gestellt sind; eine kurze Schilderung fljrer gesellschaftlichen Ein­richtungen und ihrer Lebensweise. Die ethnographischen Sonder- ausstellungen sind doch nicht nur für jene bestimmt, die schon allerlei Vorkenntnisse besitzen und zu Hause in ihren Bibliotheken nachlesen können, was sie im Katalog nicht finden. Sie sollten vielmehr als ein Mittel betrachtet werden, allen Schichten der Be- dölkerung, auch denen, die nur eine Volksschule besucht haben, Gc- legenheit zur Fortbildung zu bieten'. H. C u n o w. I�CUC Lyrik. ES laufen heute viele Menschen herum, die Verse machen. Den, einen glückt eS, für ihre Reimereien einen Verleger zu finden; die anderen haben die Mittel, sich einen zu kaufen. Das letzlere soll gegenwärtig ein recht lukratives Geschäft geworden sein. So kommt es, dass die Zahl der Gedichtbücher, die auf den Markt geworfen werden, von Jahr zu Jahr anschwillt. Wer Interesse für derartige Druck- erzeugnisse hat, oder sie beruflich lesen imisz, dem gehl es weit schlimmer, als dem Lotteriespieler: die Rieten sind zahlreicher, als irgendwo, und die wirklichen Talente rarer, denn die grossen Lose. Sehr viel Nichtssagendes, viel Dilettantenhaftes und verschiedenes wenig von dauerndem Wert haben denn auch die letzten Monate wieder gebracht. Einiges davon wollen wir herausgreifen. Da habe ich zwei Bücher, die ich Zeile um Zeile gelesen. Beide haben etwas Verwandtes miteinander: sie kritisieren und glossieren unsere Zeit. Das eine gibt sich ironisch. Das andere predigt in Fabeln. Als Kunstwerke sind beide wertlos. Aber menschlich näher treten dem Leser die Dichter: Friedrich Adler  (Vom goldenen Kragen.' Karl Bellmann, Prag  ) und Mandauer (Fabeln in Versen." Mandauers Selbstverlag, Warnsdorf i B), dennoch. Adler bespöttelt in beißendem Sonelton das honette, be- häbige Bürgertum; er zeigt die Falschheit und Verlogenheit seiner Moral und stellt seine Schwächen an den Pranger. Ost muß man an denSimplicissimuS" denken, dessen Mitarbeiter auch wohl der Dichter ist. Der Form nach sind Adlers Gedichte glatt und abgerundet. Sie unterhalten beim Lesen, lassen aber keinen tieferen Eindruck zurück. Liebhabern wird der splendig aus- gestattete, nur einseitig bedruckte Ouartbaud ein Prunkstück für den Salontisch sein. MandauerS Bündchen kommt bedeutend bescheidener einher. Es steckt viel guter Wille in diesem Buch. Mit dem Reim aber hapert's oft gar arg; vielfach ist er an den Haaren herbei- gezogen. Die Wirkung der Fabeln leidet in den meisten Fällen daran, daß sie zu breit vorgetragen, zu lang ausgesponnen find; hier hat Mandauer viel gesündigt, oft so viel, daß er fast unverständ- lich wird. Jnnnerhin ist daS, was diese beiden Pseudopoetcn bieten, noch verdaulicher, als die Kost der folgendenVerskünstler": Ferdinand Max Kurth(Durch Mitleid wissend." Berlin  . Kunsttheater- Verlag.), Georg Groetzsch(Des Herzen? Golgatha." Berlin- Steglitz. Kraft und Schönheit. Preis 3,60 M.), Otto v. Taube (Verse." Berlin  -Leipzig  . Modernes Verlagshaus Kurt Wigand.). Eduard V a l l a z z a lAuS früheren Jahrhunderten." Ebd.), und die Dichter der MoualsichristC h a r o n"(Gr.-Lichterfelde. Charon-Verl.) In diesen Büchern ist alleS Wortschwall, die Bilder sind abgebraucht, die Wirkungen nach den üblichen Klichees gearbeitet. Die Kritik hat hier nicht? zu sagen. Ein paar Proben geben an« besten Aufschluß über Wert oder Unwert. Vallozza ist der ehrlichste in dieser Gruppe; er gesteht seine Unfähigkeit selbst ein: Ich Hab in meinen Liedern Zu wenig Blümelein, Die ich gereiht zum Strauße, Könnt, wenn ich wollte, weihn. Sie find mir all misslungen... Mit der Grammatik steht dieser Dichter, der da fingt:Besitz nimm ich von dir, du lichtes Land," auch nicht auf sonderlich gutem Fuße. Aber andere kommen noch besser. Sie erinnern ge- legeutlich an die gute Friederike Kempncr. Groetzsch leitet eines semer Gedichte z. B. also ein: Auf meinem Schreibtisch nach erfolgter Sichtung, Harrt jetzt ein Haufen Blätter der Vernichtung. Auch in Kurths Dichtungen finden sich zahlreiche rührende Stellen wie die folgenden: Nein, lieber Knabe, ich danke Dir schön! Muß gleich zu meinem Herren geh». Oder: Und da ein Boot und hier ein Boot. Und noch ein letztes Sonnenrot... Wir sind zu Drei'n in unserm Kahn Und sehn uns groß und eigen an. Drei Menschen und ein Sonnenschein: Wir sollten doch so glücklich sein! Die Mitarbeiter der ZeitschriftCharon  " wenden sich an die Stillen und Verständigen im Lande". Ihre Gemeinde muß keine allzugrosse sein, denn auch ini vorliegenden Hefte verlangt der Herausgeber mehrGegenseitigkeit". Wenn man die Seiten des Heftchens durchblättert, kann man eZ verstehen, daß dieGegen- seitigkeit' eine so einseitige bleibt. Viele grosse, bunte Worle kommen einem vor die Augen; aber diese Worte reihen sich nicht zu Sätzen zusammen, die einem Gedanken oder einer Stimmung Aus- druck geben; sie tönen einem wie ein Lallen, wie ein Stammeln ins Ohr und wirken in besonders naiven Wendungen oft grotesk und koinisch. Otto v. TaubeSVerse" möchte ich von der Gruppe, der ich ihn oben zugeteilt, ein wenig absondern. Auch sein Buch ist reich an Plattheiten; immerhin aber sind die Mängel nicht imstande, gänzlich den Reiz einer gewählten, schönen Sprache und einer glatten und gefeilten Form fortzuwischen. Enthält das Bäudchen auch nichts Besonderes, so spricht doch fast aus jedem Gedicht strebsames Wollen und menschliche Reife. Von ganz anderer Art sind die neuen Gedichte und Lieder Leo HellerS(Präludien der Liebe", Berlin.  Harmonie", Verlags- gesellschaft für Literatur und Kunst). Hier spricht ein wirklicher Dichter, der eine reiche, anschauliche Sprache und eine festgefügte Form sein eigen nennt. Nicht alles ist Gold, was in diesem Büchlein glänzt. Nur allzu oft und allzu gern spielt der Dichter mit den Worten. Ihr Wohlklang übernimmt mitunter den Sinn. Auf der andern Seite aber fügt dieser aus- gesprochene Hang zur Klangmalerei die Worte oft zn besonders starken Wirkungen von packender Gelvalt. Heller schaut mit unge- trübten Augen in die Welt: er beobachtet sich und seine Mitmenschen. Und so wechseln in seinem neuen Gedichtbuch auch zarte Interieur- Malereien mit kräftig hingsivorfenc>i Szenen aus dem Arbeitsleben. Beide Arten seiner Kunst umweht aber derselbe zarte Duft lyrischer Stimmung, die Hellers Gedichten so oft. den Reiz des BoltSlüm- lichen verleiht und den auch unsere Leser aus seinen Veröffentlichungen in derNeuen Welt", iinWahren Jakob" und in derGleichheit" kennen gelernt haben werden. Hugo S a l u s' Art ist mit der Leo HellerS in mancher Weise verwandt. DaS Weiche, Innige, Anschmiegsame ist beiden eigen. Doch gräbt Salus tiefer. Das zeigt er auch wieder in seiner neuen GedichtsamnilungDie Blumenschale"(München  . Albert Langen  ). Da? Gewaltige, Packende ist nur spärlich gestreut in diesem Büchlein. Dafür aber sind die tausend Menschlichkeiten des Alltags mit einer bewundernswerten Feinheit behandelt, deren Wirkung durch eine vollendete künstlerische Form und durch eine bilderreiche, wenig abgebrauchte Sprache zart, aber doch merkbar unterstrichen wird. Ganz gleich, welches Thema der Dichter anschlägt, immer findet er d i e Stimmung und den Klang, die den Leier fesseln. Der Rhythmus schafft viel in den SaluSschen Versen, seine Musik täuscht über manches gewagte Wortspiel hinüber(Lichter über dem Strome"), weiss aber inimer den Stoff plastisch zu runden(DaS verlassene Mädchen"). Um eine Probe aus dem empfchlenSlvcrten Buch zu geben, wollen wir das GedichtVorletzte Stunde" hierher- setzen: Jede Stunde ist Tochter und Mutter zugleich Und niacht uns arm und macht uns reich. Und immer öffn' ich von neuem die Tür: »Tritt ein, du Stunde, was b r i n g st du mir Sie schaut mich an:Mich Hab' ich gebracht; So Hab' ich Dein Leben reicher gemacbt." Und ä r m e r I" schrei ich.«ie nickt und geht; Die Tochter schon auf der Schwelle steht. Du, Deine Mutter an mich vergaß! Bring Du mir endlich..." Ernst sagt sie:WaSZ* Das Lebenl" fleh' ich. Da geht sie schon: Vielleicht weiss meine Tochter davon." Und kommen und gehn und kommen und gehn, Kann kaum mehr an der Türe steh», Und da schlürft noch eine Stunde herein, Und die wird nimmermehr Mutter sein... Viel Freude hat mir Franz Langheinrichs BuchAn da? Leben"(Leipzig  , E. A. Seemann. Pr. brosch. 4 M., geb. b M.) gemacht. Eine hohe Weihe, eine sonnige Feierlichkeit atmen diese Blätter, in denen ein gereifter Mann spricht, der die Dinge um sich künstlerisch zu schauen und zu gestalten vermag. Die Abgeklärtheit und Schlichtheit der ausgesprochenen Gedanken erinnert oft an Goethe, an dem sich Langheinrich auch wohl gebildet hat. Alles Gekünstelte fehlt diesen Versen. Jegliche äussere Mache ist fast gänzlich ver- mieden. Ein Bauernsprößling, dem jede Schnörkelei verhaßt ist. spricht zu uns: Ich bin von altem Bauernschlag. Großvaters Vater lenkte den Pflug, Und seine Arbeitsstunde schlug Frühzeitig an vor Tau und Tag. Vom Ahn und Urahn ward das Feld Vor ihm mit starker Faust bestellt; Ein Stammbaum, gcivuchtet aus zähem Holz, Köpfe so hart, geruhig und stolz. Zarte Stimmungen weiss er zu zaubern. Bilder, auf denen Sonne liegt und in denen ein wohliger Frieden träumt. Und immer wirkt er nur durch das rein dichterische Bild. Aufdringliche Wort- malerei tritt zurück. Schmückende Beilvorte finden nur spärliche Verwendung. Aber durch diese Einfachheit wirkt er um so wuchtiger, zieht er den Leser um so unwiderstehlicher in den Bann