bringen tvird, so wird man ja dadurch in eine etwas schiefe Stellung gebracht, man wird unpopulär." «Ja, so sieht es aus, augenblicklich!" unterbrach Faste sie. --Aber um dies alles soll auf der Generalversammlung ge- kämpft werden! Die Leute heulen über ben Badeort, che dieser noch Gelegenheit gehabt hat, Einnahmen von sich zu geben.-- Aber ich werde sie durch«in kleines Panorama ermuntern, werde ihnen zeigen, wie öde und tot es hier wieder werden wird, wenn das große Fenster, das wir nach der Welt hinaus eingesetzt haben, wieder zugenagelt wird! Du ahnst nicht, Sölvi, was es heißt, sich Nach einem frischen, fröhlichen Kampf zu sehnen, wo man seine Kräfte brauchen und vor der Oeffentlichkeit mit alledem kämpfen kann, was einem zu Ge- böte steht, statt immerwährend privatim in den Rücken gestochen zu werden." Ob ich es ahne. Faste" Diese sanfte Miene und diese ewigen Wiederholungen von seitens Sölbis konnte er nicht leiden, da waren ihm doch die beißendscharfen Antworten, an die er früher gewöhnt gewesen war, weit lieber. Er ging im Zimmer auf und nieder und pfiff leise vor sich hin. Die Seinen fingen scheinbar an, demütigen Herzens zu werden, sie meinten wohl, daß das Meer abermals das Haus umbrause!-- Willst Du den Jungen denn gar nicht einmal ansehen?" fragte Sölvi beruhigend. Den Jungen? Ich hätte beinahe gesagt, hast Du einen Jungen? ES ist so lange her, seit ich an so etwas gedacht habe, Du" sagte er zerstreut, indem er ihr ins Schlafzimmer folgte. Ein Prophet muß natürlich den Glauben so lange wie möglich auftecht halten," hörte er hinter sich sagen, als er auf dem Rück- Wege um die Ecke des Kirchenpfades bog. Es war Tryggesens Stimme, eine Anspielung auf seine unverzagte Art und Weise zu gehen. Und Faste fühlte selber, daß er einem aufgezäumten Pferd glich, wenn er durch die Geschäftsstraßen mußte.-- Er hatte das Vergnügen, schon von weitem den alten Konsul Klüver zu sehen, der es auch jetzt für gut befand, stillzustehen und ihn anzusehen; aber freilich mit einem ganz anderen Griff um den Stock als dazumal, als er ihn denMirakelmacher der Stadt" titu- lierte.-- Und als Konsul Wulff vorüber wollte, blitzte es wie Spott in seiner Mene auf, als er ein wenig demonstrativ grüßte.-- Verteufelt angenehme Straße, diese Hafcnstraße, es war, als wimmele es von Menschen, die alle das jüngste Gericht in den Mienen mit sich herumtrugen. Der Zollinspektor hatte sich ein kupferrotes Geficht zugelegt und starrte ihn förmlich wild an. Und da kam Fräulein Laura Groth quer über die Straße zu ihm herüber. Sie glich einem jener größeren schwerfällig flattern. den Schmetterlinge, und man sah ihren Flügeln an. daß auch sie von der allgemeinen Angst ergriffen war. Sagen Sie mir doch, ist jemand gestorben? Heimgegangen?" kam ihr Faste entgegen.Sie sehen so wehmütig teilnahmsvoll aus, das Gesicht so fromm in Falten gelegt." Sie schüttelte den Kopf und sah ihn verletzt an.-- (Fortsetzung folgt.) Das XTbcatcr der Segenwart. (Schluß.) Besser waren nach der Seite der Ensemblebildung die Hof- und Provinztheater dran, sofern ihre Leitung nicht jeglicher dra- maturgischen Initiative bar war. Und wirklich arbeiteten sich ein paar Hoftheater zu achtunggebietender Höhe empor. Die Mei- ninger hatten in bezug auf die Rcgieführung nicht umsonst ge. wirkt; der Impressionismus der Schauspieler, der in Berlin   zur alleinseligmachenden Manier ward, ließ sich von einsichtiger Regie die rechten Grenzen anweisen, und ging die Theaterleitung der jungen Literatur nicht ängstlich aus dem Wege, so waren schöne Erfolge zu erzielen. In B e r l in, dem eigentlichen Mittelpunkte deutschen lite- rarischcn und theatralischen Lebens, dort wo mit dem aufkommenden Echten und Bedeutungsvollen auch die Scheinwerte gemacht wurden, hatte inzwifchen der Kampf um die neue Kunst nicht geruht. Mehrfach war der Versuch gemacht worden, über den Stil und namentlich das Repertoire d«S Deutschen Theaters hinauszu- kommen. Man wollte Ibsen mehr gepflegt sehen und nach dem Muster von Antoines Theütre Libre, das 1887 in Berlin   mit starkem Eindruck gastiert hatte, entstand 1889 der Verein«Freie Bühne" in der ausgesprochenen Absicht, der abseits der Konvention stehenden Dramatik eine Heimstätte zu bereiten. Mit den Aufführungen der Freien Bühne hatte der Natura- liSmus sich durchgesetzt. Es gab nunmehr in Berlin   eine Bühne, wo auch das freieste de: freien Kunstwerke eine Feuerprobe vor dem Publikum erhoffen durfte. Allerorten in Deutschland   wuchsen ähnliche dramatische Vereine empor; in Berlin   selbst entstanden «ine ganze Reihe derartiger Unternehmungen, die hie und da einen literarischen Erfolg zu verzeichnen hatten. Deer Schauspielkunst. der Weiterbildung des naturalistischen Stiles in einem Ensemble konnten sie nicht dienen, weil nach jeder Vorstellung das zusammen- getrommelte Völkchen der Komödianten wieder auseinanderlief. Erstklassige Darsteller befanden sich zudem nicht unter ihnen; sie waren den großen Theatern, wenn auch im immerwährenden Wechsel, verbunden. Von den großen Berliner   Bühnen stand noch immer daS Deutsche Theater   im Mittelpunkte des Interesses. An L'ArrongeS Stelle war 1894 Otto Brahm   als Direktor getreten, der diese Bühne nunmehr ganz dem konsequenten Naturalismus dienstbar machte. Wieder waren die Schauspieler und das Ensemble das Wert- vollste am Deutschen   Theater. Eine reine, künstlerische Linie, eine intime Kleinkunst ging in den ersten Jahren der Leitung BrahmS  durch das Ganze. Nur das Repertoire ließ Wünsche offen. Brahm pflegte Hauptmann und Ibsen  , Dreher und Sudermann, hielt auch Umschau unter den Klassikern, aber ein der Bedeutung seines Ensembles entsprechendes klassisches Repertoire brachte er nicht zustande. Er blieb literarisch einseitig; der Naturalismus und seine Talente waren ihm die Vertreter des echten Dramas. Dazu kam, daß er sich zu sehr in materielle Abhängigkeit vom Erfolg, vom Kassenrapport brachte. So gingen Fulda   und Hart- leben über Kleist und Hebbel   oder gar Goethe, so verlor er, ob- wohl er Bühnenbilder, namentlich Interieurs, von überraschender Milieutreue seinem Publikum zu geben vermochte, doch die Führung. Die EntWickelung ging über ihn hinweg und fuchts nach anderer Gelegenheit, nach einem anderen Führer, die heim- liche Sehnsucht der Zeit zu erfüllen. Sie fand den neuen Mann in Max Reinhardt  , einem guten Episod.'nspieler des Deutschen Theaters  . 1901 begründete er das Kleine Theater mit Künstlern wie Emanuel Reicher  , Rosa Bertens  , Gertrud Eysold und Luise Dumont  , 1993 eröffnete er das Neue Theater und seit 1994 herrscht er im Deutschen   Theater, während Brahm   das Lessing- Theater übernommen hat. Reinhardt hat das koloristische Element auf der Bühne zu Ehren, vielleicht zu allzugroßen Ehren gebracht. Auch er strebte Mlieutreue an, beschränkte sich aber nicht auf Jnnenräume, wie in seiner Ausführung von Gorkis  Nachtasyl  ", sondern legte den Nachdruck seiner Negisseurtätigkeit auf das Landschaftliche. Man brachte die Wirklichkeit, einen grünen Rasen- teppich, wirkliche Fichten und Birken auf die Bühne und stellte das Ganze in einen aus der Stimmung des aufzuführenden Dramas heraus geschaffenen Rahmen, für dessen künstlerischen Wert die Namen der Maler Walser, Orlik, Roller sprachen. Alle Künste wurden zum Schmuck der Szene, zur Hebung der Illusion heran- gezogen. Musiker von Rang und Ruf, wie Humperdinck   und Pfitzner, brachten die im klassischen Drama notlvendige Begleit- musik in edler, auf das Ganze abgestimmter Form, und eine ganze Anzahl von Dramaturgen, förmliche Spezialisten in ihrem Fach, walteten ihres Amtes. So konnte Reinhardt mit Darstellern wie Rudolf«childkraut, Kaysler, Winterstein, Pagay und Engels, der neben Vollmer am Königlichen Schauspielhaus und Schweig- hofer, jetzt der beliebteste Komiker der deutschen Bühne war, mit Schauspielerinnen wie Gertrud Eysoldt  , Lucie Höflich  , Tillai Durieux und Hilde Mangel Aufführungen herausbringen, die in bezug auf Milieu, Stimmung und Zusammenspiel des Ensembles einen bis dahin noch nicht erreichten Höhepunkt darstellten. Die Salome" Wildes, dieElektra" von Hugo von Hofmannsthal  , MaeterlincksPelleas und Melisande  ", LessingsMinna von Barnhelm  ",Der Sommernachtsteaum",Kabale und Liebe", Der Kaufmann von Venedig",Das Käthchen von Heilbronn  ", die Dramen Frank Wedekinds. Shaws und der Neuromantiker wurden so Ereignisse nicht nur des Berliner   theatralischen Lebens. Der dichterische Stil eines jeden Werkes wurde zum Vorbilde für den Stil der Darsteung. Man konnte sich Zeit und Mühe nehmen, die intimsten Wirkungen aus dem Werke herauszuholen. weil es ja genügend lange, oft über 1b9mal hintereinander auf dem Repertoire stand, und die Darsteller nicht, wie an einem Hof- oder Stadtlhcatcr, gezwungen waren, heute dies und morgen da? zu spielen. Auch der szenische Aufbau konnte auf der Drehbühne für allemal siehen bleiben, ein Vorteil für die Regie, der nicht zu übersehen ist. Die Reinhardtschen Theater gelten heute als die ersten Theater Berlins   und haben noch insofern eine Er- Weiterung erfahren, als Werke, die sich für ein großes Publikum. in einem großen Rahmen nicht eignen, auf einer kleinen, intimen Bühne gegeben werden und alsKammerspiele  " schnell zu einer Berliner   Sensation geworden sind. Ein Ereignis für daS gesamte theatralische Leben Deutsch- lands war im Frühling 1999 das Gastspiel des Moskauer künstle- rifchen Theaters. Der beispiellose Erfolg, den die russische Künstlerschar in Berlin  , Dresden  , Wien   und anderen deutschen Städten davontrug, gab zu denken. Wie konnte es kommen, daß man zu diesen Moskowitern ausschaute wie zu Verkündcrn einer neuen Lehre, zu Bringern eines das Tiefste unseres Wesens durch- zitternden und erschütternden künstlerischen Evangeliums? Waren unsere Schauspieler, unsere Regisseure um so viel schlechter als die der Russen? Nein, pie Gründe für das damals uns bewußt werdende Erstarren der deutschen Sckmuspielkunst lagen anderswo. Unsere Theater sind, wie wir gesehen haben, mit Ausnahme einiger weniger vornehm geleiteter Bühnen. Geschäftstheater, müssen von Unternehmern ort großen Stiles gleitet kein, kür die das iünltle»