Dijon mitten auf der Strafe verhaftet und nach der Conciergerie gebracht. Einige Tage später eröffnete ihm der Ankläger, daß er nach Mäcon gebracht werden müsse. Das geschah deim auch. Im dortigen Gericht hatte er zunächst drei Verhöre vor der In- quisition selbst auszuhalten. Die Angst war größer gewesen, als das Schuldbewußtsein. Er wurde außer Anklage und sofort in Freiheil gesetzt. Nicht nur das: da er unschuldig 32 Tage gesessen hatte, so erhielt er für jedenTag ISSous, also im ganzen 24 Livres ausgezahlt, die er lediglich durch seine Angst verdient hatte.... Mit einem neuen Paß versehen, ging Laukhard nach Dijon zurück, wo er sich zunächst als Brief- schreiber und Lektionenlehrer durchbrachte. Bald war es damit aber nichts mehr, weil die Offiziere, die Unterricht genommen hatten, einstweilen keinen Sold bekamen. Er suchte sich jetzt als Abschreiber, einige Zeit auch als Handarbeiter auf Mauerbrnch durchzubringen und kam schließlich wieder als Krankenwärter in einem Hospital an. Aber er sehnte sich doch fort. Es gelang ihm, seine Entlassung aus sranzösischen Kriegsdiensten zu erlangen. Nun hätte er ja direkt nach Deutschland gehen können. Allein, hier würde er den Preußen in die Hände gefallen sein. Deshalb ging er erst nach Zürich und mit Hülfe eines kaiserlichen Passes nach Lörrach in Baden . Hier lag ein starkes kaiserliches Kommando. Mit diesem zog er im Februar 1705 nach Freiburg , ließ sich ins- geheim beim Emigrantenheer anwerben, desertierte aber kurz darauf wieder aus Elsaß ins Badische hinüber und nahm in Offenburg Dienst bei der schwäbischen Reichs- oderReißaus"-Armee. Mit ihr bezog er Lager bei Kehl . Hier sah er ein Schauspiel, bei dessen Andenken ihm noch lange die Haut schauderte. Unter der Einwohnerschaft waren vier Spione entdeckt worden. Einer von ihnen wurde zum Tode durch das Schwert, der andere zum Galgen verurteilt. Die beiden übrigen sollten drei Tage nacheinander durch 300 Mann Gassen- laufen.Die Exekution ging vor sich-- aber das Gassenlaufen war bis zum Entsetzen abicheulich. Man hatte absichtlich große, starke Ruten gegeben und für zehn Gulden Wachs unter die Soldaren verteilt, die Ruten damit einzustreichen, und die Soldaten Vom Regiment Württemberg verrichteten ihr Henkerknechts- amt auch so gut, daß man die armen Leute schon bei dem sechsten Gange wegbringen mußte.- Sie sahen nicht mehr aus wie Menschen, indem die Barbaren ihnen sogar die Gesichter zerfleischt und die Beine und Hüften gar jämmerlich zerfetzt hatten. Beide sind wenige Tage darauf gestorben an Brand. Der brave Obrist Sandberg spuckte bei dieser Barbarei ans, und ein heftig gesprochenes Wort:Pfui Teufel, pfui der Schande I" war sein Urteil darüber."... Nun dauerte es nicht mehr lange und Laukhard wurde auf Verwendung des Prinzen von Baden wegen feiner Brustwunde, die er bei dem Duell erhalten hatte, als unfähig zu ferneren Soldaten« diensten entlassen. » Sein späteres Leben ist Armut und Elend. In Halle heiratete er ein armes Mädchen. Er suchte den Unterhalt durch Unterricht in verschiedenen geologischen Fächern, außerdem noch im Lateinischen, Französischen und Italienischen zu erwerben. Die Ehe war un- glücklich. Schmalhans faß als Küchenmeister zu Tisch. Beim preußischen Thronwechsel schöpfte Laukhard Hoffnungen auf An- stellung. Er reiste auch selbst zum Könige nach Berlin . Friedrich Wilhelm III. dekretierte in LaukhardS Gegenwart, daß ihm durch das Oberschulkollegium ein guter Posten beschafft werden solle. Allein damit war es nichts, weil die Universität in Halle einen ungünstigen Bericht gab Laukhard bekam keine Anstellung. So ward er wieder in den Strudel des unsteten Lebens zurückgeworfen. Er, der kaum für sich sorgen konnte, hatte nun Weib und Kind zu ernähren. Er gab Privatstunden, hielt Re- petitionskurse ab und trat sogar als Winkeladvokat auf. Daneben schrieb er eine Unzahl Romane und Erzählungen von zweifelhaftem Wert. Daß er später auch festangestellter Pfarrer gewesen sei, hat sich nicht erweisen lassen! dagegen hat sein Biograph, Professor Paul Holzhausen, ausfindig gemacht, daß Laukhard in Veitsrodt , einem Pfarrort im Saargebiet, fich nicht nur aufgehalten, sondern in den Jahren 18041809 als Pfarrverweser tätig gewesen ist. Während der letzten Jahre seines abenteuerliche» Lebens ist sein eigentlicher Wohnort Kreuznach gewesen, wo er endlich am 29. April 1822 alsPrivatsekretär" gestorben ist. Laukhard war zweifellos ein nicht unbedeutender Kopf, aber ein schwacher Mensch. Seiner Epoche und sich selber hat er durch seine Memoiren ein dauerndes Denkmal gesetzt. E. K. Üalti und feine Bewohner. In Haiti , der den Westen der gleichnamigen Antillcmnsel ein- nehmenden Ncgerrepublik, herrscht Revolution. Das ist dort zwar nichts Außergewöhnliches, aber aus den Nachrichten scheint hervor- zugehen, daß es sich diesmal um ernstere Ereignisse handelt. Das heutige Haiti war mit dem östlichen Teil der Insel, der zctzigen Republik Santo Domingo , von der Entdeckungszeit bis 1097 spanischer Besitz. Damals wurde es an Frankreich abgetreten. Tie französische Revolution mit ihrer Verkündigung der Menschen- rechte veranlaßte die starke Sklavenbevölkerung zum Aufstand gegen die Weißen, und es begann ein langer und grausamer Kampf mit wechselnden Erfolgen. Bekannt geworden ist aus diesen Kämpfen besonders der Negergeneral Toussaint l'Ouverture, der dann kurze Z- 4 Präsident der jungen Republik war, bis er in die Gefangenschaft der von Napoleon gesandten französischen Truppen fiel und dort starb. 1804 wurden die Franzosen von Toussaints Nachfolger Dessalines völlig aus Haiti vertrieben, und Napoleon ließ es dabei bewenden. Seitdem ist Haiti ein selbständiger Staat geblieben, wobei gelegentlich ein ebenso kurzlebiges wie groteskes Königtum oder Kaisertum die Republik vorübergehend abgelöst hat. Aber es sind bis heute nicht die furchtbaren Wunden ver- narbt, die Haiti der verheerende Befreiungskampf geschlagen hat. Die beständigen Parteiwirren und Revolutionen ließen den Macht- habern niemals Zeit, sich auch nur in bescheidenem Matze dem kulturellen und wirtschaftlichen Wiederaufbau des Zerstörten zu widmen was sie in den meisten Fällen auch gar nicht als ihre Aufgabe betrachteten. Selten war es einem Präsidenten vergönnt, sich die ganze siebenjährige Amtsdauer hindurch seinen politischen und persönlichen Widersachern gegenüber zu behaupten, und da man dort außerdem an dem GrundsatzHaiti den Haitiern" von jeher streng festhielt und amerikanischem oder europäischem Unter- nehmungsgeist das Land verschloß, so konnte ihm auch von außen keine wirksame Hülfe kommen. Das Innere der Republik ist noch sehr wenig bekannt, und nur dort, wo wir den Spuren des deutschen Ingenieurs G. Tippen- Hauer begegnen, kann von verläßlichen geographischen Forschungs- crgebnissen die Rede sein. Die Größe Haitis wird auf 28 076 Quadratkilometer angegeben was etwa der Fläche der Provinz Posen entspricht und die Bewohnerzahl sfür 1904) amtlich auf 1 425 000berechnet", was aber vermutlich zu hoch gegriffen ist. Als der Befreiungskanipf begann, hatte Haiti eine halbe Million Negersklaven. Während des Kampfes war diese Zahl erschreckend zusammengeschmolzen, so daß der im zweiten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts regierende König Henri I. einmal zu einem sonderbaren Vermehrungsmittel griff. Er ließ seine unverheirateten Soldaten in langer Reihe aufstellen und ihnen gegenüber die gleiche Anzahl Frauen. Auf Kommando marschierten die Soldaten auf die Frauen los, und die, auf die jeder gerade traf, wurde seine rechtmäßige Ehehälfte ohne weitere Förmlichkeiten. Von der heutigen Bevölkerung entfallen 90 Proz. auf die reinen Neger und 10 Proz. auf Mischlinge. Die Zahl der Weißen ist verschwindend klein und mag wenig über 500 betragen, gegen 45 000 am Schluß der französischen Herrschaft; die meisten derer, die das Leben retteten, sind damals nach Kuba ausgewandert. Man vermutet nicht ohne Grund, daß die Gebirge Haitis bc- deutende Mineralschätze aufweisen. Eisen, Kupfer, Gold, Schwefel, Antimon und Blei, auch Marmor sind vorhanden. Außerdem bergen die Wälder wertvolle Hölzer. Aber diese Schätze liegen un- genutzt da, weil von den Einheimischen niemand ernstlich an ihre Ausbeutung geht und fremde Unternehmer, wie erwähnt, fern- gehalten werden. Ausländer dürfen eben in Haiti keinen Grund- besitz haben und erfreuen sich überdies der ziemlich sicheren Aus- sichtz bei Streitigkeiten mit Eingeborenen vor einem haitischen Gerichtshof den kürzeren zu ziehen. Zur französischen Zeit bc- herrschten die Rohrzuckergewinnung und der Kaffeebau das ganze wirtschaftlickie Leben. Nachdem Haiti selbständig geworden war, wurde die Zuckerindustrie so gut wie völlig aufgegeben. Weil sie die befreiten Schwarzen zu unangenehm an die Jahre ihrer Sklaverei erinnerte; sie beschränkten sich auf den. Kaffcebau, der indessen auch nicht mehr die alte Bedeutung wiedererlangt hat. 1789 wurden 43 Millionen Kilogramm Kaffee gewonnen, 1901 in einem Jahr der Mißernte allerdings nur 29 Millionen Kilo­gramm; doch ergab das Jahr 1904 auch nur 37 Millionen Kilo- gramm. Ueberdies ist die Qualität infolge der mangelhaften Auf- bcreitung sehr minderwertig. Zur Ausfuhr kommen ferner, in geringerer Menge, Kakao, Mahagoniholz, Kampeschcholz, Färb- hörzer, Häute und Baumwolle. Alle Beobachter berichten von einem immer schlimmer werdenden Daniederliegen aller wirtschaftlichen Verhältnisse, das begünstigt wird durch die Gleichgültigkeit und Trägheit der Negcrbcvölkcrung, die in ihrer überwiegenden Mehr- heit nur ganz geringe Bedürfnisse hat und bei einer höchst be- scheidenen Lebenshaltung ohne Sorge für den kommenden Tag sich sehr wohl fühlt. Eisenbahnen gibt es nicht, und die Tckcgraphcnlinicn, die bor- Händen sein sollen, sind mehr Sage als Wirklichkeit. Die Spczial- karten zeigen nicht wenige Chausseen, tauschen aber damit Zultände vor, die den Tatsachen ganz und gar nicht entsprechen; jeneKunst- straßen" sind zumeist nichts weiter, als elende, schwer gangbare Wege, die keine brauchbaren Verbindungen darstellen. Bereits vor den Toren der größeren Städte sind die Brücken derart, daß ein Sprichwort sagt: Wenn Du auf eine Brücke triffst, so umgehe sie. Ausgebessert wird nichts, geschweige denn etwas neu gebaut. Die erst 1730 gegründete Hauptstadt Port-au-Prince , d-ie einen ausgezeichneten Hafen besitzt,.mag 80 000 Einwohner haben. Des schwarzen Mannes Hauptstadt, so schildert sie ein Besucher, ist in bezug auf Sauberkeit nicht besser als seine kleineren Städte. Die- selben Gossen laufen die Straße entlang, derselbe Müll und Abfall bedeckt jeden Zoll. Die Straßen selbst, die niemals ausgebessert werden, sind ein Netzwerk von Löchern, Hügeln und Pfützen. Dia schweren tropischen Regen überfluten sie von Zeit zu Zeit, abec zwischendurch ist ihr Zustand unbeschreiblich. DerBoulevard" D