So schriebst Du jüngst nach qualerfülltem Ringen, Als nächtens nach des Schlummers mildem Trug Dein brennend Aug' umsonst Verlangen trug, Und heute hör ich's noch im Herzen flingen. Begnüge Dich! Du trägst nach heißem Ringen Ins Reich der Geister ungetrübt von hinnen Die hehre Poesie der Herzensreinheit.

Auch ich erhöbe gern auf leichten Schwingen Einst meinen Geist, wenn Raum und Zeit zerrinnen, So frei und stolz zum Frieden der All- Einheit.

Auf Deinen Sarg fällt manche Träne nieder, Und bange Seufzer irren durch die Luft. Ich starre trocknen Auges in die Gruft; Kein warmer Tropfen quillt durch meine Lider.

Ich steh' betäubt, von Schmerz gelähmt die Glieder, Und faß es nicht, daß unter Glanz und Duft So holder Blumen gähnt die düstre Aluft... Ich kann nicht weinen. Doch ich kehre wieder! Wenn ich die Menschheit jammernd höre sagen: " Die Besten müssen früh von hinnen gehen!" Dann wird zu Dir mich die Erinnrung tragen. An Deiner Gruft werd' ich im Geiste stehen, Und von der Menschheit angsterfülltem Klagen Wird auch ein Hauch um diese Stätte wehen.

Sit

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Aber tiefer und sehnender, als es aus diesen pathetischen Jünglingsversen klang, wurde das Weh, als nun die Tage famen und gingen ohne den Freund und als er in der näch­sten Versammlung der Treue" das Gesicht des Besten ber­gebens suchte. Er war einfilbia und ging lange vor der ge­wohnten Zeit nach Hause.

( Fortsekung folgt.)

Sezeffion 1908.

Von Ernst Schur  .

I.

Allgemeine 3.

-

Bas die äußere Einteilung anlangt, so auch hier eine Absicht innegehalten, um jedem Raum etwas Interessantes zu geben.

Im Eingangsfaal Plastit, der rechte Eciaal zeigt Leistikow und Weiß. Der linte die Ausländer. Die hinteren entsprechenden Ed­fäle links Leibl; rechts Liebermann  , Slevogt  , Corinth  , die Altmeister der Sezeffion. In den beiden Verbindungssälen und im Mittel­und Rüdjaal die Jugend.

Das Ausland.

Jm linken Edfaal hängen die Werke des Auslandes. Haupt. sächlich Franzosen und Norweger. Man famr leicht zwei Arten der Technik unterscheiden, eine flächige, plakatmäßige( Munch), eine malerische, lockere Art; wie die meisten Franzosen malen. Viel Schönheit ist hier, reife Kultur. Man lasse sich nicht durch extra­vagante Allüren abhalten.

Jns Auge fällt sofort das große Bild von Buillard, ein Interieur mit Figur. Ein Interieur und zugleich ein Porträt. Fabelhaft leicht und locker gemalt; in grauen und roten Farben; momentan und doch von ruhiger, großer Wirkung, beinahe dekorativ wie ein Gobelin. Das andere Bild, eine Landschaft mit schach spielenden Figuren, ist fühn im Ausschnitt und in der Perspektive, und hat dieselbe flimmernde Schönheit. Daneben hängt Bonnard  . Bor blauem Meer Personen im Kahn. Noch feiner ist das fleine Interieur( Nr. 26), in dunklen Tönen, mit hellem Licht, das die Personen reizvoll beleuchtet und wunderschön die Luftstimmung des dämmernden Innenraumes gibt. Das Stilleben von van Douggen ( Nr. 50) verwendet auch intensiv blaues Meer als Hintergrund. Sehr fein ist die Landschaft von Roussel( Nr. 212); Sommer, hellstes Licht auf grünen Büschen; ansprengende naďte Reiter mit rotem Tuch; im Vordergrund weibliche Akte. Das alles flimmert in hellstem Licht. Eine Böcklinsche Stimmung, ohne jede mytho­Logische Hindeutung.

Auf der anderen Seite Munch  . Breite Farbenflächen. Plakat­artige Wirkung. Nicht so sehr künstlerisch, wie beinahe tunstgewerblich. ungemein sicher in der Wirkung das Porträt eines Herrn in ganzer Figur, in blauem Anzug. Summarisch die Erscheinung gegeben, ohne Detail; dadurch stupend wirkend. Ebenso ist in den Land­schaften aus der Natur etwas zusammengestrichen, das zuerst finnlos wirkt, dann aber verblüfft, da es so einfach wirkt bei aller Kompliziertheit. Monumental in der Abkürzung, Konzentration. Ganz eigen und doch an die Wirkung alter Glasfenster erinnernd. Ein neuer Weg, das Sichtbare zu bezwingen.

Munch ähnlich ist Margnet, dessen Bilder in der Nähe hängen. Graue Dächer; ein Straßenanblick am Kanal. Breit und flächig alles; ohne Detail. Dadurch ruhig und groß wirkend, mit der Frische des ersten Eindrucs.

Etwas wilder gebärdet sich Beau, der einige Landschaften gibt; grün, breit, voller Wucht, die an Cézanne   erinnert. Er steht in der Mitte zwischen der malerischen und der Platatmanier. Auch Dufrenoh zeichnet sich aus durch die Zartheit der Farbe in Kunstausstellungen find Gradmesser der künstlerischen Ent Landschaft und Stilleben. Zum Dekorativen strebt auch Denis. wickelung. Der augenblickliche Stand wird durch fie gekennzeichnet. Er sucht bewußt nach einem Stil. Er vereinfacht Form und Farbe, is folche muß man sie auffaffen. Diese Bedeutung steht über dem erinnert in seiner matten Tönung an Buvis de Chavannes, aber er Marktwert folcher Ansammlungen. Der Krititer muß daher diesen ist modern, farbiger, hell und licht wirkt er( Nr. 44-46). Am allgemeinen Gesichtspunkt im Auge behalten. Er darf nicht zu vorbesten die Landschaft Herbst" mit den roten Körpern. Ein Stil, eilig fich ins Detail der Einzelerscheinungen verlieren. Er muß das von dem unser modernes Kinderbilderbuch viel hat, mit einer Typische erkennen und seine Bedeutung für das Allgemeine. primitiven Note.

Diesen hohen Standpunkt ianezuhalten wird bei der Sezession Das ist die französische   Jugend.

leicht, die ja selbst schon eine Auswahl gibt. Eine Auswahl durch Die älteren Franzosen hängen in dem Rücksaal. Da kann man Künstler. Einseitig vielleicht. Aber gerade darum charakteristisch. die Wucht von Cézanne  () bewundern in einem Selbstporträt Eine solche Ausstellung hat Kulturwert. Sie gibt einen Durchschnitt. und einer Landschaft; die merkwürdige, so eindringliche Handschrift Und man darf sich durch persönliche Antipathien oder Sympathien van Goghs() findet man in einem Porträt, das von ihm ge­von diesem Standpunkt nicht abbringen lassen. Dies sei denen ge- meißelt ist, und in dem flimmernd schönen Garten des Frrenhauses, fagt, die leicht das Allgemeine über dem Besonderen vergessen und in den er endete. Im Nebensaale ein Daumier: das Drama". vielleicht an der extravaganten Art dieses oder jenes Künstlers fich Ein prächtiges Beispiel von der packend elementaren Art dieses stoßen. Schließlich sind das ja doch alles Künstler unserer Gegen- neuentdeckten Franzosen, der aus der alltäglichsten Gegenwart Kunst wart. Menschen, die arbeiten und um die Kunst ringen. Deren herausriß. Zusammengeballt im Vordergrunde die Zuschauer; er­Arbeit dem Laien ein Mittel sein soll, Kunst zu verstehen. Denn regte Gefichter wie Verzerrungen. Weich verschwimmend im Hinter­jedenfalls ist es hier wie überall: der Fachmensch versteht mehr bon grunde der Ausschnitt der Bühne. Fabelhaft wirkt das Pathos, die feinem Metier als der Laie, d. h. überall da, wo der Laie seine wuchtige Erregung dieses Werkes. Postulate denen des Künstlers gegenüberstellen will, hat der Künstler, als der fachlich legitimierte von vornherein das Recht auf seiner

Seite.

Diefer Kulturwert solcher Ausstellung kommt gerade in diesem Jahre in der Sezession besonders markant zum Ausdruck. Man merit, eine neue Generation ist im Anmarsch. Die eigentlichen Säulen der Sezeffion erscheinen schon als alte Herren. Sie treten zurück und lassen den Jüngeren den Vortritt. Und diese tommen gleich in ganzen Scharen. Das Gemeinsame gibt ihnen den Stempel. Diesen gilt es zu erkennen. Es ist das Neue. So ist gerade in diesem Jahr das Bild ein ganz verändertes.

Das ganze borliegende Bildermaterial gliedert fich leicht in drei Sonderteile: das Ausland; die Alten; die Jungen. 23obei bemerkt fei, daß die letteren den Ton angeben. Die älteren Künstler sind mit weniger Werken als sonst vertreten, und vor allem find die Sezeffionsmitglieder der anderen deutschen Kunstzentren ins Hinter­treffen geraten. Sie fehlen. Dies das Allgemeinbild, wie es sich dem ersten summarischen Betrachten bietet. Und es sei noch ein­gefügt, daß das Interesse nicht von Sensationsbildern beschlagnahmt wird. Es ist ein Beweis für die Verfeinerung der Anschauung, daß man bermeidet, durch das Stoffliche Aufsehen zu erregen,

Wenn man nur diese Proben nimmt, so weiß man, daß die

Franzosen eine Malkultur haben, die wir uns erst erringen müssen. und es ist nicht zu tadeln, wenn uns diese Dinge immer wieder gezeigt werden. Wir müssen lernen, Bublifum wie Stünstler und die wir nur für Banausen in schnellere Abhängigkeit geraten. Das Stritifer. Um unserer selbst willen ist diese Erziehung nötig, durch Eigene kommt dann von selbst, es behauptet sich.

Im gleichen Saal zwei Holländer. Israels   mit einem stillen Bild, dessen Größe an Millet denken läßt; heimziehende Mutter mit Kind auf einem armseligen Landweg, Armes Leben" betitelt. Das Schlichte des Motivs ebenso schlicht und still und doch voll zart nuancierter Feinheiten gemalt. Etwas troden wirken dagegen die beiden kleinen Bildnisse von Beth. Holländisch genau und sauber. Doch mit einer gewissen soliden und eindringlichen Kraft, die die Glätte vermeidet; namentlich das männliche Porträt beweist das.

Des Nortvegers Warenskiöld Bildnisse und Stillleben ver­binden Derbheit mit malerischer Delikatesse. Doch merkt man dieser Behandlung noch ein wenig das Angelernte an. Die Ursprünglich keit fehlt noch, die sich mehr in der Wahl des Sujets, in dem derben Bupaden zeigt.