seiner Gedanken» und Gefühlswelt. Ich zitiere das Gedicht »Dämmerung ": An einem Garten kam ich heut borvei, nur war. d? ob es in der Heimat sei. AuS Heck' und Furche ging durchs Dämmerland der leise Herbstduft von Karioffelbrand, und serner Glockenton sang überS Feld ein Schlafenslied der herbstverträumlen Welt. Ich stand am Zaun und blickt aufs nied're HanZ. da schlich ein altes Mütterchen heraus und trug ein Grabscheit in der Runzelhand und setzt es mühsam in das Gartenland und grub ein Weilchen so im blassen Licht. Ein buntes Tuch verhüllt mir das Gesicht. Doch wie sie ruhend in die Stille schaut, das war so heimisch alles und vertraut, der Birnbaum, der im Wendwinde stand, die dunklen Weinlaubkerzen an der Wand, der leichte Rauch, der von den Schindeln wallt, und die gebeugte, einsame Gestalt, die noch, bevor in Nacht ihr sinkt die Welt, ein Stückchen Erde für die Saat bestellt. Langheinrich versteift sich nicht auf Tragik und Pathos. Ost kommt er neckisch und launig; dabei wird er nie trivial. Denn auch hier bleibt ihm sein Könneu treu. Seiner Heiterkeit steht sein Künstlerrum ebenso unwandelbar zur Seite wie seinem Ernst. Soziale Motive fehlen gleichfalls nicht(Das Weib des Schnitters"!: in ihnen trifft er den Ton der Ballade besonder? gut; die Anschaulichkeit seiner Sprache und die Schlichtheit der Bilder leisten dem Dichter hier manchen Dienst. Das in Lexikonformat gehaltene Buch ist glänzend ausgestattet. Max Klinger und Otto Greiner haben den Buchschmuck und zahlreiche künstlerische Bei» träge dafür geliefert, so dah das Werk sich nicht nur seinem Inhalt nach, sondern auch äußerlich als eine gediegene Bereicherung der zeitgenössischen lyrischen Literatur präsentiert. Mit einer AnthologieDie Lyrik des Auslandes" (Leipzig , Max Hesies Verlag. Pr. kartoniert 1,80 M.. in Leinen gcbd. 2 M., als Geschenkband 8 M.) möchte ich meinen kritischen Streifzug beschliehen. Diese? von HanS Bethge zusammengestellte Gedichtbuch, da» nur die Dichter der letzten Jahrzehnte zu Worte kommen lägt, kann aufrichtig begrüßt werden, zumal als Uebersctzer nur solche zeichnen, die selbst sprach- und form« gewandt und nicht ohne dichterische Befähigung sind. Es steckt viel Fleiß, viel Verständnis und viel Geschmack in diesem handlichen Büchlein, da? nicht nur die modernen Poeten Europa ? und Amcrlkas. sondern auch Ostasiei:? zu Worte kommen läßt. Bethge selbst bat den Dolmetsch für China gemacht. Seine Uebersctzungen lesen sich glatt, anschaulich und stimmungsvoll; in welchem Maße sie sich an die Originale halten, kann ich nicht beurteilen. Fast wie Neilschöpfungen muten die Uebersetzungen Verlainescher Gedichte durch Richard Dehinel an; sie gehen im Klang, im Versmaß, in der be­absichtigten Zartheit des Ausdruck? ganz auf das französische Original ein. Auch von Pierre Louy? hat Dehinel zwei Gedichte verdeutscht: jedoch steht hier der Uebersetzer der Art dieses Dichters nicht mehr so nahe. Gute Nebcrtraguugen lieferten ferner noch: Sigmar Mehring-Frankreich : Hedwig Lachmanu-Amcrika, England: Gumplo- wicz-Polen: Paul Romer(Maeterlinck ) und Christian Morgenstern - Norwegen . In. kleines Feuilleton. Sprachwissenschaftliches. Zur Läuterung des Ausdrucks. Ich lese in der Zeitung folgenden Satz:In Mexiko ist die Lage der Arbeiterschaft eine sehr gedrückte." Der Schreiber dieser Worte glaubt wahrschein- lich. sich damit höchst fein und modern ausgedrückt zu haben. Modern" scheint ja auch zu stimmen. Denn leider sind wir trotz aller ehrlichen Gegenbcmühungen so weit in der schluderigen Hand- habung unserer Sprache gekommen, daß viele Tagesschriftsteller er- staunt aushorchen, wenn ihnen gesagt wird, daß der angeführte Satz einen argen Schnitzer enthält, der gegen ein Grundgesetz unserer Sprache verstößt. Um allen, auch dem Ungeschulten, verständlich zu sein, will ich dies Gesetz ohne all« grammatischen Fachausdrücke hier hersetzen. Es lautet: Wenn man von einem Gegenstande eine Aussage machen will, die ein Urteil enthalten soll, so steht daS Eigenschaftswort oder Mittelwort(hier: gedrückt), das die Aus­sage bewerkstelligt, ohne jegliche Geschlechtsendung. Folglich muß der obige Satz richtig so lauten:In Mexiko ist die Lage der Arbeiterschaft sehr gedrückt(statt: eine sehr gedrückte). Ist denn der bemängelte Satz unter allen Umständen falsch? Nein, das ist er freilich nicht. Richtig wäre er, wenn vorher davon die Rede gewesen wäre, daß man bei den Lagen, in denen sich die Arbeiterschaft befinden könne, gedrückte und solche, in denen man frei aufatmen könne, unterscheiden müffe, also zwei oder viel­leicht noch mehr Sorten. Will man nun angeben, zu welcher Sorte von Lagen die Lage der Arbeiterschaft in Mexiko gehört, so muß man sagen: Die Lage ist eine sehr gedrückte. Das will der Schreiber aber keineswegs: einteilen will er nicht, sondern nur sagen, wie beschaffen die Lage ist. Klarer wird die Sache dem Leser noch, wenn er sich vorstellt. er habe einen Korb mit Acpfeln vor sich, in dem die guten und schlechten gemischt sind. Die Obsthändlerin sagt dem Käufer, daß sie ihm die guten aussuchen wolle. Dabei vergreift sie sich absicht- lich oder unabsichtlich, der Käufer bemerkt es und sagt aus seinem ganz natürlichen Sprachgefühl heraus:Der Apfel ist aber ein schlechter." D. h. er gehört zu den schlechten. Wie die Fälle, wo man aus diesem oder jenem Grunde ein- teilen will oder muß, verhältnismäßig selten sind, so sollte die ihr entsprechende Ausdrucksweise auch verhältnismäßig selten sein. Statt dessen ist sie aber so gewöhnlich geworden, daß die Sprache in Gefahr ist, dadurch um eine ihrer Feinheiten gebracht zu werden. Also sagen wir getrost: Der Mann ist gut, statt: ein guter, und: der Andrang war gewaltig, statt: ein gewaltiger. Ebenso: diese Ausspinnung auf das Gebiet politisckwr Erwägungen war nicht sehr glücklich, statt: keine sehr glückliche. Technisches. BenzinmotoroderElektro mobil. Mancher, der mit etwas abgearbeiteten Nerven im Großstadtgetriebe leben muß, wird. selbst wenn er von Natur gerechten Sinnes und friedlichen GemüteS ist, eine geradezu bcrserkermäßige Wut über gewisse nervenquälende Erscheinungen empfinden, die nun einmal leider zum ehernen Be- stände der Straße gehören. Aber selbst das Aufleuchten, Flirren und Flittern der Glühlampen-Reklamen, die knallig in das Dunkel hineinplatzen wie eine ungeschickte Bemerkung in ein gutes Ge- sprach, oder mit rhythmisch wechselndem Farbenspiel an das' Augen- zwinkern irgendeiner unsichtbaren Teufelsfratze denken lassen, ist noch ein wahrer Nerventrost im Vergleich zu den Ungeheuerlichkeiten, die gewerbsmäßig von den Automobilen verschiedener Größe und Be» stimmung vollführt werden. Wer über die Barbarei des Mittelalters jammert, hält sich anscheinend den Ton der Hupe nicht gegenwärtig, geschweige denn dasWidersachcr-Chor"-Gcbrüll von zwanzig odeo dreißig derartigen Instrumenten, die zwar einen Teil der Passanten davor schützen, unter die Pneumatiks zu geraten, ihnen aber dafür das geschenkte Leben in erheblichem Matze vergällen. Dies ist jedoch nur ein Detail, das mit den eigentlichen Untaten des Automobils noch nichts zu tun hat. Wenn aber jemand wagen wollte, mittelst irgendeiner anderen Vorrichtung auf der Straße Naturerscheinungen solcher Art herbeizuführen, wie eS icde Autodroschke unaufhörlich tut, so würde er in empfindlichster Weise zur Vcrantlvortung gezogen werden. So ist es z. B. doch strenge untersagt, auf öffentlichen Ver» kehrswegen mittelst Pulver oder sonstiger Sprengstoffe Pistolenschüsse vorzutäuschen. DaS Automobil darf das und tut das, und zwar immer dann, wenn man«S am wenigsten erwartet. Noch zu- verlässiger ist es in der Erzeugung von staubigen und übelriechenden Wolken, über die de» näheren zu sprechen ein Gemeinplatz wäre. ES gibt wohl viele, die unter diesen unangenehmen Manieren eine? sonst trefflichen und wertvollen Beförderungsmittels stöhnen und dem stilleren, von Exzentrizitäten freieren Wesen des elektrischen Kraftfahrzeugs ihr Herz zuwenden. Es gibt aber auch eine Ncilio von Verwendungsarten, wo es, ganz abgesehen von dem praktisch leider nicht so sehr in Betracht kommenden Gefühl der Paffanten, aus technischen Gründen dazu berufen ist, die führende Stelle ein- zunehmen. DerElektrotechnische Anzeiger" setzt die Vorteile auS- einander, die eine elcktromobile Feuerwehr sowohl in der Betriebs« bereitschaft wie in der Ockonomie jedem anderen System überlegen machen. Das trifft auch für den Ersatz des Pferde betricbS zu, denn in den nicht selten fünf- bis zehntägigen Pausen zwischen zivei AuS- fahrten verbrauchen die Pferde an Futter genau so viel, wie wenn sie täglich in Dienst gewesen wären. Aber auch der Benzinwagcn braucht außerordentlich viel Wartung. Der Motor muß täglich für kurze Zeit in Gang gesetzt werden, damit alle Teile in verläßlicher Ordnung bleiben. Im Winter ist dafür zu sorgen, daß das Oel nicht dick wird, daS Wasser im Kühler und Zylindermantel nicht gefriert und vieles andere mehr. Beim Elektromobil ist auf nichts zu achten als auf Kollektor, Kontroller und Batterie. Wenn diese nach jeder Benutzung nachgesehen werden, ist die Sache erledigt und dieDatterie braucht nur vor und nach jeder Ladung geprüft zu werden. Der Wagen ist jederzeit dienstbereit, und bei Alarm hat die Mannschaft nur ihre Plätze einzunehmen und rollt auf einen Hebeldruck des Führers ohne ZeitversäumniS von dannen.Anwerfen" oder Per- sagen sind ausgeschlossen. Wenn der Wagen längere Zeit nicht in Dienst genommen wird, so genügt es. die Ladung der Batterie, die ja von selbst etwas abnimmt, alle drei bis vier Tage zu ergänzen. Als Krankenwagen ist das Elektromobil insbesondcrS mit direktem Antrieb in hohem Matze geeignet, da nur durch den Wegfall der Zahnräder und jedes UebersetzungSmechanismuS ein vollkommen ge- räuschloser Gang gewährleistet werden kann. Aber auch als Taxa- meterdroschke im Straßenverkehr sind die rein technischen Vorzug« des Elektromobils erheblich. Die Strombremse gestattet ein inten- sives Manövrieren inmitten plötzlich auftauchender Hindernisse, dein allerdings auch im kräftigen Bau der Droschke Reckmung zu tragen ist. Wo vom technischen Standpunkt aus ein Ersatz des Benzin- motors durch den elektrischen bei Straßcnfuhrwerk möglich crsck>cint, wird solche Wandlung dem ohnedies nicht allzu erfreulichen Gesamt- cindruck unseres modernen Straßentrcibens sicherlich zu Nutz und Frommen gereichen. Kerantw. Redakteur: Georg Davibsohn. Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt Paul Singer Lc Co., Berlin SV/.