hängt vorn ttne hinten ein Büschel aus Faserstoff, der teils innaturfarbenem Zustand, teils rot gefärbt ist. Junge Mädchengeigen sich, wie die Natur sie erschaffen, und die Männer gehengleichfalls ausnahmslos im adamitischen Kostüm. In der Neuzeitbedecken sich beide Geschlechter mit bunten Kalikostoffen; die Männerstolzieren in Hose, Jacke und Hut herum und sehen in diesemzivilisierten Aufzug unbeholfen und vielfach auch recht unsauberaus. Die unbekleideten braunen Gestalten der früheren Zeitmachten unstreitig einen bedeutend angenehmeren Eindruck auf denfremden Beschauer.Tanz und Gesang werden auf keiner Insel des Archipels sosehr gepflegt wie bei den Neumecklenburgern, wahrscheinlich, weildie tägliche Arbeit ihnen für dies Vergnügen hinreichend freie Zeitübrig läht. Nirgendwo sonst im Archipel finden wir eine solcheMannigfaltigkeit der Tänze mit so verschiedenen Figuren. Auchhier sind die Tänze mimische Darstellungen, und jede einzelne Be-wegung ist genau erwogen und einstudiert, so daß eine Gruppegeübter Tänzer in der Präzision der Bewegungen es getrost miteinem europäischen Ballett aufnehmen kann. Die unserem Ge-währsmann zu Geficht gekommenen Tanzaufführungen lassen sicheinteilen in erotische Tänze, Kriegs- und Kampftänze, Tänze, diepantomimische Darstellungen gewisser Ereignisse sind, und Tänze,die dem Totem oder dem Stammesemblem gewidmet sind. DieseEinteilung gilt jedoch nur für die Männertänze, die Weibertänzesind nicht in ein bestimmtes System hineinzubringen.Die Waffen der Neumecklenburger sind von denen der übrigenArchipelbewohner nicht wesentlich verschieden und bestehen inKeulen, Speeren und Schleudern nebst Schleudersteinen. Speerund Schleuder sind bei weitem am gangbarsten. Schmuck ist imganzen bei den Neumecklenburgern weniger gebräuchlich als bei denanderen Archipelbewohnern. Die Bemalung des Körpers mit roter,weißer oder schwarzer Farbe ist bei Festlichkeiten üblich. Dagegenfehlt der Federschmuck fast gänzlich, nur im südlichen Neumecklen-bürg ist er hier und da gebräuchlich. Da der Kasuar und derKakadu auf der Insel fehlen, so fällt der wirksame Schmuck ausden Federn dieser Vögel ganz aus. Die Eclectusarten und anderePapageien sowie einige Möwenarten liefern das ausschließlich:Material. Auf die Haarfrisur verwendete man früher eine weitgrößere Sorgfalt als heutzutage. Der Bart besteht aus einemSchnurrbart und aus kurzen Bartkoteletten, die sich vom Ohrherab bis zu den Schnurrbartspitzen hinziehen; die Bärte werdennicht selten mit weißem Kalkbrei betupft. Dennoch sind Bärte nichtdie Regel, neben bärtigen Männern sieht man ebensoviele bartloseIndividuen. Vollbarte sind nicht häufig, man findet sie hier undda bei älteren Männern. Ziernarben sind mehr oder weniger ge-bräuchlich und werden auf den Armen, Schultern und der Brustangebracht ohne besondere Regel in der Anordnung. Tätowierenist nur im Distrikt Siara üblich. Halsbänder gab es früher inrecht verschiedenen Anordnungen, heute sind auch sie von europäischenGlasperlen fast völlig verdrängt. Ein Schmuck, der sich noch immergehalten hat, ist der Brustschmuck, kapkap genannt. Das kapkapbesteht aus einer runden, weißen Scheibe von 3 bis 20 ZentimeterDurchmesser, die aus dem dicken Teil der Tridacnamuschel mitgroßer Mühe geschliffen wird und einer dünnen Alabasterplattenicht unähnlich sieht. Auf diese Scheibe legt man eine dünneSchildpattplatte, die mit äußerster Sorgfalt mit einem Muster indurchbrochener Arbeit versehen ist. Die dunkle Schildpattschalemit ihrem zierlichen Muster hebt sich wirkungsvoll von der darunterliegenden weißen Fläche ab. Armringe waren früher weit häufigerals jetzt, sie sind teilweise durch Nachbildungen aus Steingut, oiein Deutschland und England angefertigt werden, ersetzt worden.Die Durchbohrung des Nasenseptums sowie die Erweiterungdes Ohrläppchens ist sowohl in Neuhannover wie in Neumecklen-bürg üblich, namentlich in der Nordhälste. In das Loch desNasenseptums steckt man einen 6 bis 8 Zentimeter langen, ausTridacnaschale geschliffenen Stab, die Ohrläppchen werden durcheingeschobene Ringe aus aufgerollten Palmblättern erweitert, dieleicht sedern und das Loch daher langsam vergrößern. Der letztereSchmuck ist sowohl bei Männern wie bei Frauen üblich. Der sonstbei den verschiedenen Festlichkeiten gebräuchliche Schmuck bestehtaus Blumen, aus bunten und wohlriechenden Kräutern, womitKopf, Hals, Rumpf und Gliedmaßen geschmückt werden; namentlichdie brennend roten Hibiskusblüten sind, wie wohl bei allen Me-lanesiern, ein bevorzugter Schmuck, der sich von den dunklen Haarenund der braunen Haut wirkungsvoll abhebt.Der Häuserbau darf für den größten Teil von Neumecklsnburgals ein höchst sorgfältiger bezeichnet werden. In Neuhannover istdie Hütte ein längliches Viereck, dessen Längsseite etwa zweimal sogroß ist als die Breite. Auf den niedrigen Seitcnwänden ruht einsanft gebogenes Dachgerüst aus dünnen Stöcken, gedeckt mit denBlättern der Sagopalme oder der Kokosnuß. Die geraden Giebel-enden sind mit Matten verkleidet, die sorgfältig geflochten ver-schiedene Rauten- und Zickzackmuster aufweisen. Der Eingang ist,n der Regel in dem einen Giebelcnde. Teils um die Seitenwändegegen Angriffe von Speerwerfern zu schützen, teils auch um dasnötige Brennmaterial stets zur Hand zu haben, stapelt man unterdem überhängenden Dach gespaltenes und zerkleinertes Holz auf.In dem Inneren der Häuser ist der Herd, auf dem die Nahrungs-mittel bereitet werden. Er besteht aus einer kreisrunden, etwa einenMeter im Durchmesser haltenden flachen Grube, in der die Koch-steine liegen, d. h. faustgroße Steinbruchstücke, die zunächst glühendgemacht werden und auf die dann die gar zu machenden Speisengelegt werden. Andere heiße Steine kommen auf die Speisen, unddas Ganze wird dann mit einer dicken Blätterschicht bedeckt, dieerst wieder entfernt wird, wenn die Speisen gar sind. Neuerdingsbeginnen separate Kochhäuser sich einzubürgern, ein Gebrauch, denheimkehrende Insulaner aus der Fremde mitbrachten.Weiter im Süden wird der Häuserbau primitiver. Auf derOstküste find die Wohnstätten noch recht sorgfältig gebaut, auf derWestküste sind sie dagegen zum Teil große, bienenkorbartige Dächermit einer niedrigen Türöffnung, durch die man nur kriechend hin-durchschlüpfen kann. An manchen Orten wird innerhalb der Hütteder Boden etwa ein Meter tief ausgehoben, und der Aufenthalt indiesen halb unterirdischen Höhlen ist alles andere als angenehm.Im ganzen Süd-Neumecklenburg find die Wohnhäuser von Stein»wällen umgeben, wahrscheinlich, weil man hier überall eine in»tensive Schweinezucht treibt und es als notwendig erkannt hat, dieHäuser vor den Besuchen der Rüsieltiere zu schützen. Die Ein-geborenen sind nämlich, was die Reinlichkeit ihrer Wohnung an-langt, anspruchsvoll, und der Boden ist immer sauber gefegt oder,wo das Material vorhanden ist, mit einer dicken Schicht weißenSeesandes bedeckt.Hausgerät beschwert den Eingeborenen hier ebensowenig wieim übrigen Archipel. Die geringen Habseligkeiten, Speere undFischgerät, liegen auf den Querhölzern des Daches oder hängenvon ihnen herab. Eßwaren, in Palmkörben verpackt, stehen über-einander in den Ecken oder hängen, wenn sie den Angriffen derRatten ausgesetzt sein sollten, auf Holzhaken unter dem Dache.Die Schlafstätte ist äußerst einfach und besteht aus einigen Kokos-matten auf der bloßen Erde oder aus einer niedrigen Pritsche, be»stehend aus fünf bis sechs nebeneinander gelegten Blattstielen derSago- oder der Kokospalme, manchmal auch aus armdicken Rund»hölzern ohne weitere Bearbeitung. Auf diesen schmalen Bänken,die selten mehr als 30 bis 40 Zentimeter breit sind, schläft der Ein-geborene einen festen und ruhigen Schlaf; ein Europäer würdesicherlich bei der geringsten Bewegung hinunterstürzen. Doch derNeumecklenburger, wie alle übrigen Archipelbewohner, erfreut sichdurchweg, auch im Alter, eines gesunden Schlafes. Es gehört inder Regel ein starker Aufwand an Mitteln dazu, ihn zu erwecken.Es verdient allerdings daneben erwähnt zu werden, daß der Ein-geborene zeitweilig lange Zeit ohne Schlaf auskommen kann. Aufden Pflanzungen kann man beobachten, wie die Leute, nachdemsie am Tage recht anstrengend gearbeitet haben, während dermondhellen Nächte bis spät nach Mitternacht tanzen und singen oderbei geeignetem Wetter auf den Nachtfischfang gehen, um erst gegenMorgen ein paar Stunden zu schlafen. Dies können sie tagelangfortsetzen, ohne daß eine besondere Erschöpfung sich bemerkbarmacht.(Schluß folgt.)kleines feiiületon.Theater.Lessing-Theater: Das Tal des Lebens, Schwan)von M a x D r e h e r. O. die Zensur: Wenn ein Autor Erfolghaben will, muß er es nur verstehen, irgendwo kleine WiderHäkchenanzusetzen— und der Zensor bleibt daran hängen. Schon vor vierJahren sah ich dies Stück in seiner ursprünglichen Fasiung imChemnitzer Stadt-Theater. Trotzdem ist das Wettiner Haus nichtumgefallen I Warum wohl die Berliner Zensur der öffentlichenAufführung dieser Dreyerschen SerenissimuS-Anckdote, die ja be»reils in Offenbachs lustiger»Herzogin von Gerolstein" behandeltworden ist, bisher ihr Placet verweigerte, entzog sich unserer Kennt-nis. Vielleicht kann es der behördlich kastrierte Schwank offenbaren.Der Zensur gefielen die Tiraden über Freiheit und Menschenrechtenicht. Weg damit. Ganz recht, denn was hat solch Aufputz mitder Bourgeoismoral zu schaffen? Es lebe also die verzotete Posse lSo ein Rotstift trifft mit unfehlbarer Sicherheit das rechte.Publikus muß gleich wissen, daß es sich um ein erotischesAbenteuer handele— um eine pikante Affäre— die allenfalls erträglich gemacht wird durch ein bißchen Hof»zeremoniell und höfische Kleidertracht aus der leichtlebigenRokokozeit. Wie tölpelhaft, wie abgeschmackt das DingSohne diesen historischen Firlefanz aussehen würde, kann man sichunter Zuhülfenahme von ein wenig Phantasie leicht vorstellen....Vielleicht wird aber gerade die peinliche Sorgfalt, die für eine stil-volle Darstellung des Schwankes verschwendet wurde, anhaltendeKassenersolge garantieren. Man wird sich beeilen, den reizendenCharme der Irene T r i e s ch als Herzogin von Gerolstein rsctsMarkgräfin zu applaudieren, und es werden sich dabei unzählig vielsehnsüchtige Blicke an der Hünenhaftigkeit des AmmenkönigS HansStork verfangen, der von HanS M a r r urkräftig verkörpert ist. FürOskar Sauer, den unvermöglichen Markgrafen, für GustavRickelt, den feisten, ftöhlichen Gottesmann, für Paula Eberthals Lisbeth Leibel, sowie endlich für den geistlichen Rat<PaulMarx), die beiden klapprigen Kammerherren(Juillerat undHellweger) und all' die andern dürfte noch immer genug Auf-merksamkeit übrig bleiben. Kurz, alle Freunde der Pikanterie undLachlustigen werden auf ihre Rechnung kommen. e. k.