131

foll mir ein Sohn? Das Andenken an unsere Heldentat erhalten Deine und meine?"

" Bestie!" rief der Oheim. Bist Du ein Montenegriner oder ein Welscher? Was freust Du Dich nicht über Deinen Sohn?" Der Neffe, noch zorniger:

Freuen? Alles Böse wünsch ich ihm. Auf der Stelle soll er zugrunde gehen, damit niemand meinen Namen trägt." Die Wächter befahlen:

Auf, Leute, tommt herunter!"

Die Menge wälzte sich hinter ihnen drein. Der Weltere begann wieder großzutun, zu fingen und nach seinem Sohne zu rufen, dem Adlerküchlein"; der Jüngere wandte den Kopf ab und sagte wehmütig:

Warum schlägt mich Gott mit diesem lehten, ungeahnten Leid? Vorwärts, Leute, schneller, schneller, damit wie bald fertig find!"

-

Als sie auf der Richtstätte ftanden, sagte der Aeltere zum Hauptmann:

" Ich möchte noch einige Worte sprechen."- Er ließ seine Blide über die Menge schweifen: er hoffte offenbar noch auf eine Botschaft auf Gnade

-

Und der Neffe bat:

" Rein, Hauptmann, ich bitte Dich, mach rasch fertig... ganz rasch. ganz rasch."

Der Hauptmann hob die Hand; tiefe Stille entstand. Der Schreiber murmelte das Urteil; dann donnerten die wehre, und zwei Menschen fielen.

( Nachdrud verboten)

Die Kunft in der Südfee.

Mit Borliebe verteilten die Seefahrer des 18. Jahrhunderts, die die vergessene Infelflur der Südsee wiederentdeckten, in ihren Schilderungen bei deren Bewohnern und entwarfen von ihnen begeisterte, idealisierte Bilder. Später hat eine mehr nüchterne Ferschung diese Bilder nicht unwesentlich verändert, aber selten in erwünschtem Umfange ergänzt. Und das wäre im Interesse unseres Wissens vom primitiven Menschen um fo willkommener gewesen, als gerade die Südseeinsulaner dem ungewohnten falten Hauch unserer Zivilisation schnell zu erliegen drohen. Es mangelte nie mals ganz an vortrefflichen Beobachtern, aber es war ihnen aus verschiedenen Gründen in der Regel nicht vergönnt, sich völlig und ungestört dem interessanten Gegenstande zu widmen.

Der Zalauierer will alss beim Vorzeichnen der Muster mit Ruß nicht durch laute Musit gestört werden. Nachher aber, wenn er zum Stichel greift, ist ihm ein tüchtiger Lärm ganz lieb, wie die weiteren Strophen befagen. Die Samoaner find schon start von unserer Kultur beeinflußt und ergößen sich an unseren Gaffen­hauern, denen sie einen Text ihrer Sprache unterlegen.

Recht poetische Liedchen werden von den Gilbertinfulanern, sehr melodische Gesänge von den Solomoniern berichtet. Hierbei mag gleich ein interessanter Umstand berührt werden, den Parkinson in feinem neuen Werte über die Südsee mitteilt. Von den Bes wohnern der Gazellehalbinseln( Neupommern) erzählt er: Einge­borene Dichter, Komponisten, Ballettforyphäen und Dekorateure ge­nießen seit undentlichen Zeiten den Schuh ihres geistigen Eigen­tums. Der Erfinder eines Tanzes, der Dichter eines Liedes oder der Komponist einer Melodie ist in solchem Maße Herr seines Er­zeugnisses, daß kein anderer es wagen würde, dieses Erzeugnis ohne vorherige Erlaubnis des Eigentümers zu reproduzieren. Die Erlaubnis muß aber stets durch Zahlung von Muschelgeld er tauft werden. Nach dem Tode des Erfinders oder Dichters geht dieser Schuh auf seine Erben über.

-

Damit tämen wir zur darstellenden Kunst: Tanz und Anfänge sind es erst recht; der angeblich finstere, verschlossene Melanesier des Schauspiels. Alle Völker find tanzfreudig, und die Naturbölfer nicht minder als die heiterer veranlagten Polynesier und Mikro­Geist hier begreiflicherweise nicht möglich. Doch hören wir wenigstens, nefier. Ihre Tänze auch nur zum geringen Teil zu charakterisieren, was der bereits genannte Barkinjou übrigens ein Pflanzer, aber der beste Kenner des Bismardarchipels über die Profan­tänze der Bewohner der Gazellehalbinsel und Neumecklenburgs sagt. Hat jemand einen neuen Tanz erdacht und ein Lied dazu gedichtet und komponiert, so sammelt er seinen Bekanntenkreis, Schwierigkeit der Figuren fürzere oder längere Zeit beansprucht. um ihn einzuüben, was je nach der geringeren oder größeren während dessen wird den Teilnehmern die zugrunde liegende Idee mitgeteilt, nach der sich die verschiedenen Wendungen, Arm, Hand­und Beinbewegungen richten, die alle den Zwed haben, einen bes stimmten Vorgang pantomimisch darzustellen. Der begleitende Ge sang hat dagegen nicht immer mit der pantomimischen Aufführung Zusammenhang. Dem weißen Zuschauer präsentiert sich solch ein Zanz als eine zwei- bis vierfache Reihe von Tänzern, die in den Sanden bunte Feder- und Blumenbüschel halten und an Kopf und Körper durch allerlei Schmuck geputzt sind. Sie führen zu ihrent lauten und gerade nicht lieblich tlingenden Gesang verschiedene Tanzfiguren aus, schreifen oder hüpfen bald vor-, bald rückwärts, In neuester Beit nun scheint man sich endlich zu beeilen, so stehen oder hocken, machen mit den Füßen bestimmte Bewegungen, biel als noch möglich das hier Bersäumte nachzuholen; wenigstens strecken die Arme bald nach rechts, bald nach links und schwingen was die deutsche Wissenschaft und die in deutschem Besitz befind- Sie Feder- und Blumenbüschel in der vorgeschriebenen Weife. Dent lichen Inseln angeht, die ja noch im Bismardarchipel den Fremden kommen diese Tänze äußerst monoton und gleichartig größten Vorrat an Ursprünglichkeit bergen. Seit furzem ist auch vor, während sie in Wirklichkeit eine fomplizierte Folge genau aba auf der großen Insel Neumecklenburg   die vom Reichsmarineamt gemessener Störperbewegungen sind und jede eiren ganz bestimmten ausgerüstete Expedition des Marinestabsarztes Dr. Stephan tätig, Borgang pantomimisch darstellt. Anderer Art sind die Zeremonial die ausschließlich ethnographische Biele hat. Eine zweite unter tänze, die nach uralten Regeln aufgeführt werden und für die Profeffor Sapper und Dr. Friederici, die vom Reichskolonialamt   Masken zur Verwendung kommen; was fie in jedem Falle be ausgeschickt und zum Teil gleichfalls ethnographisch arbeiten wird, aweden, ist noch nicht ganz flar erkannt. Der Tanzunterridit fritt Mitte Februar die Ausreise nach dem Bismardarchipel an. Durch die Eltern beginnt, faum daß das Kind stehen gelernt hat. Ferner bereitet der Hamburgische Staat ein groß angelegtes, der Unsere Rundtänze find, wie auch bei den meisten anderen Natur­bölferkundlichen Erforschung der Südsee gewidmetes Unternehmen völkern, nicht in Gebrauch. Tanz und Musik werden innerhalb des für das kommende Frühjahr vor, das über einen eigenen Dampfer Bismardarchipels am eifrighten auf Neumedlenburg gepflegt. Die berfügen wird, und endlich will auch das Berliner Museum für erotischen, die Kampf- und Kriegstänze, sowie die pantomimischen Völkerkunde für denselben Zweck Mittel aufwenden. Es mag Tänze, die ein bestimmtes Ereignis umschreiben, tönnen als die deshalb gerechtfertigt fein, wenn wir hier ein Kapitel aus der Anfänge der Schauspielkunst angesprochen werden; eine Weitere Ethnologie der Südseevölker streifen: ihre künstlerische Be- entwickelung hat nicht stattgefunden. tätigung.

-

Eine solche Betätigung seht ein ästhetisches Empfinden voraus. Für die Bewohner von Wuwulu und Aua, der westlichsten Inseln des Bismardarchipels, wird von einem Beobachter( Sellwig) ein ausgeprägtes Gefühl für schön und häßlich, besonders für eine Schönheit der Formen lebloser Gegenstände angenommen; gegen häßliche und abstoßend wirkende Dinge und Menschen bestehe eine Abneigung. Biel weiter geht der bereits genannte Südseeforscher Stephan; er spricht von einem ästhetischen Weltbild der Bismard­Infulaner, das in ihrer Kunst sich offenbare. Wie dem auch sei: jedenfalls äußern fich der Schönheitsfinn und die künstlerische Ader bei all den Südseevölkern nicht in gleicher Weise.

Die Tonkunft steht im großen und ganzen nicht gerade hoch. Die Zahl der Musikinstrumente ist gering, viel geringer z. B. als bei den Afrikanern. Sie beschränken sich gewöhnlich auf die ber fchiedenen Arten der Trommel, Flöte, Maultrommel und Musik bogen. Die epische Poesie gibt fich mitunter in Märchen und Sagen zu erkennen, die besonders bei den Polynesiern ziemlich weit in die Bergangenheit zurückreichen und über ihre Wanderzeit einige Aufschlüsse geben. Die Lyrif ist recht einfach. Von einem Zatauier( Tätowier) lied der Ralit- Ratatinfulaner( Mikronesien  ), d. h. einem Liede, das mit Mujifbegleitung beim Tatauieren ge­fungen wird, mag nach Krämer die erste Strophe in der Ueber­febung mitgeteilt werden:

Die Trommeln schlagen nicht Damit nicht mit Farbe

Die Finger beschmiert werden. Nicht hören darf man das Trommeln Beim Zeichnen der Linien, der Linien! Macht fie gut, ihr Tatauierer.

außerordentita viel fagen. Der Körper wird zu den Tänzen und leber Malerei, Bildhauerei und Baukunst ließe sich gleichfalls zu den feierlichen Gelegenheiten häufig auch bemalt. Ferner trägt er fast überall einen dauernden Schmud, die Tatauierung, die in der Südsee ja so mannigfaltig ausgebildet ist. In den Mustern tommt ein erheblicher Teil der Ornamentik der Insulaner zune Ausdrud; denn es liegen ihnen vielfach Tiergestalten und Pflanzen­blätter zugrunde. Zu denen, die sich der langwierigen und schmerz haften Prozedur des Tatauierens im weitesten Umfange unter­werfen, dürften die Bewohner der Karolinen   gehören, obwohl in­folge des Einflusses der Europäer die Sitte hier mehr und mehr abnimmt und die Zahl der nur wenig oder gar nicht tatauierten Personen die der start tatauierten erheblich übersteigt. Im übrigen. wird das Geficht in Mikronesien   und Melanejien meist nicht so sehr mit Mustern überzogen, als in Polynesien  , wo es besonders bie alten Maori  ( Reuseeländer) in der Gesichtstatauierung fehr weit gebracht haben. Im Anschluß hieran wäre noch die aller­dings sehr selten vorkommend fünstliche Umgestaltung des Schädels aus Schönheitsrüdsichten zu nennen. Belannt ist sie aus dem westlichen Teil von Neupommern und von einigen davor liegenden Inseln, wo die Deformation zum Spißtopi" durch Ume widelung des Echädels der Säuglinge bewirkt wird.

-

Während der Körper nicht immer durch aufgemalle farbige. Linien geschmüdt wird, legt man fast überall stets auf die Schön­heit der Haarfrisur großen Wert, doch geschieht dies abweichend bon unseren Gitten zumeist nur bei den Männern. Durch Verwendung von Kämmen, Unterlagen, Muscheln, Federn werden toftbare Frisuren hergestellt. Am eigentümlichsten in dieser Hin ficht ist wohl der hohe Kopfschmud der wilden Salomonsinjulaner, die Ballonmüße", wie man sie ihrer Form wegen zu nennen

11