— ÖIO— bei ihr fit 5 Wachstum länger andauert als bei jener, so baß sie noch gewaltigere Stämme zu bilden vermag. Auch der Umstand läßt die Tanne kräftiger erscheinen als die Ficlste. daß ihre Neste Dicht abwärts sich neigen wie die Fichtenzweige, sondern zu breiten Schirmen sich entwickeln, die völlig wagerecht rings um den Stamm sich ausbreiten. Wenn die Tanne altert und sich ihr Lüngenwachs- tum wieder vermindert, so sammeln sich solche Schirme am Gipfel des Baumes. Ter Baum schließt dann mit einem dichten breiten Busch ab, dem»Adlerhorst", an dem man die Tanne von der stets fpitzgipfeligcn Fichte leicht unterscheiden kann. Die Tanne l'edarf ver Pyralnidcnform nicht. Sic besitzt wie die Kiefer eine Pfahl- trurzel, die auch heftigen Winden widersteht. Wo freilich der Boden steinig und wenig tiefgründig ist. da k<mn sich keine Pfahl- Wurzel ausbilden, und dann wird selbst die Tanne vom Sturme geworfen._, Verläßt man in einem Schwarzwaldtal die Straße und durchwandert den Wald an einem Hang entlang, bald auf schmalem Pfad, bald über moosgepolsterte Steinblöcke, so trifft man Bäume in allen Lebensaltern, von dem Keimling an. der eben aus dem Moose hervorschaut, durch meter- und mannshohe Stämme und Stämmchen biö zu>dcn starken Riesen, die allmählich für den Hieb heranreifen. Die Verjüngung des Tannentvaldes kann man der Ratur überlassen. Die Samen werden reichlich entwickelt und keimen leicht, und die jungen Pslänzchen sind nicht sehr empfindlich gegen Beschädigungen. So braucht man nur durch zweckmäßige Hauungcn zur rechten Zeit dafür zu sorgen, daß sie gute Beding- ringen zum Aufkeimen finden. Sie bedürfen des Schutzes alter Bäunie, dürfen aber nicht allzu stark beschattet werden. Krachende Axtschläge ze!gen den Weg zu den Holzhauern, lange ehe man sie im wechselnden Spiel de? Lichtes zwischen den ver- schiedcnfarbigen Stämmen unterscheiden kann. Es sind nicht große, aber kräftige Gestalten, mit schwarzem Haar und dunklen Augen in dem gebräunten Gesicht. Ohne Jacke, mit aufgekrempelten Hemdsärmeln über den dunkelbraunen sehnigen Armen, schwingen sie die Art. Schwarze Kniehosen, weiße Flanellgamaschen»wer lrästigen Nagelschuhen und eine runde gestrickte Mütze aus hell- «blauer Wolle, geziert mit einem roten Streifen ringsum, vollenden die eigenartige Kleidung der Männer, die aus ihre Zunft wohl nicht, lvenig stolz sind. In der Tat gehört Kraft und Können dazu, einen der gewaltigen Stämme kunstgewecht zu fällen und zu der Riese zu befördern, der Holzrinne, in der er bergabwärts bis zur Straße gleiten soll.. � Der größte Teil des Tannenwaldes ist in Gemeinde- und Privatbesitz . W-il er ohne Schaden stets alle Altersstufen neben- einander enthalten kann, gibt er jederzeit Erträge und eignet sich deshalb mehr als andere Wälder für private Wirtschaft. Vielleicht hat der bäuerliche Waldbesitzer sich schon vor Jahren»seinen" Stamm ausgesucht und auf oft wiederholten Gängen sein Wachstum be- obachtet. Jetzt ist die Zeit der Hiebsreife gekommen und die Holz- Hauer beginnen ihre Arbeit, nachdem sie mit den Augen den Baum geschätzt und die Richtung bestimmt haben, in der er zu fallen hat. Bor allem mutz sein unteres dickes Ende bergabwärts liegen, damit er dem Transport keine allzu großen Schwierigkeiten macht. Ferner darf eS nicht zu viele von all den jüngeren Genosten, die ihn um- stehen, im Falle mitreißen oder verletzten, namentlich keinen er- wachscnen Nachbar, der schon hohen Wert erlangt hat. Endlich ist alles überlegt, zwei Holzhauer treten an den Stamm heran und schwingen taktmäßig ihre Aexte. um auf der der Fallrichtung zu- gewandten Seite und der Gegenseite je eine Kerbe zu hauen. Ist die Kerbe der Gegenseite tief genug, so treiben sie Keile hinein. Gespannt haften die Blicke der Umstebenden am Wipfel des Baumes und weiter schallen im Takt die Schläge. Endlich beginnt der Riese sich langsam zur Seite zu neigen. Ein Rauschen erhebt sich in den Zweigen, sie berühren zum letzten Male die Nachbarkronen und mit immer stärkerem Sausen und in immer rascherer Bewegung be- schreibt der Baum seine Bahn bis zum dumpfen Aufschlag aus den weithin erzitternden Waldboden. Ohne lange zu fackeln, sino die Holzhauer wieder bei der Hand. Einer drängt sich in das Astgewirr der ltcgcnden Krone, um die Zweige abzuschlagen, ein anderer macht sich mit katzcnartigcr Gcsckwindigleit daran, mit einem flachen Beil die weiche Rinde aufzuschlitzen und in großen Streifen abzulösen. In kaum einer Viertelstunde ist alles getan und der entästete und entrindete Stamm kann der Riese zugeführt werden. Das voran- gehende Wurzclende wird mit einigen kunstgerechten Hieben z» einem stumpfen Kegel abgerundet, damit der Stamm beim Auf- schlagen am unteren Ende der Riese möglichst wenig beschädigt wird. Das Schleppen ersordert viel Kraft und Geschick. Am Wipfel- ende des Stammes wird eine starke Kette eingehakt, ums untere Ende ein Seil geschlungen. Starke Männer halten beides, damit die riesige glalle Walze auf dem steilen Hang nicht ins Rollen kommt und unberechenbaren Schaden anrichtet. Auf ein lang- gedehntes„Oh, oh" lüften zwei Leute den Stamm durch unter- gesteckte Haken. Der obere am Berg stehende Mann läßt ein Stück der Kette nach, und langsam gleitet die Tanne abwärts, noch ge- hemmt durch das Seil am unteren Ende, das zur Vorsicht noch um einen Nachbarstamm geschlungen wird. So geht es streckenweise bald gerade, bald in schräger Richtung unter geschickter Vermeidung aller Hindernisse allmählich bis zur Riese, einer festgefügten Rinne in welcher der Stamm schließlich Hunderte von Metern weit fre> von jeder Feste! bergab schießt. Am unteren Ende verringert sicb !die Neigung der Rinne nnd schließlich steigt sie sogar eilvaS aufwärts, damit die Wucht der Stämme sich mäßigt, die wie glänzende Schlangen, mit einem unheimlichen Leben begabt, in der Riese dahersausen. Dennoch konnte eS geschehen— wenigstens erzählt man sich das dort im Wald—, daß ein Stamm, der durch Zufall aus der Riese heraussprang, durch ein Bauernhaus hindurchschoß, zur Vortür herein, zur Hintertür hinaus. Schaden soll der un- gebotene Gast dabei nicht angerichtet haben. kleines Feuilleton. Medizinisches. Sonnenskbein und Tuberkulose. Die allgemeine bakterientötende Wirkung der Sonnenstrahlen macht ihre Heilkraft auch bei tuberkulösen Erkrankungen verschiedenster Art geltend. ES liegt auf der Hand, daß insbesondere Höhenkurort« dieser günstigen Wirkung teilbaktig werden. Eingebende Versuche zur Erforschung der Sonnenheilkratt hat Dr. Oskar Bernhard in St. Moritz viele Jahre lang angestellt. Wie der„Lancel" mitteilt, beziehen sich diese Untersuchungen auf einfach« infizierte Wunden, Tuberkulose der Haut, Drinen, Gelenke und Knochen, auf HaulkrebS und sonstige schwere Harnleiden. In fast all diesen Fällen hat die Sonnen- bestrahlung eine heilkräftige Wirkung gezeigt. Die Kranken wurden in sehr großer Höbe, lStX)— 3000 Meter über dem MeereSniveau, der Behandlung unterzöge»:, wodurch im Verein mit der außer- ordentlich trockenen Luft die Heilwirkungen zweifeNoS erheblich ge- fördert wurden. Die starke Durchblutung, die durch den Reiz der Lichtbestrahlung hervorgerufen wird, ist sicher ein Heil- faktor. Der erste Nachweis der bakterienzerstörenden Kraft des Lichts wurde von den engsischen Aerzten DowneS und Blunt im Jahre lS77 erbracht. Dr. Bernhard verwendet bieg- same metallische Spiegelblänchen. um Fisteln von verschiedenem Durchinefier und verschiedener Tiefe zu behandeln. Auch der französische Arzt Dr. Rollier hat mit der Einwirkung der Sonnenstrahlen sehr werlvolle Ergebnisse erzielt. Er berichtet von llO Fällen tuberkulöser Erkrankungen, die er seit dem Jahre lSOZ in dem in einer Höhe von ltSO Metern gelegenen Kurort Leysen in der Nähe von Atgle im Kanton Wallis behandelt hat. Die operativen Eingriffe ivurden»ach Tunlichkeit vermieden, und die Ergebniffe waren auch hier höchst zufriedenstellende. Erst in letzter teil hat Dr. Rollier zehn neue Fälle von komplizierten tuberkulösen rkrankungen der Gelenke und Knochen beschrieben, die sehr wesent- lich« Besserung erfuhren. Naturwissenschaftliches. Naturwissenschaftliches für die Jugend und da» Volk. Die uralte Lehrmethode de» Dialoges hat Dr. Karl Kraepelin mit großem Geschick in seinen»Natur st udien im Garten" und»Naturstudien in Wald und Feld' (beide im Verlage von B. G. Teubncr. Leipzig ; Preis jede« Buche» gebunden 3.60 M.) verwendet. Die hübsch ausgestatteten Bücher sind denn auch bereits in dritter Auflage erschienen. Die Art, wie im Gespräch zwischen dem Dr. Ehrhardt und seinen drei Söhnen die »Handlung" fortschreitet und der Bater Stück um Stück den Kindern die Geheimnisse der Natur aus Wald und Feld und Garten in sehr leichtverständlicher Weise entschleiert, ist sehr ansprechend zu nennen. Die Bücher sind besonder» Knaben zu empfehlen, die das Glück haben, vom Vater an Sonntagen in» Freie geführt zu werden. Aber auch für die Lektüre daheim passen sie durchaus und spielend führen diese Plaudereien den Wißbegierigen durch einen großen Teil naturwissenschaftlicher Kenntnisse. Nicht gerade be- sonders für die Jugend gcschneben. doch für ältere Knaben mit vor- teil lesbar, sonst für jeden Nawrftcund bestimm», ist»Der deutsche Wald" von Prof. Dr. M. BueSgen (Verlag von Quelle u. Meyer, Leipzig . Preis gebunden 1,30 M) Ein ebenfalls gut ausgestattetes, reich illustriertes Büchlein, das zu den erfreulichen Erscheinungen der heute so üppig inS Kraut geschossenen populär- wissenschaftlichen Literatur gehört. Der Verfasser hofft, wie er im Vorwort sagt, dem Waldstcunde manche Frage zu beantworten, die er sich auf seinen Wanderungen wohl gestellt ha«, und ihn vielleicht auch auf andere Geheimnisse de» Wäldes erst auf- nrerksam zu machen. Kein Waldsteund wird in der Tat die Anschaffung des Werkchens zu bereuen haben. Klar und einfach ist die Sprache, in der der Berfasier uns den deutschen Wald schilden und Kiefer , Tanne, Fichte, Eiche ustv. be- schreibt. Hervorzuheben sind die gut ausgewählten Abbildungen.— Einen ausgezeichneten Ueberblick über Algen. Pilze, Flechten. Moose und Farrnpflanzen gibt Prof. Dr. M. Möbius in seinem Bändchen „Kryptogamen".(Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig . Preis gebunden l.LS M.) Es gibt für die erwähnten Pflanzenklassen leicht verständliche, doch immerhin mehr in wissenschaftlicher AuSdrucköwcise geschriebene Darstellungen, die— ohne viel auf Einzelheiten einzu- gehen— überall die wesentlichen Urnerichiede herausheben und durch gute Abbildungen erläutern. Das Vändchen ist daher für Fort- geschrittenere bestimmt, die ein lebhaftere» Jmcresse für die eigen-, artige Welt der»blumenlosen" Pflanzen empfinden und denen viel- leicht der Besitz eines Mikroskopes das weitere Eindringen ermöglicht. st. Derantwortl. Rcdaktckur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: VorwärtsBuchtruckerei u.Verl -gSanstaltPaul Singer LiCo.,B-rlinst>V.
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25 (17.12.1908) 244
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