351 öu 5 16 Hufen. Tie Allmende, hier in annähernd dreieckiger Gestalt mit teils gerundeten, teils gezackten Seiten, in deren ungefährer Mitte die regellos um die Kirche geschalten Höfe liegen, ist in 40 Gewanne von verschiedener Größe geteilt, deren in- und anein- andergedrängte Lage schon an und für sich die Regellosigkeit des Dorfbildes auch aus die Flur ausdehnte. Da diese einzelnen Ge- Wanne für die 16 Hüfner wieder in je 16 gleiche Teile aufgeteilt sind, so ergibt sich ein buntes, aber für ein solches Gewanndorf charakteristisches Bild. Ueber die Hälfte der Flur besteht aus weniger gutem Boden und bildete einst die Allmende, die aber später ebenfalls aufgeteilt und der Gemenglage angereiht worden ist. Mit diesem Gemengdorf setzten sich die vordringenden Ger- manen auch in Süddeutschland fest, weil der Geschlechterverband das politische Leben beherrschte. Anders wurde es, als die Anlage von Dörfern von der Grundherrschaft, den fürstlichen und geist- lichen Landesherren, planmäßig vorgenommen wurde. Da ent- Wickelte sich ein System, das man Das Reihendorf nennt, das sich stellenweise auch als regelrechtes Straßendorf zeigt. Bei ihm handelt es sich nicht um eine Enrwickelung von unten auf, welche die großen, schon im Ge- meindebesitz befindlichen, Marken von älteren Stützpunkten aus besiedelte, sondern um Erschließung von Oedland durch die Landes- gewalten. Diese teilten das Land in streifenförmige Abschnitte, in sogenannte Königs-, Wald- oder Hagenhufen von je 66 Morgen, später, als die Nordseemarschen besiedelt wurden, in Deich- oder Marschenhufcn. Hier lagen die Gehöfte in langer, strahen,örmiger Reihe oder in doppelter Zeile um einen Platz, den Anger, herum. Dies Schema, das in feuchten Niederungen auf leichten Erhebungen angewandt wurde oder sich in dem anderen Falle in langer Reihe an dem Teich entwickelte, kann also auf die Gemenglage verzichten, obschon es wie im preußischen Ordenslande, wo neue Teile der Allmende aufgeteilt wurden, sich nicht selten zu einer Mischung beider Systeme herausbildete. Jedenfalls ist es die Grundlage des späteren Straßendorfes, das in der Kolonisation des Ostens von ausschlaggebender Wichtigkeit wurde. Fast alle Dörfer, soweit sie nicht die slawische Flureinteilung beibehielten, sind in dieser Form angelegt worden, die weit über Teutschlands Grenzen hinaus- drang. Ist das Land in lange Streifen ausgeteilt, dann erleichtert es natürlich die Arbeit und macht den Flurzwang entbehrlich. Da sich andererseits zwischen den langen und geraden Gcwannstreifen Grcnzrainc entlangzogen, eine im alten Volkslande unbekannte Eigentumsmarke, so nähert sich die Bewirtschaftung der freien Arbeit des Einzelhofbesitzers, ein Vorzug, der indessen durch die spätere EntWickelung stark vermindert wurde. 77- yr" V�l DaS R u n d d o r f. L(Abb. 3.) Ucbcrall, wo einst slawische Stämme gesessen hatten: in Ost- Holstein, Mecklenburg , Pommern, Brandenblirg, Schlesien und Sachsen nicht aber in Posen, West- und Ostpreußen gibt es diese charakte- ristischen Rundlinge, bei denen die Wohnhäuser mit dem Giebel nach dem rundlichen Dorfanger ge- richtet sind. Die so um- schlossene Fläche. der Ring, hat dann meistens nur einen Ausgang, der Abb. 3. Runddors Domnowih.(Aus Meitze», leicht verschlossen werden SIcdclunge» und Agrarwesen der West- und konnte. Die Flur ist in Ostgermanen.) segmentartige Felder ge- schnitten, deren schmälste Stellen von den Gehöften besetzt sind. Man hält diese Anlage im allgemeinen für slawisch z doch ist es immerhin sehr auffallend, daß sie sich auch in Skandinavien findet, wo nie Slawen hingekommen sind, und befremdend, daß sie sich in einem so ausgesprochen slawischen Landgebiet wie dem ehemaligen Polen nicht nachweisen läßt. Andererseits hat sich das Runddorf auch in eine viereckige Anlage und häufiger zu regelmäßigen Straßendörfern entwickelt, die fast zu typischen Formen des Ostens getvorden sind. In vielen Fällen, in denen deutsche Kolonisten Gebiete be- setzten, die schon von den Slawen kultiviert waren, die möglicher- weise auch noch Siedelungen aus der germanischen Vorzeit ent- hielten, schränkten sie nach dem Recht des Eroberers die Slawen in dem Besitz des Bodens erheblich ein. Sie teilten auch die Fluren nach ihrer Gewohnheit in Gewanne; aber sie ließen die slawische Rundform oft unverändert weiter bestehen. Das Dorf ist mit einem Zaun, auf der Insel Fehmarn auch mit einem Steinwall umgeben. Weiler. Nicht alle Dörfer in Deutschland sind als Haufen» oder Straßendorf erkennbar. In weite, von den Gcwannoörfern eingenommene Gebiete schieben sich unvermittelt blockartige Lände» reien hinein, die ursprünglich schon in dieser Form vorhanden waren. Einen Teil können wir ohne weiteres als germanisch ansprechen, bei anderen aber liegen die Wurzeln sicher in einer anderen Bevölkerung. Die Vermutung, daß die Weiler Rest« einer römischen Farm- und Gutswirtschaft seien, hat vieles für sich, obgleich bei einigen auch andere, vorgeschichtliche Völker wenigstens in Frage kommen. Jedenfalls deckt sich ein Aus- breitungsgebict der Weiler, die übrigens nirgends geschlossene Bc- zirke bilden, sondern sich mit den anderen Torfformen vermischen, häusig aber an den höheren Abhängen der Gebirge liegen, mit der Einflutzzone der römischen Kultur. So kommen sie vor auf den Rheinabhängen Badens, des Elsaß und in Lothringen , in der Pfalz und in Frankreich . Da sie in Deutschland oft auf den bewaldeten Bergen liegen, so scheinen manche zu einer Zeit an- gelegt zu sein, in der die tieferen fruchtbaren Gelände schon von Gewanndörfern besetzt waren. Ursprünglich zählten die Weiler jedenfalls nur einen Hof, dessen Besitzer das Land an seine Söhne weitergab und deshalb nach Willkür und nach den land- schaftlichen Verhältniffcn aufteilte. Vermutlich haben sich auch viele Weiler namentlich in der Nachbarschaft großer Gewann- dörfer zu diesen entwickelt, die sich in diesem Falle nur durch die Flureinteilung von den Weilern unterscheiden, wenn nicht noch die EndungWeiler" selbst ein weiterer Hinweis auf diesen Ursprung ist. Bei den alten wendischen Dörfern in der Umgebung von Dresden und Meißen finden wir gleichfalls weilerartige Felder. Diese Blockeinteilung ist vermutlich von dem oberflächlich arbei- tenden Pflug abhängig gewesen, der den Boden nur wenig lockerte und darum das Gehöft in die Mitte des eigenen Feldes setzte. Doch ist es natürlich nicht ausgeschlossen, daß der Wille des Grundherrn in diesem Falle maßgebend war. Es erübrigt nur noch, eine letzte Siedelungsform zu er- wähnen, die sich auch als jüngste ausweist. Das ist die Veen- t o l o n i e, die seit Mitte des 18. Jahrhunderts die Moore Nord- Westdeutschlands der Kultur erobert. Sie legt dar, wie Zweck- dienlichkeit in der Flur- und Ortsanlage bis in die jüngste Zeit hinein nicht aus dem Auge verloren wurde. Da zunächst ein großer kilometerlanger Kanal zur Entwässerung des Moores an- gelegt wurde, von dem schnurgerade kleine Seitenkanäle recht» winkelig ausgehen, die zugleich zur Abgrenzung der einzelnen Bauerngüter dienen, so haben wir eigentlich das alte Reihen- oder Waldhufendorf, nur daß die Wasserstraßen und die große Aus- dehnung der aneinander gereihten Höfe dem Lande einen eigen, artigen Charakter geben. Die Separation oder Flurbereinigung. Da? deutsche Torf, besonders aber die Feldflur hat seit ungefähr anderthalb Jahrhunderten ein anderes Gesicht bekommen. Durch die jetzt mehr intensive als extensive Bewirtschaftung stellten sich Erschwerungen heraus, welche einer rationellen Ausnutzung sehr hinderlich waren. Flurzerstückelungen durch Erbschaft und Ver- kauf, mangelhafte Zugänge und die daher notwendige Erhaltung des Flurzwanges, das Aufgeben der alten tausendjährigen Drei- felderwirtschaft, die vielfach hemmenden gegenieitigen Nutzungs- und Eigentumsrechte haben vereint auf die Notwendigkeit einer neuen Flurteilung hingedrängt. Auch die neueren Methoden der Beackerung, welche kleinere, unzweckmäßig geschnittene Flächen nur unvorteilhaft benutzen kann, die Schwierigkeit, welche sich bei dem alten Zustand« einer guten Ausnutzung der Wasseradern in den Weg stellen, müssen die gewaltigen wirtschaftlichen Vorteile einer neuen Aufteilung in den Vordergrund treten lassen. So sehen wir denn, daß seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts diese Maßregel eine der Hauptsorgen der deutschen Regierungen wurde, deren Schwierigkeit dadurch erst in das rechte Licht gesetzt wird, daß trotz aller verstärkten Bemühungen der Behörden im lg. Jahrhundert noch heute viele Gemeinden die Separation nicht haben durchführen können. Im allgemeinen wird sie dadurch erreicht, daß die gleich» artigen Bodenmengen zusammengelegt und dann an die Be, rechtigten nach ihren früheren Besitzantcilen und unter Berückfich- tigung rationeller Wege aufs neue verteilt werden. Dabei sind die charakteristischen Flureinteilungen, welche wir eben kennen ge- lernt haben, verschwunden, zugleich aber auch vielfach die Hecken, Gebüsche und toten Ländereie», die das alte Dorfbild so überaus malerisch machten. Auch die neuen Zufahrtswege sind gerade gelegt, manche schattenspendenden Bäume sind verschwunden und mit ihnen ist die Vogel- und Jnseitenwelt vermindert. Viele Gemeinden entäußerten sich bei dieser Gelegenheit ihres Gemeinde- landcs, der Allmende, um es in Bruchstücken an die Torfbewohner zu verteilen. Das sind wie sich immer deutlicher herausstellt Fehler gewesen, die nicht nur von wirtschaftlichen Nachteilen be- gleitet waren, sondern auch viele Wälder in Gefahr der Vernich- tung brachten. Da man heute umgekehrt wieder die alten All» wenden herzustellen und auch der Hecke einen Platz im Landschafts, bilde zu geben sucht, so darf man hoffen, daß trotz der so jiotwen» digcn Separation unsere Dorfsluren bald wieder freundlicher auL« sehen werden, als sie manchenorts sich zeigen.