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bracht, wo sie durch Prof. Klaatsch mit Hilfe von Plastigin funstvoll| breite, tief eingefattelte Nasentourzel, darunter liegen gewaltige zu einem Ganzen zusammengefügt wurden. Nasenlöcher, die einst im Leben von einer breiten, flachen Nase mit Am 5. November wurden die restaurierten Stücke bei Gelegen- großen quergestellten, mehr nach vorn als nach unten schauenden heit eines Vortrages von Herrn Hauser in einer wissenschaftlichen Najenlöchern bedeckt waren. Unter den heutigen Primitiven zeigen Gesellschaft Hamburgs   zuerst gezeigt, dann auch in Berlin   und die Auftralneger diese Nasenform noch am deutlichsten. Frankfurt   a. M. vor einem geladenen Bublifum demonstriert. Am 21. November hatte ich mit einem St. Galler   Prähistoriker, Herrn Emil Bächler  , als einzige Schweizer  , die große Vergünstigung, die für uns nach Basel   gebrachten kostbaren Dokumente einen ganzen Vormittag hindurch untersuchen zu dürfen. Was war das für ein unvergeßlicher Moment, als mir der trefflich restaurierte Schädel dieses uralten Acheuléenjägers, der nach einer sehr bescheidenen, durch geologische Untersuchungen feft­gestellten Schäßung vor etwa 400 000 Jahren lebte, in seiner tierischen Urwüchsigkeit entgegengrinste! Das war ein Vertreter jener noch halb als Tiere unter Tieren hausenden Vorfahren des heutigen Europäers, und eine größere innere Erregung ergriff mich, als da ich im vorlegten Sommer zum ersten Mal im Pro­binzialmuseum in Bonn   die Ueberrefte des berühmten Neander­talers in Händen hielt! Das war fürwahr fein Mensch von unserer Art, der diesen unheimlich an die Menschenaffen er­innernden Schädel fein eigen nannte! Fassen wir nun in Kürze zusammen, worin sich dieser Ureuropäer von den heutigen Bewoh­nern Europas   unterschied.

Diefe häßliche Stumpfnafe faß der Schnauze auf, die jeden falls von einem sehr breiten, mit beweglichen, eher schmalen als wulstigen Lippen eingefaßten Munde durchzogen war. Welche tierische Kraft lag nicht in diesen enorm starken Kiefern, die ent­sprechend große und langwurzelige Zähne trugen! Die fast finger­tiden Untertieferäfte sind viel länger, als fie irgend eine heute lebende Menschenrasse besitzt. Selbst beim Neandertaler waren sie bedeutend kürzer und bei ihm standen die Kronen- und Gelenks fortsähe senkrecht dazu, während sie beim Acheuléenjäger von Le Moustier nach hinten zu geneigt waren. An den Zähnen über rascht, abgesehen von ihrer Größe und Stärke, die ausgiebige Schmelzfältelung und eine wunderbare Frische des Reliefs, wie fie bisher bei keinem fossilen Menschen gefunden wurde. Die bor­deren Backenzähne weisen vielfach noch zwei Wurzeln auf, während sie beim heutigen Menschen in der Regel nur noch eine einzige be fiben. Zudem nehmen die Mahlzähne von vorne nach hinten an Stärke zu, während das Verhältnis beim heutigen Menschen viel. mehr ein umgekehrtes ist und die Weisheitszähne mehr und mehr verfümmern, ja, in manchen Fällen überhaupt nicht mehr gebildet Zunächst sei fonstatiert, daß diese Menschenrasse im allge- werden. meinen dem zwar etwas jüngeren Neandertaler sehr nahe stand, Wie am Oberfiefer der enorm breite und ganz flache Gaumen, wenn sie sich auch durch einige altertümliche Merkmale von jenem so erinnert die Bildung des völlig finnlosen Unterkiefers völlig an unterschied. Diese Ureuropäer waren noch recht flein, jedenfalls die der Menschenaffen. Das spezifisch menschliche Kinn fehlt ihm unter Mittelgröße. Unser Individuum von Le Moustier war ein durchaus; statt vorzuspringen und die bekannte Spitze zu bilden, etwa 18jähriger Jüngling von annähernd 148 Zentimeter Körper- biegen die träftigen Untertieferäfte an ihrer Vereinigungsstelle länge. Die Gelenkenden seiner Röhrenknochen waren noch nicht vorn rasch nach hinten zu ab. Dies und der durch Beleuchtung mit knöchern mit den Schäften verbunden, die dritten Molaren oder Röntgenstrahlen nachweisbare Mangel an Mustelzugbällchen im Weisheitszähne waren noch nicht durchgebrochen und der linke schwammigen Innern des Knochens da, wo innen die beiden, die untere Milchedzahn war anormalerweise noch in Tätigkeit, wäh- Bunge beim Sprechen vorzugsweise bewegenden Musculi genioglossi rend der bleibende Edzahn tief unten in der Knochenlade stat. fich ansehen, deuten mit Sicherheit darauf hin, daß das Sprach­vermögen bei diesem Menschen noch wenig entwidelt war. Bei der Mangelhaftigkeit der Lautsprache wird aber die Geberdensprache um so besser entwickelt gewesen sein. Spielt sie doch noch bei ein­zelnen niederen Stämmen der Gegenwart eine so überaus wichtige Rolle, daß sie sich im Dunkeln nicht mehr zu verständigen vermögen. Erst beim Mammut- und Renntierjäger der frühen Nacheiszeit, der sehr viel später als dieser Ureuropäer, nämlich vor 20 bis 25 000 Jahren lebte, hochgewachsen und langgliederig war und auf einer wesentlich höheren Kulturstufe stand, bildet das Kinn wenigstens einen rechten Winkel, um beim allerlei Haustiere züchtenden und primitiven Hadbau treibenden, bor 6 bis 8000 Jahren lebenden Neolithiker erst die stark borstehende Spiße zu bilden, wie wir fie beim Stulturmenschen finden als Zeichen dafür, daß nunmehr die Sprachfähigkeit ihre volle Ausbildung erlangt hatte.

Kleines feuilleton.

Hygienisches.

Besonders auffallend an ihm, wie auch am Neandertaler  , war die Gedrungenheit und Kürze der Glieder, besonders der Vorder­arme und Unterschenkel im Verhältnis zu dem langen Rumpfe, ein Berhältnis, das heute nur die Kinder in den ersten Lebensjahren aufweisen als Reminiszenz an frühere Daseinsstufen, bei denen dieses Verhältnis noch bei den Erwachsenen herrschte. Erst im Berlaufe des späteren Wachstums strecken sich bei ihnen die Glieder, bis die heute bei den Erwachsenen normalen Verhältnisse einge­treten sind. Eine andere Eigentümlichkeit, die er mit dem Neander­taler gemeinsam hatte, war die enorme Krümmung der Speiche, eine Biegung des Oberschenkels nach vorne und ein Bau des Knies, die sich bei keiner jetzt lebenden Menschenart mehr, sondern nur noch bei den Menschenaffen vorfindet. Wie am unteren Ende des Oberschenkelfnochens die Gelenkhöcker start nach hinten verlängert und die Gelentgrube weit mehr vertieft ist als beim heutigen Menschen, ist gleicherweise der Kopf des Schienbeins auffallend start nach hinten abgefnict. Wenn wir nun die Beinknochen auf­einanderstellen und sie gegeneinander, wie es einst im Leben ge­schah, bevegen, so erkennen wir mit Staunen, daß der Bau des Kniegelenks ein solcher ist, daß es jenen Menschen ganz unmöglich war, mit gestreďten Knien zu gehen oder sie gar durchzudrücken, wie es vom heutigen Menschen beim Paradeschritt verlangt wird. Db der Deutsche   in den Tropen wohnen fann, Auch die einzig erhaltene oberste Rippe und das Schlüsselbein ist eine Frage, die neuerdings immer häufiger und gründlicher er find höchst zierlich gebaut, so daß sie durchaus nicht zu dem enormen, örtert wird. Zu den Sachverständigen, die eine Beantwortung grobgeschnittenen Schädel zu passen scheinen, und doch gehören sie gegeben haben, gefellt sich jetzt der Generalarzt beim Schußtruppen zusammen. Am Schädel tritt wie bei den Menschenaffen der Stirn- fommando im Reichskolonialamt, Prof. Steudel, der einen be­teil vollständig gegenüber dem schnauzenartig vorspringenden lehrenden Aufsatz über dies Thema im Archiv für Schiffs- und Kieferteil zurück. Nach den gewaltigen Augenhöhlen zu schließen, Tropenhygiene veröffentlicht hat. Dieser Kenner des Tropen­müssen die jedenfalls dunkelgefärbten Augen eine unheimliche flimas und feiner Einflüsse auf den menschlichen Körper Größe gehabt haben. Um nun diese weitaus wichtigsten Sinnes- fommt zu ziemlich ungünstigen Schlüssen, die in dem organe bei den grimmigen Kämpfen, die diese Menschen unter sich Sazz gipfeln, daß der Deutsche   wenigstens in den Niede and mit den wilden Tieren auszufechten hatten, vor etwaigen Ver- rungen der Tropen nicht längere Zeit zu leben vermag Tebungen zu schüßen, waren die Augenhöhlen oben von borsprin- und daß die afrikanischen Befizungen, soweit fie im Tropengürtel genden Knochenwülsten begrenzt, von denen wir nur noch bei den Australnegern Spuren finden. Bei unserem jugendlichen Indivi­duum waren diese Ueberaugenwülste noch nicht so stark ausgebildet, wie wir sie bei älteren Exemplaren des Neandertalers antreffen, da sie bei diesen wie bei den Menschenaffen erst nach Abschluß des Körpertvachstums zu ihrer vollen Größe ausgebildet wurden. Durch eine seichte Grube von ihnen getrennt, beginnt die überaus niedrige, schmale Stirne, die noch stark gegenüber dem ge­waltigen, mehr den vegetativen Funktionen dienenden Hinter­haupte zurüdtrat, als Beweis dafür, daß das Organ des über legenden Verstandes noch nicht so stark ausgebildet war als beim heutigen Menschen, besonders dem Kulturmenschen. Auffallend Klein ist der hinter dem schmalen Gehörgang gelegene Bißenfortsat; auch die Jochbogen stehen nicht starf vor, obwohl gewaltige Kau­muskeln zur Bewegung des immensen Gebisses unter ihnen hin­burchtreten. Seitlich erstreckten sie sich an den Schläfen vorbei so weit nach oben, daß sie wie bei den Menschenaffen in der Scheitel­Tinie zusammentrafen. Von den heute lebenden niederen Menschen­stämmen zeigen die Eskimos noch am deutlichsten diese primitiven Verhältnisse.

liegen, zwar mit den Köpfen der weißen Rasse, aber mit den Armen der Eingeborenen entwickelt werden müssen(?). Auch die höheren Gegenden machen von der Einschränkung der Bewohnbarkeit durch Europäer   feine Ausnahme. Um zu einer mittleren Jahrestemperatur zu gelangen, wie sie der Bewohner der gemäßigten Bone gewohnt ist, muß der Mensch höhen aufsuchen, die sich zum dauernden Aufent halt wiederum wegen der starten Luftverdünnung nicht eignen. Im Gesamtcharakter des Klimas find die tropischen Gebirgsorte immers hin den tropischen Niederungen noch ähnlicher als der gemäßigten Zone. Mindestens müßte erst noch sicher gestellt werden, daß der erfrischende Einfluß, den der Europäer   beim Hinaufsteigen von der tropischen Stüfte ins tropisane Gebirge empfindet, wirklich vorhält oder ob nach längerer Zeit doch wegen des Mangels des jahreszeitlichen Wechsels, wie er ihn aus seiner Heimat gewohnt ist, eine Erschlaffung und allmähliche Entartung eintritt. Auch wenn bei einem Europäer dieser Versuch vollkommen gelänge, würde zum Nachweis einer eigentlichen Bewohnbarkeit des tropischen Gebirges noch immer festzustellen sein, daß auch die Kinder und Stindesfinder, die etwa dort geboren werden, fich ohne Ver schlechterung der Rasse zu halten vermögen. Nach den Erfahrungen, die darüber bisher vorliegen, scheinen die Aussichten nicht günstig

In dem mäßig hohen Gesicht stehen die Augenhöhlen auf fallend weit auseinander. Zwischen ihnen findet sich eine sehr zu sein. Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin  . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruderei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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