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mir, tönnte eine Kraft wie Dich, Onkel, reizen, fich an die Spike| bie ruppige blaue Wegwarte mit ihren zarten Azurblüten. Die zu stellen und der Stadt seinen Namen als Schöpfer des ganzen zu weißen Dolden der Schafgarbe und Möhre kontrastierten mit den hinterlassen!" blauen Rispen der Natterwurz, ihre gelben zierlichen Sterne beut die Schwarzwurz, und die Kamille entfaltet wiederum einen ganzen Kranz weißer Blumentronen. Im Garten ragt die riesige Sonnens blume hoch über blühendem giertabat, über blauen Rittersporn und gelbe Tagetes. Schlankleibiger Flor schießt auf, farbenprächtige Gladiolen zünden ihre Feuerferzen an, in zartem Blau erschließen sich die Dolden der Clivia, die liebliche Klematis erblüht und die ewig dankbaren Fuchsien ziehen neue rote Mieder und blaue Röckchen an. In zahllosen Variationen entfalten die herbstlichen Georginen ihre Bracht, unvergleichlich in Formen und Farben.

" Ich Gründer! Vater des Ganzen? Gag' nur lieber, daß die ganze Stadt sich Wasser über den Kopf gießt Gott   foll mich bewahren!" " Dieser Mammonteufel!" braufte Faste auf. Sein Zweifel, daß für diese Art erdgebundener Seelen die niederen Stoffe ihre Anziehungskraft haben!" Was, was?"

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Onkel Joel sperrte beide Ohren weit auf. Die Erde ist ein Bauer, aus dem nur die befreiten Glemente aufsteigen; das ist das Geheimnis Dich läßt Dein Geld nie los; das ist die Ankerkette, die Dich unten am Boden fest­hält!" Ich glaube, weiß Gott  , Du hättest Laienprediger werden sollen, das ist ein gutes Geschäft!" meinte Onkel Joel, während Faste zur Tür hinausstürzte. ( Fortjehung folgt.)

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Spätfommer.

Bon Eduard Oppel.

Bald überschauen wir das Vegetationsjahr. Seine einzelnen Phasen Inüpfen sich an bestimmte Farbenvorstellungen: der Frühling an faftiges Junggrün, der Sommer an das Kolorit der Bollblüte, Weiß, Gelb, Hot, Blau  , der Herbst au Fruchtreife und Laubfärbung, Gelb, Rot und Braun. Viele Forscher haben im Vegetationsjahr einen regelrechten Pflanzenkalender aufgestellt. So Professor Cohn, der das Vegetationsjahr in zehn Perioden oder Monate ein teilt; Drude unterscheidet sechs Jahreszeiten der tätigen Vegetation und Ihne rechnet sieben phänologische" Jahreszeiten. Aus jahre langen Beobachtungen hat man die mittleren Werte gefunden. So nimmt man mit dem Aufblühen der weißen Lilie( Peter und Paul, 29. Juni) den Sommeranfang an, Ende Juli, zur Zeit der Roggen ernte, beginnt der Hochsommer, das Aufblühen der Herbstzeitlose fündet den Beginn des Vorherbstes( Anfang September), die Zeit der Weinlese bringt den Herbst, die ersten Fröste verraten den Spät herbst( Ende Dftober). Die Bäune und Büfche entlauben sich. Die Periode, die vorangeht, besingt Emanuel Geibel  : Ich sah den Wald fich färben, Die Luft war grau und stumm; Mir war betrübt zum Sterben, Und wußt' es faum, warum....

Zwischen Schneeglöckchen und Schlüsselblume, duftigen Mai­glödchen und flammenden Feuerdorn führte uns der Weg vom Früh ling zum Sommer, vom Märzveilchen zur Blumentönigin Roje.*) Längst ist das Heidenröslein   in zarter Färbung und leisem Dufte auf den grünen Dornenbüschen am Feldrain und am Waldessaum berblüht und gezählt find die Tage der Zentifolien, die mit leuch tenden Farben und berauschendem Aroma in wohlgepflegten Gärten prangen. Campanula  , die Glockenblume, gibt ihnen das Grab­geläute. Und ist die Nosenzeit vorüber, ist der kraftvoll füße Duft Die Natur legt ihr purpurnes Sterbefleid an. Es ist, als wolle der Lindenblüte verweht, so ist auch die töstlichste Blumen- fie in der Pracht des Frühlings scheiden. Noch einmal wird der schöpfung des Jahres vorüber. Zwar folgt noch manches anmutige Farbentopf gemischt, aber nicht für die Blumen, sondern für das bunte Bild; aber der Hauch der Frühlingspoesie schwebt nicht da- Laub, das bis in glühendes Rot aufflammt und mählich gelb und über. Die. Laubfronen haben sich geschlossen; die Blätter wollen braun zur Erde sinkt. Immer trauriger stimmt der Abschied, den nicht mehr wachsen, sie nehmen ein dunkles undurchsichtiges Grün scheinbar die ganze Naturherrlichkeit des Lenzes und Sommers an. Zwischen ihnen leuchtet es gelb und rot, blau und braun auf: nimmt. Wir verstehen Hoffmann v. Fallersleben   in seinem weh die Früchte reifen. Der Herbst fündigt sich an. Sein Blumenflor mütigen Herbstlied:

gehört schließlich zum größten Teile der Familie der Korbblütler an, bei denen die unscheinbaren Einzelblütchen fich dadurch Ansehen und Geltung verschaffen, daß fie in dem Kelchforbe eng zusammenrücken und einträchtig bei einander bleiben. Dadurch machen sie den Ein­drud großer wirkungsvoller Blumen, wie die Sonnenblume. Und geti zeigt taum eine andere Pflanzenfamilie reichere Färbung und mannigfaltigere Formen. Man dente an Aster und Georgine, die wie die Sonnenrose das Beispiel der unglücklichen Blumennymphe Clytia   nachahmt und der Sonne folgt! Doch die holde Anmut der Lenzflora wird von der Sommer- und Herbstflora nie und nimmer erreicht.

Die ernste Zeit des Reifens mahnt uns an die Bergänglichkeit des Lebens. Wie rasch erfüllt sich die Zeit! Gestern noch wogte das Aehrenmeer, heute liegen die Garben darnieder. Man dente an Hoffmanu v. Fallerslebens Gedicht Das Wehrenfeld":

Ein Leben war's im Mehrenfeld,

Wie sonst wohl nirgends auf der Welt; Musik und Kirmes weit und breit

Und lauter Lust und Fröhlichkeit.

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Wie aber geht es in der Welt? Heut' ist gemäht das Aehrenfeld, Berstöret ist das schöne Haus,

Bald fällt von diesen Zweigen

Das letzte Laub herab;

Die Büsch' und Wälder schweigen, Die Welt ist wie ein Grab.

Und wir begreifen seine klagende Sehnsucht nach dem Frühling": D, wie ist es falt geworden

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Und so traurig, öd' und leer! Rauhe Winde weh'n vom Norden, Und die Sonne wärmt nicht mehr. Schöner Frühling, komm doch wieder! Lieber Frühling, tomm doch bald! Bring uns Blumen, Laub und Lieder, Schmücke wieder Feld und Wald!

Den letzten Wiesenschmud bringt die Herbstzeitlose, deren rosafarbene zarte Blüte auf weißem Schafte an die Krokusblüten des ersten Frühlings erinnert. Dann begibt sich die lebendige Natur zur Ruhe. Die Bäume und Sträucher haben als Winterborrat Stärkemehl und Eiweißstoffe in Stamm und Rinde aufgespeichert, die Stauden wieder legen in ihren Wurzelstöcken, Knollen und Zwiebeln unterirdische Magazine an. Die Knospen der Blätter und Blüten für das nächste Jahr sind bei den Holzgewächsen bereits fix und fertig, und so tommt es, daß in einem schönen Und hin ist Kirmes, Tanz und Schmaus. warmen Herbste die Linde noch einmal Sunglaub treibt, die Kastanie noch einmal einige Blütenkerzen aufsteckt und wohl auch ein paar Schon fliegen in den entlegenen Dörfern des Gebirges, foo Dbstbäume einige neugierige Lenzblütchen erschließen. Aber dieser felbst der wohlhabende Handwerker, der sich ein bißchen Landwirt- frankhafte Frühling fällt der ersten Frostnacht, dem tüdischen Nau­schaft leisten tann, sich mit wenigen Morgen Ackerland bescheiden reif zum Opfer. Der Winter tritt sein Regiment an, die Natur be muß, im steten Gleichtakt die Dreschflegel auf den Tennen, indessen reitet in langer Winterruhe neue Wunder und Offenbarungen für in den Rieddörfern und reichen Landgemeinden die Dreschmaschine das nächste Frühjahr vor. Es hat alles seine Beit.... unablässig schnaubt und brummt. Johann Gaudenz   v. Salis- Seewis  hat heuer recht:

Bunt find schon die Wälder,

Gelb die Stoppelfelder,

Und der Herbst beginnt.

Note Blätter fallen, Graue Nebel wallen, Kühler weht der Wind.

Der anormale fühle August, der so reich an Negen und so arm an Sonnenschein dahinzog, hat merklich an den Hoffnungen auf eine gute Weinernte gerüttelt. Ohne Glutsonne reifen die Trauben schlecht oder gar nicht aus, was um so bedauerlicher ist, als die ge­fürchteten Bilzkrankheiten( Ordium Tuckeri und Peronospora victi­cola) trop beunruhigender Alarmmachrichten durchaus nicht in be­sonderem Maße aufgetreten sind. Auch andere Edelfrüchte leiden unter der programmwidrigen Witterung, und selbst in der Flora zeigen fich die Folgen der naßkalten Tage.

Am Wegraine blüht die letzte Kornblume. Standhafter zeigt sich

*) Siehe Unterhaltungsbeilage Nr. 65.

Kleines feuilleton.

Kulturgeschichtliches.

Bon alten Geigen. Ein ähnlicher Sport, möchte man sagen, wie mit alten Bildern oder im fiebzehnten Jahrhundert mit holländischen Tulpenzwiebeln, wird mit alten Geigen ge trieben. Enorme Preise, Liebhaberpreise werden für alte Instrumente gezahlt und ihre tatsächliche oder eingebildete Unübertrefflichkeit wird auf allerhand Geheimnisse der alten Geigenbauer zurückgeführt. Jedenfalls freilich ist es nichts als das Alter des wohlausgesuchten und wohlkonstruierten Holzes, das den alten Geigen den Vorzug vor den neuen gibt. Aber viele Geigenjammler und Musiker meinen, daß hauptsächlich der Lack, mit dem die alten Meister ihre Geigen über­zogen, für die Klangfarbe dieser Instrumente von Bedeutung sei und man ist deshalb seit langem bemüht, die alten Ladrezepte wieder ausfindig zu machen, die besonders die Meister zu Cremona  , die Amati  , die Stradivari, die Guarneri   u. a. benutzt haben. Jeder