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gewordenen Gewächse ihnen feinen Salt mehr geben, spielen die Winde sie los, ohne sie zu zerreißen.

Ein faum zu überblickendes Gebiet im Wanderleben nehmen die Insekten oder Kerbtiere ein. In ihrem Wanderleben müssen wir ein regelmäßiges, absichtliches, geordnetes oder ein massen­weises, plöbliches Auftreten und Vorwärtsdrängen und zum Schluß ein zufälliges Verschlagenwerden, Verirren unterscheiden. Die erstere, am höchsten stehende Wanderungsart, erscheint zuerst im Schwärmen der Honigbiene, bei dem eine gewisse Menge der Bevölkerung nebst der alten Königin auszieht, um an einem schon erspähten Ort eine neue Heimat zu gründen. Aehnlich ist die segenannte Ameisenhochzeit, bei der sich ein wilder Schwarm in die Luft hebt, sich vom Zufall irgendwohin tragen läßt und dort eine neue Ansiedlung gründet. In ähnlicher Weise treten zahl­reiche Tag und Nachtschmetterlinge nicht selten auf. So z. B. der Kohlweißling und der kleinere Rübenfalter.

In gleicher Weise wie die erwähnten Schmetterlinge, also nicht in regelmäßigem Zuge oder auf bestimmte, geregelte Wanderung, tommen namentlich die aus mancherlei Arten ge= mischten Züge von Insekten vor. Eine der seltsamsten aller In­fettenwanderungen ist die des Oleanderschwärmers. Ursprünglich im südlichen Frankreich   heimisch, ist er mit der Zeit nach Nord­frankreich, Belgien   und Deutschland   gekommen. Während in den Kerbtierarten, gemischten Zügen, bereits mehrere Zweiflügler ge­funden wurden, kommen diese auch in der großen, nur aus einer Art bestehenden Wandergesellschaft vor. Auch an vielen Neß­flüglern hat man gewaltige Zusammenscharungen und Züge beobachtet. Am interessantesten erscheinen die Wanderzüge der Libellen. Die meisten dieser Züge bestanden aus der vierfleckigen Wafferjungfer, die übrigen gehörten verschiedenen Arten an. Einer der sonderbar gemischten Züge wurde am Strande be­obachtet. In der Ferne sah man einen Schwarm Libellen und Kohlweißlinge über den See fliegen, gerade auf den Strand und die Düne zu. Sobald sie die Dünen erreicht hatten, flogen die einen links, die anderen rechts, einige gerade durch. Es war die viergepunkte Libelle und der Kohlweißling.

Ein eigentümliches unfreiwilliges Wanderleben führen die Schaben oder Kakerlaten. Sie hausen gern in dunklen, warmen Räumen und bewohnen auch häufig Schiffe. In diesen und den darin verpackten Waren sind sie allmählich über alle Teile der Erde verschleppt worden.

Die größte Bedeutung fürs Menschenleben haben unter allen Insektenwanderungen die Heuschrecken. In Griechenland   war ein solcher Schwarm so groß, daß gegen achtzigtausend Offas a zwei dreiviertel Pfund an einem Morgen gesammelt wurden. Bei Zamora waren einmal dreitausend Menschen drei Wochen lang beschäftigt, sechs bis siebentausend Scheffel zusammenzukehren. Am Kap der guten Hoffnung   wurde einst ein Zug durch einen Nordweststurm in die See getrieben und ans Ufer geworfen, wo er eine drei bis vier Fuß hohe und fast fünfzig englische Meilen lange Bank bildete.

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Am Eingange werden die Heimkehrenden von den Soldaten er wartet, die jedes Männchen sofort töten; auch von den Weibchen wird nur eines von den geschäftig umherlaufenden Arbeitern ein. gefangen und zum künftigen Familienhaupte bestimmt. Die interessantesten aller Wanderer unter den Käfern find aber die Sonnen- oder Marienkäferchen. In Margate   und Ramsgate   in England wurde eines Abends eine sich mehrere Meilen seewärts ausgedehnte Wolke beobachtet. Sie kam aus der Richtung von Calais   und steuerte nach der südlichen Küste Eng lands, und glich der ruhigen Dampfsäule eines Schiffes bei ruhigem Wetter. Spaziergänger fanden alles mit Marien­täferchen bedeckt, die Küfte war von ihnen wie übersät, woher fie gekommen, blieb unbekannt. Eine gewisse Art von Wanderung unternehmen zahlreiche Insektenlarven in der Weise, daß sie im Winter tief in die Erde hinab, im Frühling wieder empor­friechen. Nahrung suchend, ziehen sie dann in der Erde große Strecken fort, so z. B. die Engerlinae und viele andere. Dr. Langrebe.

Kleines feuilleton.

Der

Der Kehlkopfspiegel im Dienste des Gesanges. Name Garcias, dessen Träger erst fürzlich in sehr hohen Jahren starb, wird mit dem seiner Familie nicht allein in der Geschichte der Musik weiterleben. Er hat sich vielmehr auch durch die Entdeckung des Kehlkopfspiegels ein hervorragendes Verdienst um die medizi nische Wissenschaft erworben. Was er mit dem selbsterfundenen Instrument beobachtet hat, wird im großen und ganzen auch heute noch als richtig anerkannt. In welcher Weise die Stimmbänder zur Bildung des Tons beitragen, die Vorgänge, die dem Wechsel der Tonhöhe entsprechen und auch gewisse Anschauungen über den Mechanismus der Brust- und Kopfstimme haben heute noch Gültig­teit. Jedoch sind einzelne neue Erfahrungen über die anatomische Seite des Gesangs hinzugekommen, die in der Wiener Klinischen Wochenschrift" zusammengefaßt werden. Einen wesentlichen Fort­schritt bedeutet die von Oertel herrührende Kenntnis, daß bei Bruststimme die Stimmbänder in ihrer ganzen Breite schwingen, während sich bei Falsettönen eine Knotenlinie bildet, die das Stimmband in zwei in entgegengeseztem Sinne schwingende Sälften zerlegt. Allerdings scheinen die Verhältnisse nicht ganz so einfach zu liegen, als Oertel annahm. Die Erfahrungen und Er­fenntnisse, die mittels des Kehlkopfspiegels gesammelt werden fonnten, haben für den Gesangsunterricht eine hervorragende praktische Bedeutung. Der Arzt ist imstande, von vornherein auf Grund des Spiegelbefundes ungeeignete Schüler auszuscheiden und ihnen damit unnötige Opfer und Enttäuschungen zu ersparen. Auch vermag der Laryngologe den Sänger aus falschen Wegen zu befreien. Einer der häufigsten Fälle ist, daß Gesangsschüler in einer Stimmlage fingen, die nach dem anatomischen Bau zu hoch Eigentümlich ist das Zusammenleben dieser Tiere. Wenn auch viele unterwegs abgetrennt werden, so bleibt doch immer die bei den höheren Tönen fühlbar macht. Diese Ermüdung verbreitet liegt. Dies führt sehr bald zu einer Ermüdung, die sich besonders Hauptmasse beisammen und die Nachgebliebenen raffen sich immer fich jedoch bald auch auf die Tonbildung überhaupt. Der Wechsel wieder auf und schließen sich ihnen an. Da ihnen der Wind un- in der Konstärke wird wesentlich erschwert, und mit der Zeit ist angenehm ist, lassen sie sich überall an windstillen Orten, hinter der Sänger überhaupt nicht mehr imstande, seinen Kehlkopf zu be­Bergen usw. nieder. Können aber nicht alle Plaz finden, so heben sich auch die wieder, die sich schon gesetzt hatten. In dem herrschen. Durch die Ueberanstrengung beim Singen wird seiner­Geraufe und Gereiße beim Freffen werden viele flügellahm oder feite wieder das Organ angegriffen, was das Uebel nur vergrößert, auf andere Weise verwundet, ja selbst von ihresgleichen gebissen. so daß der Lernende in einen Circulus vitiosus berftridt ist, dem Den Heuschrecken können füglich die Termiten angereiht werden. einen guten Rat zu geben. Ebenso kann schlechter Ansatz zu er nicht entrinnen kann. In solchen Fällen ermöglicht der Spiegel, Bei ihnen gibt es einen regelmäßigen Vorgang, der dem Schwärmen der Bienen ähnlich ist. Wie durch einen Zauber- der Arzt in die Lage kommen kann, sich gegen die Gesangsmethode Schwächezuständen und Entzündungserscheinungen führen, so daß schlag öffnet sich eine Querspalte in der Mitte des Termiten­hügels, Ein kleines braunes Insekt mit kaum zollangen, dichten, auszusprechen. Schlechter Anfaz kann auch, nachdem er jahrelang übereinandergelegten Flügeln drängt sich rasch hervor; ihm folgen gerufen werden und den Patienten, der sein Singen aus äußeren bermieden worden ist, durch eine atute Kehlkopfentzündung hervor­zwei, drei, vier usw. in einer Reihe, so viele die schnell sich er- Gründen fortsetzen muß, in einen ganz ähnlichen Zirkel verstricken. weiternde Spalte auf einmal durchläßt. Wie ein silbernes Band zieht der Trupp den Berg hinab, die feine Membran der tausend Auch das Ansabrohr und seine Veränderungen können zu ähnlichen Flügel glibert gleich Perlmutter. Dem Winde entgegen nimmt ißständen Veranlassung geben. Solche Veränderungen wirken der Bug feine Richtung, denn nur so können die zarten Flügel auf die Klangfarbe und bewirken wegen der mangelnden Resonanz dem Luftdrucke widerstehen. Rasch und ohne Aufenthalt geht es sowie der Schwierigkeiten beim Singen hoher Töne gleichfalls eine fort, immer neue Ankömmlinge verstärken den Zug, mit einer Mehrbelastung des Kehlkopfes, die einen unerwünschten Reiz im Eile, als würden fie vom Bau verdrängt. An der Spalte zeigt kopfkatarrhs und der Nase läßt sich hier viel Gutes tun. Wird Gefolge haben kann. Durch gleichzeitige Behandlung des Kehl­sich ein wunderbares Schauspiel. Ungeflügelte kleine Wesen mit ungefchlachtem Stopf und fäbelförmig gefrümmten Stiefern er jedoch das Ansazrohr nicht in Ordnung gebracht, so erscheint die scheinen am Rande. Drohend schwingen sie die großen Stöpfe Stehlkopfentzündung stets wieder aufs neue. In solchen Fällen ist und verteidigen den Eingang oder beschleunigen den Marsch; es die Orientierung nicht leicht, und es kann bisweilen die Gesangs­find die Soldaten der Kolonie. Unterdessen hat der Trupp von methode unrechtmäßigerweise beschuldigt werden, doch wird der feinen Flügeln Gebrauch gemacht; unsicher immer auf- und ab- musikverständige Arzt aus dem Gesamtbild des Spiegelbefundes Steigend zicht er sich um die Gipfel der Bäume zusammen. Ein und der allgemeinen Verhältnisse das Richtige finden fönnen. Daß ftetes Herabfallen und Wiederaufsteigen verwandelt das ganze bei Sängerknoten, Polypen usw. die Spiegeluntersuchung von Gewirr in jene mystischen Tänze, wie sie hier an warmen größtem Wert ist, versteht sich ganz von selbst. Der Nutzen, den Sommerabenden von den Eintagsfliegen ausgeführt werden. fie gewährt, ist mit den heutigen Errungenschaften noch nicht ab­Sehen wir genau zu, so treffen wir die Herabfallenden immer geschlossen, und sie wird zweifellos in Bukunft noch manches Nük­paarweife; ein größeres wird von einem fleineren gejagt und mit liche im Dienst der Gesangekunst zu leisten vermögen

den Kiefern gebissen. Beide laufen rasch umher, machen unter einem Steine Halt, entledigen sich rasch der nur lose befestigten Flügel, wobei das Männchen dem Weibchen hilft. Gleich nach der Begattung hört jeder Verkehr zwischen den Geschlechtern auf.

Verantw. Redakteur: Georg Davidsohn  , Berlin.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt Baul Singer& Co., Berlin   SW.