das Technische etwaZ Gewaltsames, dem aber doch ein neuer Instinkt innewohnt. Als Künstler dieser Richtung schließen sich zusammen: Hermann und Baum, die beide die printillistische Technik, der eine auf Stilleben, der andere auf die Landschaft anwenden(ihre Bilder hängen im rechten, vorderen Ecksaal nebeneinander). Brock- Husen läßt sich von Münch und von Gogh anregen und zerfetzt den Natureindruck, um die Frische des unmittelbaren Eindruckes zu erzielen. Die Farben sind noch zu bunt, ein schmieriges Grün herrscht zu sehr vor. Den, Maler alten Stils nähert sich am meisten Beckmann an, desien großeSchlacht" im Mittelsaal die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Daneben hängen noch zwei andere Bilder: eine Familien- gruppe, eine Komposition von Alten auf blauem Grund. Er hat etwas Aufgeregtes, doch versteht er sich nicht künstlerisch von dieser Wildheit zu befreien. Ansätze zu eigenem Wollen sind bemerkbar. Man merkt das in dem Familienbild, das aus einem plötzlichen Moment den beherrschenden Eindruck entnimmt und diesen festhält. Das Ganze hat dadurch etwas Sinnloses, als seien Bewegungen urplötzlich innegehalten und fixiert worden. Und doch ist wiederum etwas Zwingendes darin. Beckmann tut das not, was seine Mitstrebenden zu viel haben sollen: Disziplin, Kritik, Bewußtsein. So taumelt er noch zwischen der Natur und dem Eigengewollten hin und her. Wer Ruhe und malerische Schönheit sucht, der halte sich an Waldemar Rösler , der eine neue Entdeckung ist. In seinen Bildern (Nr. 203 211, im rechten, vorderen Ecksaal) lebt ein weiches Gefiihl für den stillen Reiz der Farben. Die Natur gibt er. Er der- gewaltigt sie nicht. Er strebt nicht zum Stil. Wie fein und weich rst das Grün abgestimmt in der großenLandschaft im Mai". Wie zart ist das Kleid der rückwärts sitzenden Guitarrespielerin emp- sunden. Und das Stilleben ist im Gegensatz zu der modernen Art ganz unaufdringlich. Aber die Niuancen, so unbetont sie sind, offenbaren gerade darin den eigentlichen Reiz der dargestellten Feldblumen. Wenn man all diese Versuche übersieht, merkt man wohl, daß diesem Gebahren, das Vorurteilsvolle sinnlos und gewollt schelten, ein Treibendes, Gemeinsames zugrunde liegt. Einmal wird die Technik zu neuem Ausdruck gezwungen, dann auch das Motiv, die Natur in eine Komposition zu bringen gesucht. Der deutschen Kunst ist damit eine neue Möglichkeit geschaffen. Im Zusammenhang damit steht, daß Italien wieder für die junge Künstlerschaft neue Bedeutung gewinnt, das bis dahin die Kunst der Form und Komposition ihm eigen nannte. Nun aber in anderem Sinne vorbildlich. Nicht in dem alten, inhaltlichen Sinne, sondern in der formalen Bedeutung, im Hinblick auf die Befreiung vom Gegenständlichen, Kleinen. Und es ist nicht zu leugnen, daß mit diesen neuen Versuchen die deutsche Kunst anknüpft an alte Tendenzen, die nun auf ein neues, niodernes Niveau gebracht werden. Als bezeichnend sei noch angemerkt, daß diese Künstler im Gegensatz zu dem Nachwuchs, der dem Beispiel der älteren Künstler folgt, die üblichen Stoffgebiete verlassen. Porträt und Landschaft wird man wenig bei ihnen finden. Dagegen das Figurenbild, den Akt, das Stilleben. Und da sie das Große noch nicht zwingend be- herrschen, macht man die Bemerkung, daß, wie es namentlich bei Weiß hervortritt, das ganze Schaffen, betätige es sich auch auf ver- schiedenen Gebieten, etwas Stillebenartiges, Gestelltes bekommt. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, daß es nicht richtig erscheint, daß die Sezession zwei Gebiete ignoriert, die gerade mit Tendenzen der Jüngeren sich berühren: der modernen Graphik mit ihren realen, neuen Bersucheu und das moderne Kunst- g e w e r b e. Gerade wenn man die Arbeiten der Jüngeren be- trachtet, vermißt man diese Ergänzung. Es war verständlich, daß die Aeltcren sich dem verschlossen, da es ein Arbeitsfeld darstellte, das ihnen fremd war. Nun bedauert man, daß die große Aus- stellung ihnen dies Gebiet vorweggenommen hat. Es wird dadurch eine Spaltung der Kräfte herbeigeführt, die nicht vorteilhaft ist. Und auf die Dauer gerade wenn der Nachwuchs immer energischer vorrückt wird dieser Zustand nicht aufrechtzuerhalten sein. (Nachdruck verboten.) PflecUzimfcbc Rundfchau» Von Dr. GeorgZehden. Als die sicherste Methode, sich von dem schnöden Diesseits in ein befferes Jenseits zu befördern, galt immer ein wohlgetroffcner Stich ins Herz. Die Dichter aller Zeiten ließen ihre Helden in der Tragödie auf diese Weise enden; aber heutzutage kann man sich selbst auf diese scheinbar sichere Todesart nicht verlassen. Denn wenn solch ein Selbstmordkandidat unseren modernen Chirurgen in die Hände fällt, so kann er mit einiger Sicherheit darauf rechnen: er wird wieder gesund und alle seine Mühe war umsonst. Die Zeiten, in denen eine Herzwunde als eine absolut tödliche anzusehen war, sind nämlich endgültig vorüber. Es ist allerdings erst 12 Jahre her, daß der Frankfurter Chirurg Rehn der staunende» Aerztewelt einen Mann vorführen konnte, der bei einem Streit eine blutende, klaffende Herzstichwunde erhalten hatte und den er durch Herznaht wieder geheilt hatte. Damals erschien es fast unglaublich, daß das Herz jedesmal in dem Augenblick, wenn eine Naht geknüpft wurde, still zu stehen schien. Seitdem ist die Behandlung von Herzverletzungen ein dank- bares Gebiet der Chirurgie geworden. Wenn diese Operation auch jetzt noch nicht zu den alltäglichen und leichten gehört, so weiß man doch schon von über 130 Fällen, von denen fast die Hälfte glücklich verlaufen sind. Die Erfahrung hat sogar gezeigt, daß das Herz des Menschen viel mehr aushält, als man früher anzunehmen geneigt war. Und es ist niemals beobachtet worden, daß durch die Operation selbst das Herz zum Stillstand gebracht worden ist. Tie erfolgreichen chirurgischen Eingriffe am Herzen haben für einen uralten Erfahrungssatz die Bestätigung gebracht. Schon von den Schriftstellern des Altertums wird davor gewarnt, den Dolch oder das Messer, mit dem der Streich ausgeführt worden ist, ohne weiteres aus dem Herzen herauszuziehen. Denn erst durch die Ent» fernung des Instruments wird die Herzwunde eine offene, aus der dann die heftige, zum Tode führende Blutung erfolgt. Oder das Blut sammelt sich dann in der Höhle des Beutels, der das Herz allseitig umgibt, an, und durch den immer stärker werdenden Druck des gerinnenden Blutes wird das Herz zusammengedrückt und am Schlagen gehindert. Ist also eine Schuß- oder Stichverletzung in das Herz festgestellt worden, so lvird heute in allen Fällen das Herz freigelegt und die Verletzung mit Nadel und Faden vernäht. Ja, man darf es sogar wagen, das Herz selbst> natürlich nur für kurze Zeit blutleer zu machen, d. h. die zu- und abführenden Gefäße für einige Sekunden mit dem Finger zusammenzudrücken, um innerhalb dieser Momente die Wunde durch die Naht zu schließen und somit Blut zu sparen. Ebenso wie die Kunst des Chirurgen vor dem Herzen nicht Halt gemacht hat, ebensowenig vor einem anderen Organ, das gleichfalls vor noch nicht langer Zeit als ein Rührmichnichtan galt, vor der Schilddrüse. Dies ist jener drüsenartige Körper, der auf beiden Seiten von Kehlkopf und Luftröhre gelegen ist. Seine Funktion war bis vor kurzem völlig rätselhaft. Und erst ganz all- mählich dringen wir in seine geheimnisvolle Tätigkeit immer mehr ein. Tie Chirurgen hatten zuerst Veranlassung, sich mit der Schild­drüse zu beschäftigen, wenn infolge einer starken Wucherung der Drüse, also eines Kropfes, die Atmung eines Kranken so erschwert wurde, daß man an ihre Entfernung gehen mußte. Das stellte sich besonders oft als notwendig heraus bei jener Summe von Er- scheinungen, die man als Basedowsche Kranikheit be- zeichnet hat. Bei diesem nicht seltenen Leiden besteht außer einer starken Vergrößerung der Schilddrüse eine außerordentliche Be- schleunigung der Herztätigkeit, die sich in starkem Herzklopfen äußert und Atembeschwerden; die Augen treten aus den Höhlen hervor, im Urin kann man manchmal Eiweiß und Zucker nach- weisen. Alle diese Zeichen deuten auf eine bedenkliche Veränderung im Blutdruck und in der Blutversorgung hin. Im Anfang schnitt man die Schilddrüse einfach ganz heraus. Aber statt der erwarteten Heilung entstand eine andere schwere Erkrankung, die man sonst schon bei solchen Individuen beobachtet hatte, denen die Schilddrüse von der Geburt an gefehlt hatte. Es trat eine vollkommene Degeneration der körperlichen und geistigen Funktionen auf. Das Gesicht wurde wachsbleich, gedunsen und bekam einen idiotischen Ausdruck, der ganze Körper schwoll durch Anhäufung von Schleimstofsen an(daher der Name Myxödem, Schleinmnschwellung). Handelte es sich um jugendliche Individuen, so blieben sie in ihrem' Wachstum zurück. Die Fortpflanzungsfähig- keit ging verloren, bei Frauen hörte die monatliche Blutung und die Milchabscheidung nach der Entbindung auf. Um daher diesen Gefahren vorzubeugen, hat man darauf ver- zichtet, das Organ im ganzen herauszunehmen; es wird daher bei Kropfoperationen stets ein möglichst gesundes Stück der Schild- drüse zurückgelassen. Damit bleibt ihre Funktion, wenn auch in geringcrem Umfange, erhalten. Sie sondert nämlich einen Saft ab, der auf die chemische Zusammensetzung des Blutes und auf die Re- gulierung des Blutumlaufs von unentbehrlichem Einfluß ist. Diese Operation, die an die Technik und Sicherheit des Operateurs sehr hohe Anforderungen stellt, ist ig den letzten Jahren außerordentlich verfeinert und ausgebildet worden, und eine ganze Reihe von Kranken verdankt ihr ihre Wiedergenesung. Trotz aller bewundernswerten Fortschritte aber werden der Chirurgie gewisse Grenzen gesteckt bleiben, die sie nie überschreiten kann; besonders wenn es sich um Verluste von Organen oder Organ- stücken handelt, oder wenn durch irgend ein Unglück größere Partien des Körpers zerstört worden sind. Tann versagt auch die Hand des geschicktesten Chirurgen. In solchen Fällen muß man eben auf andere Weise für den Kranken sorgen. Man nimmt dann zu künstlichen Ersatzstücken seine Zuflucht, die man für die verschieden- sten in Verlust geratenen Tcrle des Körpers heutzutage in raffi- nierter Vollendung anzufertigen weiß und denen man durch ge- schickte mechanische Anordnung sogar gewisse Funktionen zu ver- leihen vermag. Es werden z. B. sehr gut bewegliche künstliche Arme und Beine hergestellt. Und solcheProthesen" gibt es nicht nur für die Bewegungsorgane. Ein besonderes Kunstwerk war es, das vor kurzem ein fran- zösischer Arzt in der Akademie für Medizin demonstrierte. Man sah einen Mann, dessen Gesicht auf einige Entfernung hin kein« auffallenden Veränderungen aufwies. Der Patient konnte sprechen und auch seine Nahrung scheinbar ohne Beschwerden kauen. In Wahrheit toar ihm der ganze untere Teil des Gesichts das Kinn, Ober- und Unterkiefer mit den Zähnen, die Lippen und die Nase durch einen Schrotschuh zerschmettert, und der Defekt war durch einen außerordentlich kunstvollen Mechanismus, der aus vier vor- schiedenen Teilen bestand, ersetzt worden. Abends nimmt er sich die