Zerstreuung dcincS gewaltigen Schaffens versehentlich zuerteilthast?—Jetzt, wo ich vor dem Kalten. Zlackten stehe, möchte ich wohlfragen, warum du mich von einem steinigen Abgrund zum anderenhast über die Erde kriechen lassen, gleich einem Wurm mit irre-führenden Flügen, so daß ich ein gutes Recht besah, zu glauben,daß mein Wesen zum Fliegen geschaffen sei?--Frage, frage nur. Fastet— Niemand wird dir ant-Worten.---Er schlug den Weg ein, der zwischen den Schluchten der Strand-Hügel entlang führte.Ebenso gut kannst Du den Gischt fragen, der den Svabcrghinanstürmt.-- Der schäumt und donnert und brüllt und weichtzurück gleich einem Spitzcnschleicr.-- Er ist schön. Aber häßlich,nüchtern und salziggrau, wenn er sich am Felsen zerschellt;— undhat nichts mit Spitzen oder Regenbogen im Wasserstaub zu schaffen!Willst du wissen, was ein Gewaltiger ist? Da kommt jetzteiner hcrangerollt, so nüchtern wie die ewige Wahrheit, währendder Schaum an seinem Kamine cmporlcckt,— eine große Glaswellemit weißem Helm und flatterndem Hclmbusch!— Sie zerschlägtsich an der zerrissenen Klippe, von der sie herabflieht und tropft,— unaufhörlich, unaufhörlich,— das ist ihr Lebenswerk.--Ein Priester in hoher, spitzer Mütze steht da und predigt indas Meercsgebrause hinein, bald unter, bald über dem Wasser,bald frei und hoch im langen Talar, bald ganz begraben, so daßdie Worte zu Schaum und Dunst werden.--«Und dort, weiter hin, kämpft die Brandung einen harten Kampfmit einem seichten Grund voller Tang, wo es die ganze Zeit zischeltund tischelt—„St!— St!--"Und die Welle zieht sich kreischend, heulend, hohnlachend zurück,— in die Arme einer gewaltig heranbrausenden neuen!Ja. Faste,— jetzt kommt die Antwort.-- Das Meer breitetsich zu einem weihen, viereckigen, schäumend schwindeligen Leichen-tuch aus,— dort auf dem sandigen Boden mit wogenden, entzücken-den Schönheitslinien mit verbrämter Kante geschmückt,— dortzwischen den kleinen Steinen prasselnd.—„ Plumps-- plups--(Fortsetzung folgt.)(Siachdruik verboten.)Der türkifchc Bauer.Von einem Türken.«Der Türke, den die Handhabung der Gewalt nicht korrum-picrt, den die Unterdrückung nicht erniedrigt hat, gehört sicherlichzu den Leuten, die durch eine glückliche Mischung guter Eigen-schaftcn allgemein gefallen müssen. Niemals betrügt er; ehrlichund rechtschaffen, ist er seinen Stammesgenossen gegenüber treuwie Gold; im höchsten Grade gastfreundlich; ehrerbietig, aber dochnie kriechend; diskret, tolerant, wohlwollend und überaus zärtlichzu Tieren." So urteilt Elisee Reclus, der berühmte Geograph,über die Lsmanli, und es wäre unmöglich, treffendere oder bessereWorte über sie zu sagen. Seine Ansicht stimmt auch in jeder Bc-ziehung mit dem Urteile der Reisenden überein, die den Orienteingehend studiert haben.Wer aber den Türken finden will,„den die Handhabung derGewalt nicht korrumpiert hat", muh ihn im Innern der Provinzensuchen— niemals in den großen Städten. Denn nur diesemallein gebührt dieses Lob, und leider nur ihm allein. Seinebemerkenswertesten Charakterzüge sind Rechtschaffcnheit und Ab-scheu vor der Lüge. Gerade hierin unterscheidet er sich von demTürken in Konstantinopcl, der mit einer wahrhaft bewunderns-werten Unverschämtheit lügt und betrügt. Der ist in keiner Weiseanders wie der Armenier oder der Grieche, dem es Vergnügenmacht, den armen muselmännischen Bauern zu hintergehen, undder ihn dann obendrein noch auslacht. Sprichwörtlich ist seineMäßigkeit. Kein europäischer Bauer hat so geringe Bedürfnissewie er und könnte mit einem Stückchen groben Schwarzbrotes, daser mit ein paar Schluck kalten Wassers hinunterspült, sein Lebenfristen. Und damit kommt der türkische Bauer recht gut aus. Fürihn gibt es keinen Schnapsladen. Für seine Person ist er peinlichsauber, denn seine Religion verlangt von ihm, daß er mehrmalsam Tage Waschungen vornehmen soll. Dessenungeachtet aber ver»nachlässigt er doch die einfachsten Forderungen der Gesundheits-lehre. Eine in die Erde gegrabene Höhle, der ebenso wie dieFenster jegliches Mobiliar fehlen, bildet seine Wohnung.Gewöhnlich ist der türkische Bauer Monogamist. Nimmt ersich eine zweite Frau, so geschieht dies nur deswegen, weil er„nocheine Dienerin haben tvill". Seine Frauen behandelt er zärtlich,und seine Kinder vergöttert er. Seine Liebe zu Tieren kann mannicht genug rühmen. In manchen Probinzen genießt der Eselzwei Ruhetage in der Woche. Dieser Zug der Sanftmut undMilde, der einem kriegerischen Volke, wie es die Türken doch sind,so viel Ehre macht, geht durch die ganze Nation. So zeigen sichdie Belvohncr Stambuls überaus gütig gegen die herumstreifendenStratzenhundc. und es schmerzt sie, wenn sie sehen müssen, wiebrutale Griechen und Lcvantincr aus reinem Mutwillen die armenTiere schlagen und sie mit dem Fuße zur Seite stoßen, wenn sieauf ihrem Wege liegen. Hat eine Hündin Junge bekommen, sobringen sie sie an einer Straßenecke in einer improvisierten Hütt«unter, zu der ihnen eine alte Kiste dient, die sie mit Stroh undweggeworfenen Teppichstücken ausfüllen. An den meisten Tür-schwellen Stambuls kann man kleine Krüge mit Wasser stehensehen und im Ramazan, dem Fast- und Festmonat des Jahres,füttern die Türken sämtliche Hunde ihrer Nachbarschaft. Willein türkischer Junge sich ein ganz besonderes Vergnügen machen.so geht er in den nächsten Bäckerladen und kauft sich dort Brot,das er dann unter die Hunde seines Stadtviertels verteilt. VielFreude macht es ihm, wenn er all diese leuchtenden Augen, dieseschnüffelnden Nasen und wedelnden Schwänze sieht. Die armenTiere freuen sich so über ein gütiges Wort oder ein kosendesStreicheln, daß der Ausdruck ihrer Dankbarkeit dafür mituntergar zu zärtlich wird, denn eine allzu innige Berührung mit ihrenschmutzigen Pfoten oder ihrem dampfenden Maule ist nichtsweniger als angenehm.Der Türke ist großmütig; selten verweigert er einem Bettlerseine Gabe, und kann er ihm nichts geben, so sagt er in höflichemTone:„Unahet Allahl Möge Gott Dir helfen!" Das klingt dochganz anders, als wenn ein Europäer zu einem Bettler sagt, ersolle sich zum Teufel scheren.Die Gastfreundschaft des Türken ist bekannt. Sobald einFremder bei ihm ankommt, werden ihm Kaffee und Zigarettenvorgesetzt, und willigt der Fremde ein, bei ihm zu verweilen, sowird das beste im Hause zu seiner Bequemlichkeit aufgeboten.Und das alles geschieht mit jenem angeborenen Takte, der auf-dringliche Fragen vermeidet.Mit all diesen Vorzügen verbindet der türkische Bauer aberauch Fehler. In seiner Arbeit läßt er eS an Fleiß und Energiefehlen. Er arbeitet nur, weil er eben arbeiten muß, und sobalder kann, kehrt er wieder zu seinem Kef zurück. Um die Zukunftmacht er sich keine Sorgen, ja. er denkt kaum an sie. Sein ganzesStreben geht nur dahin, so viel zu schaffen, wie er zum Unterhaltseiner Familie gebraucht. Warum sollte er auch mehr tun? Erhätte ja doch keinen Nutzen davon. Zu allererst würde der Er-Heber der Zehnten kommen, der vom Staate das Recht der Steuer-erhebung kauft und mit seiner Ausübung den armen Bauer drücktund bis aufs Blut ausprcht. Ferner muh er darauf gefaßt sein.sich für den Generalgouverneur(Vali), den Präfekten(Mutessarif) und Unterpräfcktcn(Caimakam) abrackern zu müssen. Undreist zufällig einmal eine hohe Persönlichkeit mit ihrem Gefolgedurch seine Gegend, so hat er Gelegenheit, seine Gastfreundschaftzu üben, und er muh für Beköstigung und Unterkommen der un°gcbetenen Gäste sorgen; auch Soldaten, die auf dem Wege nachihrer Garnison, durch sein Dorf ziehen, muß er beherbergen. Unddie Nachricht von dem bevorstehenden Eintreffen hoher Würden-träger oder Abteilungen von Soldaten versetzt die Bauern einesDorfes oft in so großen Schreck, daß sie alles im Stich lassen undin die Berge flüchten, bis der gcfürchtete Besuch ihre Gegendwieder verlassen hat.Einst strebte ein Gouverneur nach einem Gute, das mindestenseinen Wert von 25 000 türkischen Pfunden hatte. Er ließ denBesitzer rufen und eröffnete ihm, es läge in seiner Absicht, dasGut zu kaufen, und zwar zu einem Preise, den er selber festsetzenwürde, für 5000 Pfund. Der unglückliche Eigentümer verzog zwarsein Gesicht bei diesem Angebot, aber es blieb ihm nichts übrig, alsgute Miene zum bösen Spiele zu machen und auf den Verkaufeinzugchen, denn nur zu gut wußte er, welche Folgen eineWeigerung oder eine Mehrforderung sür ihn haben könnte. Damitist die Sache aber nicht zu Ende. Abermals sandte der Valinach ihm und verpachtete ihm das Gut gegen den bescheidenen Zinsvon 2500 Pfunden! Der rechtmäßige Besitzer erwiderte nichts undlieh auch diese neue Ungerechtigkeit still über sich ergehen. Undschliehlich verlangte der schlaue Gouverneur eine weitere Zahlungvon 2500 Pfunden und zwar, wie er sagte, für Reparaturen, dieer aus dem Gute müsse vornehmen lassen, für Schlagen vonHolz usw. usw. So wurde der rechtmäßige Eigentümer um seinGut gebracht, ohne daß er dafür auch nur einen einzigen Pfennigerhalten hätte. Ja. er durste sich auch nicht einmal beklagen, denndadurch hätte er seine Sache nur noch verschlimmert. Wozu sollman also unter solchen Verhältnissen für andere arbeiten? Wasfür einen Zweck hat es, jede Stunde guten Wetters wahrzunehmenund dcni Boden von Jahr zu Jahr reicheren Ertrag abzuringen?So wenig als nur möglich arbeitet man, denn so viel als manzum Unterhalt gebraucht, gibt der Boden schon her. Um nur einBeispiel anzuführen, die Verwendung des Düngers ist vollkommenunbekannt. Statt ihn dazu zu benutzen, den Boden reicher undfruchtbarer zu machen, gebrauchen ihn die Bauern als Brenn-material. Aus Pferde- und Kuhdung machen die Weiber eigen-artige Pasteten und Kuchen, die in der Sonne getrocknet und alsHeizung für den Winter aufbewahrt werden. Da die BauernHolz und Kohle zu Hcizzwcckcn sich nicht beschaffen können, sindite gezwungen, sich dieses schmutzigen Materials zu bedienen, dasbeim Verbrennen einen unerträglichen Gestank verbreitet.In Konstantinopel kenn man täglich große, mit dem Abfallund Kloakewasser der SItdt bcladcne Kähne sehen, deren Inhaltohne weiteres in die See bei ihrem Eintritt in das Goldene Horngeschüttet wird. So wird alljährlich kostbarer Dünger, vieleTausendc von Frank an Wert enthaltend, in den Bosporus ge.worfen, dessen Wasser er verpestet und vergiftet, und dabei wird