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Der letzte Dürnbuch, Johann Anton, starb unverehelicht als furfürstlich bayrischer Kämmerer im Jahre 1764. Der Besiz ging auf die Familie der Freiherrn von Selz- Gögging über, deren letter Sprosse um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts das Zeitliche fegnete.
eigenes Planetensystem, das aus fieben Monden besteht. Einen Der Stadtschreiber wollte die politische Ueberzeugung ber fand Simon Marius im Jahre 1609 und nannte ihn Jo, drei, die Herren Bürger schonen, und auch Blumschein heulte mit den sogenannten mediceischen Sterne, die Marius Europa, Ganymedes Wölfen. und Callisto nannte, fand der alte Galilei in der Nacht zum Dürnbuch ist der Siz ansehnlicher Behörden, nämlich eines 7. Januar 1610, den fünften, der ganz nahe beim Hauptkörper föniglichen Bezirksam.es, Amtsgerichtes, Rentamtes und Notas freist und in ferner Zeit auf den Jupiter stürzen wird, entdeckte riates; es hat eine Gendarmerie-, eine Post- und Telegraphens Barnard im Jahre 1892 auf der Lidsternwarte und den sechsten station. Zu den Lehranstalten gehören außer der Volksschule eine Perrine im Jahre 1905. Ueber den siebenten Satelliten des Ju- Töchterschule der armen Schulschwestern und eine Realschule. piter sind die Aften noch nicht abgeschlossen. Schon ein sehr gutes Ferner befinden sich dort sechs Kirchen, acht Bräuhäuser, eine StunstOpernglas zeigt dem beobachtenden Auge wenigstens einen Mond mühle und ein herrschaftliches Schloß, welches aber nicht mehr des Jupiter . Es gab aber Menschen, die zwei bis drei Monde mit bewohnt wird. bloßem Auge erkennen konnten, so der Jesuit Stoddart in der In früheren Zeiten gehörte es den Grafen Selz- Dürnbuch, reinen Luft Persiens , Jacob in Madras und der Breslauer einem alten Geschlechte. Schneidermeister Schön. Letzterer erkannte sie sogar bis in sein hohes Alter, wie uns Alexander von Humboldt berichtet. Auch heute sehen Seeleute in der reinen Luft über dem Meere noch Jupitertrabanten mit bloßem Auge. Der dritte Jupitermond ist der Hellste und größte, der erste Satellit ist der zweithellfte und kleiner als jener. Der lichtschwächste Trabant aber ist der vierte. Der erste Mond dreht sich in 23 Stunden, der zweite in 41 Stunden um seine Achse, die Monde drei und vier aber haben Revolutionsund Rotationszeit übereinstimmend, fie drehen sich also einmal um ihre Achse, während sie dabei einen Umlauf um den Planeten bollenden. Auf dem dritten Jupitermonde fah Secchi schon im Jahre 1835 eine seltsame Fleckenbildung, die in jüngster Zeit öfter beobachtet wurde, und Douglas veranlaßte, aus ihr die Rotations zeit des betreffenden Mondes abzuleiten. Schon mit einem kleineren astronomischen Fernrohre fann man die Vorübergänge, Bedeckungen und Verfinsterungen der Jupitermonde erkennen. Campani in Rom war der erste, der im Jahre 1658 den ersten Jupitermond vor der Scheibe seines Planeten vorübergehen sah. Sonnen finsternisse, die fünf bis zehn Minuten dauern und Mondfinsternisse von zwei bis drei Stunden Länge sind auf jener Welt nichts Neues.
Ein Jupiterwesen hat das Vergnügen, in einem Jupiterjahre 4000 Mondfinsternisse zu sehen, und die Bewohner des dritten Mondes erbliden ihren Planeten 1600mal größer, als wir unsere Sonne in ihrer Scheibe am Himmel sehen. Jene Mondbewohner werden notgedrungen auch ihren Planeten für die Sonne " ihres Systems halten. Der Jupiter , dieser Riese unter allen Planeten unferes Sonnensystems, birgt noch viele Rätsel, deren Lösung zum weitaus größten Teile wohl der Astrophysik vorbehalten ist.
Peter Spanningers LiebesAbenteuer.
Die oberbayrische Stadt Dürnbuch liegt keineswegs an der Eisenbahn.
Bor seinem Tode verkaufte er das Gut Dürnbuch an den Fistus. Dieser bewir.schaftet noch heute den schönen Forst, läßt aber das Schloß verfallen, weil die Kosten der Instandhaltung zu hoch kommen. Die Säle zu ebener Erde hat sidor Blumschein um geringen Preis gemietet; er benüßt sie als Lagerräume für Landesprodukte. Handel und Industrie stehen in Dürnbuch in gedeihlicher Blüte.
Die Landbevölkerung bringt ihre Erzeugnisse in die Stadt und deckt hier wiederum ihre Bedürfnisse. Die zwei größeren Barenhandlungen von J. B. Jrzenberger und Gabriel Riedlechner gaben erklecklichen Umsah. Die Brauereien sind gut betrieben; die bedeutendste von Peter Spanninger" Zum Stern" siedet über acht tausend Hektoliter Malz ein. Die Kunstmühle war bis vor wenigen Jahren im Besize des Herrn Jakob Bonholzer, ist aber jetzt in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
Der Handel mit Getreide und Vieh ist vege; auch mit hola werden gute Geschäfte gemacht. Das ehrsame Handwerk gedeiht. So ist im allgemeinen die Bevölkerung wohlhabend, auch wohllebig. Die Arbeit wird mit bedachtsamer Ruhe getan, und alle Feste werden gewissenhaft begangen.
Jeder Familienvater muß in pünktlicher Reihenfolge die Wirts schaften besuchen, um die Beziehungen aufrecht zu erhalten.
In der behäbigen Art der Bürger liegt es begründet, daß gerade diese Seite der geschäftlichen Tüchtigkeit am besten ausge bildet ist.
Ueber Lage und Bau der Stadt läßt sich Rühmendes sagen. Dürnbuch liegt vierhundertachtzig Meter über dem Meere, in dem von Hügeln durchzogenen Alpenvorlande. Die Höhen sind bewaldet; aber das dunkle Fichtenholz wechselt ab mit Wiesen und Getreides feldern, was ein freundliches und mannigfaltiges Bild gewährt. Man erblickt in der ähe zahlreiche Dörfer und Weiler; auch in größerer Ferne, wo sich die Häuser dem Auge verbergen, lugt da und dort ein spiker Kirchturm über die Hügel hervor.
Vor etlichen fünfzig Jahren stand es der Regierung im Sinne, Der Ort Dürnbuch ist um die Mitte des bierzehnten Jahr eine Hauptbahn an die Stadt zu legen. Aber der Brauereibefizer hunderts entstanden. An die alte Zeit erinnern einige Reste der Peter Spanninger, der Großvater des jebigen Peter Spanninger, Stadtmauer und ein gut erhaltenes Tor. Man gelangt durch daswehrte mit anderen Bürgern die Neuerung ab. Man sagte der selbe auf den mäßig großen Marktplatz, dessen Mitte ein Mariens Regierung mit flaren Worten, daß die Dürnbucher am Alten und brunnen ziert. Hergebrachten hingen. Sie wollten mit nichten das Fuhrwesen von Hier steht auch die schöne Pfarrkirche, welche im spätgotischen der Landstraße bringen und alle Wirfe und Lohnkutscher schädigen. Stile erbaut ist. Der Weitblickende möge bedenken, daß mit ihnen die Schmiede, Auf der Südseite des Plazes erheben sich die drei stattlichen Sattler und Wagner Einbuße litten, die Bräuer minderen Absah Brauereien zum" Stern", zum„ Rappen", und zum" goldenen fänden und die anderen Geschäftsleute in Gefahr schwebten. Denn Lamm". alle Kundschaft könne mit der Bahn schnell und mühelos die große Sie streden, wie einige Wirtschaften gegenüber, große schmiede. Stadt erreichen und dort Geld ausgeben, was besser in Dürnbucheiferne Schilde in die Luft hinaus. Die blinken freundlich in der bleibe. Sonne und verheißen Eingeborenen wie Fremden behagliches Untertommen.
Die Regierung wollte die treue Bevölkerung nicht kränken und legte den Schienenftrang so weit entfernt von der Stadt, daß die Nachkommen des Peter Spanninger zwei Stunden mit dent Omnibus fahren müssen, wenn sie den Pfiff einer Lokomotive hören wollen. Heute noch rumpelt frühmorgens um sechs Uhr der Postwagen über den Stadtplatz, und der Postillon Johann Glas Tentt die Pferde, wie es sein Vater tat. Zu Winterszeiten fikt er verfroren auf dem Bocke und schaut neidisch auf die dunkeln Fenster, Hinter denen die Bürger in warmen Betten liegen.
Wenn es aber Frühling wird, und ein feiner Morgen tagt, seht er das Posthorn an und bläst sein altes Lied. Dann kommen Leute an die Fenster und prüfen mit verschlafenen Augen das Wetter. So hat sich in Dürnbuch das gute alte Wesen erhalten. Hierin wie überhaupt.
Dürnbuch hat dreitausendvierhundertneunzehn Einwohner. Darunter sind vier Protestanten und ein Israelit ; die übrige Bevölkerung ist römisch- katholisch .
Auch darf man nicht glauben, daß jene Andersgläubigen Eingeborene sind. Der Stadtschreiber Rellstab, der mit seiner Frau und zwei Kindern der evangelischen Konfession angehört, ist Mittelfranke. Der Jsraelit heißt Isidor Blumschein, stammt aus dem Schwäbischen und wurde durch den Produktenhandel in die Gegend geführt.
Im übrigen erlitt das katholische Bekenntnis feinerlei Schaden durch die Fremdlinge. Bei den jüngsten Wahlen fielen alle Stimmen auf den ultramontanen Kandidaten, Kaufmann J. B. Irzenberger.
Die Gassen, welche in den Marktplatz einmünden, sind krumm, eng und uneben. Die Häuser sind mannigfaltig gebaut. Viele haben nach italienischem Muster breite Fassaden, welche in geraden Maueraufsätzen die Dächer überragen.
Diese sind mit Schindeln gededt und stoßen hart aneinander. Nicht selten üben waghalsige Knaben auf der gefährlichen Höhe ihre Spiele, indem sie über alle Dächer klettern von einem Hause zum
anderen.
Und die Kater haben hier oben ein weites Feld für ihre Liebess
fahrten.
Der Stolz der Stadt ist eine Lindenallee, welche am Schlosse vorbei bis Holzhausen führt.
Zum mindesten einmal im Jahre beschreibt der quieszierte Lehrer Furtner ihre Reize im Alzboten, gewöhnlich in den Herbsttagen, weil er an die wundervolle Färbung der Bäume und an den wehmütigen Anblick der sterbenden Natur passende Gedanken übec den Allerseelentag anzuknüpfen weiß.
Dem Dürnbucher Bürger ist die Allee mit allen Erinnerungen des Lebens verwachsen.
Hier hat er als Kind gescherzt, hier schlich er in dämmernden Abendstunden an der Seite eines weiblichen Wesens, und hier schreitet er jetzt, wenn die Zeit der Torheiten vorüber ist, am hellen Tage neben seiner ehrbaren Frau und neben dem Kinderwagen her.
Südlich der Allee fließt die Alz , ein stattlicher Fluß. In seinem klaren Wasser spiegeln sich die Rückseiten der Häuser, Weidenbüsche und Erlen und die Kühe, die den kleinen Leuten der