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den französischen Romantikern, diesen großen Goethe- Verehrern,| Lakaien, Prostituierte, Bagnoverbrecher, Gaukler führen zu lassen; ftart herbordrängte. Laube legte schon in den dreißiger Jahren er bestritt, daß die Neigungen und das Elend des Voltes in der frisch draufgängerisch Hand ans Wert: er schrieb den großen drei- Person eines Lataien repräsentiert werden könnten". So etwas teiligen Roman Das junge Europa"( Mar Hesses Verlag mußte damals erit noch bestritten werden; aber der fleinbürgerliche gibt ihn jebt neu und wohlfeil heraus). Auch Guzkow machte den Klassendüntel sorgte dafür, daß diese Aufgabe vorhanden war, und ersten Schritt noch in jenem Jahrzehnt mit einem dreidändigen es ist immerain be nerfenswert, dar Guttow an diesem Bunkte aba tomischen Roman, der dem Problem der Erziehung gewidmet war. wehrend kritisch emsette. Es zeiet, daß seiner scharfen Ve­Aber erbittert durch den Widerstand und die Angriffe, die er aus obachtung und seinem Ernste auch dies wichtige Stück Wirklichkeit dem Lager der Halleschen Jahrbücher erfuhr, wandte er sich dem nicht entzogen und verschlossen geblieben war, daß er es zu würdigen Theater zu. Schon 1834 hatte er einmal zu dem ganz ungläubig wußte, längst ehe es im Roman und auf der Bühne sein Leben dreinschauenden Laube geäußert, man müsse versuchen, der Bühne geben konnte, wie es war. Bedeutung zu verschaffen dadurch, daß man Stoffe auf ihr be­handeln ließe, die mit den Interessen der Gegenwart zusammen­hingen. Er ging auch sofort mit ganzer Kraft an die Arbeit, dem zum schemenbollen Buchdrama herabgesunkenen deutschen Drama eine Wiedergeburt zu bringen. Das Drama Dantons Tod " von Georg Büchner , das Gutzkow herausgab, ist sicher nicht ohne Einfluß auf seinen Schritt gewesen, und nun hat er in Deutschland das getan, was drüben in Frankreich der junge Viktor Hugo zehn Jahre früher tat: er hat das Drama wieder an ernsthafte Probleme, an bedeutsame Dinge des Lebens herangeführt und damit der Bühne wieder eine Rolle im öffentlichen geistigen Leben verschafft, die sie eingebüßt hatte. Die vierziger Jahre hindurch ging Gutzkow in dramatischem Schaffen auf- auch sein Bekenner- Drama Uriel Acosta entstand in diefen Jahren, das ihm schließlich das Amt eines Dramaturgen am Dresdener Hoftheater verschaffte. Erit nach 1848 er erlebte die Berliner Märzereignisse in Berlin selbst und griff in die Kämpfe mit lentendem, vor allzufrühem Ver­trauen warnendem Worte ein erst nach der Revolution, als die Reaktion wieder obenauf war, nahm er die Romanarbeit in großem Stile wieder auf, und jetzt erschien in erstaunlich schneller Produktion zunächst das neunbändige Werk Die Ritter vom Geist", das nach dem Niederbruch der Hoffnungen und Träume den deutschen Zeitgenossen helfen wollte, sich in dem Dunkel der neuen Knecht­schaft wieder auf einen festeren Weg hinzufinden.

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Wie sehr Gußkom liberaler Jdeologe war, verrät dieser große bielgelesene Roman. Gegen seine 3deologie hatte sich schon Georg Büchner ( gestorben 1836) gewandt, der nichts erwartete von den Versuchen, die Gesellschaft mittels der Idee, von der gebildeten Klasse aus zu reformieren". Jest ging Gustom von den Berliner Ereignissen in und nach 1848 aus und er forderte einen neuen Bund des allgemeinen Menschengeiftes gegen den Mißbrauch der physischen Gewalt". Weg von der Revolution von ohen und weg von der Revolution von unten! Man solle die Reaktion sich selbst überlassen, tann werde ihr Staat schon von selbst und befchicunigt zusammenbrechen, und inzwischen solle alles, was oppositionell ge­finnt sei, sich in innerer Sammlung menschheitlich zusammenfinden, -es gabe eine fleine Leiter von Begriffen, die so einfach, so tief in der Menschenbrust begründet sind, daß sie die einfachste Jnt: lli­genz erklimmen fann". Auf diese Begriffe hin solle sich die Mensch­heit die Hand reichen, um fo reif zu werden, das Erbe anzutreten, das die reaktionäre Alleinwirtschaft ihr beschleunigt überliefern werde. Ein Ausweg war das nicht, aber immerhin ein Versuch, der Resignation, die die fünfziger Jahre beherrschte, nicht ganz zu verfallen.

Das Vorbild für seinen großen Reman Eat Gußfow in Franks reich gefunden: bei Eugen Sue , dem sozialen Modeschriftsteller der Zeit. Aber man denkt bei Gußkow heute besser an das Werk Emile Zolas, das den Roman des Nebeneinander in tünstle rischem Sinne erst auf seine Höhe erhoben hat. Gußfow fannte zwar die Menschen seiner Zeit durch alle Schichten hin, aber um all das realistische Einzelne zu einem Ganzen zusammenzufassen, tam er nicht ohne das Mittel einer allzu sensationellen- künstlichen Hand­lung aus. Das Gefühl für die Tatsächlichkeit der Vorgänge, das im einzelnen oft start erregt wird, wird so immer wieder zerstört. 3ola hat das Einzelne tiefer gesehen und ist auch in dieser anderen Hinsicht weit über Gußtow hinausgelangt. Der Zufall wollte es, daß der Tod zu diesen beiden geschichtlich einander so nahe stehenden Männern in verwandter Gestalt tam: Zola erstidte im Schlaf an Kohlengas und Guzkow ersticte in der Nacht vom 15. zune 16. Dezember 1878 bei einem Zimmerbrande, den er im Zus stande der Chloralbetäubung durch Umstoßen der Lampe verursacht hatte. Der schreckliche Tod hat ihn wahrscheinlich davor behütet, die letzten Jahre seines ruhelofen Lebens als ein geistig Toter hins bringen zu müssen. frd.

Der Tannenbaum."

Die natürliche Heimat der Weißtanne oder Edeltanne umfaßt in Deutschland die Alpen , den Schwarzwald , die Vogesen und den Thüringer Wald und schließt wohl auch den Harz ein. Bezüglich des Harzes gehen die Stimmen auseinander. Forstleute und Bota nifer sprachen den Baume meist das Heimatsrecht im Harze ab. Die Weißtanne sollte dort nur angepflanzt vorkommen. Diejenigen aber, welche die aus alter Zeit vorliegenden Urkunden eingehender studierten, tamen zu der Ansicht, daß auch der Harz zu ihrenz natürlichen Verbreitungsgebiet gehöre. Diese Meinung wird durch die Untersuchungen Webers, des Botanikers der Bremer Moorver fuchsstation, unterstützt. Schon öfter haben in den Mooren erhalten gebliebene Pflanzenreite pflanzengeschichtliche Fragen entscheiden geholfen. Nicht große Wurzelstöcke und Stämme, auch nicht Bapfen und benadelte Zweige sind dazu nötig. Oft genügt ein mikroskopisch fleines, im Moorschlamm gefundenes Ueberbleibsel, um Licht über Klima und Pflanzenweit einer weit entlegenen Zeit zu verbreiten. In unserem Falle waren es Pollenförner in den Brodenmooren, die Weber zu der Ueberzeugung führten, daß die Weißtanne vor alters schon im Harze zu Hause gewesen sei. Zeitgeschichtliche Bedeutung hat dieser Roman auch in anderer Die größten Edeltannenivälder Deutschlands liegen im Hinsicht noch. Er seht sich mit der Arbeiterfrage auseinander. Die Frankenwald , dem Schwarzwald und den Vogesen . Auch im Anschauungen, die der revolutionäre Geist des Proletariats im bayerischen Wald und in den bayerischen Alpen ist die Weißtanne Kommunistenbund herausgereift hatte, spürt man freilich nicht, aber reichlich vertreten. Ein Besuch im Schwarzwald mag uns einen Fouriersche Gedanken spielen eine große Rolle. Houben hat darauf Einblid in die Natur des Tannenwaldes geben. Weißtannens hingewiesen, daß ein Freund Gußkows, der Hamburger Schrift wald bedeckt dort die steilen Abhänge der Täler und die ausgedehnte steller Georg Schirges, in den dreißiger Jahren Frankreich als Hochebene, soweit sie nicht als Feld und Weide genutzt wird. Dicht Fabritarbeiter durchwanderte, und wohl als Vermittler Fourier- und stammreich können diese Wälder sein, und es dringt dann scher Ideen für Guktow gelten könne. In den Rittern vom Geist" ebenso wenig Licht ins Innere wie im Fichtenhochwald. spricht ein Fürst, der als Handarbeiter durch Frankreich gereist ist, schönsten aber sind die lichteren Bestände, in denen die Sonne und dort die kommunistische Gedanktenwelt gläubig aufgenommen helle Flecke auf die graue, hier und da von grünem Moos und hat, die Forderung aus:" Die Arbeit muß als eine Quelle der weißlichen Flechten bedeckte Rinde zeichnet und auch den Boden höchsten Freuden dargestellt werden und Institutionen müffen auf- erreicht, wo sie große Gräfer und Stauden belebt und ernährt. tauchen, die die Arbeit und alles, was mit ihrer Förderung zu­Die Tanne hat unter fast allen unseren einheimischen Holza fammenhängt, in den Vordergrund aller Politik stellen. Be arten die größte Fähigkeit, Schatten zu ertragen. Auch unter lohnungen, Auszeichnungen, Erhöhungen des Lohnes, Sorge für dichtem Schirm entwickelt sich der Keimling, und viele Jahre lang die Angehörigen der Arbeiter, unmittelbare Beziehungen der fann er als kleiner Busch im Schatten fortleben und dann doch Staatsformen nur zur Arbeit, Vertretung der Gewerbe im Vorzug noch, wenn die Art oder ein Zufall eine Licht einlassende Lücke gegen alle anderen Stände, die nur die Diener dessen sein können, schafft, zum kräftigen Stamm heranwachsen. Die größte Wuchs der arbeitet! Ich will, daß auch der Arbeiter gebildet ist. Ich will traft zeigt die Tanne etwa zwischen dem 30. und 70. Lebensjahre. ihm nichts entziehen von dem, was sich der Bevorrechtete zum Bom 100. Jahre an nimmt der Höhenwuchs merklich ab, aber Schmuck seiner Seele beschaffen kann. Der Staat soll es ihm noch im 150. Jahre ist er nicht ganz erloschen. Der Keimling er geben. Der Staat soll aufhören, nur die Garantie des Besizes zu sein, er soll einzig und allein eine Schutzscheint einige Wochen nach der Aussaat und entwickelt im ersten wehr der Arbeit werden. Die Arbeit muß endlich aufhören, würdigerweise ihre von weißem Wachs umgebenen Spaltöffnungen, eine Ausgefekte, eine Paria der Gesellschaft zu sein." Das stand die bei allen späteren Nadeln auf der Unterseite stehen, an ihrer im ersten Bande des Romans, der 1850 erschien. Grundbau des

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Jahre einen Quirl von nadelähnlichen Keimblättern, die merk

neuen Staates sollte die freie Breffe fein und krönen sollte den Oberseite tragen. Der Gipfeltrieb bleibt auch in den nächsten Bau das Recht der Arbeit. So blieb Guztow in den bürgerlich- Jahren noch verhältnismäßig furz, während die Seitenzweige fich demokratischen Forderungen steden. Aber den Arbeiter fannte er, ausbreiten, so daß schon hierdurch die junge Lanne von der jungen das bewies auch dieser große realistische Roman, der nach dem Worte Fichte sich unterscheidet. Später aber kommen beide sich im des Verfassers den bisherigen Roman des Nacheinander durch den Wachstum gleich, und die Tanne hat nun noch den Vorzug, daß Roman des Nebeneinander ablösen sollte. Houben dürfte mit der Bermutung recht haben, daß es der erste Roman gewesen sei, durch den der Fabritarbeiter in Deutschland literaturfähig geworden sei. Schen in einer Kritit, die Guzkow 1838 über ein Drama von Biftor Hugo schrieb, hatte er sich gegen die eben von Hugo beliebte Methode gewendet, die Sache der Geringen und Elenden" durch

*) Aus dem eben erschienenen Buche: Der deutsche Wald". Bon Prof. Dr. M. Büsgen. ( Naturwissenschaftliche Bibliothek für Jugend und Bolt. Herausgegeben von K. Höller und G. Mlmer.) in Originalleinenband 1,80 M. Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig .