Anderer darauf erpicht, schöne chinesische Porzellane selbst mit den Höchsten Preisen zu bezahlen und hat keinen Augenblick gezögert, den seltsamen Handel abzuschließen, als ihm König Friedrich I. don Preußen für ein ganzes Regiment sächsische Soldaten als Kaufpreis 43 chinesische Gefäße anbot, von denen noch heute ein großer Teil in der Gefäßsanimlung des Dresdner Johanneums steht. Die Chinesen, denen die Erfindung des Porzellans schon um das Jahr 600 nach Christus zur Zeit der Dynastie Sui geglückt War, haben keineswegs, wie fälschlich immer wieder behauptet wird, aus der Porzellanbereitung ein Geheimnis gemacht, sondern ihr Wissen darüber schon vor Jahrhunderten in ihren vielbändigen Enzyklopädien, besonders in einem vor wenigen Jahrzehnten von Julien übersetzien Lehrbuch niedergelegt, aus dem hervorgeht, daß ihnen auch die Fabrikation des Seladonporzellans(Porzellan mit graugrünem Schmelz) schon um das Jahr 1000 zur Zeit der Dynastie Lung wohlbekannt war. Der erste Porzellanofen stand in dem Dorfe Chan-Nan und soll auch jene in Siam gefundenen Gefäße geliefert haben, die man irrtümlich lange für hinterindisches Produkt gehalten hat. Im Jahre 1298 gelangten durch Marco Polo die ersten Nachrichten über diese Industrie nach Europa , es vergingen aber noch weitere 200 Jahre, bis die ersten Porzellan- gefäße durch die Portugiesen nach Europa gebracht wurden, wo sie den lebhaftesten Beifall fanden. Auch der NamePorzellan" stammt von den Portugiesen, die es so tauften, weil der Glanz der Gefäße an die Schalen der tropischen Schnecke erinnert, die in der Zoologie den Namen C�praea moneta trägt, als Muschelgeld (Kuri) benutzt wird und im Portugiesischen porcella(d. h. Schweinchen) heißt. Schuld daran, daß die Erfindung erst 1100 Jahre später in Europa aufs neue gemacht werden mußte, ist lediglich die Tatsache, daß die mit dem fernen Osten Handel treibenden europäischen Völker sich nicht bemühten, die Technik an Ort und Stelle zu stu- dieren und lieber die ungeheuren Handelsgewinne einstrichen. Böttger muß deshalb, so wenig man ihn als Wechselbalg von Fälscher und Alchcmist achten mag, zu den großen Erfindern ge- rechnet werden, denen die Menschheit zu wirklichem Danke ver- pflichtet ist, auch wenn man von der Bedeutung des Porzellans als Luxusartikel gänzlich absieht. Auch König August II. bewies sich in seiner Weise dankbar. Er erhob ihn in den Freiherrnstand und machte ihn zum Direktor der 1710 in Meißen gegründeten sächsischen Porzellanmanufaktur, die bis zum Herbst 1863 in der dortigen Albrechtsburg etabliert war und dann in das Triebischtal verlegt wurde. Eingedenk der alten Sarastroweisheit, hielt er ihn aber auch dann noch unter strenger Aufsicht, weil er sein Entweichen nach Wien oder Berlin befürchtete. Böttger ist tatsächlich auch im Jahre 1716 mit Ber - liner Persönlichkeiten in Verbindung getreten, um das Geheimnis teuer zu verkaufen. Als man 1719 am sächsischen Hofe hinter diese Korrespondenz kam und ihn ins Gefängnis warf, war er bereits ein Sterbender. Während seiner Gefangenhaltung hatte sich der Erfinder dem Trünke ergeben. Er starb als unverbesserlicher Alko- holiker am 13. März 1719 und wurde seltsamerweise aus noch heute nicht bekannt gewordenen Gründen erst zehn Tage(nach anderen Quellen sogar erst sechzehn Tage) später auf dem neuen Johanniskirchhof begraben. Zu Böttgers Lebzeiten hat die Meißener Porzellanmanufaktur keinen erheblichen Gewinn abgeworfen. Die zielbewußte, geregelte Leitung eines großen technischen Betriebes war eine Sache, die dem liederlichen und unordentlichen Sinne des Erfinders meilen- fern lag und so wurde die Möglichkeit, den ganzen europäischen Markt zu erobern, nicht ausgenutzt. Erst als nach Böttgers Tode der Maler Herold die Leitung übernahm, kam für die Meißener Fabrik die Glanzzeit, aus der die Porzellanfiguren und kunstvoll ornamentierten und bemalten Vasen und Geschirre stammen, die heute als Vieux Saxe auf den Kunstauktionen mit märchenhaften Preisen bezahlt werden. Wie aber nach Horaz der eherne Turm die gefangene Danae nicht vor nächtigen Buhlen sichern" konnte, so war auch das Geheimnis der Porzellanfabrikation bald nach Böttgers Tode durch die Mauern der Albrechtsburg durchgesickert. Ein in alle Einzelheiten der Bereitungsmethode eingeweihter Ar- beiter brachte das Geheimnis 1720 nach Wien , wo sofort mit der Errichtung einer Fabrik begonnen wurde. Weitere Fabriken ent- standen in Höchst am Main(1740), in Berlin 17S0), in Franken- thal(1764), in Nymphenburg , Ludwigshafen und an anderen Orten Deutschlands , das während eines reichlichen Menschenalters die Monopolstellung behauptete. In Frankreich , wo man um das Fabrikationsgeheimnis zwar wußte, kam die Fabrikation zunächst deshalb nicht in Gang, weil man keine Fundstätten der unumgäng» lich notwendigen Kaolin-Tonerde kannte. Auch hier spielte ein glücklicher Zufall die Rolle der Vorsehung. Die Frau eines armen Barbiers suchte eines Tages bei Limoges an einem Bergrücken Ton, um ihre Wäsche weiß zu machen. Sie fand eine weiße speckige Masse, die von dem Chemiker Macquer als Kaolin erkannt wurde. Man ging nun an den Bau der nachmals so berühmt gewordenen Fabrik zu Sevres zwischen dem Park von Saint-Cloud und dem Walde von Meudon , wo 1765 das erste französische Hgrtporzellan hergestellt wurde. 50 Millionen Mark für Schund- literatur. DBK Sollte man es für möglich halten, daß die Pest der Hintertreppenromane(und der schlechten Literatur überhaupt) trotz ihrer Scheußlichkeit, trotz unserer steigenden Volksbildung, trotz der Anstrengungen aller einsichtigen Leute nicht abnimmt, sondern zu- nimmt? Nicht weniger als 8000 selbständige Kolportagebuchhand» lungen geben sich allein im Deutschen Reiche mit dem Vertrieb von Kolportageliteratur ab, deren überwiegender Teil aus schund- romanen oder Hintertreppenromanen, oder wie man sie sonst be> zeichnen mag, besteht; der guten Bücher, die durch Kolportage ver. trieben werden, sind im Verhältnis dazu leider nur wenige. Und diesen 8000 selbständigen Geschäftsleuten stehen 30 000 Kolporteure zur Seite, die den Vertrieb dieser literarischen Schundwaren in wohlorganisierter Weise in jede großstädtische Mietskaserne, in jede? Mietshaus in der Kleinstadt, in jedes Bauernhaus zu tragen suchen. Die Summen, die von diesen Kolporteuren umgesetzt werden, sind ganz ungeheuer. Sicher schätzen lassen sie sich nicht, aber wahrschein» lich ist es eher zu niedrig als zu hoch gegriffen, wenn man annimmt». daß in Deutschland Jahr für Jahr etwa 50 Millionen Mark in der« übelsten Arten der schlechten Literatur angelegt werden! Diese riesenhafte Summe wird jedem, der mit den Verhält- nissen nicht näher vertraut ist, als übertrieben erscheinen. Aber er wird anderer Ansicht werden, wenn er hört, daß zum Beispiel ein einziger Berliner Verlag, der sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Hintertreppenromanen, ägyptischen Traumbücher� Geister- und Gespensterbüchern und ähnlichen Dingen befaßt, offen angibt, daß er in einem einzigen Jahre 25 Millionen Kolportage- hefte verbreitet Halte. Das macht also, da jedes Heft mit 10 Pf. bezahlt wird, allein für die Erzeugnisse eines einzigen Hinter- treppenromanverlages 2� Millionen Mark in einem Jahre aus! Und solcher Verlagsbuchhandlungen gibt es nicht nur eine, sondern eine ganze Anzahl. Millionen unserer ärmsten Volksgenossen kaufen und verschlingen diese Schundware. In jeder großen Fabrik, in Tausenden von Handwerker- und Bauernfamilien, in den Reise» körben unserer Dienstmädchen ist sie zu finden. Ja in den Kranken» Häusern wandert sie heimlich von Bett zu Bett, um unter den Kopf- kissen zu verschwinden, sobald der Arzt oder die Krankenschwester in die Nähe kommen. Und selbst Leute, die von der öffentlichen Armenunterstützung erhalten werden, erübrigen Woche für Woche einen Groschen, um sich ihr Kolportageheft zu kaufen. Welche gefährlichen Wirkungen diese Schundromane ausüben» das läßt sich kaum überschätzen. Man hat der Frage in Deutschland bisher wohl noch nicht die genügende Beachtung geschenkt, und erst in letzter Zeit nimmt die Oeffentlichkeit ein tieferes Interesse daran. Dann und wann wirst eine Gerichtsverhandlung ein blitzartige» Licht auf die Frage, welches Unheil die Hintertreppenromane in den Seelen junger Leute, aber auch bejahrter Männer und Frauen anrichten. Erst vor wenigen Tagen gingen zwei solcher Fälle durch die Zeitungen. Der fünfzehnjährige Kochlehrling Wilhelm Rütting in Berlin erschoß seinen Koch, auf den er seinen Zorn geworfen hatte; die beständige Lektüre der Verbrecher- und Detektivhefte und ähnlicher Erzeugnisse der schlechten Literatur hatten seine Phantasie so mit der Vorstellung erfüllt, daß er zum Revolver greifen mußte. daß er es schließlich tat. Und.die siebzehnjährige Plätterin Fanny Schneider aus Wilhelmshaven nahm sich durch Aufdrehen des Gas» Hahnes das Leben, weil sie fortgesetzt Schundromane gelesen hatte» die in ihr die Leidenschaft erweckt hatten, wie sie zu Bekanntet» äußerte, auch einmalso schön" zu sterben, wie eS m diesen Ro, manen beschrieben wäre I In der rechten Hand hielt sie, als man fi» als Leiche auffand, das Heft eines Kolportageromans. Am gefährlichsten wirken solche Hintertreppenromane, die gleich- zeitig in Blut und Wollust getaucht sind. Zloar beschästigen sich fast alle Schundromane mit dem Verbrechen in irgendwelcher Form. und die Sinnlichkeit spielt bei ihnen allen eine große Rolle. Einig« Schundromane aber verbinden diese beiden Kennzeichen in be» sonders wirksamer Art und werden daher in ungeheuren Massen! abgesetzt. Augenblicklich gilt dies zum Beispiel von dem Schundroman eines Dresdener Kolportageverlegers. Der Titel lautet: Der Un» bekannte, sensationelle Enthüllungen eines Mädchenmörders. De» Titel ist also nicht einmal so zugkräftig wie die doppelten und drei, fachen Titel mancher anderen Hintertreppenromane. Das wird aber ersetzt durch das Titelbild oder vielmehr die Titelbilder, die eine,» Mädchenmörder, dessen Gesicht durch eine schwarze Maske verborgen wird, bei verschiedenen Ausführungen seiner Leidenschaft darstellen. Schon im ersten Hefte dieses auf die gröbsten Wirkungen angelegten Schundwerkes werden nicht weniger als drei Ermordungen von selbstverständlich immer berückend schönen Weibern geschildert, und der Roman versucht, seinen Lesern eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken hinunterzujagen. Nach alterprobter Erfahrung arbeitet der literarische Galgenvogel, der den Roman verfaßt hat. mit den gröbsten Mitteln, indem er Geheimnisse aller Art aufein«. ander häuft. Schon die ersten Absätze des ersten Heftes zeigen die?. Es beginnt nämlich: 1. Kapitel Der Bund der Dreizehn! Was war das für ein schauerliches Tasten und Schleichen in dt» Totengruft des verfallenen und verödeten Schlosses Rufenitefsi�