weise hervortreten, und eben diese! l e i n e Wasserfläche schafft den idyllischen Eindruck. Im Umkreise aber hohe Berge und hinter ihnen und über ihnen Schneeberge, die— je weiter sie zurückstehen— immer höher und breiter werden, als Wahrzeichen, daß dort das gewaltige Hochgebirge ist. Ein Meisterwerl der Baukunst ist die Bahn, die da landeinwärts zieht, sie springt über Schluchten und Wasserfälle von Fels zu Fels, bohrt sich durch Berge, ist niemals gewöhnlich, niemals normal, immer eine Glanznummer technischer Gewandheit. Eine Idylle aber ist der Bahnhof Narbil, der außerhalb der Stadt liegt, an einer breiten Landstraße, mitten im Waldes« grün. Ich weiß nicht, ob das Bewußtsein jenseits des Polar- kreiseS zuiveilen das bewirkt, aber dieses saftige, helle Grün der- blufft immer wieder von neuem. Und wieder ein Beweis, wie hell und leuchtend die Lust hier ist; vor mir im Walde erhebt sich ein runder Erdsturz, muldenartig, der grün angefüllt ist und sich be« wegt. Erster Eindruck: ein grüner Teich, über deflen Oberfläche der Wind streicht. Aber wie ich näher komme sehe ich, daß die Mulde mit dichtem Gesträuch, mit kleinen Bäumen angefüllt ist, was sich regt sind die Blätter und dieses Klare und Durchsichtige, daS darüber lagert, ist das Sonnenlicht, das sich dort anhäuft. Je höher man nordwärts kommt, umso Heller, umso durch- sichtiger, umso leuchtender ist die Luft. Man fährt aufwärts um die Mitternachtssonne zu fthen und staunt die Tagessonnc an und ist verwirrt durch den Glanz und die Pracht der Abendsonne, die märchenhaft weiß ins Meer sinkt. Und je höher man nordwärts kommt, umio reicher und bewegter wird es im Meere. Die zahl- reichen Segler, die vom Norden kommen— Fischer aus den Finn« marken, die ihre Beute nach Bergen führen— diese Segler bilden jetzt ein Flotille, die lange Stunden an uns vorüberziehen. Weiße, braune, rote Segel in Mafien. Im Rykström— dem letzten Sunde der Lofoten — erhebt sich ein Treiben wie bei einer Regatta, und auf den Ufern werden jetzt in regelmäßigen Abständen Häuser ficht- bar. Auf den grünen Hügeln weiden Schafe und kaum 40 Meter höher liegt der Schnee.... kleines feuilleton. Die Seidenraupenzucht in China . Entgegen der allgemein üblichen Ansicht, daß die Seidenproduktion über ganz China der« breitet sei, muß darauf hingewiesen werden, daß die Seide einem verhältnismäßig sehr beschränktem Gebiete angehört. Dieses bedeckt das zwischen Kamon und Makao sich erstreckende Flugdelta und erreicht kaum die Größe eines der sächsischen Herzogtümer. Es ist das zweifellos der fruchtbarste Länderstrich der Provinz und einer der reichsten ganz Chinas . Hat Seide in China auch nicht mehr den Charakter eines allgemeinen Gebrauchsobjektes, so nimmt sie dennoch die Stelle eines allgemeinen Handelsartikels ein: es fallen vom Gesamtwert der Ausfuhr zirka 37 Proz. auf Seide und Seiden« waren. Der Kreis Schun-le ist wegen seiner Seidenzucht ganz be- sonders berühmt, und die gleichnamige Stadt ist ein bedeutender Seidenmarkt. Die Namen der kantonischen Rohseiden beziehen sich meist auf Marktflecken und Dörfer in der Nähe von Schun-te. Hier werden die rohen Seiden von den Keinen Bauern und Pächtern zuerst auf den Markt gebracht, um an bestimmten Markttagen nach Kanton an die mit fremden Häusern in Verbindung stehenden Scidenhändler konsigniert zu werden. Die Reise von den Pro- duktionSplätzcn nach Kanton nimmt nur wenige Stunden, höchstens eine Nacht in Anspruch. Für die heutige Gewinnung der Seide kommt lediglich der Maulbeerspinner und allenfalls noch der, die Damamay-Tusiah-Seide liefernde Eichenspinner in Betracht. Der Seidenspinner gehört zur Klaffe der Nachtschmetterlinge und macht demgemäß eine vollkommene Metamorphose durch:— Ei, Raupe, Puppe, Schmetterling. Aus dem hirsekorngroßen Ei kommt nach 10—17 Tagen, die es in paffend eingerichteten Brutkammern legt, eine Raupe von zirka fünf Millimetern, die bis zu ihrer Ver- puppung in einigen fünfzig Tagen eine Länge von 80—90 Milli- metern erreicht. Vier Häutungen finden in dieser Zeit statt. Während der Zuchtzeit richtet jeder Bauer das obere Stockwerk seine? Hauses für diese Industrie. Die Gestelle, auf denen das Lager für die Würmer bereitet wird, bestehen häufig aus zwei gegenüberstehenden Leitern, auf deren Sproffen von einer Leiter zur anderen Bambusstäbe gelegt werden; über diese sind Bambus- matten ausgebreitet, die das eigentliche Lager der Würmer bilden. Die Raupe verfertigt Eier in einem Zeitraum von 3— 4 Tagen, in höchst regelmäßigen Windungen den Kokon, indem sie den Kopf in schwingenden Bewegungen hin»md herzieht und den Faden wellen« förmig anordnet. Sobald die Kokons fertig sind, werden sie an der Luft getrocknet, sodann die Puppen durch Sonnenstrahlen oder künstliche Hitze getötet. Nur die für Samenzucht nötigen Kokons werden abgesondert und aus ihnen schlüpft dann der fertige Schmetterling aus, dem nur eine kurze Lebenszeit beschieden ist, gerade lang genug, um das Fortpflanzungsgeschäst besorgen zu können. Geologisches. Das Alter der Niagara-Fälle ist eine Frage, über die sich die Geologen seit langem den Kopf zerbrochen. Sie legen auf ihre Lösung deshalb ein besonderes Gewicht, weil sie die Hoffnung haben, daraus einen Maßstab für die geologische Zeit zu gewinnen. Man würde dann wenigstens erfahren, wie viel Zeit ein derartiger Wasserfall braucht, um sich rückwärts durch bis unterliegende Gcsteinsmasse durchzufressen, und daraus ließen sich Schlüsse auf die Dauer ähnlicher geographischer und geologischer Vorgänge ziehen. Die älteste Schilderung der Niagara-Fälle stammt von einem Pater Hennepin, der sie im Jahre 1078 besuchte. Dann hat namentlich der hervorragende Geologe Hall 1842 gründ- liche Studien der berühmten Fälle ausgeführt. In den letzten Jahren haben Wilson und Spencer diese Arbeiten fortgesetzt, und der zweitgenannte hat jetzt einen zusammenfassenden Bericht über die Ergebnisse dieser Untersuchungen an die Geologische Gesellschaft in Washington gerichtet. Diese Forscher sind in der Lage gewesen, genau zu ermitteln, an welcher Stelle sich die Fälle zur Zeit des Pater Hennepin befunden haben, so daß sich danach feststellen läßt, wie weit sie in den seither vergangenen 230 Jahren zurück- geschritten sind. Es hat sich der befriedigende Schluß ergeben, daß die bisher unternommenen Berechnungen der Geschwindigkeit, mit der sich die Fälle zurückziehen, alle das gleiche Ergebnis gehabt haben, und zwar beträgt diese Geschwindigkeit danach im Durch- schnitt 4L Fuß in jedem Jahre. Allerdings ist der Rückschritt nicht in allen Teilen der Fälle gleich groß. Die amerikanischen Fälle weichen viel langsamer zurück als die übrigen Teile. Die weiteren Berechnungen sind nun von außerordentlichem Interesse. Den gegenwärtigen Betrag des Rückschrittes haben die Niagara-Fälle von einer Stelle an gehabt, die jetzt ungefähr 330 Meter unter- halb liegt und von den Fällen vor 200 Jahren eingenommen wurde. Von da führt ein weiterer Abschnitt von 1900 Meter Länge zu den Whirlpoolschnellen; der wurde mit einer Schnelligkeit von 0,0 Fuß jährlich zurückgelegt. Der nächste Abschnitt reicht bis Sinclair» Point, ist über 3000 Meter lang und wurde mit einer Gcschwindig- keit von Oilh Fuß jährlich von den Fällen durchgrabcn. Die für die Zurücklegung der ganzen Strecke nötige Zeit bemißt sich dann auf 1070 Jahre. Selbstverständlich war auch die Höhe der Fälle früher größer, und zwar in dem untersten Abschnitt bis zu 280 Fuß oder 80 Meter, hat also um wenigstens 30 Meter ab- genommen. Diese Berechnung umfaßt aber noch nicht die ganze Länge bis zur Mündung des Niagara-Flusses in den Ontario-See ; doch liegen die Verhältnisse weiter unterhalb etwas anders, und zwar wird dort das Durchnagen des Bettes wieder etwas lang- samer vor sich gegangen sein, weil nördlich vom Whirlpool die Niveauunterschiede wieder geringer werden. Auf der letzten Strecke waren wahrscheinlich zwei bis drei Fälle gleichzeitig vorhanden, von denen der oberste der bedeutendste war. Die gesamte Zeit, die von den Niagara-Fällcn zur Ausarbeitung der Schlucht von ihrer Mündung bis zur heutigen Lage der Fälle in Anspruch genommen wurde, wird danacki auf 39 000 Jahre geschätzt, ein Beweis dafür. daß man für geologische Vorgänge mit großen Zeiträumen zu rechnen hat, neben denen die ganze Spanne der menschlichen Gc- schichte verschwindet. Allerdings setzt diese Ziffer voraus, daß während der ganzen Dauer des Vorganges der Regenfall dieselbe Stärke gehabt hat wie heute und daß der Niagara auch ungefähr die gleiche Wassermenge aus den oberen Seen erhalten hat. Wenn es in früheren Zeiten dort mehr geregnet haben würde, so würde selbstverständlich auch die Kraft der Wasserfälle stärker gewesen sein und eine kürzere Zeit zur Ausgrabung eine» Felsenbettes ge- braucht haben. Meteorologisches. Die elektrische Ladung der oberen Luft» schichten zu erforschen, ist heute in den Tagen der lenkbaren Luftschiffahrt noch wichtiger geworden als je zuvor. Es sind auch zahlreiche Physiker mit dieser Ausgab« beschäftigt, und namentlich hat sich der Franzose Caillete große Verdienste darum erworben, indem er Messungen der elektrischen Spannung auf der Höhe des Eiffelturmes und auch vom Luftballon aus in großer Zahl aus» geführt hat. Bei Ballonfahrten, die zu wissenschaftlichen Zwecken unternommen werden, wird überhaupt die Untersuchung des elektrischen Zustandes in den Luftschichten verschiedener Höhe selten ganz vernachlässigt. Ein Gewitter in einem Ballon zu erleben ist eine so gefährliche und aufregende Sache, daß jeder, dem es einmal beschieden gewesen ist, wohl einsehen wird, daß er über die Möglich» leiten, die von der elektrischen Spannung im Luftmeer ausgehen, ganz genau unterrichtet sein muß. An der Universität in Manchester ist jüngst wieder eine Erforschung nach dieser Richtung eingeleitet worden, und zwar, merkwürdig genug, auf demselben Wege, den schon der alte Bcnzamin Franklin einschlug, und der ihn zur Er- findung des Blitzableiters brachte. Allerdings besteht zwischen dem Franklin-Experimcnt und diesem neuesten Versuch doch ein ganz wesentlicher Unterschied. Bei beiden spielt freilich ein Flugdrache die Hauptrolle, den aber Franklin nur dazu benutzte, um durch einen Draht die Elektrizität einer Gewitterwolke überhaupt zur Erde zu leiten, während es sich bei den Arbeiten, die an der Drachenstation bei Manchester vorgenommen worden sind, um eigentliche Messungen handelt. Der Drache befindet sich auch hier an einem Stahldraht, der mit einem Isolator im Erdboden ver» ankert ist. Zuerst wird die Potentialdifferenz bestimmt und dann der Draht durch ein Galvanometer mit der Erde verbunden und so die Stromstärke gemessen. Es hat sich� ergeben, daß die Spannung in einer Höhe von 300 Metern über dem Erdboden bereits mehr als 100 000 Volt betragen kann und der aus dieser Höh? durch den Draht zur Erde fließende Strom maß ein Vierzig- Millionstel Ampere. Verantwortl. Redakteur: Haus Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer SeTo..Berlin SVJ.
Ausgabe
25 (19.8.1908) 159
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