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Hielte und sie umzuschlagen versuchte. Das Deck schwankte, als ob] Pflanzen- zur Fleischnahrung veränderte Gebiß, Muskulatur und es unter den Füßen der Schiffsmannschaft weggezogen würde, und Nervensubstanz. Neue Vorstellungskreise traten auf, die alten ere der Mast trachte infolge des gefchwellten Segels, aber bald ließ das weiterten sich. Die Sprache wurde reicher, die erhöhte Tätigkeit Hindernis nach, und die Barke, die einen Sprung machte, konnte hatte eine Vermehrung der Verbalwurzeln zur Folge. Raum und ihren Lauf fortsetzen. Zeit gewannen tiefere Bedeutung. Die Schwierigkeit des jagd­mäßigen Erwerbes des Unterhaltes gab vielleicht die Anregung zur Zähmung von Haustieren.

Das vorher straffe, gespannte Tau hing nun wieder schlaff und fraftlos herab. Man zog es herauf, und der Angelhaken tam an die Oberfläche; er war aber trotz seiner Dicke jezt zerbrochen und mitten­durch gespalten. Der Gefährte schüttelte fraurig den Kopf.

Antonio, dieses Tier kann mehr als wir. Mag es fortziehen! Wir tönnen Gott danken, daß die Angel zerbrochen ist. Es hätte wenig gefehlt, und wir wären untergegangen."

"

Wir sollten es laffen?" schrie der Herr. Ein Teufelsstück! Weißt Du, was das wert ist? Es ist keine Zeit zu Bedenken oder Furcht. Auf ihn, auf ihn!"

Er ließ die Barke wenden und kehrte zu demselben Gewässer zurüd, wo die Begegnung stattgefunden hatte. Er setzte nun einen neuen, sehr großen Angelhafen ein, woran er verschiedene Köder aufspießte, und ohne das Steuer loszulaffen, ergriff er einen spigen Bootshaken. Er wollte diesem dummen, kräftigen Tier schon einen sanften Schlag damit geben, wenn es in seinen Bereich käme! ( Schluß folgt.)

Geographifche und kulturelle Streifzüge durch die Eiszeit.

II.

Mag auch eine große Anzahl verschiedener Umstände dazu bei getragen haben, den Menschen aus seinem urzeitlichen Natur zustande herauszuheben, so ist doch das wesentlichste Moment die Veränderung der Daseinsbedingungen. Das ist von jeher so ge­wesen und auch heute noch so. Wo der Kampf ums Dasein allzu hart ist, muß der Mensch seinen Sinn, seinen Verstand, seine ganze Tätigkeit lediglich auf die Befriedigung des Nahrungstriebes richten. Mit der besseren Lebenshaltung steigt, vielleicht manchem unbewußt und unbemerkt, auch der Sinn und die Empfänglichkeit für die idealeren Güter des Daseins. Eine höhere Kultur ist nicht möglich, wenn der Mensch nur die rauhe Seite des Lebens kennen lernt. Daher auch der berechtigte Wunsch und das natürliche Streben des Menschen, die Daseinsbedingungen zu seinen Gunsten zu verändern. Nichts aber ist so sehr imstande, diesen Daseins­bedingungen eine günstige Wendung zu geben, als klimatische Ein­flüsse. Sagt doch schon Humboldt in seinen Ansichten der Natur": " Wenn auch der Anfang der Kultur nicht durch physische Einflüsse allein bestimmt wird, so hängt doch deren Richtung, so hängen Voltscharakter, düstere oder heitere Stimmung der Menschheit großenteils von flimatischen Verhältnissen ab. So gewiß der Be­wohner des Festlandes an Lebensweise und Charakter ein anderer ist als der Insulaner, der Sohn der Berge verschieden von dem Nachbar, der in Tal und Ebene lebt, der urwaldbewohnende " Wilde" sich unterscheidet von der schweifenden Rothaut: so sicher haben klimatische Bedingungen an der Differenzierung des Menschengeschlechtes hervorragenden Anteil gehabt. Einheit der Art! Unendliche Mannigfaltigkeit in Gestalt, Farbe, Sprache, Sitte!

Verhältnismäßig spät, soweit gegenwärtig unsere Kenntnis reicht, ist der Mensch Bewohner dieser Erde geworden. Unter einem glücklichen Himmel hat er die Tage der Kindheit verbracht. Reich­liche Nahrung stand ihm zu Gebote. Nichts vermissend, nichts ver­langend, lebte er dahin. Nicht katastrophenartige Ereignisse dürften ihn aus seinem Paradiese vertrieben haben, auch keine planvolle Auswanderung hat ihn geleitet: allmähliche Wandlung des Klimas zerstreute die urmenschliche Gesellschaft. Der Himmel, unter dem unsere frühen Ahnen wohnten, tannte jedenfalls keine großen Gegenfäße: gleichmäßige Wärme und Feuchtigkeit, ein ewiges Blühen und Reifen der Natur. Nur die rhythmische Folge von Tag und Nacht brachte ein wenig Wechsel in das stete Einerlei. Da fehlten natürlich alle Bedingungen des Fortschrittes, alle Vor­aussetzungen einer geistigen Kultur. Wo der Urmensch gesessen auf Erden, wann zuerst Abkommen von ihm nach Europa *) ge­wandert sind. wissen wir nicht. Nur das bestätigen die paläon­tologischen Funde, daß zur Eiszeit der Mensch in Mitteleuropa der Genosse der großen Dickhäuter und Raubtiere war.

Der Hereinbruch der Eiszeit war für die Rebewelt von ein­schneidendster Bedeutung. Pflanzen und Tiere änderten die Lebensweise, wanderten aus oder starben. Neue Formen und Trachten famen von Norden herab, kräftige Gestalten, zum Streite Herausfordernd. Enger und enger wurde der Raum, den die Gletscher freiließen, heftiger entbrannte der Kampf ums Dasein. Jetzt galt es, die Sinne zu schärfen, die Fauft zu rüsten zum Ringen mit der fargenden Natur. Die segensreiche Kraft des Feuers trat in ihr Recht, die ersten Erfindungen wurden im Drange der Not gemacht, Waffen, Geräte, Werkzeuge, Gewänder verfertigt. Der durch die Verhältnisse bedingte Uebergang von der

*) Manche halten-jogar Mitteleuropa für den Ursprungsort der Menschheit

So lebte der Eiszeitmensch, umgeben von einer düsteren Natur, mitten in Gefahren, rüstig um sein Leben ringend. Fragen wir nach seinem Charakter, so werden wir in ihm nicht jenen mürrischa traurigen Einsiedler erwarten dürfen, dessen Bildung unserer Aufs fassung von seinem grenzenlos armseligen Zustande entspräche. Wir werden ihn vielmehr in dieser Hinsicht dem Grönländer früherer Zeiten vergleichen können. Dieser hat für seine Lebens­erhaltung ein großes Maß von Fürsorge aufzuwenden. Allein dieses ist ihm nun einmal geläufig geworden und genügt ihm in der eigentümlichen Beschränkung, in der er lebt. Er sucht keine neuen Wege darüber hinaus, sondern ist mit seiner Lebensaus­rüstung zufrieden. Tylor stellt den europäischen Eiszeitmenschen dem Eskimo der Hudsonsbai von heute an die Seite, der wie jener von der Jagd des Rentieres lebt und trotz der natürlichen Bea schränktheit seiner Erwerbsmittel zu einer für seine Verhältnisse faum noch zu erhöhenden Lebensfürsorge fortgeschritten ist und dabei mit Borliebe seine oft lange Zeit brachgelegte Tatluft in gleicher Weise und mit gleichem Geschick beschäftigt.

Für eine höhere Kultur war nun freilich in den Ländern der Gletscher kein Raum. Die ewige Sorge um des Lebens Nahrung und Notdurft verbot jede weitere Tätigkeit, und wenn, wie die Eins rihungen von Tiergestalten auf Knochenstücken zeigen, noch Zeit blieb zu fünstlerischen Versuchen, so befunden Material und Zeich nung, in welcher Richtung sich die Gedanken bewegten. Hunger und Liebe waren die Pole, um die sich das Interesse drehte. Nies mals fonnte sich hier die Kulturmenschwerdung vollziehen; das mußte in glüdlicheren Breiten geschehen, in Gegenden, gleich weis bom lachenden Ueberfluß wie vom lähmenden Mangel.

Die Klimaänderung, die bereits während der Tertiärzeit zub Erscheinung kam, dann in der Eiszeit mit Nachdruck sich geltend machte, hatte eine Wanderung der Isothermen*) gegen den Aequator hin, eine Verschiebung der Wärmezonen zur Folge, die für die Pflanzen- und Tierwelt vielfach Vernichtung brachte, für den die Heimatliche Scholle liebenden Menschen aber zumeist die Veranlassung wurde, im Widerstreit mit den veränderten Be dingungen die geistigen Waffen zu schärfen, sich auf eine höhere Stufe des Seins zu erheben, sich zum Herrn der Natur zu machen. Wir glauben nicht fehlzugehen", sagt Antel, wenn wir die günstigsten Lebensbedingungen während der Eiszeit zwischen den Wendekreisen suchen. Nicht in dem ruhelofen Ringen um Speise und Trant, schüßendes Obdach und wärmendes Gewand wurde hier die menschliche Tätigkeit erschöpft; es blieb auch Zeit, edlere Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn es trotzdem in diesen Breiten zu keiner denkmalbezeugten Kultur gekommen ist, so haben wir die Gründe ebenfalls auf flimatischem Gebiet zu suchen. Die Zeit, die der äquatorialen Menschheit zu ihrer Entwickelung vergönnt war, war zu kurz, als daß dieselbe weit über die Anfänge hinaus gekommen wäre. Das organische Werden vollzieht sich eben lang fam nach immanenten Gefeßen. Zu früh ging die Eiszeit zu Ende, zu früh fandte die Tropensonne ihre senkrechten Strahlen herab. Jeht vollzog sich eine umgekehrte Verschiebung der Isothermen nach den Polen hin, mit ihr eine Wanderung der Kultur. Der heilsame Einfluß des jahreszeitlichen Wechsels gewann an Bedeutung, mannigfaltiger wurden die Daseinsbedingungen, individueller die Entwickelung, reicher die Kultur, stofflich wie geistig. Bald waren die subtropischen Länder die klimatisch am meisten begünstigten. In ihnen, in den Breiten des südlichen Mittelmeeres, in Nord­ afrika und Südasien haben wir darum die ältesten Kulturen zu suchen. Hier vollzog sich der Wechsel ziemlich rasch. Gletscher gab es teine, nur reiche Niederschläge hatte die Eiszeit gebracht. Der Himmel wurde heiterer, die Luft wärmer. Für die alten Kulturen in Mexiko und Peru wurde der Nachteil der Aequatornähe durch die Höhenlage ausgeglichen."

Der subtropische Eiszeitmensch, glücklicher als sein euroa päischer Better, trat nicht unvorbereitet an seine hohe Aufgabe heran. Immerhin hatte sich die Temperaturabnahme auch in diesen Breiten merklich geltend gemacht. Kämpfte der Mensch auch nicht den harten Kampf der Höhlenbewohner, so war er doch weit entfernt vom Ueberfluß. Seine Muskeln waren erstarkt, sein Geist getvedt. So begann er seine Mission.

Wenn wir die Tatsache ins Auge fassen, daß die subtropische Kultur in historischer Zeit eine Verschiebung nach Norden er fahren hat; wenn wir weiter bedenken, daß heute die Kultur bis zu 60 Grad nördlicher Breite und darüber gewandert, in ihren alten Siben aber, wesentlich aus klimatischen Gründen, erstorben ist, so will uns scheinen, als stünden wir noch mitten in dem Prozesse, der zu Ende der Eiszeit begonnen hat. Es muß freilich zugegeben werden, daß die Menschheit mit fortschreitender startung die räumlichen Horizonte Schritt ver Schritt erweitert, trop ungünstiger Bedingungen, und gerade de rt die Kulturarbeit aufnimmt, wo Tatkraft und Intelligenz Triumphe feiern fönnen. Trotzdem sehen wir den Hauptanstoß zur nordwärts gerichteten

*) Isothermen Linien, die auf Landarten alle Orte mit aleicher Temperatur verbinden,