willen geschieht; aber tS ist trotzdem so wohltuend, Du/ sagte FrauForland.„Und schließlich haben Hauptmann Döscher und ich noch Viel-liebchen gespielt/— erzählte Agnete lächelnd.„Er verkehrt jetztüberall, wo ich eingeladen worden, und wir unterhalten uns undstimmen so gut überein—9.So war denn der Frühling gekommen, und das Einwe:hungs-fest für das Badehotcl stand vor der Tür.Das Hotel prangte fast fix und fertig. Drinnen auf denGängen, sowohl unten als auch oben, hingen alle Art Reklamen dergroßen Bade- und Kurörter Europas. In mächtigen Bildern undIllustrationen figurierten Wiesbaden und Vichy, Ems und Karls-bad, Aix-les-Bains und Schweizer Luftkurörter mit weihen Alpen-zinnen schwindelnd hoch oben in der Luft, Nizza und Monte Carloin weißer Kalkfarbe mit blendend hellblauem Meer und noch tief.blauerem Himmel. Die Reklameplakate waren mit denen desOrts ausgetauscht, die die Aufmerksamkeit nicht minder fesselten,— die Mitternachtssonne in Glut.Ueberall herrschte geschäftiges Treiben.Das kleine trauliche Gartengitter der Doktorenwohnungschimmerte schon von weitem. Und am ganzen Strande entlang,den Waggesen auf Wold aufgekauft hatte, waren Bauunternehmerund Spekulanten in voller Tätigkeit und verwandelten Bauern-und Schiffcrhäuser in Villen mit Brücken und Zugang zur See.Man zimmerte Pavillons und kleine Häuser zu Badekarrenauf Rädern, schlug Schuppen fiir Segelboote auf, die gleichSchwänen vor dem Bootshafen liegen und sich wiegen sollten.Und aus dem Hain erschollen die rasch aufeinanderfolgendenHammerschläge vom Sommertheater, das schon unter Dach war.Im Park, der zum Teil im Herbst mit Bäumen bepflanzt war,schuf man Anlaaen und Wege und arrangierte allerlei Rasenflächenund Blumenbeete.Der Gedanke an die erst« Saison des Badeortes dämmerte undbeschleunigte die Arbeiten.—-- ES war Frühlingswetter mit frischerschlossenem leuch-tenden Löwenzahn und einem Sausen von rieselndem Wasser ringsumher.——(Fortsetzung folgt.)INfeuere religiöse Literatur»Was sich heutzutage an neuer sogenannter„Religion" innerhalbder bürgerlichen Kreise— oft mit reibt viel Tamtam— bemerkbarmacht, geht zweierlei Wege. Entweder betont man das sittliche,d. h. daö soziale Moment. Oder das gefühlsmäßige, d. h. dasmystische Element.Mystik ist der Feind aller Ausilärung. Darum wird gerade indiesen Kreisen mit völlig unberechtigter Einseitigkeit auf Rationalismusund VerstandeSkultur gescholten. Es ist aber festzuhalten, daß alleVolksausklärung zunächst rationalistisch sein muß. Aberglaube kannnicht durch Glauben, sondern allein durch Wissen ausgetriebenwerden. Auch ist es sehr verdächtig, daß die neue Geküblsreligion,die man allerorten predigt, aus den besseren Schichten der Bourgeoisiestammt, und in ihren besseren Schichten Wurzel. saßt. Der tätige,mit dem Volke in stetiger Berührung arbeitende Teil, verficht—soweit er überhaupt noch Anteil an der religiösen Vorstellungswelthat— den anderen, den sittlich sozialen Ausdruck der Religion.Die Leute von letzterer Richtung entstammen meist Pfarrerund Lehrerkreisen. Ihnen ist aufgegangen, daß man mit den meistenreligiösen Vorstellungen dem Volle Steine statt Brot bietet. Un-fähtg, respektive nicht willens, sich ganz von dem religiösen Erbteilloszusagen, retten sie seine Trümmer unter die Hut der sozialen,manchmal auch der sozialistischen Ethik.Alles, was sonst an„religiösen" Schriften erscheint, steht imDienste irgendeiner besonderen kirchenpolitischen, dogmatischen odergeschichtswissenschaftlichen Richtung.Vor uns siegen eine Reihe Bücher, die von sehr verschiedenemStandpunkt aus die religiöse KrisiS von heute beleuchten.Albert Kalthoff, der nunmehr verstorbene Bremer Pfarrer,war derjenige unter den reichSdeutschen Theologen, der am kon«sequentcsten die marxistische GeschichtSthcorie auf die Entstehungdes Christentums angewandt hat. Seine scharffinnigen Bücher:„DasChristusproblem" und„Die Entstehung deS Christentums" sind vonden deutschen Schultheologen zwar entweder totgeschwiegen odermaßlos bekämpft worden. Dafür aber hat er von Amerika undEngland Unterstützung erhalten. Wenn siH auch höchstwahrscheinlich auf die Frage, ob eine geschichtlicheFigurnamensJesusdenAnstotzzuderchristlichenVolksbewegung gegeben hat, niemals eine sichereAntwort geben lassen wird, so muß doch dies wenigstensvon jedem Unbefangenen zugestanden werden: So wahrscheinlich,wie die inodernen Schulthcologen die historische Wirklichkeit Jesu ge-macht haben, ebenso ivahrscheinlich, wenn nicht noch wahrscheinlicherläßt sich die Hypothese Kalthoffs auch machen, die besagt, daß das, waSwir Christentum im Sinne einer historischen Kulturbewegung nennen,nicht» mit der Person eines IRabbis aus Nazareth zu tun hat.sondern aus den wirtschastlich-sozialen Tendenzen jener Zeit ent«sprungen und mit einen, aus griechischen, jüdischen, vorderasiatischenund römische» Bestandteilen bunt gewirkten Gewände umgeben ist.Von dieser historischen Anschauung muß Kalthoff natürlich zu derschärfsten Verurteilung gerade unserer heutigen Theologie kommen, dieja bekanntlich alle großen Gesichtspunkte, wie sie Kant, Fichteund Hegel noch hatten, aufgegeben und zu einer rein histortsch-apolo«getischen Disziplin herabgesunken ist. Dieser historischen Schule geltendenn auch die schärfften Worte, die er in einer seiner letzten Publikationenlbetitelt:„Modernes Christentum" in„Moderne Zeit-fragen" Pan-Verlag) gegen unser jetziges Christentuni richtet. MitEduard v. Hartmann hält er es für eine Verhöhnung der geschicht-lichen Wahrheit, wenn diese Theologen, die mit allen Dogmen desChristentums redlich KehrauS gemacht haben, nun, um den Namendes Christentums zu retten, von ihren Anhängern den Glauben ver-langen, daß die von ihnen(zun, Beispiel von Harnack) zusammen-geleimten Fetzen auS dunklen biblischen Aussprüchen und modernentkullurideen das ursprüngliche und echte Christentum seien(daS bekanntlich asketisch war und Armut, Keuschheit und Gehorsamstür die größten Tugenden hielt). Mit dem feinsinnigen, jüngstverstorbenen Baseler Theologen, Franz Overbeck, dem bekanntenFreunde Nietzsches zusammen ist Kalthoff davon überzeugt, daß daSursprüngliche Christentum weltfeindlich war, daß die sogenannteTheologie von Anfang an die Religion der Tat und des HerzenSerstickt hat, daß sie volksfeindlich war.«Für das Volk bestimmtenaturwissenschaftliche Vorträge— so sagt Overbeck— geben dochihren Zuhörern eine Summe von Kenntnissen mit. die für sie imKampf um daS Dasein unter Umständen Nutzen haben können.Einen solchen Nutzen kann populäre wissenschaftliche Theologie garnicht haben." Und als lebendige Beweise für die weltfeindliche undantikulturelle Gesinnung echten Christentums beschwört Kalthoffmit Recht die großen Asketen und Altruisten Sören Kierkegaardund Leo Tolstoi. Eine eingehende Kritik der eigenen AnsichtenKalthoffs überReligion können wirunssparen. Dieses intensive Lebens-gefllhl, das er seine Religion nennt, das hat jeder Kulturmensch,zumal jeder, der mitten in einer großen Kulturbewegimg steht, wi«es die Sozialdemokratie ist. Wir machen aber keinen Anspruchdarauf, deswegen, weil wir dies kulturelle Verantwortungsgefühlhaben, uns religiös zu nennen. Seien wir— auch Kalthoff—also ehrlich und gestehen, daß da», was man bisher Religion irannte,für uns unwiderbringlich verloren ist. Zum Schluß nur noch Kalt-hoffs schönes Urteil über Gustav Frenssens Hilligenlei. Er nenntdas darin gezeichnete Jesusbild„die üppigste Blüte der modernenTheologie. An phantastischer Willkür kann es schwerlich überbotenwerden. Denn es zeigt, daß diese sogenannte Wissenschaft nichtsist als theologische Tendenzdichtung. religiöse Romanschrift-stellerei...."Im Dienste der eben bekänrpften historischen JesuS-Theologiesteht eine geschmackvolle Publikation, die sich„Jesus imUrteilder Jahrhunderte"(von G. Pfannmüller, VerlagB. G. Teubner, Leipzig) nennt. Wir lernen fast alle bedeutendenteugnisse über das evangelische Chrtstusbild kennen, von dem erstenhnstenbekämpser CelsuS und den alten Kirchenvätern an überMittelalter und Reformation bis zum Pietismus und IS. Jahr-hundert. Besonders letzteres ist ausführlich behandelt. Die Theologenaller Richtungen, die Philosophieprofessoren, die Dichter, die Politikerund Sozialisten lBebclS und Lostnskys Urteile fehlen nicht)—alle, die sympathische oder antipaihische Urteile über denNazarener abgegeben haben, werden mit ihren Kernsätzen aufgeführt.Zwischendurch finden sich höchst gelungene Reproduktionen vonChristusbildern, anhebend mit den altheidnischen Wandmalereien inden römischen Katakomben, endigend mit Klinger und F. v. Uhde.Stellt man sich aus den Boden der Jesus-Theologie, so muß diesBuch als ein gelungenes bezeichnet werden, auch inhaltlich, insoferndiese Mannigfaltigkeit sympathischer Zeugnisse dem JesuS-Jünger alsein starker Beweis für seine Theologie erscheinen wird. Wer da-gegen prinzipiell anderer Meinung ist, dem wird gerade diesePublikation in seiner gegenteiligen Ansicht bestärken. Zeigt sie dochbesser als irgend eine theoretische Auseinandersetzung, daß Jesus nieals ein bestimmtes historisch konkretes Faktum auf die Menschen gewirkthat. Gerade dies, daß er für jede Zeit sich fähig zeigte, Ideal zuwerden, gerade dieS beweist nicht seine überragende Bedeulung.fondern beweist, daß er zu allen Zeiten Symbol, daß er das Gefäßfür irgend welche anderen, tiefer liegenden Tendenzen war. DaSbraucht nicht zu einer Gleichgültigkeit gegenüber den literarischenoder künstlerischen Dokumenten zu führen, die sich mit ihm be-schäftigen. Im Gegenteil: keiner wird ohne Rührung den schlichtenBericht eines. Markus, keiner ohne Ergriffenheit den SchuwrzenS-mann Albrecht Dürers, keiner ohne heilige Scheu den Aufsatz Fichtesüber den Nazarener in sich aufnehmen.—„DaS achtzehnte Jahrhundert können wir das philosophischenennen, das neunzehnte das historische"— mit diesem Worte kündigtsich auck, das in der Sammlung„Wissenschaft und Bildung"(VerlagQuelle ü. Meyer. Leipzig) erschienene Bändchen„DaS Ch r i st en t u m"als im Dienste der Historien stehend an. DaS Büchlein gibt einenangenehm zu lesenden Querschnitt der heutigen historisch orientiertenTheologie. Rur der letzte der fünf Beteiligten, Hcrrmann inMarburg, sucht von der alles überwältigender Historie loszukommen.Sein Aufsatz: Die religiöse Frage der Gegenwart bietet denn auchdas interessanteste des Werkes. Er macht den entschlossenen Versuch,Religion von allem, was Sitte, nationale Eigenart, d. h. Politik ist.