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Ja, darin lag etwas Wahrscheinliches. Ich nahm nun die feine blaue Jade und fort damit zum Trödler!
Ich erhielt dafür 10 Mart Banto in Gold und einen alten grauen Rod mit langen Schößen, die ich am Boden nachzog. Des Abends begab ich mich dann mit Munter unter dem Rocke zum Lübecker Bahnhofe, und ich kann darauf schwören, daß mich niemand für einen Seemann hielt, der auf langer Reise gewesen war.
In Lübeck schiffte ich mich an Bord des Dampfers nach Hause ein; und es war seltsam genug, daß mein Reisekamerad, je näher wir nach Hause kamen, sich auch immer mehr erholte.
Er hatte förmlich wieder blaue Augen bekommen, und er leckte meine Hand und blickte mich an, und ich mußte meine eigenen Augen niederschlagen und bei mir selbst denken, wie wir Männer doch schwache Geschöpfe sind, und wie es viel leichter sei, seine guten Kleider zu verkaufen und sich davon zu machen, als zu bleiben und der Verführung zu widerstehen.
Als ich dann längs des Strandes mit Munter an den Fersen heim ging, da riefen die Leute, welche draußen standen und Würmer fuchten: Hallo! Was für ein Mormonenpriester kommt da daher?" " Ich bin's!" antwortete ich und zog dabei die Schöße in die Ah, wirklich!" riefen sie." Das ist eine nette Jacke, die Du Dir angeschafft hast. Ist die auch mit Dir um Kap Horn gewesen?"
Höhe.
" Ja, alle dreimal," sagte ich." Fragt nur Munter, denn der schwindelt Euch nichts bor ."
Und dann kam ich heim zum Alten und tauschte den Rock mit ihm.
Kleines feuilleton.
Die Mumie im Reagensglas. Hamlets Seufzer über des großen Cäsars Staub", der vielleicht irgendwo als Lehm ein Loch gegen den Wind zu verstopfen bemüßigt ist, mag wohl ein Echo finden, wenn man im Katalog einer großen chemischen Fabrik das Angebot liest:" Mumia vera aegyptica, solange Vorrat, Kilo M. 17,50." Natürlich kann für diesen immerhin zivilen Preis feineswegs garantiert echter Pharaonenstaub geliefert werden, was allein schon die poetische Wehmut etwas dämpfen dürfte; dann ist noch zu beachten, daß der Volksglaube den Mumien Heilwirkungen zuschreibt, wodurch ihr handelsmäßiger Vertrieb er tlärlich scheint. Daß Gelehrte sich die Mumien zum Gegenstand eingehender Experimente gewählt haben, ist aber sicher ihr gutes Forscherrecht. Kunsthistoriker und Mediziner haben sie vielfach studiert. Chemische Untersuchungen sind dagegen bisher nur in sehr geringer Anzahl veröffentlicht worden. Nach mehrjähriger Arbeit in der chemischen Abteilung der" Government School of Medicine" in Kairo gibt nun W. A. Schmidt in der Zeitschrift für allgemeine Physiologie" die ersten ausführlicheren Mitteilungen über diesen Gegenstand, die eine Reihe neuer und wertboller Ergebnisse bieten. Die Frage, ob die Zersetzung des Leibes im Laufe der Jahrhunderte so weit gegangen ist, daß die Mumien nur noch als ein mit pergamentartiger Haut umhülltes Skelett mit der entsprechenden Beimischung von Nilschlamm, Harzen, Pech, Asphalt und Binden zu betrachten sind, oder ob noch gewisse organische Bestandteile des einstigen Leibes darin existieren, ist jetzt schon dahin zu beantworten, daß sich im Mumiengewebe nicht nur eine größere Menge fester und flüchtiger Fettsäuren finden, sondern daß sich auch Eiweißstoffe sowie unzersettes Fett mit Sicherheit nachweisen lassen. Hingegen vermochte Schmidt keinen roten Blutfarbstoff festzustellen.
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Füllmaterial der Leichen. Niemals finden sich in Mumien Ber bindungen von Quecksilber, Arsenik, Blei oder ähnlichem, so daß sich das Einbaljamierungsverfahren Alt- Aegyptens als ein ber hältnismäßig sehr einfaches darstellt: Entfernung der leichter in Fäulnis übergehenden Eingeweide, Kochsalzbad, Trocknen an der Luft und Umhüllung mit Bandagen. Einer der Hauptgründe dafür, daß die in dieser Weise behandelten Leichen nicht verwesten, sondern mumifizierten, ist das trockene Klima des Landes. Man hat diesen Punkt nach Schmidts Ansicht nicht genügend berücksichtigt und die Einbalsamierungsfünfte Alt- Aegyptens in ganz un berechtigter Weise überschäßt. Spezereien, Harze und Waschen mit Palmwein, der schließlich doch nur einen verschwindenden Alkoholgehalt besaß, waren wohl faum von größerer Bedeutung. Das gegen boten die dichtschließenden harzbeschmierten Bandagen natür lich einen guten äußeren Schutz vor Käfern. Den überwiegenden Einfluß des ägyptischen Klimas auf die Konservierung von Leichen zeigen die Mumien der prähistorischen Zeit. Sie waren ohne Binden im Sande vergraben, dessen rasch trocknende Wirkung sie sechs Jahrtausende überdauern ließ. Auch die Koptefmumien, die nur in Kochsalzbad behandelt wurden, sind sicher vor der Beifeßung gut ausgetrocknet worden. Im heutigen Aegypten werden die Leichen, sofern der trocknende Einfluß des Klimas zur Geltung kommen fann, gleichfalls zu Mumien, ohne daß es besonderer Ge heimnisse bedürfte.
Opfer der Zeitungen. Die rasche Dezimierung der Wälder in den Vereinigten Staaten stößt auf immer mehr wachsenden Widerspruch; es fehlt nicht an Warnungsrufen und insbesondere an Anflagen gegen das Zeitungswesen, das in erster Linie für die Waldberwüstungen verantwortlich gemacht wird. Insbesondere sind es, wie in der„ American Review of Reviews" ausgeführt wird, die Tannen, Fichten, Buchen und Pappeln, die als Opfer der Zeitungen fallen. Denn sie eignen sich am besten zur Herstellung der gewaltigen Papiermassen, die jetzt alljährlich verbraucht werden. Dabei wachsen die Zeitungen unausgesetzt sowohl an Ulm fang wie an Auflage. Im Jahre 1905 betrug die tägliche Produktion an Holzpapier zehnmal so viel als vor 25 Jahren, und sie bedeutet eine jährliche Vernichtung von 50 000 Hektar Wald. Allein die Beitungen hatten 1905 in den Vereinigten Staaten 6000 Setmaschinen im Betriebe. Die Sonntagsnummern der sechs New Yorker großen Zeitungen umfassen durchschnittlich 60 Seiten, und jedes Exemplar erfordert so viel Papier, als zur Herstellung eines Buches von 480 Seiten notwendig wäre. In den Vereinigten Staaten erscheinen 456 große Sonntagsausgaben; ihre bedruckte Fläche entspricht insgesamt dem Papierinhalt einer Bibliothek von 6 Millionen Büchern zu je 550 Seiten. Die Notwendigkeit, für die Herstellung diefer gewaltigen Papiermengen andere Rohmaterialien heranzuziehen, wird immer dringender. Wenn das bisherige Verfahren beibehalten würde, würde nach einer Berechnung in 33 Jahren in den Vereinigten Staaten kein einziger Baum mehr übrig sein!
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Theater.
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Königl. Schauspielhaus. Meister Mathias", dramatisches Gedicht in einem Aufzuge von Manfred Kyber . Die Tradition der Schauspielhausleitung, möglichst wenig Premieren und, soweit sich solche nicht vermeiden lassen, doch möglichst minderwertige zu bringen, hat in Direktor Barnah einen pietätvollen Anhänger gefunden, der die Leistungen seiner Vorgänger in dieser Richtung anicheinend noch zu übertrumpfen lucht. Der„ Meister Mathias" Manfred Kybers, eines jungen Livländer Autors, erfüllte auch die weitgehendsten Ansprüche, die an dramatisch- künstlerische Belanglosigkeit gestellt werden können. Er ist ein typisches Erzeug Die chemischen Arbeiten Schmidts haben verschiedene wichtige nie jener Reim- klingelnden Goldschnittlyrik, die mit geliehenen Bunkte aufgeklärt. Auch über das Einbalsamierungsverfahren der Gefühlen und Gedanken wichtig tut, und jeder Eigenart alten Aegypter haben sie in einiger Hinsicht Licht verbreitet. Was entbehrt. Der Theaterzettel, der unter den handelnden man von der Mumifizierung wußte, war zum größten Teil durch Personen auch die Zeit", die Religion" und ähnliches anHerodot und Diodor überliefert worden. Unter den mannigfachen fündigte, gab einen Vorgeschmack der Tiefen, die sich in dem Stück Operationen, wie Entfernung der inneren Organe, Ausfüllung der erschließen würden. Der gelehrte Meister Mathias hat mit ganz Leibeshöhlen mit Spezereien usw., ist das fiebzig Tage währende besonderem Eifer Goethes" Faust" studiert. Aber sein Weltschmerz Liegen der Leichen in einem Bade von" Nitrum", oder auch muß nicht gar so arg fein, denn das schlimmste, was er dem Leben ,, Natrum", besonders wichtig. Seine Zusammensetzung war bisher vorzuwerfen hat, ist, daß er in der Zeit verläuft und mit der Zeit durchaus unbekannt. Einige deuteten es als Salpeter, während sich alles ändert. Voll Born darüber geht er auf die unschuldige andere darin das in Aegypten natürlich vorkommende kohlensaure Wanduhr los, sie zu zertrümmern. Aus ihrem Schrein schlüpft ein Natron erblidten. Schmidt hat nun gezeigt, daß beide Annahmen vertrocknetes graues Frauchen, das ihn und uns belehrt, sie sei die unzutreffend sind und daß das Nitrumbad lediglich eine Kochsalz- Beit und sie erscheine jedem, je wie er sich fühle, häßlich oder schön! Lösung war, so daß die Balsamierungskunst in einer förmlichen Kein Wunder, daß Mathias bei dem langen Reden einschläft. Warum Einpökelung des Körpers nach Entfernung der leichter verwesbaren sie allerhand Traumbilder seines früheren Lebens an Mathias Geist Teile bestand. Das einbalsamierte Mumienmaterial war stets vorüberziehen läßt, in welchem inneren Zusammenhange sie start mit Kochsalz durchsetzt. Die nicht einbalsamierten Mumien stehen, warum er zum Schluffe sterben muß. bleibt ein der prähistorischen Zeit enthielten dagegen nur wenig Salz. Bei Geheimnis des Poeten. Bei der Wiedergabe war an Pomp nicht den jüngsten, den koptischen Mumien, fanden sich dagegen in der gespart, die opernhafte Ausstattung der Visionen sollte wohl für das Armmustulatur z. B. 8,5 Proz. Salz, also mehr als das Zehnfache dichterische Defizit entschädigen. Sommerstorff spielte den des natürlich vorkommenden Betrages. Dies ergibt die interessante Meister und milderte durch den Wohlflang seines Organs die triviale Tatsache, daß die damaligen ägyptischen Christen, wenn sie auch Holprigkeit der Verse. das eigentliche Einbalsamieren aufgegeben hatten, doch dos Koch- Nach der verdorbenen Schlagsahne wurde ein herzhafter gesunder falzbad beibehalten haben. Außer diesem spielt bei der Leichen- Rettich serviert: Kleists Berbrochener Krug" in guter, wenn tonservierung der alten Aegypter die" Trona", die in Aegypter auch das Durchschnittsmaß nicht besonders überragender Beseßung. natürlich vorkommende Soda, eine wesentliche Rolle. Sie diente in Neben Pohls Dorfrichter Adam hatte Anna Schramms Form einer wahrscheinlich mit Butter hergestellten Paste als zungengewaltige Frau Marthe den größten Heiterfeitserfolg. dt. Berantw. Redakteur: Georg Davidsohn , Berlin.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.