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Genuß und zur Erholung zu dienen, er soll frei und weit und licht) Hoffmann stand einer interessanten Aufgabe gegenüber. Es sein und das Auge hintenten auf die schöne Freiheit, die in solchen galt, dem Märkischen Museum eine Heimstätte zu schaffen. Hoffmann großen und ungewöhnlichen Dimensionen schlummert, daß es ge- hat die Aufgabe so glänzend gelöst, daß sein Bauwerk nicht nur, eignet wird, dann im Weitergehen die Gegenstände richtig zu werten, weil es die Schäze märkischer Vergangenheit birgt, aufgesucht zu genießen, sich an ihnen zu erfreuen. werden wird. Es ist ein selbständiges Kunstwerk, das um seiner selbst willen betrachtet sein will.

Es wird noch geraume Zeit dauern, ehe man sich an die Not­wendigkeit gewöhnt, einem einzigen Künstler die Ausgestaltung Am besten präsentiert sich von weitem der Bau von der folches Raumes zu übertragen. Unsere Museen machen Dampferanlegestelle der Schiffahrtsgesellschaft Stern" oder von den Eindruc eines Warenlagers und weden nicht die der Jannowigbrücke aus. Dann bildet das Wasser eine schöne, Borstellung, als befände man sich zu Gast bei all' denen, ruhige Fläche, hinter der sich der hochragende Bau um so imposanter deren Werke hier gesammelt find, deren Tätigkeit Zeugnis ist für erhebt. Er wirft um so aparter, als er ein wenig vom Wasser das Streben eines ganzen Wolfes. Gerade daran, wie wir ein zurückliegt. Rings ist das Gelände nicht regelmäßig bebaut. Lager­solches Gebäude, das dem gemeinsamen Genuß eines ganzen, großen pläge, alte Werkstätten, gegenüber ein großes neueres Warenhaus. Gemeinwesens dienen soll, ausgestalten, daran zeigt sich die Kultur- Jenseits der Brücke, hinter der sich das Wasser in zwei Arme ber­höhe eines Boltes. Bis jetzt sind diese Gebäude immer noch mehr zweigt, die von großen, breiten Schiffen bevölkert sind, zeichnet sich oder weniger Sammelstätten für wissenschaftliche Zwecke und dienen am Horizont die Silhouette der Stadt ab, dunkle Dächer, darüber denen, die von Berufswegen sich mit den aufgestapelten Schäzen ein überaus schlanker, nadelspitzer Kirchturm. Am Ufer geben eine beschäftigen. Sie müssen und sollen aber für weiteste Streise Reihe kleiner, unregelmäßiger Häuser ein malerisches Bild, dunkle eine Stätte unmittelbaren Genusses werden. Denn was Farben, von graueren Tönen der Wandflächen unterbrochen, mit sollte anders ben Menschen erfreuen, wenn nicht die Giebeln und kleinen Fenstern und Lufen, aus denen Blumen heraushängen. allmähliche Arbeit derer, die bemüht waren, das Streben und Sehnen Den Abschluß bildet ein düsteres Viereck mit eigentümlich bleigrauer jeweiliger Beiten im Bilde oder in anderen Werken festzuhalten? Da Färbung der kompakten Mauern, die von einem festen, viereckigen redet überall ein Empfinden zu uns, das dem unseren parallel geht, Turm beinahe drohend überragt sind. und je mehr sich die Gefühle einer großen, wachsenden Gemeinsam teit vertiefen, um so stärker fühlen wir den Zusammenhang mit den Männern, die einfach und schlicht ihr Lebenswerk taten in längst vergangener Zeit, so daß ihr Wert noch jetzt uns erfreut, noch jetzt unser Staunen und unsere Befriedigung nährt. Wer solch eine Aufgabe übernimmt, muß wissen, daß er sich 8weckgefeßen und sozialen Anforderungen zu beugen hat. Für diese Jdeen bekommen wir erst jetzt ein Organ, und ein Künstler in vorgerücktem Alter, der aufwuchs in Vorstellungen, die uns fremd find, wird dieses Organ erst befizen können.

So wird die Art, wie ein Auftrag ausgeführt wird, erkennen laffen, wie weit der Künstler sich bewußt war, für eine Gesamtheit zu schaffen und wie weit er dekorative Raumgesetze respektierte.

Diese Gedanken tommen einem wieder, wenn man die über­raschende Kunde vernimmt, daß Berlin   ein neues Opernhaus er halten soll. Und zwar wird die Allgemeinheit gar nicht gefragt. Es wird von oben her bestimmt, wer es bauen soll und damit ist die Frage erledigt.

In dieses architektonisch reizvolle Bild Alt- Berlins fügt sich das Museum vortrefflich ein. Es ist ein Glück, daß hier mit dem aka­demischen Prinzip gebrochen wurde, wonach ein Museum ein Renaissencebau sein muß. Hier ist die märkische Bauweise inne­gehalten, ein intimer Reiz haftet dem Museum an, das die alten einheimischen Formen wieder zu Ehren bringt.

Mit außerordentlich feinem Geschick hat Hoffmann aber die Ueberfülle vermieden. In diesen Fehler verfallen die meisten Bau­meister, die den Backsteinbau pflegen. Ihre Bauten leiden unter dem Allzuviel. Hier haben wir im Ganzen eine wundervolle Flächenwirkung. Der Bau besteht aus vielen, einzelnen Teilen, ein Somartiger Anbau, in der Mitte eine märkische Kirche mit kleinem, aufgesetztem Türmchen, dann ein breiter märkischer Festungsturm. Troßdem ist es dem Künstler geglückt, dieses malerische Durch einander, das sich auf dem verzwickten Baugrund, einer zugespizten Ede, aufbaut, zusammenzuhalten. Er erreicht dies durch die sinn gemäße Verwendung der Fläche, die immer rechtzeitig im Ganzen vorherrscht.

Nein, sie ist damit nicht erledigt. Haben wir in Berlin   einen Wie reich und vielfältig gegliedert ist der Schmuck des Anbaus, Ueberfluß an guten Bauten? Wir leiden empfindlich Mangel daran. der mit feiner Empfindung aufgespart bis zum Abschluß des Daches, Wir müssen eifersüchtig darüber wachen, daß eine neue Aufgabe allerlei Rosetten und wie spielend geformte Bekrönungen, dazwischen einem Könner zuteil wird, nicht einem Pfuscher, nicht einem Akade- glafierte Steine, die einen Schimmer über das stumpfe Material miter, nicht einem Stilimitator. Damit ein solches Gebäude von werfen. Wie intim wirkt die kleine Kirche mit den aufgesetzten dem Geist unserer Zeit redet! Noch dazu, wenn es sich um eine Türmchen, wie großzügig ist das Dach gehalten mit den großen, Aufgabe größten Stils handelt. Man spricht von 15 Millionen. dunklen Metallplatten. Dann aber als impofanter Schlußakkord der Und wer baut dieses Gebäude? Ein Baurat Genzmer. Wer breite märkische Turm, der kompakt in die Höhe steigt, oben fich fennt ihn? Es mag ein achtbarer Mann sein, das soll niemand immer mehr einengt, bis das Dach in einem schmalen Strich endet. bestreiten. Aber reicht das aus? Wo find die Taten, die ihn so ist das Malerische( die Einzelheiten) und das Architektonische zur Uebernahme solcher Aufgabe, auf die Generationeu warten,( die ruhige Flächenwirkung des Ganzen) zu einer künstlerischen Ein berechtigt. In der Stadt, der Schinkel das Schauspielhaus, Knobels­heit verschmolzen. dorff das alte Opernhaus baute, müßte schon die Pietät anhalten, nur dem besten Künstler solche Aufgabe zu über­tragen. Denn das sind Denkmäler für Jahrhunderte. Aber solche Sachen werden bei uns jetzt im Handumdrehen abgemacht und durch einen Federtrich erledigt. Nennt man das Pflichterfüllung?

Es verdient noch hervorgeben zu werden, wie schön die stumpfrote Farbe des Materials im ganzen wirft, ein leichter, grauer Schimmer liegt darüber. Neizvolle Einzelheiten find noch die zyklopischen Grundmauern des einen Teils, ( einfach geschichtete Blöcke, wie es früher üblich war), auf die dann Die Nation hat ein Interesse daran, daß solche Dinge in der Ziegelstein anfeßt, dann die feine Berücksichtigung des Strauch breitester Deffentlichkeit verhandelt werden. Alle Kräfte müssen aufwerks und Nankenwerks, das den Bau unten umspannt. In den gerufen werden. Vom grünen Tisch aus oder durch besondere Ver- winkligen Ecken stehen Väume. Efeu kriecht an den Quadern fügung find solche Fragen nicht zu erledigen. Damit ignoriert man hinauf. Sträucher schlingen ihre vielfältigen Arme um das Gesims. selbst die Kulturzusammenhänge und isoliert sich in einen engen Ueberall, auch in den verschiedenartigen Formen der Fenster, bald Kreis, dem die Berechtigung zu allgemeiner Bestimmung abgeht. viereckig, bald spizzulaufend, bald oben gerundet, ein deutliches Die besten Aufträge tommen dadurch in unrechte Hände. Und da Betonen des Willens, des architektonischen Grundgedankens; dabei durch wird das Architekturbild Berlins   ein immer schlimmeres. Das im einzelnen intime Berücksichtigung feinster, malerischer Reize. ist um so bedauerlicher, als gerade Berlin   jetzt Aufgaben zu über Das Ganze ist eine in sich vollendete Schöpfung eines reifen nehmen hat, gerade architektonischer Art. Die Entwickelung verlangt Künstlers, der nicht der Laune folgt, sondern mit bewußtem es. Nur hier stehen die großen Summen zur Verfügung. Können ein Bauwerk hinsetzt, das sich einfügt in das Stadtbild und dennoch eine neue Tat ist, die landschaftliche Umgebung berücksichtigt, aus ihr hervorwächst und dennoch über sie dominiert. Der Messelsche Neubau, die Landesversicherungsanstalt ist architektonischer, strenger als das Hofmannsche Museum. Er ist neu artiger. Das Prinzip der hochstrebenden, von unten bis unter das Dach reichenden Pfeiler beherrscht die Fassade. Dadurch gliedert sich der Bau so übersichtlich und erhält einen strengen, einheitlich großen Charakter. Eine wohltuende Abwechselung schaffen die leicht gewellt laufenden Luken des Daches, die im Mittelteil vorherrschend betont sind, so daß über den parallel hochstrebenden Säulen ein großer fein geschwungener Abschluß erscheint, der wiederum über ragt wird von einem einfachen, märkischen Turn, der zugleich ein­fach und zierlich ist. Der Mittelteil des Baues strebt aus der Fläche heraus, so daß auch hier eine leichte, nach vorn dringende ovale Nundung sich zeigt.

Hier hat Berlin   eine Kulturaufgabe zu erfüllen. Wie erfüllt es sie? Es drückt sich herum. Es stellt sich so, als wäre es eine Klein stadt  , auf die niemand achtet. Es degradiert sich selbst. Wie viel junge Künstler mit hochfliegenden Plänen wären hier die geeigneten Kräfte! Sie warten auf solche Aufgaben. Und nicht nur das; nicht nur Sträfte bleiben ungenügt; es füllt sich die Stadt von Jahr zu Jahr mit Bauwerken, die ihm zur Unehre gereichen, die noch das Wenige, Gute, Alte zerstören.

Aber selbst wenn man nicht zu dem probaten Mittel eines öffentlichen Preisausschreibens greifen will, hat man nicht andere bewährte Kräfte zur Verfügung, die das Vertrauen der künstlerisch maßgebenden Kreise besitzen?

Auf diese Frage wird von zwei Bauten von selbst die Antwort erteilt, die neuerdings beendet wurden. Zwei neue Gebäude sind Zwischen diesen strengen Streben ist überall in Hardtheimer Kalk­ an   der Waisenbrücke in die Höhe gewachsen, die der sonst nicht gut stein Schmuck verteilt. Die Streben selbst sind in Ziegel ausgeführt. beleumundeten Berliner   Architektur zum Ruhm gereichen. Der Die graue Farbe des Kalksteins steht gut und diskret dazu. Leicht Zufall hat es gefügt, daß die beiden Baumeister, die augenblicklich nur heben sich die Konturen, die aus dem rauhen, porösen Stein unsere besten und selbständigsten Künstler sind, in so dichte Nachbars herausgemeißelt find, heraus. Zwanglose Gruppierung schafft ein schaft geraten sind. Die beiden Bauwerke, die sie geschaffen, stehen lebendiges, reizvolles Bild. Hier eine Gruppe schreitender Ficuren, sich gerade gegenüber. Messel   und Hoffmann sind die Erbauer. dort eine Balustradenfolge, bier ein Emblem. Die hohen