aJktflü, ich bin so banqe, dafj die Polizei ihm etwas tut!" Mein Kind, oräme Tu Dich nicht um den bösen Jungen! Die Polizei verabfolgt ihm nur eine Tracht Prügel, und das ist zu seinem eigenen Besten, wenn er nicht schon ganz vom Laster verhärtet ist. Bitte Du den lieben Gott in Deinem Abendgebet, daß er dem ungeratenen Kinde verzeihen möge." (Nachdruck»erboten,) Meiknacdtsgäfte. Von HanS Aanrud  ES war fast finster in der grostcn HäuSlerstnbe. Taö Feuer auf dein Herd war beinahe nirdergebrannt und warf einen schwach flackernden Schein über die Diele hin, ohne bis in die Ecken und Winkel der Stube vorzudringen. Mitten in der Stube stand ein großes, blasics Weib; sein Blick verweilte lange auf dem großen Bett, das in einer Ecke des Zimmers stand, dann glitt es langsam zur Tür und hinaus. Die Tür knarrte in der harten Kälte, und nachdem sie gc- schlössen, waren vorsichtig knirschende Tritte zu hören, die die Mauer entlang umö HauS gingen. Sie niachten der Tür gegen- über unmittelbar hinter dem Fenster Halt, das bis zur Milte ein Borhang verdeckt«. Und dann� wurde eS ganz still; nur das Rucken der großen Uhr mit den Schnüren und Stcingewichten hackte lange die Stille und das Dunkel in genau gleich große Stück«, bis sie plötzlich mit großem Rumoren zu schnurren begann und sich vorbereitete, ihre sechs schweren Schläge zu tun. Das Z�euer starb stille hin. Dann hörte man, wie draußen ein Tor dumpf ins Schloß fiel, bald darauf schwere, knirscheird« Schritte und dam, das Ge- polter von Kübeln und Eimern, die jemand im Gange niedersetzte. Die Tür ging auf und herein kamen zwei alte HäuslersKutc, Rasmus, grau und zusammengefallen, etwas voran, hinter ihm feine Frau. Karen, dem Aussehen nach«twaS jünger, klein und zart. Rakmus ging an den Herd. Karen zögert« eine Weile an der Tür und sagte mit seltsam stiller und ängstlicher Stimme: Du. Rasmus, mir war doch ganz so, als hörte ichs knirschen, als ginge jemand die Mauer entlang. Er hob einen Armvoll trockncs Holz auf. das neben dem Herde lag, und warf eS ins Feuer. Ach, das ist nichts weiter als die Kälte, die in diesem alten Kasten rumort und kracht. ES ist bitter kalt heute abend. Rein, die Kälte war das nicht, ich werde doch wohl wissen, wie die knarrt. Aber Tu kannst Dir doch denken, daß heute am heiligen Abend niemand draußen ist. Was sollte es denn sonst sein? Freilich, ivas sollte eS sonst seinl Sie schwieg eine Weile und ging dann an den Herd. Ach, ich bin doch richtig erschrocken. Es war doch sektsam, Rasmus wandte sich und ging nach der Tür. Wo willst Tu hin? Ich will doch einmal nachsehn. Rein. Rasmus, geh nicht hinaus. Liclleicht hat sich die Ziege herauSgeschlicheu, während wir im Stalle waren. Rein, die Ziege war im Verschlag, ich habe nachgesehn. Rein, eS war nichts; wenn ich mir'S genau uberlege, so Hab ich gar nichts gehört. RasmuS kehrt« um und setzte sich neben dem Herd auf einen Stuhl. Das glaub ich auch. Karen ging hin und her und setzte einen Topf aufs Feuer. RasmuS hÄte die Pfeife auS der Tasche und sing an Tabak zu schneiden, versank aber in Sinnen und blieb mit gefalteten Händen sttzcn und starrte ins Feuer. Karen sah tnehrere Male zu ihm hinüber; endlich sagte fie: Woran denkst Tu, RasmuS? Hm. Er machte eine unwillige Bewegung. Ich denke an nichts. Ich glaubte wohl zu wissen, woran Du gedacht hast. Da fuhr er fast heftig auf: An nichts Hab ich gedacht, hörst Tu. Run ja, nun ja. Willst Du nicht die WeihnachtSlichter an- zünden. Rasarus? Wozu das? Wir können unS mit der Lampe begnügen wie sonst. Es ist aber doch Weihnachtsabend Ach. eS wird ja doch kein Weihnachten. Karen sah ihn lange an. schüttelte den Kopf und sagte: Wie D» Dich in dem letzten Jahre verändert hast? Eine lange Pause entstand. Karen setzte sich auch an den Herd. Ab und zu schürte sie das Feuer, während fie daraus wartete, daß das Waffer überkochen sollte, und währenddem heftete sie immer wieder den Blick auf RasmuS, der wieder dasaß und ins Feuer ftarrte. Er merkte es und wurde unter dem forschenden Blicke nervös. Schließlich stand er auf und ging im Zimmer auf und ab. Keines sprach sin Wort, und das Seinueigen fing an drückend zu werden. Um inr etwas zu sagen, sah RasmuS zum Fenster hinaus und bc» merkte' ist sternhell heute abend und bitter kalt Ja. es ist kalt. Wieder ward eS still. Der Topf kochte über. Karen gab Mehl zu und machte die Wcihimchtsgrütze fertig. RasmuS ging weiter auf und ab: Es fft so merkwürdig heute abend hier»n der Stube, gerade alS wäre hier jemand. Ach, wie Du sprichst, RaSmus! Ja. es ist, als hätte ich nirgends Ruhe. Es würde vielleicht besser, wenn Du Nichts will ich. Karen fing an den Tisch herzurichten. Sie legte das Tischtuch auf und stellte zwei Messingleuchter mit den Weihnachtslichtern hin» zündete sie aber nicht an. Dann schaffte fie weiter. Rasmus blieb stehn und fragte mit etwas unsicherer Stimme: Weshalb deckst Tu für drei? Wir find doch nur zwei, soviel ich weiß. Ja. antwortete Karen, wir find nur zwei aber es ist so seltsam heute abend und dann lam mir eine alte Sitte in den Sinn, die noch in meiner Jugend Brauch war. Man deckte au» Weihnachtsabend immer für einen mehr, man wollte einen UN- fichtbaren Gast zu Tisch haben. Hm. Und dann dachte ich, es wäre bielleicht gut für uns zwei Alten Einsamen, wenn wir ansingen, etwas mehr an ihn zu denken. Tie Sprache versagte ihr, und sie begann zu weinen. SS ist lange her. daß wir am Weihnachtsabend allein waren. Rasmusl Rasmus Stimuu klang milder, als er antwortete: Ja. daS ist lange her einundzwanzig Jahre. Tann kam es härter: Ach ja. Tu hast es ja doch einmal gemerkt, daß ich den ganzen Abend an nichts andres gedacht habe. Aber das ist nun einmal armer Leute Los. wieder allein zu sitzen, wenn fie alt werden. Karens Gesicht hellte sich auf: Aber meinst Du nicht, eS könuig besser werden, wenn wir ab und zu von den Kindern sprächen? Ich weiß nicht, was die Rede soll? Sie kümmern sich doch nicht mehr um uns. Von Olaf haben wir ja die letzten beiden Jahr« keinen Brief aus Amerika   bekommen, und von Ragnhild haben wir nichts gehört, seitdem sie in die Stadt zu all der Herrlichkeit gekommen ist. Tu warst ja aber auch so zornig auf sie, sagtest. Tu wolltest nichts mehr von ihr wissen; ich habe ja nicht einmal ihren Namen nennen dürfen. Findest Du, sie hat es anders verdient? Ich habe sie ja geradezu gebettelt, zu Hause zu bleiben! Finden Du, es war gut so, wie es in der letzten Zeit war? Ihr gingt ja tagelang nebeneinander her, ohne euch einen Blick zu gönnen. Ich habe oft geweint, wenn ihr's nicht saht. Ja. das war. nachdem ihr diese Reisegedanken gekommen waren. Sie war ja wie umgewandelt, ging, als hätte fie Fieber im Leibe, war unruhig und schwermütig. Ich finde es nicht so seltsam, daß die Kinder hinaus wollen, wenn sie soweit erwachsen sind. Daran hast Tu doch gewiß auch gedacht in Deiner Jugend. Ich habe wenigstens dafür gesorgt, daß Pater im Alter nicht der Armenkasse zur Last siel. Ja, aber die Gefahr besteht ja nicht bei uns. Findest Du? Es ist, als ginge jetzt alles verkehrt. Nichts will mir mehr glücken, ich Hab auch die Lust zu allein verloren. Ja, ich Hab es gesehn. Aber das ist ja Deine eigne Schuld. O, Du kannst mir glauben, ich Hab oft daran gedacht, im letzten Jahre. Wäre es nicht ganz gleichgültig, wenn wir ins Armenhaus kämen! Wie Tu redest. RasmuSl Weißt Du. was ich mir gedacht habe? Wir armen Leute haben im Grunde keine andre Freude als die, Kinder heranzuziehn. Wenn sie aber dann groß sind, dann verlieren wir sie. Hast Du daran nickt gedacht, hast Du nicht gemerkt, wie ganz anders eS hier geworden ist, seitdem Ragichild fortgezogen ist? O ja, aber ich habe so viel andres zu denken und zu besorgen, die Kuh. das Schwein, daS Kalb, und so geht ein Tag um den andern. Aber mit mir ist eS anders. Ich bin nicht wieder zu erkennen seit vorigem Jahr, und drum soll die Dirne nie auch nur ein Wort hören Aber Nasmus! Ach mit mir steht's schlimmer, als Du glaubst ich habe förmlich angefangen, kindisch zu werden. Weißt Du, wenn wir uns atends gelegt haben und eS ist finster geworden, dann kann ich liegen und ins Dunkel hineinsehen, bis mir ist, als sähe ich meine Kindergesichter, und dann denke ich: wenn wir doch wieder jung wären, wenn wir doch noch ein Kind bekommen könnten I Er schlug die Hände vorS Gesicht und schluchzte, und über den breiten Rücken gingen heftige Zuckungen. Einen Augenblick herrschte Srille. und dann klang mitten in der Stille ein schwacher Kinderschrei durch die Stube. Sie fuhren beide zusammen, standen da und sahen sich einen Augenblick in atemlosem Schweigen an. Dann wieder ein Schrei, etwas stärker. Karen entrang es sich in Angst: In Jesu Namen, was war das? Ja, was war das?