Leibl
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( Nachdrud verboten.)
Im besten Sinne eine Sensation bildet der Saal, ber ben Das Wanderleben
der niederen Tiere.
Werken Wilhelm Leibls gehört. Hier zu verweilen ist ein Genuß, und es ist, fommt man von den anderen Sälen, als trete man in eine ruhige Halle von vornehmster Einfachheit. Diese Empfindung ist der beste Beweis für die Ausgeglichenheit der Leiblichen Kunst, die sich an den besten, reifsten Werken der Vergangenheit erzog. Vögeln, also die Reihen der Kriechtiere, Fische, Krustentiere, Beobachten wir die Tiere abwärts von den Säugern und Und es ist ein typisch deutsches Malerschicksal: wie dieser Ringende den Busammenhang mit seiner Zeit verliert, die ihn nicht stüßt, wie Spinnen usw., so finden wir, daß bei uns die große Mehrzahl er Sonderling wird und sich zum Schluß von der großen Bahn der von ihnen mit dem Ende der milden Jahreszeit völlig zugrunde Freiheit entfernt. Das Altmeisterliche tritt sofort bei einem ersten geht oder in den Winterschlaf verfällt. Trotzdem bieten auch diese Anblick zutage; der Eindruck der Ruhe und Farbenschönheit, der unteren Tierklassen, entweder in ihren fremdländischen Arten, Vereinigung von Leben und Kunst. Aber es muß auch das gesagt oder in den heimischen, durch absonderliche Verhältnisse veranlaßt, werden, daß diese Verehrung nicht dazu benutzt werden darf, für die Betrachtung des Wanderlebens der Tierwelt interessante um dem jüngeren Geschlecht ein Hindernis zu bereiten. Gefichtspunkte. Wenn Leibl jezt als Ruhiger, Ausgeglichener gilt, so galt Schon die Bezeichnung Kriechtiere läßt es erkennen, daß in er seinerzeit als Neuerer, und so soll man den Nachkommenden nicht das Recht verwehren, ihrerseits sich ungebärdig zu zeigen, Unruhe und Hast zu betätigen. Jedes Ding hat seine Sprache und jede Zeit die Art ihrer Aeußerung.
Wer nur flüchtig verweilen kann, der halte sich an die beiden Meisterbilder:" Im Atelier"( Nr. 110) und die Dame in Schwarz ( Nr. 111). Dieses sind unbestreitbar die Perlen der Ausstellung und die Stadt Reichenberg, die sie aus ihrem nordböhmischen Museum Hergeliehen hat, tann stolz auf diesen Besitz sein. Die Arbeiten stammen aus der Zeit 1870-73 und find in jener flüssigen, breiten und leichten Malerei gehalten, die Leibl so wundervoll handhabte. Meisterhaft ist das Grau und Schwarz und Braun zu einander geftimmt. Selbst die Ueberzieher und Hüte im Hintergrunde haben eine einzige Schönheit ineinander übergehender Töne. Dann die Dame in Schwarz in der altmeisterlichen Balesquez- Stellung. Auch hier ist aus dem flüssig gemalten Schwarz etwas herausgeholt, das fich als tünstlerische Leistung einprägt. Und vor allem ist bier wie auf dem ersten Bilde auf die Hände zu achten, die so lebendig und boll zartester Feinheit in den Fleischtönen gemalt und dabei zugleich so vollendet modelliert sind.
Wer aber länger verweilen kann, der lasse es sich nicht verdrießen, Nummer auf Nummer zu betrachten und so einen natürlichen Einblick selbständig in den Entwickelungsgang des Künstlers zu tun. Die furz hier angefügten Bemerkungen dienen als Hülfsmittel. Die Folge beginnt mit Nr. 104.
Ein anspruchsloses Bildnis seines Beichenlehrers Weiß. Leibl war dazumal noch ein ganz junger Mensch, aber doch zeigt es schon den Beginn der Meisterschaft; und zwar in den weichen, graziösen Tönen, die für Leibl charakteristisch find. Die Kopie eines van Dyd Bildes( Nr. 105) ist flüssig und fein in der Behandlung des Stoff lichen. Das Grau und Grün und Gelb der Seiden, das weich Flaumige bes halbweißen und rosigen Federfächers find vorzüglich und mit einer Frische kopiert, als sei es eigene und neue Arbeit. Das Bildnis eines Herrn( Nr. 106) ist in der üblichen, braunsaucigen Manier gehalten. Prachtvoll und den Meisterwerken anzureihen ist der Studienkopf zu dem Bilde der Kokotte ( Nr. 107). Die Erinnerung an Franz Hals taucht hier unwillkürlich auf. Wie warm und lebendig ist das Fleisch gemalt! Wie ist die weite Spigentrauſe am Hals summarisch hingeschmettert! Wie reizvoll fist das Rot des fleinen Mundes in dem weichen Grund des rosigen Fleisches.
Die große, unfertige Vorstudie zur Tischgesellschaft( Nr. 108) ist interessant, weil man die Arbeit des Künstlers verfolgen fann. Mit Sicherheit ist da schon alles gesehen und hingesezt und die Charakteristit der Köpfe, im Zeichnerischen wie im Malerischen, schon
bollendet.
Das Bildnis einer Dame"( Nr. 109) ist noch schwärzer als sonst im Ton. Die rote Schleife im Haar, dazu das Grau des Haares, das Rot der Lippen und der Broche vorn- eine delikate und fast französische Mischung.
und
Es folgen die beiden schon genannten Bilder: Jm Atelier"
Dame in Schwarz".
In dem„ Mädchenkopf"( Nr. 112) meldet sich schon eine neue Art. Die Ausführung ist eine genauere.
Das Bildnis des Offiziers( Nr. 118) ist etwas schematisch. Die Farben find tot. Leibl hat mit der Uniform nicht viel anzufangen
gewußt.
Die Alte Bäuerin"( Nr. 114) hat in ihrer markanten Charakteriftit etwas Gewolltes.
Dagegen enthält das Bildnis des Dr. Rauert( Nr. 115) in den feinen, grauen und braunen Tönen, in dem weichen Schwarz die ganze Delikatesse der Pinselführung.
Der Kopf eines Bauerninaben"( Nr. 116) zeichnet sich durch die Bartheit der weichen, graurosa Fleischtöne aus.
In dem Kopf eines Bauernmädchens"( Nr. 117) meldet sich der Einfluß der alten, frühen Deutschen ( Holbein, van Eyck); fein ist das matte Grün des Kleides an den Schultern.
An dem Bildnis der„ Gräfin Rofine"( Nr. 118), das vielen um feiner Flüchtigkeit willen unausgeführt erscheinen mag, fann man ersehen, auf welche Weise Leibl einem an fich gar nicht schönen Stoff Eigenart zu entloden weiß. Prachtvoll ist der Stoff des Kleides, so malerisch aufgelöst und doch mit aller Sachlichkeit gegenwärtig.
Eine eigene Stellung( da Leibt selten Tiere malte) nimmt das Reitpferd( Nr. 119) ein; fein in der matten, grauschwarzen Farbe.
diesen Familien weder tüchtige Läufer, Schwimmer noch Flieger au erwarten sind, dennoch hat man schon Gelegenheit gehabt, auch bei ihnen erstaunliche Reisen zu verzeichnen. Hier eine der wunderbarsten Beispiele: Ein Schiff, das auf der Rückreise nach England bei der Insel Ascension anlegte, nahm mehrere große Meerschildkröten an Bord. Unter diesen befand sich eine, die durch einen Unglüdsfall einen Fuß verloren und von den Matrosen Lord Nelson genannt wurde. Sie wurde auf die übliche Weise, durch Einbrennen eines Buchstabens in die Krufte des Panzers, gezeichnet. Die Schildkröte erkrankte, als das Schiff schon in den Britischen Kanal gelangt war, und die Matrosen warfen sie über zwei Jahren wurde dieselbe dreibeinige Schildkröte in ihrer Bord, um ihr die Möglichkeit zu geben, weiterzuleben. Nach beimat, bei der Insel Ascension, wieder eingefangen. Annähernd ähnliche Wanderungen unternehmen andere Schildkröten, indem sie dem wärmeren Wasser des Golfstromes folgen, und so an der Stüfte von Schottland erscheinen.
Als wirkliche Wanderer und Reisende in des Wortes weits reichendster Bedeutung müssen wir die Fische bezeichnen. Bei ihnen finden wir, mit Ausnahme der Vögel, die verschiedensten Arten des Wanderlebens. Wir haben, ähnlich wie in der Vogelwelt, Standfische, zufällig verschlagene und verirrte, wandernde und ziehende Fische zu unterscheiden. Die Standfische, d. h. solche, die ihr Heimatsgebiet niemals verlassen, sind in den Arten am reichlichsten unter den Fischen vertreten. Die Alten kannten den Hering nicht, denn niemals ist ein solcher durch die Straße von Gibraltar geschwommen; der Hering des schwarzen Meeres ist eine andere Art. Der von den Nordamerikanern als Hering gefangene Fisch ist von dem unserigen ganz verschieden, und der Strömling der Ostsee unterscheidet sich jedenfalls durch ganz besondere Eigenheiten, er verläßt auch niemals die baltischen Gewäffer.
Die allgemeinste Schranke für die Fische liegt zuerst im unterschied des süßen und des salzigen Wassers. Fast dreiviertel aller Fische find Bewohner des Meeres. Manche sind ausschließlich auf den einen oder den anderen Ort angewiesen: die Quera mäuler auf die Salzflut, die Karpfen oder Weißfische und Hechte auf die süßen Gewäffer. Aber auch künstlich hat der Mensch diese Verpflanzung in ein fremdes Element erzwungen. In China herrschte schon früher der Gebrauch, den Laich von Seefischen in Eierschalen ausbrüten zu lassen und dann die junge Brut in Süßwasser groß zu ziehen; in England wurden mit mehr als dreißig Arten Versuche gemacht, sie im Süßwasser anzusiedeln, und zwar mit Erfolg. Nordpol und Südpol haben eine berschiedene Fischfauna; nur wenige treten zuweilen über in die Fluten der gemäßigten Zone.
Viele Fische verlassen zu gewissen Zeiten ihren Wohnort und wandern. Gewöhnlich ist Nahrungsbedürfnis die Ursache. Ein anderer Beweggrund zum Wandern liegt offenbar in dem Bedürfnis, zur Laichzeit ein Wasser aufzusuchen, das für die Entwidelung der Eier und der Brut notwendig ist. Oft steigen fie aus großer Tiefe an die Oberfläche, andere gehen in die flachen Küstengewässer. Die Lachse schwimmen bei ihren Wanderungen den Kranichen ähnlich in zwei fich zuspizenden, als einen Stiel bildenden Reihen, an der Spike geführt von einem sehr starten Weibchen; in gleicher Weise ziehen die Tunfische.
In gleicher Art wie die Vögel entwickeln die Fische eine ganz außerordentliche Schnelligkeit und Ausdauer.
In den Reihen der Krustentiere sind es nur wenige, die wir ins Auge faffen. Da alle Krebse auf das Räuberhandwerk angewiesen sind, so bringt es ihre Lebensweise schon mit sich, daß fie fleinere oder größere Wanderungen unternehmen müssen, um ihre Beute aufzusuchen oder zu verfolgen. So ziehen die Flußkrebse in großen Scharen aus zusammenhängenden Seen, Bächen Bedeutender sind die Wanderungen des nach einer Stelle hin. füdamerikanischen Einsiedlerkrebses, der trob seines nur gea eine Muschelschale oder dergleichen bis borgten Gehäuses hoch in die Gebirge hinauf angetroffen wird.
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Der einzige Wanderer unter den Spinnentieren ist die fleine, rauhe, schwarze Läuferspinne, deren malerisch umherfliegende, an Baum und Strauch wehende Fäden den sogen. fliegenden Alt weibersommer" bilden. Diese zahlreichen, sehr nüßlichen Spinnen überdecken mit ihren Neßen das Gras und Kraut, und im Spätfommer, wenn die Fäden getrocknet und die dürr