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glaubte, vie Geschichte der Kinder Israel aus dem Alten Testa-| Wir denken, daß uns die Sonne und der Vollmond deshalb am ment allein kennen zu lernen. Die Israeliten haben nicht isoliert Horizont größer erscheinen, weil wir sie dann in solcher Stellung gelebt, sondern mit den anderen Völkern zusammen und können erblicken, in der wir Gegenstände am besten sehen, nämlich gerade daher auch nur im Zusammenhange mit den anderen Völkern vers vor uns. Neun Zehntel oder vielleicht mehr dessen, was wir sehen, standen werden. Deswegen liegt die Vermutung sehr nahe, daß befindet sich in Augenhöhe oder in verhältnismäßig geringer Ent­gerade Aegypten , von dem Kanaan in verschiedenen Zeiten abhängig fernung oberhalb und unterhalb dieses Niveaus. Dort haben wir war, einen überaus starten Einfluß auf Israel ausgeübt die bestentwickelte Fähigkeit der Wahrnehmung und Schätzung. Hat, selbst wenn wir ihn nicht überall nachweisen können. Gegenstände, die in solcher Lage angeschaut werden, erscheinen Die Aegyptologen sollten auf diesen Zusammenhang achten und näher und infolgedessen größer als in anderer. Unsere Ueber­stets auf ägyptische Parallelen zum Alten Testament aufmerksam schätzung der Größe beruht auf einer Deutung und beruht auf machen. Der Vortragende führte eine Fülle solcher Parallelen an. einer reinen Gesichtsempfindung. Das Bild eines Menschen etwa So stellt der Prophet Ezechiel , wenn er vom Untergang des äghp- in einer Entfernung von 200 Metern ist sicherlich sehr flein im tischen Königtums spricht, dieses unter dem Bilde eines schuppigen Vergleich zu dem bei einer Entfernung von 3 Metern oder Mildrachen dar, dessen Name geradezu als Bezeichnung für Aegypten 6 Metern gesehenen, aber unser Deutungsvermögen für Gegens gebraucht wird. Hier scheint der Nachtlang eines ägyptischen Mythus stände, die sich in der Horizontalrichtung befinden, ist so entwickelt, erhalten. daß uns die betreffende Person als von normaler Größe erscheint. Die aus Johannes wohlbekannte Geschichte von der Mutter Der Verstand hat gelernt, unter dieser Bedingung die Gefichts­Gottes und Himmelskönigin, die von einem gewaltigen Wesen ver- empfindung richtig zu deuten. Dies ist nicht der Fall bei Ob­folgt wird und schließlich ihr Götterkind gebiert, findet sich in der jetten, die sich mehr oberhalb oder unterhalb des horizontalen ägyptischen Erzählung von Hethur, Typhon und Horos, die Be- Niveaus befinden. Wenn wir auf dem Gipfel eines Hügels ziehung scheint hier so klar, daß wohl auch sonst noch Stoffe der stehen und hinunterblicken auf eine Person, die sich im gichen jüdisch- chriftlichen Apokalypse durch ägyptische Stoffe beleuchtet Abstand von 200 Metern befindet, oder wenn wir unter einem gleichen Winkel zu einer Person emporsehen, so denken wir uns, Bezüglich der Lyrik ist zu bemerken, daß der Ton des daß sie viel kleiner erscheint, als wenn wir sie auf unserem Niveau Hohen Liedes ganz der Ton der ägyptischen Liebeslieder ist. Ein in erblicken, und diese Empfindung ist ebenso beharrlich wie im Falle der apokryphischen Schrift der Weisheit Salomonis erhaltenes des Mondes. Diese Deutung ist dem Verfasser in nachstehender Trinklied ist unverkennbar verwandt mit ägyptischen Trinkliedern: Weise gekommen. Er hat durch mehrere Jahre binoculare Gläser Dasselbe gilt von den an der Leichenbahre gejungenen Liedern, von mit Objektiven von 8, 10 und 13 Zentimeter Oeffnung benutzt. den religiösen Liedern, denen beim Lobe Gottes im Hebräischen und Da diese Verhältnisse für jedes Instrument gleich liegen und somit Aegyptischen der Partizipialstil eigentümlich ist, allerdings ist das gleiche Sehstärke und gleiches Gesichtsfeld hervorgerufen wird, auch im Babylonischen und Orphischen der Fall. Sehr charakteristisch lassen sich interressante Vergleiche zwischen den aufrechten Bildern, ist die Uebereinstimmung der Danflieder. Ich lobe dich, du haft die von Porroprismen erzeugt werden, anstellen. Dem Verfasser mich errettet", oder Strafe mich wegen meiner vielen Sünden", selbst und anderen, die er nach dieser Richtung befragte, erscheinen oder Tod, du füßer Brunnen für den Dürstenden in die aufrechten Gegenstände näher und größer und namentlich, der Wüste, er ist verschlossen für den Redenden, er ist wenn es sich um die Beobachtung lebender oder bewegter Gegen­offen für den, der schweigt", sind nicht etwa hebräische, stände handelt. Eine Person, die man kennt, ist viel leichter im sondern ägyptische Verfe. aufrechten Bild wiederzuerkennen. Dafür gibt es nun anscheinend gar keinen Grund, als daß sie sich so in der gewohnten Weise zeigt, d. h. in folcher Weise, wie unser bestentwideltes Schäßungs­und Erinnerungsvermögen eingestellt ist. Deshalb erscheinen auch Gegenstände unter derartigen Verhältnissen näher und größer als unter ungewöhnten.

werden können.

Aus der Fülle weiterer Parallelen heben wir noch die merk würdige Uebereinstimmung gewisser altägyptischer Borstellungen vom Leben nach dem Tode mit jüdischen und christlichen Vorstellungen hervor. Die verklärten Seligen werden durch ihre Aufnahme bei den Göttern, die als eine Wiedergeburt, als eine neue Geburt be­trachtet wird, den Himmlischen gleich, der Verstorbene erhält hinum­lisches Wesen, wenn er durch gewisse Zeremonien zum Osiris wird, er wird erstehen, wie einst Osiris erstanden ist.

Wem drängt sich hier nicht der Gedanke auf, daß ja auch der Christ in der Taufe Chrifti Tod und Auferstehung erfährt? Folgendes könnte direkt bei einem christlichen Begräbnis gesprochen werden: So wahr Osiris lebt, wird auch er leben, so wahr Osiris nicht gestorben ist, wird auch er nicht sterben, so wahr Osiris nicht vernichtet wird, wird auch er nicht vernichtet werden."

Bielleicht stammt auch dieser Gedanke der Auferstehung aus Aegypten und stellt alles in den Schatten, was die Aegypter sonst geleistet haben.

Der mit großem Beifall aufgenommene Vortrag wurde durch einige Anregungen in der Distufion noch ergänzt; nur Professor Vollers Jena glaubte eindringlich vor jeder Einseitigkeit warnen zu müssen, damit man den ägyptischen Einfluß auf die Kinder Israel nicht in derselben Weise überschäze, wie es mit dem babylonischen geschehen ist. Der Vortragende verwahrte sich gegen jeden Vorwurf der Einseitigkeit; er könne den ägyptischen Einfluß feineswegs bereits als positiv vorhanden nachweisen, sondern nur sehr wahrscheinlich machen. Sache der Aegyptologen sei es, dem Sachverhalt weiter nachzugehen.

Physikalisches.

Die Aggregatzustände der Materie. Man unter­scheidet im allgemeinen drei verschiedene Aggregatzustände, den festen, flüffigen und gasförmigen. Für den Physiker jedoch sind diese oberflächlichen Einteilungen nicht genügend. Auch hier macht die Natur keine Sprünge und schärferes Zusehen zeigt, daß zwischen den genannten Formen Uebergangszustände existieren, und daß jeder von ihnen allmählich und lückenlos in den anderen übergehen fann. Eine eingehende Betrachtung widmet diesen verschiedenen Buständen des Stoffes der franzöfifche Forscher M. C. E. Guillaume, Mitglied des internationalen Bureaus der Maße und Gewichte, in der" Revue Générale des Sciences". Er geht zunächst darauf zurück, wie die Kontinuität zwischen den Aggregatzuständen ent­deckt wurde. Der englische Physiker Andrews hat den Nachweis geliefert, daß zwischen dem flüssigen und dem Gaszustand Teine wirkliche Diskontinuität besteht, und ein Gleiches haben Tamman, Spring u. a. für den festen und flüssigen gezeigt. Es läßt sich nachweisen, daß amorphe feste Körper nicht in dem Sinne einen bestimmten Schmelzpunkt haben, wie dies bei kristallinischen der Fall ist. Festes Wasser, d. h. Eis, hat für gewöhnlich kristallinische Struktur, aber Tamman hat nachgewiesen, daß das Wasser bei Abkühlung auf etwa 60 Grad unter Null unter einem Druck von 2-3000 Atmosphären sich in eine neue Art von festem Wasser ver­wandelt, die dichter als Eis ist und der stabilen Form bei 0 Grad unter einem Drud von 10 000 Atmosphären entspricht. Auch Kahl­born fand, daß Metalle, die einem ungeheuren hydrostatischen Drud, der bis zu 20 000 Atmosphären gesteigert wurde, ausgefeßt waren, feste Körper von geringerem spezifischen Gewicht als unter nor­malem Druck darstellten. Die Metallstücke, die diesem Versuche unterworfen wurden, veränderten auch ihre Gestalt, indem sie türzer oder länger wurden, wobei polierte Flächen ihren Glanz verloren. Im allgemeinen waren zu Drähten ausgezogene Me­talle weniger dicht als in gewöhnlichem Zustande. Nur das Wismut zeigte sich als Ausnahme; feine Dichte nahm zu. An Der Mond am Horizont. Wer Gelegenheit gehabt hat, fich ist dies Metall äußerst schwach und brüchig, wenn es aber einen Mondaufgang zu beobachten, wird mit Staunen festgestellt durch eine dünne Dese unter starkem Druck zu Draht ausgezogen haben, in welch ungeheurer Größe die Mondscheibe sich emporhebt. wird, nimmt es biegsame Beschaffenheit an und kann ohne Ueber die Ursache dieser Erscheinung sind mancherlei Ansichten ent- Weiteres zu einem Knoten gedreht werden, ohne zu brechen. wickelt worden, die aber nach der Ueberzeugung eines Mitarbeiters Guillaume zieht daraus den Schluß, daß alle festen Körper bie des English Mechanic keine befriedigende Erklärung des Phänomens Tendenz haben, unter sehr hohem Druck in einen amorphen zu­zu geben vermochten. An der Tatsächlichkeit ist nicht zu zweifeln, stand überzugehen, der ohne Diskontinuität an den festen und man müßte es aber eigentlich in der Weise formulieren, daß wir flüssigen Zustand anschließt. Derartige Berhältnisse sind im " denten", daß uns der Mond am Horizont größer erscheint, und Innern des Erdballs vorhanden und find vielleicht die Ursache für die Frage lautet dann, warum wir dies denken. Eine einfache Er- die Bildung von radioaktiven Substanzen. Die Tatsache, daß ein tlärung dafür wäre nun die folgende so einfach, daß fie viel- Druck von 2000 Atmosphären die Aktivität des Radiums an leicht gerade darum bisher noch nicht versucht worden ist. Eine scheinend unvermindert ließ, ist kein Gegenbeweis, da es sich rätfelhafte Erscheinung wird oft durch ein einziges Wort erklärt. eben um sehr viel höhere Drucke handelt.

Angesichts solcher Borträge, die von einer vorurteilslofen Forschung ausgehen und sie geradezu als etwas Selbstverständliches borausfeßen, fragt man fich erstaunt, wie es möglich ist, daß zur gleichen Zeit in demselben Lande in unseren Volksschulen die Sagen Des Alten Testaments als lautere Wahrheit und Ausfluß göttlicher Offenbarung gelehrt werden. In Preußen heißt es oben: Freies Denken und Forschen nur für die Auserwählten, für die Massen Ber­Harren in dumpfem Köhlerglauben und blinder Abhängigkeit. Um jo mehr ist es Pflicht der Arbeiter selbst, dafür zu sorgen, daß die Massen zur Klarheit und geistigen Höhe emporgeführt werden.

Aftronomisches.

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Werantw. Redakteur: Georg Davidsohn , Berlin , Drud u. Verlag: Vorwärts Buchbr. u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.