ihn besonders, daß ein Fremder den bodenständigen Klerusbeleidigte.Und er war überhaupt von heftiger Gemütsart.„Sie nehman Eahna viel Kraut'rausl" schrie er.„Waserlaub'n Eahna denn Sie? Sie zuag'roaster Holzbauer!"Jetzt ging es im Saale los. Ans allen Ecken kamwütendes Schreien: viele sprangen auf und schlugen in dieTische hinein.„Schmeißt's'n außi den! Derfst du schimpfen, du ganzSchlechter? Außi damit! Außi damit!"Von rechts und links, von unten und oben johlte, pfiff,heulte es. Ter Lärm steigerte sich, als Metz auf die Tribünestieg und die Leute beschwichtigen wollte.„Oba dal Du hascht nix z'toa da drob'n! Geh'scht itoba, du Herrgottsakramenta! Außi mit dem andern!"Der Hirner stand auf schwachen Füßen: er hielt sich ander Stuhllehne mit beiden Händen fest und schrie eintönigweiter:„Naus, Metz! Raus, Metz!"Prantl schwang seine Glocke.Aber in dem Getöse hörte sie niemand.Der Assessor stand auf und redete mit Vachenauer. Mansah. wie er die Achseln in die Höhe zog.Da trat Vachenauer vor und hielt seine rechte Handempor.Der Lärm legte sich. Nicht sofort, nur allmählich ginger in lautes Reden und dann in Murmeln über.Als alle sich gesetzt hatten, stand der Hirner noch hinterseinem Stuhle, und indem er seinen Oberkörper wie einenPendel bewegte, schrie er gleichniütig fort:«Raus. Metz!"(gortfctzung folgt.)lNachdmck verbolen.)ß2J Die Kofahen.Von Leo Tolstoi.Lukasckka ging allein nach der Grenzwache und hörte nicht auf,über LIcninS Handlung nachzudenken. War auch das Pferd nachseiner Meinung nicM gut, so kostete es doch mindestens vierzigMünzen, und Lukascoka freute sich sehr über das Geschenk. Aberwarum dies Geschenk gemacht worden war, das konnte er nicktbegreifen, und darum empfand er auch nicht das geringste Tank-gefühlt. Im Gegenteil, durcl, seinen Kopf zogen unklare Per-däcktigungen von schleckten Absichten des Junkers, Worin dieseAbsichten bestanden, konnte er sich nicht klar mache»'., aber an-zunebmen, daß so mir nichts dir nichts, aus reiner Güte, ein u».bekannter Maim einem ein Pferd schenken sollte im Werte vonvierzig Münzen, schien iknn unmöglich. Wenn er nock betrunkengewesen wäre, dann ließe sichs begreifen; er hätte prahlen wollen.aber der Junker war nüchtern gewesen. Er hatte ihn also sicher-lich bestechen wollen zu irgendeinem schleckten Zwecke.»El. dairrst du dich, dachte Lukaschka, das Roß habe ich nun. was nach.kommt, werden wir ja scben; ich bin nicht auf den Kops gefallen.Wollen sehen, wer den andern an der Nase führt." dachte er. Erfühlte das Bedürfnis, Lienin gegenüber auf der Hut zu sein, underregte so in seinem Innern unfreundliche Empfindungen gegenihn. Niemanden erzählte er. wie er zu dem Raffe gekommen war.Dem einen sagte er, er habe es gekauft, anderen gab er eine aus-weichende Antwort. Im Dorfe aber erfuhr man bald bie Wahr-heil. Lukaschkas Mutter, Mariana, JIja Wassiljewitsch und andereKosaken, die von Olenins freiwilligem Geschenke gehört hatten, ge-rieten in Erstaunen und fingen an, den Junker zu fürchten. Trotzdieser Furcht aber erregte Olenins Handlung in jenen eine hoheAchtung vor seine„Schlichtheit" und seinem Reichtum.Hör', der Junker, der bei Jlja Wassiljewitsch, hat Lukaschkaein Roß im Werte von fünfzig Münzen geschenkt.— Er muß reichlein.Ich weiß, antwortete ein anderer tiessinnig.— Er muß ibmwohl einen Dienst geleistet haben. Wollen sehen, wollen sehen,Uns da herauskommt I Hat der Reißer Glückl Ein leichtsinnigesVolk, diese Junker! Schlimm, sagte ein dritter, der stiftet wohlnoch ein Unheil an oder...23.Olenins Leben verlief eintönig und gleichmäßig. Mit seinenVorgesetzten und Kameraden hatte er wenig Verkehr. Die Stel-lnng eineS reichen Junkers ist im Kaukasus in dieser Beziehungbesonders angenehm. Zur Arbeit und zum Lehrdienst wurde ernicht herangezogen. Für seine Teilnahme am Feldzuge war erzum Offizier vorgeschlagen, und bis zur Beförderung ließ man ihnin Ruhe. Die Offiziere betrachteten ihn als einen Aristokratenund verhielten sich daher rücksichtsvoll gegen ihn. Das Karten-spie! und die Zechgelage der Offiziere mit ihren Gesängen, die erim Felde mitgemacht hatte, erschienen ihm wenig anziehend. Under selbst entfernte sich von der Gesellsck>aft der Offiziere und ihremTreiben im Dorfe. Das Leben der Offiziere in den Kosalendörfernbat schon seit langen fahren seine bestimmte Form. Wie jederJunker oder Offizier in der Festung regelmäßig seinen Portertrinkt. Roß(ein Kartenspiel) spielt, von Auszeichnungen und seinenFeldzügcn svricht. so trinkt er in den Kosakendörfern regelmäßigmit seinen Wirten Most, bewirtet die Mädchen mit Naschwerk undMet, macht den Kosakinnen den Hof und beiratet sogar bisweileneine. Olenin lebte immer auf seine Weise und hatte einen un-bewußten Widerwillen gegen die ausgetretenen Wege. Auch hier?iny er nicht in dem herkömmlichen Geleise� des Lebens der kau-asischen Offiziere.Es machte sich von selbst, daß er mit Sonnenaufgang erwachte.Er trank seinen Tee, ergötzte sich von seinem Treppenflur auS anden Bergen, an dem Morgen und an Marianka. Dann zog er denzerrissenen Riudslederkittel an, das durchweichte Schuhwerk, diesogenanuten Porschni, gürtete seinen Dolch um, nahm die Flinte,seinen Beutel mit dem Imbiß und dem Tabak, rief seinem Hundeund ging am frühen Morgen um sechs Uhr in den Wald, �derjenseits des Dorfes lag. Um sieben Uhr abends kehrt« er müde,hungrig, mit fünf, sechs Fasanen am Gürtel, manckmol mit Wild»pret zurück. Sei Beutcichen. in dem der Imbiß und die Zigarettenlagen, war unberübrt. Wenn die Gedanken im Kopse so ruhig.ägen, wie die Zigaretten im Beutel, so hätte man sehen können,wie die ganzen vierzehn Stunden hindurch sich nicht ein einzigerGedanke in seinem Innern geregt hatte. Er kam moralisch frisch,gekräftigt und vollkommen glücklich heim. Er hätte nicht zu sagenvermocht, woran er die ganze Zeit gedacht hatte. Nickt Gedanken,nicht Erinnerungen, nicht Träume zogen durch seinen Koos— nurBruchstücke von alledem. Plötzlich fällt es ihm ein und er fragtsich, woran er denkt?— Und er findet sich als Kosaken, der mitseiner kosakischen Frau in den Gärten arbeitet, oder als Abrckenin den Bergen oder als einen Eber, der vor sich selbst entflieht.Und bei alledem horckl er, späht er und lauert auf einen Fasan,einen Eber oder Hirsch.Abends sitzt unbedingt Onkel Jeroschka bei ihm. Wanjuschabolt ein Acktelcken Most, sie plaudern ruhig, trinken tüchtig undgehen beide vergnügt auseinander, um zu ruben. Am anderen Tagewieder Jagd, wieder die gesunde Müdigkeit, wieder tüchtigesZechen und Plaudern und wieder dieselbe glückliche Zufriedenheit.Bisweilen sitzt er an einem Feier- oder Erholungstag« den ganzenTag zu Haute. Dann ist Marianka seine Hauptbeschäftigung.Jeder ihrer Bewegungen folgt er, ohne es selbst zu bemerken, neu»gierig von seinem Fenster oder seinem Trevpenflur auS. Er be»obackteie Marianka und liebte sie(wie er meinte) gerade so, wieer die Sckwnbeit der Berge und des Himmels liebte, er dachte ankeinerlei Beziehungen zu ihr. Er meinte, zwischen ihm und ihrkönnte es Beziehungen, wie sie zwischen ihr und dem KosakenLukascbla möglich sind, gar nickt geben, noch weniger aber solche,wie sie zwischen einem reichen Offizier und einem Kosakenmadchenmöglich sind. Er glaubte, wenn er versuchte, so zu handeln, wieseine Kameraden zu handeln pflegten, würde sein voller Genuß,seine Vorstellungen sich in einen Abgrund von Oual, Enttäuschungenund Reue verwandeln. IleberdieS hatte er in seinen Beziehungenzu diesem Mädchen schon eine Tat der Selbstverleugnung vollbracht,die ibm soviel Genuß gewährte; hauvtsäcktick fürchtete er sich vorMarianka aus einer unbestimmten Ursache und hätte es nie gewagt,ein scherzhwteS Liebeswort zu ihr zu sprechen.EineS schönen Tages im Sommer war Olenin nicht zur Jagdgegangen und saß zu Hause. Völlig unerwartet trat ein MoskauerBekannter zu ihm ins Ximmer, ein sehr junger Mann, dem er inder Gesellschaft oft begegnet war.Ach, rnon eher, mein Bester, wie habe ich mich gefreut, alSich erfuhr, daß Sie hier sind, begann er in Moskauischem Franzö-sisch und fuhr so fort, indem er seine Rede mit franzosischen Wortenspickte. Ich höre:„Olenin". Welcher Olenin? Wie ich mich ge»freut habe! Das Schicksal bat uns zusammengeführt. Run, wiegeht es. wie steht es. was treiben Sie?Und Fürst Bjelezki erzählte seine ganze Geschichte: wie er fürkurze Zeit in dieses Regiment eingetreten sei, wie der Höckstkom-mondierende ihn zum Adjutanten gemacht, und wie er nach demFeldzug diese Stellung angenommen, obgleich es ihm vollkommeagleichgültig sei.(Fortsetzung folgt.)Roden Owen.ii.Schon 1812 hatte Owen im engeren Kreis seine Anschauungenüber Erziehung erörtert und sie I8l3 in vier Aussätzen„Heberdie Bildung de» menschlichen Charakters" näherauseinandergeievt und verteidigt. Er hatte darin folgende Gedankenentwickelt: Der Grundsatz, daß jeder Mensch für seine Taten dieBerauiwortung trägt, ist falsch. Was er tut. welchen Charakter erbat, hängt von den auf ihn wirkenden Einflüsien ab. Jedes Kindkann in jedem Glauben, jedem Gefühl, jeder Sitte und Ge-wöbnnng. dte der menschlichen Natur nicht widerspricht, er»zogen werden. Jeder Geineim'chaft, ja der ganzen Welt, kannibr Charakter, von dem besten bis zum schlechtesten, die größte Un»wisienhett und die höchst« Aufklärung durch geeignete Mitiel gegebenwerden. Diese Mittel liegen in der Hand derer, die Einfluß undMacht haben. Jetzt läßt man zu, daß der Charakter von drei