blickten durch das herabaelaskue Fenster hinein. Die Kranke wandte ihren Kopf nach ihnen um. als fie aber ihre Neugierde bemerkte, wurde sie unwillig und wandte sich zurück. Du lie— ie— fccr Himmel, sagte die Posthalterstochter, hastig den Kopf zurückwerfend, was war das für eine Frau, und wie sieht sie jetzt aus! Ach entsetzlich! Hast Du gesehen, Utuuscha. hast Du gesehen? Ach, wie mager sie ist, stimmte Aksiuicha zu.— Komm, Wir wollen noch einmal hinsehen, als ob wir an den Brunnen gingen. Siehst Du, sie hat sich umgedreht und ich habe sie noch nicht gesehen. Wie traurig, Mascha. lFortsetzung folgt.) (SNtädniik verbolen.) OnentaUfcbe Schwanke, Von Roda Roda . I. Heiri, Gurkur, Bubalo. Der Kadi von Pasargadä war so bcriibmt ob seiner Weisheit und Gerechtigkeit, datz seine Urteile im Wilajet Ekbatana geradeso galten, als däue sie der Kalif selbst zum Gesetze gemacht. Zu die« ein Kadi kamen eincZ Tages drei ionderbare Kläger: Heiri. das 5kamel— Gurlur, der Eicl— und Bubalo, der Ochse. Heiri war itir Sprecher und sagte: „Erhabener Kadi 1 Gesas; und Inhalt der Gerechtigkeit! Glanz- spender deö weihen Barles I Stütze des Thrones und du Stab des Botksoerlrauens I Ich Heiri— dieler hier: Gurkur— und jener: Bubalo— ericheinen vor deinem milden Angesichte, um Klage gegen die Menschen zu führen, die unsere Geschlechter venniglimpicn und unsere ehrlichen Slaimnesnamen zu Schimpf und Schande für einander mißbrauchen. So oft einer von den Menschen eine Dumm- heil begehl, sagen ihm die anderen:. Du Kamel I Du OchS I Du Esel!... Sprich, weiser Kadi, ist daö gerecht?" Der Kadi überlegte lange und sprach dann: „WaS ihr da sagt, scheint richtig— und doch ist schwer abzu- hellen— eS steht ein uralter Brauch entgegen. Die Menschen ballen euch nun einmal für dumm. Indes— gehet hin— du Heiri'gen Ost. du Gurkur'gen Süd— und du Bubalo nach Westen und suchet, ob ihr einen Menschen fändet, der dümmer ist als einer von euch. Kommt wieder in sieben Tagen und meldet mir von eurer Wanderung. Dann will ich eni'cheiden. wie'S künftig sein soll." Als sieben Tage vergangen waren, standen die drei wieder vor dem Richterituhle des Kadi von Pasargadä und wollten berichten, was sie gesunden. Bubalo erhielt zuerst das Won und begann: „Ich weidete auf einer Wiese, da kamen zwei Menschen deS Weges— eine Jungfrau und ein Mann. Er sprach auf fie ein; sie ober schüttelte nur immer den Kopf. Da sagte der Mann:„Ich liebe dich— ja— ich schwöre dir. daß ich dich liebe I" Sie wollte immer noch nichts von ihm wissen. Er sei wankelmütig, sagte sie, morgen werde er sie vergessen haben.—„Nie, Geliebte." rief er,„ich schwöre dir, das; ich dich in alle Ewigkeit so heih lieben werde wie heute."— Als sie das hörte, sank sie an seine Brust und ste tühlen einander.—— Sprich, Kadi, ist der Mann, der das mit ehrlichem Gewissen geschworen— nicht dümmer als ein Ochse? Und ist fie. die ihm das geglaubt..?" „Genug," unterbrach der weise Richter,„du hast deinen Prozeß gewonnen... Laßt hören, was Gurkur, der Eiel, zu bieten hat." „I— a, j— ti", sagte Gurkur,„auch ich bade, glaube ick;, meine Aufgabe gelöst.— Ich trabte durch die Straßen von Gaugamela vor den Rebellen her, die die Burg ihres Stadtältesten stürmten. Sie fingen den Aeltestcn und hielte» Gericht über ihn. Er sollte selbst- üÄng und heuchlerisch gewesen sein. Sie verbrannten ihn aus dem Scheiterhaufen und hoben Omer ib'n Selini an seine Stelle. Der versprach ihnen, nur tiir's allgemeine Wohl wirken und in allen Slücken ehrlich sein zu wollen. Da jubelicn sie ihm zu und freuten sich sehr, daß fie nun einen Bessern Sladlvater hätten, als der vorige gewesen.-- Sprich, weiser Kadi, sind diese Menschen nicht dümmer als die Esel?" Nachdenklich nickte der Richter Beifall und winkte Heiri, dem Kamele, zu sprechen. „Ich Höne in Arbela eine Streitsrage vor dem Gerichts an." erzählte Hein. Es stand gefesselt Aivdi. ein junger Mann da. der dem Armenier GygoS einen Beutel GoldeS gestohlen haben sollte— just zu der Zeit, da GygoS beten gegangen war. Aivdi hatte allein «n Laden deS GygoS geweilt und trug, wiewohl er auS armer Familie stammte, viel Gold bei sich, als man ihn gefangennahm. Gleichwohl beteuerte er seine Unschuld und jammerte— er sei damals nicht im Basar, sondern bei seiner Mutter gewesen." „Wenn es s» ist", sagte der Kadi von Arbela ,„dann laßt uns die Mutler vernehnten, die ich als überaus fromme und rechtliche Frau kenne."— Und sie sandten nach der Mutter.— Sprich, edler Kadi, sind diese Leute nicht dümmer als die Kaniele, die da glauben, eine Mutter werde nicht meineidig werden für ein Kind?" „Ihr habt alle drei recht behalten", entschied der Kadi,„und bei meinem Barte: fürderhin soll eS keinem Muselmaim beifallen, einen Menschen ob seiner Dummheit mit dem Namen euer Geschlechter zu belegen.— Ihr seid entlassen." Die drei gingen.— Bor dem Tore sagte daS Kamel:„WaS gilt die Wette, Brüder? Der alte Eiel da drimien meint, mit seinrttt Spruche sei unS nun geholfen l" EL Der fro m in e Abdullab. JijN Mekian, einem Dorfe bei Granada , lebte zur Zeit der maurischen Herrschast ein Gelehrter, namens Abdullah, der nicht nur den Kor'an von vorn und von hinten auswendig hersagen konnte, sondern auch wegen seiner Macht über die Krankheiten deS mensch- lichen Leibes weit und breit berühmt war. Lange Jahre hatte er sorgenlos und hochverehrt im Kreise von Mekian gewirkt, als sich eines TaqeS der Derwisch Edhem im Orte niederließ. Der rühmte sich, ein Tabeaj tabiin, alko ein Mann zu fem, der Leute gekannt habe, die andere Leute gekannt, die Allahs Abgesandten Mohammed mit eigenen Augen gesehen hatten— und lockte durch diese Lüge groß und klein, hoch und niedrig an sich. Das verdroß den froimnen Abdullah sehr. Er erinnerte sich jetzt ebenfalls, in seiner Kindheit Leute gekannt zu haben, die anders kannten, die Mohammed gesehen hatten— und— man lachte ihn aus. „Warum verhöhnt ihr mich?" fragte der alte Abdullah auf» gebracht.„Glaubt ihr mir etwa nicht?" „Wie sollten wir—" antwortete man ihm,„wie sollten wir dir glauben, da doch seit deS Heiligen Tode zwei Jahrhundert» ver» flössen find?" „Aber der Terwisch Edhem ist jünger als ich," erwiderte Abdullah. „Hahaha!" lachten nun alle.„Hört nur— Abdullah will älter sein als der Derwisch, der doch vierzig Jahre in ver Wüste geiefien hat, vierzig Jahre am Meeresuser und vierzig Jahre im Schatten einer von Mohammed aloihi selam wo seilen) ge- pflaiizien Palme!" Durch so viel Lüge wurde der fromme Abdullah schmerzlich berührt und ging stumm und betroffen nach Hause. Siebzehn' Tage hielt er sich im Zimmer eingeschlossen und befragte die gelehrten Bücher. Am achtzehnten Tage schritt er, ernster denn je. durch den Bazar. An der Schwelle des Richters saßen die Häupter der Gemeinde um den Derwisch Edhem versan'.mett. Abdullah grüßte sie segnend, ging aber gemessenen Schrittes weiter.— Als er an das Ende des Dorfes kam, sah er Maurer- leule an der Arbeit. „Woö tut ihr da?" fragte der fromme Abdullah verwundert. „Wir bauen ein Haus für den überaus gelehrten Derwisch Edhem, dem es in Mekian so wohl gefällt, daß er zu bleiben gedenkt. Aber nun fehlen unS dreiundtreiß'ig Bretter und ein Pfahl von dritthalb Ellen Länge— lind wir überlegen, wo wir den Bauherrn finden könnten, damit er uns die fehlende» Hölzer beschaffe." „Dort ist er," sagte der fromme Abdullah und wies die Maurer nach einer falschen Richtung. Er selbst aber kehrte um und setzte sich dem Derwnch gegenüber vor des Richters Hauö mitten unter die Häupter der Gemeinde. Als einige Zeit vergangen war und der Terwisch seine Zu- Hörer mit immer neuen, immer größeren Lügen betört und wieder betört hatte, rief der Richter:„Sieh hin— dort naht dein Maurer. Was mag er wollen?" „Weiß ich's?" sagte der Derwisch leichthin und zuckte die Achseln. Da sprach der fromme Abdullah: „Wenn mich nicht alles trügt und ich in de» letzten Wochen nicht Allahs Unwillen erregt habe, so wird der Maurer dreiunddreißig Bretter und einen Pfahl von dritthalb Ellen Länge fordern." Indessen war der Maurer Heiaugekommen und— verlangle wirklich alles haar-— haargenau so, wie eS der fromme Abdullah vorhergesagt hatte. Am selben Abend ergriff der Derwisch seinen Wanderstab und pilgerte von daimen. Vorher aber schlug er noch dem frommen Abdullah die Fenster ein. HI SuleymanS Esel Eines TageS öffnete der arme Suleyman die Tür feines Stalles und vermißte den Esel. Er suchte ihn vor dem Hause, im Garten, aus dem Felde, im Buschwerk, die Dorfstraße entlang— überall.— Vergebens. Der Esel war unauffindbar am ersten, zweite» und dritten Tage. „He!" rief der arme Suleyman einen kleinen Jungen an, der sich am Weiher umhertrieb,„hast Du nicht einen Esel gesehen? Einen kleinen, jungen, fetten, fleißigen, hellgrauen Esel? Er tragt eine Schelle am Hals, blaue Korallen am Halstcr und hinten am Schweif eine rote, wollene Ouaste. Hast du den gesehen?" „Natürlich." antwortete der Bengel unverfroren.„DaS ist ja derselbe Esel, der seit drei Tagen uns gehört." „Euch gebön?— Wieso gehört denn der Esel euch?... Wer bist du denn?" fragte Suleyman. „Ich bin der Sohn des Kadi, und der kleine Esel, von dem du sprichst, trägt seit zwei Tagen unser Korn zur Mühle und gehört schon unS.", Der arme Suleyman meinte vor so viel Tücke und Falschheit in die Erde sinken zu müssen.— Als er sich erholt hatte, eilte er
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25 (29.12.1908) 251
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