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alpinen Borlande. Die petrographische*) Untersuchung der Geschiebe die jahreszeitlichen Gegenfäße sich verschärfen, die Winter fälter und die hat Heimat und Weg der Gletscher ziemlich genau nachgewiesen. Sommer wärmer werden. Damit im engsten Zusammenhang steht die Dazu macht es ihre geologische Tätigkeit möglich, das Verbreitungs- Abnahme des Gletscherphänomens nach Osten hin. Als Ersatz haben gebiet des diluvialen Eises zu bestimmen. Moränenbildung, wir in Nordafien das Bodeneis, unterirdische Gletscher gleichsam, Südlich vom Baikalsee Erosionstätigkeit,**) höckerartig abgerundete Hügellandschaften, ge- im Sommer nur oberflächlich auftauend. schrammte und abgeschliffene Felsen, das sind die charakteristischen steigt es bis in die Breite von Mailand   herab. Destlich von diesem Kennzeichen ehemaligen Gletschervorkommens. See will man Spuren ehemaliger Vergletscherung gefunden haben. Db in Afrika   das Kapland diluviale Gletscher gehabt hat, ist nicht erwiesen. Zweifellos diluvialen Charakters ist aber der größere Wasserreichtum der Sahara  . Hier kam es nicht zu festen Nieder­schlägen von irgendwelcher Dauer, aber ein Ueberschuß an Feuchtig feit darauf weisen die heute trockenen Wasserwege hin- muß vorhanden gewesen sein.

In den Alpen war die Entwickelung der Gletscher nach Norden und Westen weit bedeutender als nach Süden und Osten. Die Tal­furchen der Rhone  , des Rheins und Inns  , wohl minder tief als heute, boten riesigen Gletschern den Weg bis weithin in die Vor­alpen. Jm Süden dagegen wagten sich die aus den Tälern der linken Bo- Zuflüsse herabsteigenden Gletscherzungen nicht in die lom­bardische Ebene hinaus. Die größere Sommerwärme und die geringeren Niederschläge hemmten am inneren Rande der Alpen die Ausdehnung der Gletscher ebenso, wie in den Dstalpen der konti­nentalere Charakter des Klimas. Der Verlauf der Schneelinie fann uns über diese Tatsachen belehren. Die liegt in den Nordalpen bei 2700 Meter Höhe, am südlichen Abfall bei 2800 Meter, in den Westalpen unter 46 Grad nördlicher Breite bei 2700 Meter, in den Dstalpen unter derselben Breite bei 2800 Meter. Die gleiche Erscheinung haben wir in Norwegen  . Unter 60 Grad nörd licher Breite liegt die Linie des ewigen Schnees an der Küste bei 1360 Meter, im Inland bei 1680 Meter. Doch steigen die Gletscher weit unter die Schneelinie herab. Diese vermag die Sonne jeden Sommer auf ein bestimmtes Gebiet zu beschränken; gegen das Gletschereis ist ihre Kraft um so ohumächtiger, je gewaltiger dessen Entwickelung, je bedeutender die Zufuhr aus den höheren Firn­regionen ist. Der Rhonegletscher erfüllte in der Eiszeit den Genfer See  , schob sich vor bis an den Jura, wo er sich staute und in zwei Aefte auseinanderging. Der eine erstreckte sich nach Südwesten bis in die Gegend von Lyon  , der andere nach Nordosten bis nach Aarau  . Kleinere Gletscher kamen aus den Tälern der Reuß, Aar   und Linth  . Der Rheingletscher   dehnte fich über den Bodensee   aus bis weit nach Schwaben   hinein. Auf der bayerischen Hochebene schoben sich die Gletscher vor bis in die Nähe von München  . Die Oftalpen ent­sandten Eisströme in die Täler der Enns   und Drau  .

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In Nordamerika   breiteten sich die grönländischen Gletscher weit­hin über die nördlichen Zweidrittel des Landes aus; nur der arktische Am atlantischen Saum erreichten die Nand von Alaska   blieb frei. Eismassen etwa die Breite von Neapel  , senkten sich im Tale des Mississippi   herab bis zur Breite von Athen   und wichen nach Westen gegen die Rocky Mountains   bis in die Breite von Frankfurt  zurück. Dieses Gebirge vereiste, ebenso das vom Stillen Ozean ge­speiste Kaskadengebirge und die südliche Sierra Nevada. Das große, heute von der Zentral- Pacific- Bahn durchschnittene Becken hatte in der Eiszeit ähnliche Verhältnisse wie die Sahara  , reichere Nieder­schläge und Seenbildung. Die Untersuchung der Seenablagerung haben zu dem überraschenden Resultat geführt, daß sie zweimal ein Maximum der Ausdehnung zeigen, entsprechend dem doppelten Vor­stoß und Rüdgang der Gletscher.

In Südamerika   trugen Gletscher die Sierra Nevada de Santa Marta( 11 Grad n. B.), vielleicht auch die Anden von Merida in Venezuela  , Gebiete, die niederschlagsreicher sind als die höheren Anden von Columbia, Ecuador   und Peru  . Auf der südlichen Halb­fugel waren oder sind vergletschert Chile  , Patagonien, Feuerland, die reichliche Nahrung vom benachbarten Ozean empfangen. In Australien   haben wir Eisspuren in den Südostalpen; Neuseeland  hat auf der südlichen Insel beträchtliche Gletscher, die zur Eiszeit die ganze JInsel bedeckten. Die verschiedenen, ehemals und heute bergletscherten Gebiete zeigen unverkennbar gemeinsame Züge. Heimat und das Verbreitungsgebiet der Gletscher ist in Ländern zu suchen mit gleichmäßigem Selima, reichen Niederschlägen, genügender Höhenlage oder Entfernung vom Gleicher( Aequator).

Kleines Feuilleton.

Aus dem Tierleben.

Untersuchungen im Kanton Zürich  , St. Gallen   und anderen Drten haben unzweideutig gezeigt, daß die Gletscher nach einer Periode weiterer Verbreitung sich zurüdzogen, um dann von neuem vorzubringen. Man nennt diese Periode die Interglazialperiode, d. h. Zeiten des Abschmelzens, des zeitweiligen Gletscherrüdganges. Die neuere Wissenschaft nimmt für das norddeutsche Tiefland sogar drei Perioden der Vereisung an, getrennt durch zwei interglaziale Perioden. Der Ausgangspunkt der alpinen Gletscher war ein mächtiges Gebirge. Die vom Eis bedeckte Zone rings um dieses war verhältnismäßig flein. Die südliche Lage gestattete teine ton- Massenwanderungen von Raupen und Schmetter tinentale Verbreitung. Darum blieb Italien   vor einer Vergletsche- lingen. Das massenhafte Auftreten von fliegenden und friechenden rung bewahrt, darum auch das südliche Frankreich   und nördliche Insekten wird meist durch abnorm günstige klimatische und meteoro Spanien   vor einer Bereifung durch die Pyrenäengletscher gesichert. logische Verhältnisse hervorgerufen; doch sind daneben auch andere, Anders liegen die Verhältnisse im Norden. Hier nahm umgefehrt in den physiologischen Lebensbedingungen der Tiere wurzelnde der Entstehungsherd der Eismassen im Verhältnis zum Verbreitungs- Faktoren, wie Nahrungsbedürfnis, Eiablage und ähnliches, in Be gebiet einen beschränkten Raum ein. Nadienartig strahlten von dem tracht zu ziehen. Eine Reihe von Beobachtungen besonders inter­standinavischen Hochlande die Gletscher herab, vereinigten sich mit effanter Fälle stellt Julius Stephan in der Zeitschrift Natur und den finnisch- baltischen und bedeckten einen großen Teil des nördlichen Offenbarung" zusammen. Die Raupen des Kohlweißlings unter­und mittleren Europa  . Auch hier trat eine Interglazialzeit ein, nehmen bisweilen in solchen Massen Wanderungen auf den Bahn­während welcher Norddeutschland und Südschweden eisfrei wurden. gleisen, daß die Eisenbahnzüge nicht vom Fled kommen, da die Bis zum britischen Inselreiche, das durch eigene Gletscher bis auf Räder in der Masse der zerquetschten Raupen die Reibung den Südrand vereist war, wanderte das nordische Binneneis, ja verlieren und sich drehen ohne anzugreifen. Im Jahre 1901 zeigten Nordenskjöld   nimmt an, daß das Meer zwischen Grönland  , Spiß sich derartige Raupenzüge in der nächsten Nähe von Berlin  , die bergen und Island   im Eise starrte. Eine Fläche, größer als halb mit größter Beharrlichkeit dem Eisen der Schienenstränge entlang Europa  , lag unter Eis vergraben; seine Mächtigkeit über der Ostsee   wanderten und immer von den einherbrausenden Zügen zu Tausenden wird auf 1000 Meter geschäßt. und Abertausenden dahsngerafft wurden. Aehnliche Züge treten bei den Raupen sehr vieler anderer Schmetterlinge auf und werden wohl in allen Fällen durch das Aufsuchen frischer Nahrung bedingt. Wenn die ursprünglichen Futterplätze nicht mehr ausreichen, setzen Bon besonderem Interesse ist sich die Tiere in Bewegung.

Auch das Mittelmeergebiet war nicht frei von glazialen Er­scheinungen. Db der Libanon   Gletscher trug, ist noch nicht aus gemacht, aber sehr wahrscheinlich. Bei Palermo   wurden diluviale Ablagerungen mit Resten einer nordischen Fauna gefunden. In Spanien   waren die Sierra Nevada, Sierra Morena  , das Cantabrische Gebirge mit Gletschern bedeckt, die jedoch eine geringere Rolle spielten. Auch unsere Mittelgebirgsgletscher waren dürftig, teils fehlte die Höhe, teils war das Klima zu kontinental.

Unser Nachbartontinent Afien hatte Gletscher von Bedeutung nur im Himalaya  , Karakorum  , Kuen- Lun, Thianschan. Bu großer Ver­breitung fam es nicht; Hindostan, Tibet  , das Tarimbeden blieben frei. Es waren eben die Bedingungen der Gletscherbildung nicht so günstig wie in Europa  . Heute liegt die Schneelinie im Himalaya  unter 30 Grad nördlicher Breite im Nordosten bei 5670 Metern, im Südwesten bei 4940 Metern( Niederschläge!).

Ganz Nordasien, das seine Niederschläge vorwiegend im Sommer empfängt, war gletscherfrei. An Abkühlung fehlt es auch heute nicht in den Ländern des Kältepols, viel weniger in der Eiszeit, aber es mangelte an Schnee. Für die Nordkontinente der alten Welt galt und gilt das Gesetz, daß die Niederschläge abnehmen von Westen nach Osten, entsprechend der Entfernung vom Feuchtigkeit spendenden Ozean; ferner daß ihre jahreszeitliche Verteilung eine andere wird,

*) Petrographie= Gesteinlehre. **) Erosion Abtragung durch das Eis des Meeres oder der Gletscher sowie den Wind, auch wohl Auswaschung durch fließendes Gewässer.

die Frage, in welcher Weise fich die Richtung ihrer Züge bestimmt. Merkwürdigerweise zeigen alle Beobachtungen, daß die Raupen sich ohne Zandern auf die nächste Nahrungsquelle zu bes wegen. Es find Fälle bekannt, wo das Ziel über eine Meile vom Ausgangspunkt entfernt lag, so daß man ein außerordentlich feines, Witterungsvermögen anzunehmen gezwungen ist. Im allgemeinen gehören die wandernden Raupenarten zu den allerschlimmsten Schädlingen. Es ist ein Glück zu nennen, daß Epidemien ihrer un­geheuren Verbreitung entgegenwirken.

Auch das Auftreten und die Flüge von großen Schmetterlings­schwärmen ist nicht allzu selten. Selbft minder häufige Arten wie der Schwalbenschwanz treten manchmal in Massen auf. Weit auf­fallender als bei uns ist das Erscheinen von Schmetterlingsschwärmen in überseeischen Ländern. Eine dort vorkommende gelbe Nachtfalter­art bedeckt im Frühjahr buchstäblich die Felsen der Bugong- Berge und wird nicht allein von den Vögeln, sondern auch von den Ein­geborenen in Mengen verspeist. In Algier   wird das Drdensband bisweilen milliardenweise angetroffen. Desgleichen wurden in Aden die Noctuen( Eulen) zu Zeiten in Massen beobachtet. Besonders groß­artig entwidelt sich der schwarmweise Zusammenschluß von Schmetterlingen in den Aequatorialgegenden, wo die Farbenpracht der Tiere den Massenflug zu einem überaus schönen Schau­spiel macht.

Verantw. Redakteur: Geora Davidfohu Merlir- Drud u. Berlaa: Vorwärts Buchdr. u. Berlaosanitalt Baul Sinaer& Co., Berlin   SW.