerecht. Die fünstlerischen Triebe des Menschen können sich in dieser häßlichen und gemeinen Welt nicht entfalten. Ohne wirtschaftliche Freiheit und soziale Ges rechtigkeit, ohne Offenheit und Wahrhaftigkeit kann es eine allgemeine Kunstlultur, eine Durchdringung der menschlichen Arbeit mit Schönheit nicht geben.
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Water war Maler, der aber infolge Lungenleidens nichts Bleibendes Crane wurde im Jahre 1845 in Liverpool geboren. Sein in seiner Kunst leisten tonnte. Walter mußte schon in feinem 13. Lebensjahre den Schulbesuch aufgeben, um eine Profeffion zu lernen. Die Wahl war nicht schwierig, da Walther schon von Kind beit auf einen unüberwindlichen Drang zum Zeichnen und Jalustrieren offenbarte, den fein Vater durch Rat und Beispiel ermutigte. Seine vielversprechenden Stizzen verschafften ihm im Jahre 1858 durch Ver mittelung Rustins eine freie Lehrstelle beim Holzschneider W. J. Linton. Linton war in seinem Fache sehr tüchtig und seine Werkstätte galt als die bedeutendste Englands, aus der damals die besten llustrationen hervorgingen. Dazu war er Chartist und Dichter. Seine Frau war die berühmte Verfafferin der sozialistischen Erzählung" Josua Davidson", die von Natalie Liebknecht ins Deutſche übertragen wurde. In dieser Werkstätte blieb Crane drei Jahre als Zeichner, wo ihm jede Gelegenheit geboten wurde, sich in seiner Kunst auszubilden. Inzwischen war sein Vater geftorben, so daß der junge Künstler, kaum 16 Jahre alt, ins feindliche Leben hinaus mußte. Es fiel ihm indes nicht schwer, den Kampf ums Dasein aufzunehmen. Er fand Beschäftigung als Jllustrator für biblische, naturgeschichtliche und humoristische Schriften, und diese Arbeit brachte ihn in Verbindung mit Schriftstellern und Künstlern und ließ ihm auch Zeit zum Selbststudium. Im Jahre 1862 wurde fein Bild The Lady of Shalott", eine farbige Illustration zu Tennysons gleichnamigem Gedichte, von der Akademie angenommen. Der un mittelbare finanzielle Erfolg war zwar gering, aber Cranes Name wurde dadurch der Deffentlichkeit bekannt. Bald darauf begann er damit viel aur Läuterung des englischen Kunstgeschmades bei. In feine bahnbrechende Tätigkeit als Zeichner für Kinderbücher und trug diesen Zeichnungen, fagt Crane, wurde er vielfach von den Japanern beeinflußt; ein englischer Marineleutnat brachte ihm japanische Farbendrucke, deren schwarze Grundlinien, matter Glanz, feine Farben, zusammen mit dem lebhaften dramatischen und artistischen Gefühl mir sofort auffielen."
Im Jahre 1865 wurde er zum ersten Male mit den Werken der Bräraphaeliten bekannt. Ueber diese schreibt Crane ebenso ethusiastisch wie über Dürer. Er erzählt:„ Mador Brown stellte damals feine Sein größtes Bild„ Work"( Arbeit) wurde dort zum erstenmal dem Werke in einer fleinen Galerie in Piccadilly( West- London ) aus. Bublikum gezeigt. Ich werde nie den Eindruck vergessen, den die Arbeit dieses höchst merkwürdigen Künstlers auf mich gemacht hat. Ausstellungen von Werfen eines einzelnen Künstlers waren damals ganz ungewöhnlich, aber eine derartige Entfaltung von origineller Auffassung, geistiger Kraft, lebendiger Wirklichkeit und außerordent licher Mannigfaltigkeit der Gegenstände ist immer selten. Die unbedingte Aufrichtigkeit, die Ueberzeugung, mit der jedes Sujet behandelt und gemalt wurde, die Eindringlichkeit jedes Bildes, das mit soviel Gedankenfeinheit und bedeutungsvollen Details gefüllt war, offenbarten eine ungewöhnliche Distinktion und Eigenartigkeit des Charakters, der den Werken von Brown ihre einzigartige Stellung in der Geschichte der englischen Kunst verleiht." Jm selben Jahre fah er die Werke von Burne- Jones und Rossetti . Letzterer stellte nie aus, da ihm die offizielle Kunstkritik nicht gewogen war, aber er hatte so viele private Anhänger und Kunstfreunde, daß er auf die Crane wird wahrscheinlich in Deutschland besser gewürdigt als Ausstellung verzichten fonnte. Die Präraphaeliten, die besonders in seiner Heimat. Sowohl als Mensch wie als Künstler steht er den durch ihre Nuditäten dem puritanischen Geschmacke der KunstDeutschen näher als den Engländern. Sein Mangel an Heuchelei, akademiker mißfielen, schufen sich indes eine eigene Galerie, in der sein sozialrevolutionäres Temperament und seine fünstlerische Symbolit auch Crane ausstellte, da seine Bilder seit 1863 tonsequent von der haben ihn seinen Landsleuten ziemlich entfremdet. Seine fünstlerische Akademie abgelehnt wurden. Die Bemerkung, die Crane über diefen Phantasie entzündete sich an Albrecht Dürer , und die meisten feiner Stampf zwischen den Alten und den Jungen macht, Bilder befinden sich in deutschen Kunstsammlungen. Die Repro Buche ist, die an Theorie grenzt:„ Eine philosophische Auffassung ist der Wiedergabe wert, da fie die einzige in seinem duktionen von Dürers Stichen Das große Pferd"," Ritter, Tod und Teufel " und" Melancolia " gehören zu meinen der Kunst", flagt Crane, ist sehr selten zu treffen. Die Kunstkritik frühesten künstlerischen Eindrücken," sagt Crane an mehreren begreift nicht leicht, daß auch auf diesem Gebiete so etwas wie eine Stellen seines Buches, und ihr Einfluß auf mich ist mit Entwickelung vor sich geht, daß Aenderung und Umbildung in Form meinem Alter gewachsen. Auch die machtvolle Einbildungskraft in und Methode fich auch hier ebenso notwendig machen, wie im Leben den Werken solcher neneren Künstler wie Alfred Nethel, die und in der Bewegung der Gesellschaft und daß mit diesen Menderomantische Phantasie von Moriz Schwind, und die mehr rungen sich auch die geistige Auffassung der aufeinander folgenden akademischen, trodnen, aber gewandt fomponierten, a la Holbein be- Geschlechter ändert." handelten Bibelzeichnungen bon Schnorr. haben meine Tendenzen und meinen Stil beeinflußt... Unter meinen ersten Einfäufen als Student befanden sich photographische Reproduktionen bon Dürers Werken."
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Zu Anfang der siebziger Jahre heiratete Crane und besuchte das Rheinland , Bayern und Italien . Die Reisen haben offenbar viel zur Reife von Cranes Talent beigetragen. Die Lehrjahre waren vorbei und die Meisterjahre begannen. Bald nach seiner Rückkehr sehen wir den Künstler an der Ausarbeitung großer Werke. Im *). Crane. An Artist's Reminiscences. London Jahre 1875 malte er sein Bild ,, Amor vincit omnia", eine 1907. Preis 18 m Allegorie, die die Unterwerfung einer antiken Amazonenstadt durch
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