heuts ebensowenig zu ermitteln» wle etw» der Meister, der die erste eigentlicheVioline" baute. Die süddeutschen und die ober- italinischen Jnstrumentenmacherfamilien müssen sich ganz allgemein in den Ruhm teilen. In Lyon konstruierte der aus Freising stammende Bayer, der in Frankreich unter dem Namen Duisfo Orcucart berühmt wird, tSSS seine prachtvollen Violinen; in Nürn- berg verfertigt Hans Frey, Dürers ehrenwerter Schwiegervater, seine erste Violine; gemeinsam mit Jean Ott war er sogar, um 1449, längere Zeit in Brescia ; in Nürnberg , in Lyon , in Mantua , in Brescia und in Cremona arbeiten in aller Stille die Meister, die ihre immer mehr sich verfeinernde Kunst auf Kind und Kindes- linder forterbend, alle zum großen Gelingen beitragen. Schon hat die Viola a gamba, die direkte Vorläuferin unseres Cellos, sich eingebürgert. Mit der Erfindung des Notendrucks, mit der Musik der niederländischen Schule ersteht dann jene technisch gerüstete Komponistenschar, die die Improvisationen der Alien beiseite drängt. Mit der wachsenden Herrschaft der Technik beginnt auch die Auf- lehnung der Instrumente gegen die tyrannische Alleinherrschaft der Menschenstimme, sie mündet schließlich in eine Emanzipation, die auf den Jnstrumentenbau anfeuernd einwirkt. In der Kunst zeigt uns das öftere Auftauchen von Violen und Geigen den Wechsel; Raffael , Melozzo, Tizian und Veronese malen ihre Engel, Frauen oder Heiligen mit Violen, aber in Wirklichkeit bekümmerten sich damals nur wenige einsame Enthusiasten um den großen Um. schwung zum Streichinstrument. Man fragte nicht viel nach einem Andrea Amati , der im idyllischen Cremona seine unvergleichlichen Instrumente schuf. Mitte des 16. Jahrhunderts erscheint das voll- kommen durchgebildete moderne Cello; als Amati seine erste Geige vollendet, beendet in Brescia Gasparo da Salo sein erstes Violon- cello. Noch fteilich stehen die neuen Instrumente nicht so hoch im Kurse wie heute, wo ein Herr von Mendelssohn für das Violoncell Piattis, übrigens das letzte Cello, das Stradivarius 1729 fertig- stellte, den niemals wieder erreichten Preis von 89 999 M. bezahlte. Allein mit der Emanzipation des Instrumentes von der Sing- stimme begann auch das Cello seine Karriere als Soloinstrument, ja, im 18. Jahrhundert überholt es sogar auf kurz« Zeit die Violine; die vornehme Dame besaß ihr Cello, während die Violine verpönt war. Die Vollendung im Bau des Violoncellos, die die Meister des 16. und 17. Jahrhunderts erreichten, die da Salos, Amati , Stradivarius und Guarnerius und die deutschtiroler Meister, ist später nie mehr erreicht worden. Es gibt seitdem nur eine Geschichte des Cellospiels und der Celloliteratur: Das Cello als Instrument hat seine ideale Vollendung zu Anfang des 18. Jahr- Hunderts erreicht O. Vf. (Nachdruck vetEoltn.) Im frankenland. Da? Sonderbarste im Leben ist, daß es doch eine Art Erfüllung gibt. Das Goethische Wort, daß man im Alter in der Fülle hat, was man in der Jugend wünscht, kann ja einen wegen seiner grenzenlosen Unwahrheit zum Aufbäumen bringen; und doch ist eS wieder wahr. Mir wenigstens geht es oft so. Ich weiß kein schöneres Lied in den Bergen zu singen als das Scheffelsche: Wohlauf, die Lust geht ftisch und rein, Wer lange sitzt, muß rosten." Wie oft haben wir es schon als Sechzehnjährige in die kahle Bergluft hinausgeschmettert und uns vomheiligen Veit von Staffelstein" unsere Sünden vergeben lassen! Aber jedesmal, wenn der Vers kam, daß wirWS Land der Franken fahren" wollten, überschlich mich eine seltsame Sehnsucht nach diesen unbekannten Gefilden Deutschlands . Die Begriffe gesund, herb, mannhaft waren bei mir immer mit der Vorstellung ftänkischer Lande und fränkischer Menschen verbunden. Was ist nur der eine von ihnen, Albrecht Dürer , für ein Kerl, und wer kann nur ein einziges Mal durch Nürnberg gegangen sein, ohne die schwerblütige Wucht, vereint mit der frohen Sinnlichkeit, des Frankentums empfunden zu haben. Wenn alle rassenphilosophischen Theorien und ethnographischen Grübeleien verschwunden sein werden, so wird immer das eine davon übrig bleiben: daß der Charakter und die Gemütsverfassung. kurz, der innere und äußere TypuS des Menschen in allererster Reihe bestimmt wird durch die Scholle, auf welcher der Mensch geboren ist, und im weiteren Sinne durch die Landschaft, in der er wohnt. Die Freuden der Natur, die er teilen kann, oder ihre Gefahren, die er bestehen muß, daS prägt sich wie ein Spiegel auf weichem Wachs in den Gesichtern, in der Körpergestalt und natürlich auch in der Gesamtveranlagung der einzelnen Stämme eines Volkes aus. Damit wird weder die innere Zusammengehörigkeit der Menschheit noch die Gemeinschaftlichkeit großer politischer Ziele zwischen bestimmten Klassen einzelner Nationen in Frage gestellt. Nirgends geht einem der Zusammenhang zwischen Natur und Mensch, Landschaft und Stamm mehr auf, als im Frankenland Zählebigkeit und Schwerblütigkeit, Intelligenz, vereint mit Tatkraft und gänzlicher Mangel an Sentimentalität, dabei eine etwas derbe Sinnenfreude, das ist, was sowohl das Volk der Franken , als auch sowohl seine bedeutenden Vertreter in der Geschichte, der Wissen- schaft, in der Kunst auszeichnet. Es ist zum Beispiel gar kein Zufall, daß die bedeutenden Politiker in der.Geschichte Baden? nicht etwa gemütvolle Alemannen, sondern tatkräftige Franken a2> der Taubergegend waren. Goethe, derjenige Mensch, welcher irt höchstem Maße einen genialen Geist und eine unermeßliche Ge, mütstiefe mit nüchternster Tatkraft verkand, war Mainfranke« Wer kann sich in der Parteigeschichte der Sozialdemokratie eins wohltuendere, kräftigere Gestalt als den Franken Grillenbergeit denken? Es kann natürlich jeder deutsche Stamm große Männea für sich reklamieren: aber nie spiegelt sich der Geist der Landschaft so unverfälscht wieder, wie bei großen Söhnen Frankens. Ein Stück Erde , dessen Hauptmerkmale Fruchtbarkeit des! Bodens, großzügige Schönheit der Hügellandschaft, schöner Schwung der Flußverläufe und ein nach allen Seiten hin weiter Blick übe« ruhevolle Fernen, das ist das Frankenland. Und dahin hat ein gütiges Geschick mich jetzt verschlagen, als ob es meine stille altck Sehnsucht endlich einmal begleichen wollte. Ein charakteristischer Ausschnitt Frankens, den man als Teil fürs ganze nehmen kann, ist die Gegend zwischen Schweinfurt und> Bamberg . Schweinfurt ist eine jener deutschen Kleinstädte, die den alten Geruch nach Schildbürgerei nicht mehr losbekommen, obwohl der scharfe Luftzug der modernen industriellen EntWickelung auch durch sie gefahren ist. Neben schwergebauten alten Patrizier» Häusern wackeln kleine, biedere Handwerkerhütten mit den morschen Giebeln. Aus ehrsamen Wirtshäusern hängen einladende Schilder» und hinter leis zurückgeschobenen alten Fenstcrvorhängen blicken spitze alte Nasen neugierig hervor. Und um all dieses kleinstädtische Stilleben qualmen Hohe Schlote von Fabriken, deren Tore jeden Morgen Arbeitermassen vom Lande einsaugen und abends ent» kräftet wieder ausspeien. Bekannt ist Schweinfurt durch sein giftiges Grün, durch seine großen Ochsenmärkte und durch Friedrich Rückert , von dem ich ebenso wenig begreife, daß er aus Schweinfurl stammt, wie es Heinrich Heine je begriffen hat. daß Shakespears ein Engländer gewesen sein soll. Wenn man von Schweinfurt hinaus gegen Bamberg zn wandert, dann geht es einem auf, was eine ruhevolle Landschaft ist. Zwischen grünem Gelände, das sich in sanften Bodenwellen bis zum Horizont erstreckt und steil ansteigenden mit Hunderten von kleinen Lusthäuschen geschmückten Weinbergen, zieht die breita Landstraße, die Doppelspur des Schienenweges und der ruhig, abev doch rasch fließende, gelbbraune Strom. In weitem majestätischen Bogen verliert sich das Silberband des Main in die Ferne. Oft sind über die langen Bodenwellen, Wiesen, Felder und Becker wlg verschiedenfarbige Teppiche sanft hingelegt, oft sind von dunklen sanften Waldsäumen gekrönt. Der milchblaue Himmel, das grüna Land und die goldbrauen Rebhügel sind alle von einem silbergrauen Nebel umwoben. Der hohe Feuchtigkeitsgehalt der Luft gibt den Landschaftsbildern am Main etwas von jenen fein opalisierenden Tönen, die wir so sehr in den Landschaften der alten Hollände» bewundern. Ein unvergeßliches Bild, fast wie die Erscheinung eine» Gralsburg, ist der Blick auf daS im Maintal gelegene Schloß Mainberg. Es liegt auf einem grünen, vorgeschobenen Hügel, de» sich an höhere Rebberge anlehnt. Unter Baumkronen versteckt ducken sich zu Füßen des Schlosses die kleinen Häuser des Dorfe?» als wären sie in seinem Schutz geborgen. DaS graue Schloß selbst zeigt die Front dreier mächtiger Stufengiebel in der steifen, grad» linigen Frankengotik. Die verwitterten Kreuzblumen der Giebel sind von grünen Baumwipfeln umrauscht. DaS Schloß Mainberg hat seit tausend Jahren den Stürmen in diesem reichen Erdenwinkel zugeschaut, hat das nie endenda Waffenklirren in den Fehden der alten Reichsgrafen gehört, hat den üppigen Bischöfen von Würzburg als Sommerresidenz gedient» ist nach der Säkularisation vom bayerischen Staat verludert worden, war eine Zeitlang Farben- und Tapetenfabrik und dient jetzt, soviel ich höre, einer freien Gemeinde von Menschen als Wohnsitz, die in aller Stille und Arbeit für sich das Problem deS Lebens zu lösen versuchen. Während der ganzen Wanderung Bamberg zu verläßt uns nicht der Strom. Wie ein Symbol des Lebens zieht er dem Man» derer entgegen. Flöße gleiten seinen Rücken herab, auf zahllosen Fährten setzen Menschen und Vieh, ganze Heuwagcn und vie» Ochsen davor, oder Fuhrwerke mit schweren klobigen Gäulen über. In den kleinen Dörfren herrscht Herbstleben. Die Wagen fahren ein und aus. Ein wahrer Kindersegen quillt aus den Häusern« Nirgends sieht man so viele gesunde, stille und frohe Kinder, wis hier. Wie reich ist ein Land mit dem Glück rotbackiger Jugend I In Frankreich bin ich einmal durch ein großes Weindorf gewandert und habe zwei magere kleine Buben gesehen. Man sehnt sich dort oft förmlich nach Kindern. Hier wimmelt es. Dieses Blut stirbt nicht so bald aus. Die Väter und Mütter sind wie Gestalten aus Dürers Zeichnungen. Lange, eckige Gestalten mit Hakennasen odev starke Frauen mit dem stillen Glück hoffender Mütter auf dem Gesicht. So ist daS Frankenland , so ist Unterfranken . Mir wenigstens ist es so erschienen. In Bamberg gibt es gute, kleine Wirtshäuser» und als ich am ersten Abend mit Freunden durch alte mond» beglänzte Gassen zog, betete ich» diesmal nicht ohne Grund, abe» mit Inbrunst: O heiliger Veit bon Staffelstein Vergib uns unsere Sünden« R.