sie doch vor alle» Dingen die Entstehung der zahllose» Anpassungen,die wir an allen Lebewesen beobachlen, unerklärt. Da die MulationenrichtungsloS sein sollen, hieße es dem Zufall doch zu viel Zutrauenschenken, wollte man sie zur Ursache der organischen Zweckmäßigkeitmachen.(Nachdruck verboten)für unsere Jugend.öidfcl Langröchcben als öpinnfra«.*)Von Hans A a n r u d.Bär, der große alte, struppige Hofhund auf Hoel, saß auf derTürtreppe und schaute ernsthaft über den Hof. Es war ein kalter,klarer Spätwintertag, und die Sonne lachte über dem glitzerndenSchnee. Am liebsten wäre er aber doch hineingegangen; denn esließ sich nicht leugnen, er fror grimmig an die Pfoten, während erda saß und abwechselnd bald die eine, bald die andere von denSteinfliesen eine Weste emporheben mußte, um nicht Nagclzwangfn die Klauen zu bekommen.Aber er durfte seinen Posten nicht verlassen. Tie Schweineund die Ziegen waren heute im Freien. Noch führten sie fick zwaralle sehr anständig auf; die Schweine gingen dort in der Sonneund rieben sich an der Ecke des Kuhstalles, und weiter weg knabber-ten die Ziegen eifrig an der Baumrinde, die beim Schweinestallauf einen großen Haufen für sie zusammengekehrt war, und tatenso, als hätten sie an gar nichts anderes zu denken. Aber er wußtevon früher her: kaum war er hineingegangen, da legten sie sich so-gleich mitten in die Haustüren hinein und verübten all den Unfug,den sie sich nur ausdenken konnten— die große neue Zieg«,Krummhorn, die erst im letzten Herbst auf den Hof gekommen warund die er noch nicht ordentlich abgerichtet, hatte bereits einenSchwuppdich bis an die Hausccke hin gemacht und ihn dabei sogleichgültig und überlegen angeseben.Die war wirklich eine unerträgliche Person, aber sie sollte sichbloß unterstehen— IEin Weilchen wenigstens mußte er noch sitzen bleiben>— dieWege durste er ja auch nicht ganz aus dem Auge verlieren, es hättedoch jemand kommen können.Zufällig drehte er den Kopf nach dem schmalen Pfad hin, derquer die Halde herunter vom Oberdorf herabkam.Alle Wetterl Was war denn das?Dort kam etwas— etwas Rundes, Putziges, Winziges—ärgerlich, daß die Augen nicht mehr recht mitwollten!—.ja, ja, ermußte jedenfalls Meldung machen.Er fing an zu bellen, ein kurzes, tiefes Gekläff, das weithinausschallte. Die Ziegen spangcn ängstlich in einen Klumpenzusammen und spitzten die Ohren, die Schweine hörten jählingsauf, sich zu jucken und zu kratzen, und lauschten ebenfalls— ja,da konnte man sehen, daß sie vor ihm Furcht hatten!Tann blieb er wieder ruhig sitzen und sah den Weg hinauf.Nein aber, ob er jemals etwas Aehnliches gesehen hatte— vielleichtwar es nicht einmal etwas, das er zu melden brauchte; aber immer-hin mußte er sich doch wohl auf den Weg machen und sich die Sacheetwas näher ansehen.Er krümmte den buschigen Schwanz in einen großen Bogen,man sollte sehen, daß er bester Laune war, und trippelte zum Hofehinaus.Es mußte aber doch wohl«in Mensch sein. Es fing an, soleibhaftig der Finn-Kathrine zu gleichen, die dort im Winter zugehen pflegte, aber die konnte es doch nicht sein; denn dazu war dasWesen dort allzu winzig. Aber ein weiter, langer Weibcrrock wares jedenfalls, und unter dem Rock kamen die Spitzen von einemPaar großer Schuhe hervor, über die graue, abgeschnittene Strumpf-süße gezogen waren. Heber den Rock war cm großer Bausch Gc-stricktes gewurstelt, aus dem zwei Stummel mit roten, gestricktenFausthandschuhen hcrvorstaken. Oben drauf saß ein etwas kleinererBausch Gestricktes— das war wohl der Kopf. Hinten vom Rückenguckte ein großes Bündel in einem dunkelfarbigen Einschlageluchhervor, und vorn hing ein kleiner, niedlicher, rotgemaltcr Holz-eimcr.Bär mußte unwillkürlich stehen bleiben und sehen. Dasrätselhafte Wesen war nun ebenfalls seiner gewahr geworden undwie unschlüssig stehen geblieben. Da ging er auf die äußerste Weg-kante hinüber, blieb wieder ruhig stehen und versuchte, so gleich-gültig wie möglich auszusehen, um das Wesen nicht zu erschrecken.Dies ging dann vorsichtig, wie auf Stelzen, langsam wieder vor-wärts, indem es sich dicht an der anderen Seite des WegeS hindrückte und drehte sich allmählich, je näher es herankam, so daß esganz der Quere ging, als es endlich gerade vor Bär angelangt war.#) Das Anfangskapitel aus der prächtigen Jugcndschrift deSnorwegischen Schriftstellers: Sidsel Laygröckchen. Die Menschen-,Tier- und Naturschildcrungcn sind von schlichter Einfachheit undwarmem Empfinden. Die Erlebnisse eines kleinen Menschen-kindes in der Welt eines Bauernhofes und der Almen sind sotreuherzig, und künstlerisch vollendet wiedergegeben, daß auch derErwachsene seine Freude an dem Büchlein hat.(Die deutsche'Icbersctzung erschien bei Georg Mcrseburger in Leipzig.)Da gelang es aber Bär, einen kurzen Blick durch eine kleineQessnung in dem obersten Strickbausch zu werfen, und was sah er!Erst ein kleines, roteS, austvärtsstrebendcs Siumpftmschcn, danneinen roten Mund, der unsicher zuckte, als wollte er zu weinen an.fangen, und ein Paar große blaue Augen, die ihn erschrocken an-starrten.Pähl DaS war ja bloß ein kleines, dummes Mädel, daswegen der Kälte tüchtig eingewickelt war. Er kannte sie zwar nicht.aber— wart mal— das Ennerchen kam ihm so bekannt vorlJedenfalls war es keine Art, sich hier barsch zu stellen und so eilrkleines Ding zu erscbrecken.Unwillkürlich wedelte er mit dem Schwänze, während er hin-!über ging, um den Eimer zu beschnüffeln.Aber das kleine Mädchen verstand ihn nicht sofort, erschrockentrat es vielmehr ein paar Schritte zurück und purzelte neben denrWege hin. Da sprang Bär rasch zur Seite und lief ein Stückchenvoraus, sah sich wieder um und blinzelte freundlich mit den Augenund wedelte kräftig mit dem buschigen«chwanz. Jetzt begriff sie,stand auf, lächelte und trippelte hinter ihm drein. Bär humpeltevoran, sich immer wieder umsehend; nun erkannte er, daß sie sicherirgend einen Austrag ruf Hoöl auszurichten kam, und da war csseine einfache Pflicht und Schuldigkeit, ihr zurechtzuhelfen.Das kleine Mädchen war Sidsel Langröckchen von Schloß Guck,aus oben auf der Höhe, die dergestalt ihren Einzug auf dem Hoisvon Hoel hielt.Schloß Zuckaus lag auf einem öden, unfruchtbaren Berghang,weit vorn, gerade unter dem Grotzhammcr, zu allerobcrst im Ober-darf, und der Name— es hieß eigentlich Neu-Wüstenlnnd— warein Spitzname, den ihm ein Spottvogcl gegeben, weil man von d«oben einen so weiten AuSguck hatte, und weil es allem anderen eherals einem Schloß glich. Das Krongut, da? zum Schloß gehörte,bestand bloß aus etwas Heideland-, wo Heide!- und Preisclbcer-kraut üppig gedieh, unterbrochen hier und da von einem kleinenFleckchen Ackerboden oder einem Stückchen Wiese.Tie Stallgebäude bestanden aus einem untermauerten Kuh'-stall mit zwei Ständen, halb in den Hügel eingegraben, und einen»kleincv Schweinelofen im gleichen Stil. Und das Schloß selbstwar ein winzig kleines, mit blasen gedecktes Häuschen, das ganzvorn am Abhang mitten in der Einöde lag. ES hatte bloß einniedriges Fensterchen mit ganz kleinen Scheiben, das ins Tal hinab-schaute.Fast überall aber, wo man im llukreis sein mochte-— wennman in der Richtung hinsah uud den Blick hoch genug hinaufwaudte,überall sah man stets dieses Schloß und die? Guckfeiistcrchcu, daswie ein kleines Auge über das Tal hinaüsblickte.Wenn nun die Herrlichkeit, von der sie herkam, nicht größerwar, so kann man sich wohl leicht denken, daß Sidsel Langröckchenjust keine verkleidete Prinzessin war, sondern schlecht und recht einkleines armes Bettelkind, lind zum ersten Male auf den Hof vonHoel zu kommen, was für sie dasselbe, als wenn sie wirklich zwHofe gekommen wäre, obschon sie in einem gar wichtigen, eigentiichjnur für Erwachsene passenden Auftrag geschickt war; sie kam nämlichan Stelle ihrer Mlutter als iüpinnfrau.Sidsels Mutter, Rönnaug, hatte nun schon vier Jahre langoben auf Schloß Guckaus allein für den Unterhalt der Faiuiliesorgen müssen. Früher war es ihnen gut gegangen, da war aber-der Mann gestorben, und nun saß sie allein da mit dem Schloß.einer Kuh und zwei Kindern, Jakob, der damals ungefähr sechsJahre zählte, und Sidsel, die zwei Jahre jünger war. Es hielt oftschwer genug, aber sie hatte» doch immerhin ein Dach über den,Kopfe, und nach Brennholz brauchten sie auch nicht weit zu laufen,der Wald lag gerade vor der Tür.Im Sommer konnte sie den harten, steinigen Boden geradesoweit aufkratzen, daß sie auf dem jämmerlich kleinen FleckchewAckerland Kartoffeln und etwas Korn bauen konnte, und das Heide,gras und frisches Laub, das sie sammelte, gab ihr gerade genug,um die.Kuh Bliros jedes Jahr durchfüttern zu können. Und woeine Kuh ist, da gibts�auch immer was zu leben.Im Winter spann sie fleißig Leinivand und Wolle für disBäuerinnen unten im Dorfe und vor allem für Kjersti Hsöl, dieGroßbäuerin, bei der sie als Magd gedient hatte, che sie sich vcr-heiratete.Auf diese Weise hatte sie sich durchgeschlagen. Unterdessen warder Jakob so groß geworden, daß er selber für sich sorgen konnte.Im letzten Frühling war Nachfrage nach einem Hirtenbuben aufNordrum gewesen, und da hatte er sofort zugeschlagen. Er und,Sidsel halten so oft oben in der Stube vor dem kleinen Guck-fensterchen auf den Knien gelegen, hinausgeschaut und übcrlegv,wo sie wohl beide einmal dienen würden, wenn sie erst groß wären.Und da hatte der Knabe immer Nordrum für sich gewählt, Haupt-sächlich Veshalb, weil er den Bauer von Nordrum immer als eine!,so besonders starken Kerl hatte rühmen hören,— sie vagcgen hättegemeint, besser müsse eS auf Hoel sein, wo bloß FraucnSleutswären.Im Herbst hatte dann der Nordrnm gesagt, so einen Burschenwie den Jakob könne er auch im Winter brauchen, und da wavJakob dort geblieben.Er war sogar schon einen ganzen Tag, letztes Weihnachten.wieder zu Hause gewesen, und da hatte er der Schwester einWeihnachtsgeschenk mitgebracht von einem kleinen Mädchen auf demNordrumhofe, einen gar feinen Unterrock aus grauem FrieS.Und wie lustig und spaßig er geworden war! Als sie denncucn Rock, der ihr vorn wie hinten bis ganz herunter aus dio