Act ErwerbSverhAtnifle in einem bestimmten NrbettSzweige hervor- gerufene Schivankung in der Zahl der Veeemsmitglieder beim großen Vcrem stch bei weitem nicht so fühlbar machen wird als beim kleinen Verein. Ein Beispiel: Der kleine Berein, der unter 80 Mitgliedern 15 Metalldreher»ählt, kann durch Arbeitslosigkeit in diesem Berufe, die starke Abwanderung zur Folge hat. direkt ge- fährdet sein. Der große Berein wird, abgesehen von allgemeinen industriellen Katastrophen, nie unter die allernörigste Zahl von Mit- gliedern kommen, auch in den einzelnen Stimmgaltungen nicht. Die EntWickelung der Arbeitersängerbünde und deren Konzerte find Beweis hierfür. Die größere Sicherheit in der Mtgliederzahl vermag in der- fchicdenen Richtungen günsfig zn wirken. So z. B. finanziell. Der Verein ist z. B. eher in der Lage, arbeitslosen oder kranken Mit- gliedern die Beiträge zu stunden. Dann gibt eS Dinge, die jeder Berein nur einmal anzuschaffen braucht, einerlei, ob er groß oder klein ist, wie z. B. Partituren. Oder denken wir an Annonccnkosten für Konzerte, Vereinsvergnügen und ähnliches, an etwaige Klavier- miete usw. Die Kosten für alle solche Dinge bleiben sich gleich, ob her Verein W ober 120 Mitglieder zählt. Selbst auf die NuS- geftaltimg der Vereinsvergnügen übt die größere Mitgliederzahl einen wohltätigen Einfluß aus. Was kann alles unternommen werden. wenn eine starke Mitgliederzahl den Rückhalt gibt! Kleines feuilleron. Theater. Hebbek-Theater. Holländische» Gastspiel: .Die Hoffnung auf Segen", von Heijerman». Während der Holländer de VricS, dieser Virtuose mimischer Ver- wandlungSkunst im Lustspielhaus ein halbes Dutzend Rollen in Heijermans„Brandstifter" darstellt, bringe» seine Kollegen von der.Rederland scheu Toonelvereemgnng" einen ganzen Heijermans- ZtlkluS im Hebbel-Theater zur Aufführung. ES ließ fich oorauS- sehen, daß die Borstellungen bei der geringen Anzahl der hier an- säffigen Niederländer und der geringen Bekanntschaft mit dem fremdländische» Idiom, zumal die Zugkraft eines wcitberühmten Namens fehlt, nur aus»läßige» Besuch zu rechne» haben würden. Schon an, ersten Abend waren die Reihen nur mangelhaft gefüllt. Dabei leisteten die Künstler sehr Gediegenes. Sie konnten nach der glänzenden Verkörperung, die.Hoffnung auf Segen" auf Ber. liaer Bühnen gefunden, keine besondere Ueberraschnng bieten, aber die Bild« reihten sich in ihrer sorgsamen Abtönung, in der Echtheit ihrer naturalistischen Farben würdig jenen Auffuhrungen an. Da war kein Zug, der nach Theater schmeckte. Ja, der Trieb. der Wirklichkeit stets möglichst nahe zu bleiben, die Scheu vor allem, was irgend als eine auf Effekte gerichtete Abficht gedeutet werden könnte, ging hier und da wohl schon über da» richtige Maß hinaus. Bei dem Gesang dcö Arbeiterliedes, den Zusammenprall des trotzigen Geert mit dem Reeder hätte man einen vernehm- kicheren Atem revolutionären ElanS und mehr Pathos wünschen «lögen? Die große Symbolik dieser Szene, die Bedeutung, die in dem ersten Erklingen der Marseillaise unter dein armen Fischer- Volk liegt, kam bei der Herabdämpfung des Tones nicht voll heraus. FndeS. daS wäre der einzige Einwurf. Im übrigen verdiente Alexander PostS lebenstrotzcnder, in jedem Zuge an« fchaulich konzipierter Geert uneingeschränkte Anerkennung. Man fühlte hinter den phlegmatischen Bewegungen die verhaltene Kraft, und seine Züge spiegelten malerisch bcredtsam die Wendungen der Stimmung wieder. Prächtig charakteristisch war nach dem grim. enigen Trotz das breit-zufticdene Manncslachcn in den LiebeSfzcnen. Das handfcst-dcrbe muntere Mädchen, da» gewohnt ist, Tränen, die ja nichts helfen können, rasch zu verschlucken, und dann aus seinem instinktiven Zutrauen zum Schicksal so furchtbar herausgeschleudert wird, fand in Mina van der Horst eine kongeniale Rc- präsentantin. In dem Uebcrmut. der meS dem gutmütigen Antlitz blitzte, lag eine wunderbar gesunde, leichtherzige Natürlichkeit, die sich vortrefflich mit dem Eindruck ihre» resolut zufassenden Gesamt- wesenS verband. Sie fesselte auch, wo sie nicht sprach, durch die Nuancen ihres stummen Spiels. Esther de B o e r entwarf eine feine, an dem Milieu gemessen, vielleicht schon etwas zu vergeistigte Skizze der alten FifcherSwitw«. Charles G i I h u h S als jüngerer Bruder Geert», wirkte packend in der krampfhaft fich aufbäumenden Todesangst. Die Eusembleszcnen zeigten Schulung durch eine Mchtige Regie. cht. Freie Volksbühne(im Dcrlmer Theater):.Der ledige Hof". Von Ludwig Anzengruber . Dieses Kolksstück steht auf einer Formel der Geschlechtsmoral. Der Bäuerin vom.Ledigen Hof" Hat'S ihr Großknccht angetan; er soll ihr Mann werden. Aber sie erwartet von ihm, daß er sich bisher .der Welt ferngehalten Hab'", wie sie selber. Anzengruber tritt hier der bürgerlichen Anschauung entgegen, welche nur dem Manne das Recht einräumt, bei der Erwählten nach moralischen Gründen au fragen— nicht auch umgekehrt. Eine Ehe, die fich auf Täuschung und Lüge gründet, ist unmoralisch. AIS die Bcrntzoftrin erfährt, daß Leonhard sie getäuscht hat, entsagt sie lieber und bleibt ledig Anzengruber toriß recht wohl, daß das Volk sehr strenge Begriffe von Ehre hat. Diese These führt er gegen W« Herrenmoral mit Erfolg ins Feld. Wie in seinen meisten Dramen. steht sich Anzengruber auch hier in bewußtem Widerspruch mit einer landläufigen Aesthethik, die da fordert, daß jedes Kunstwerk nur die eine Tendenz habe:.schön" zu sein. Es ist zweierlei, ob ein großer Dichter oder ein Stümper moralische oder soziale Tendenzen verfolgt. Jener wird auch mit der Tendenz ein reines Kunstwerk zustande bringen— wie Figura zeigt. Der hohe dichterische Gehalt dieses in der»Freien Volksbuhne " zum ersten Male gegebenen Volksstückes trat so recht deutlich durch die muster- haste Aufführung zutage. Mit ihrer monumentalen Darstellung der Agnes Bernhofer bot Elise Pank-Steinert eine künst» lerische Leistung ersten Ranges. Ihr zunächst stand Tilly Wall» darf als Therese. Die Rolle deS Großkncchts Leonhard Trübner war bei Magnus Stift und der Lehrer Weldner bei Claudius Merten vorzüglich aufgehoben. Nur der Pfarrer in der Geste des Herrn Ernst Benzinger war komödiantenhaft— daher verfehlt. e, k. Ans dem Tierreiche. Neber den Orientierungssinn der Tiere zer. brechen sich die Gelehrten der Naturwissenschaft mit vollem Recht immer aufs neue den Kopf. Am häufigsten und stärlsten wird diese Begabung bei Vögeln hervorgehoben, und es ist in der Tat aufs höchste erstaunlich, wie die Zugvögel nicht nur im allgemeinen die Riibtung ihres Fluge» zu nehmen wissen, sondern auch ihre alten Nistplätze wieder aufzufinden vermögen. Es ist aber noch die Frage, ob die Zugvögel in dieser Hinficht am meisten von der Mutter Natur bevorzugt worden find. Zum mindesten teilen andere und auch niedere Tiere die gleiche Eigenschaft Stoch wunderbarer muß eS außerdem erscheinen, daß auch MeereStiere in einem geradezu unbegreiflichen Grade sich auf weite Ent« fernungen zu orientieren wissen, denn man sollte meinen, daß ein hochfliegender Vogel eS in dieser Hinficht immerhin noch leichter hat als ein in oder auf dem Meere schwimmendes Tier. Dr. Kidd erwähnt im Aprilheft deS.Century Jllustrated Magazine" als Beispiel die Schildkröten, die alle Jahre die Asiension-Jnsel auf» suchen, um dort ihre Eier abzulegen. DieS Eiland liegt völlig einsam im südlichen Atlantischen Ozean, ungefähr in der Mitte zwischen der Ostküste von Südamerika und der Westküste von Süd. afrika und rund 1000 Kilometer von beiden Festländern entfernt. Da ist es denn wohl als ein Rätsel zu betrachten, wie die See» schildkröten nach ihren weiten Wanderungen im offenen Meere diese Klippe immer wieder zu finden imstande find. Jedenfalls scheint der Besitz eines hohen Orientierungsvermögens mit der Stellung de? TiereS in der Entwickelungsreihe und mit seiner Intelligenz nichts zu tun zu haben. Er zeichnet ebenso Katzen und Hunde wie die Seehunde und ferner, wie erwähnt, Vögel und Schildkröten in hervorragendem Grade aus. Die Seehunde namentlich finden Jahr für Jahr ganz wie die Schildkröten auf ungeheuere Entfernung, die sie im Meere zurücklegen, an die Küstcnplätz« wieder zurück, wo sie dem Fortpflanzungsgcschäft obzuliegen pflegen. Wie groß war das Mammut h? Im letzten Jahre find wieder so erhebliche Funde von Mammuth-Leichen im Eise Sibiriens gemacht worden, daß fich die Petersburger Akademie sogar zur Entsendung einer besonderen Mammuth-Expedition ent- sckloffen hat. Das Mammuth gehört zu den berühmtesten unter ollen ausgestorbenen Tieren und gilt allgemein, sogar im Volks- tümlichen Sprachgebrauch, als ein Geschöpf. daS in seinem riesenhaften Körperbau alle jetzt lebenden Landtiere übertroffen habe. Da wird es nun um so mehr überraschen, zu hören, daß nach den neuesten Forschungen, die von Dr. Lucas in der Wochenschrift „Science " behandelt werden, das Mammuth Sibirien» nicht größer gewesen sei als die noch lebenden Elefanten. Es hat sogar den Elefanten des afrikanischen Sudan nicht einmal erreicht. Bisher ist in Sibirien kein Mammuth gefunden worden, das eine größere Schulterhöhe als WO Zentimeter besessen hätte, und dies wird zuweilen sogar vom indischen Elefanten erreicht und von den afrikanischen Arten um einen ganz erheblichen Betrag, nämlich bis zu 50 Zentimetern, übertroffen. Es muß außerdem noch bedacht werden, daß die Elefanten, denen der Mensch in so grausamer Weise nachstellt, weil sie Gelegenheit zu der allerdings interessanten und gefährlichsten Jagd bieten, nur selten zu einer voll aus- gewachsenen Größe gelangen. Namentlich erstreckt sich diese Tat- sacke auf die Hauer, die der Mensch nicht früh genug in seinen Besitz bringen kann. Noch ein zweiter Irrtum ist in bczug auf das Mammuth zu beseitigen, nämlich die Annahme, daß die Ge- stall seiner Stoßzähne wesentlich anders gewesen sei als die der Hauer bei den lebenden Elefanten. Allerdings sind Mammuth- zähn« vorhanden, die«ine sehr starke Krümmung und Drehung aufweisen, aber andere gleichen fast vollkommen den gewöhnlichen Elesantenzähncn Somit ist das Mammuth, abgesehen von der starken Behaarung, die es als Schutz gegen das nordische Klima besaß, den heutigen Elefanten weit ähnlicher gewesen, als man bisher geglaubt hat. Dennoch hat es früher Elefanten gegeben, die well größer waren; diese bevöllerien aber das südliche Europa und das westliche Nordamerika und sind schon seil viel längerer Zeit ausgestorben� Berankt». Retzatteur: Geira Tevipfal». Berli».— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt Paul Singer ft Cm. Berlin SW
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25 (28.4.1908) 82
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