bei dem Gelage hinterher dabei sein, und plötzlich stand er, voll- ständig angekleidet, beide Hände in den Hosentaschen, da. Was macht ihr da, JnngenS? Sein Auge fiel auf das Faß. Wahrhaitig, jetzt wird es fruchtbar auf Sletten, wenn die Herings- fäffcr schon auf dem Misthaufen wachsen. Es endete damit, daß das Fäßchen liegen blieb, und daß alle drei in Oppistuen vorgcfahren kamen. Als sie in den Hof gekommen waren, wurde Jens zaghafter; er wollte durchaus nicht hineingehen, ehe die anoeren damit fertig waren, Blakken in den Stall zu bringen, und er wollte auch das Fäßchen nicht tragen; er gab Fredrik Order, es in die Kammer zu bringen. Er ließ Fredrik und Per in der Kammer draußen und ging selber in die Stube, wo Jensine lag: Bist Du wach, Jenfine? Ja. Ich habe das seidene Tuch für Dich nicht veraeffen, aber ich weiß nicht, wo ich es habe. Es hat keine Eile. Hm, ich hatte unterwegs etwas verloren, und da habe ich Fredrik einen Dokter versprochen; willst Du uns nicht«in bißchen Wasser heiß machen? Jensine biß sich auf die Lippen; dann richtete sie sich im Bett auf: Oja. Desto eher ist eS zu Ende. Ja, ich weiß, daß Du es nicht gern hast, Jensine. Aber eS ließ sich nicht umgehen. Opstad und Per Sletten sind schuld oaran; aber es soll das letzte Mal sein. Ja, das kenne ich. Jens war ganz kleinlaut, als er zu seinen Gästen in die Kammer hinauskam. Jensine bereitet« heißes Wasser und brachte eS ihnen heraus. Der Morgen war schon angebrochen, es lohnte sich nicht, sich noch einmal hinzulegen; sie hängte den Kaffeekessel überS Feuer und blieb auf der Herdplatte sitzen; sie wußte ja auch, daß sie nicht viel Ruhe haben würde. Im Anfang war es einigermaßen still in der Kamnier nebenan; sie sprachen nur mit gedämpfter Stimme. Aber allmählich wurden fie lauter und man vernahm ab und zu einen Schlag auf den Tisch. Jensine saß und hörte, wie sie anfingen von ihr zu sprechen, und sie hörte es auch deutlich Per Sletten? Stimme an, daß er aufgelegt war, Jens zu necken. Per schlug auf den Tisch: Ja, ich sage, was ich immer gesagt habe. Ein so tüchtige? Mädchen, wie Deine Tochter, gibt eS nicht auf jedem Höfe. Rein, auch Jens verschwor sich, ihresgleichen gäbe es im ganzen Dorfe nicht. Hm. es ist schwer zu sagen, wem sie gleicht. Sic ist aus einem anderen Stoffe als Du. Als ich? Nein, kommt mir nicht damit I Ja. sie hat die Zügel. Du darfst nicht mucksen. . Ich darf nicht mucksen? Ich bin Herr in meinem Hause, das werde ich Dir und Jensine beweisen. Ja beweisen. Du wagst Dir ja nicht einmal ein Fäßchen Branntwein zu kaufen, ohne sie zu fragen. Ich wage nicht? Und das behauptest Du? Ich wage nicht; wenn Du willst, werfe ich sie augenblicklich aus dem Hause. Nein, nein, sprich nicht so. Ich meinte nichts weiter damit. Ich weiß ja, Jensine ist gut und fügsam, und tut alles, tvas Du willst, und ist einverstanden mit allem, was Du tust. Einverstanden? sagst Du. Nein, sie ist bei Gott nicht einver- standen. Sie reizt mich, sie geht herum und sagt kein Wort; sie kann einen Stein in Wut bringen. Sie tut, als kümmerte sie sich um nichts, und doch kriegt sie alles nach ihrem Willen. Ja, es nützt nichts darüber zu reden. JenS; wenn einer erst angefangen hat, wie Du, unter den Pantoffel zu kommen, so ist es vorbei. Da ist nichts zu machen. Nichts zu machen? Sagtest Du, nicht» zu machen? Sie soll heraus, jawohl, die Minute soll sie heraus. Ach, das wagst Du nicht I Sie soll heraus, sage ich, augenblicklich; kommt, Ihr werdet sehen! Er stand auf und stürmte in die Stube. Da gab es ihm einen Ruck, dort stand Jensine hoch aufgerichtet und sicher mitten in der Stube und sah ihn an; er blieb stehen und kam nicht vom Fleck. In diesem Augenblick schlug die große Wanduhr sechs. Willst Du siill sein, Racker! Ja, jetzt sollst Du heraus. Er packte die große Uhr, trug sie heraus und warf fie die Treppe hinunter, daß die Stücken herumflogen. Die beiden anderen waren nachgekommen und sahen zu. Zstn selben Augenblick kam auch Jensine heraus, mit dem Faß- chen unterm Arm. Jetzt will ich auch mein Vergnügen haben. Kommt her und seht. Sie folgten ihr. als müßte es so sein, und keiner sagte ein Wort. Sie führte sie hinter den Stall, wo eS den Berg hinunter- ging. Dort schleudert« sie das Fäßchen herab. Sie sahen alle, wie es hinunterflog, bis eS gegen einen Birken- stamm fuhr und in tausend Stücke zersprang. So, das habe ich jetzt wohl zum letzten Mal gesehen! Geh hinein, Vater, und leg Dich schlafen, und Ihr andern macht, daß Ihr fortkommt, ein bißchen schneller als sonst. Sie trollten sich alle ebenso still wie fie gekommen waren, Keiner sagt« ein Wort. R-oßlchweifc und Pfauenfedern, Schwarze Hdlcr und Gelbe Jacken Von Heinrich Wehner. Alle Titel und Würden gelten nur bis an den Rand des Grabes Die Philosophie vom zureichenden Grunde hat durch zahlreiche Heber- legungen sehr genau ermittelt, daß weoer im Himmel noch in der Holle lliitersckeioungcn dieser Art gemacht werden. Die Seligen und die Verdammten begrüßen einander nicht unter Benutzung von Titeln, etwa als Professor Archimedes  , Baron Ossian, Kommerzien- rat Laban, Branddirektor Herostrai, Eminenz Petrus   usw.; im Gegenteil ist oben(und unten) Fürst Bisinarck nichts als Bismarck, von Menzel bloß Menzel und Louis XV.   einfach Louis. Daß es im Himmel und in der Holle   auch keine Ordensauszeicvmingen gibt, ent- nehmen die Kasuisten besonders aus dem Umstände, daß jede? während der Ehe zur Welt kommende männliche Kind einer preußischen Königin vom ersten Atemzuge an Ritter des Schwarzen Adlerordens ist; wenn es nun kurz nach der Geburt stirbt und also gar nichr reiten kann, wird es im Himmel usw. keinesfalls als Ritter behandelt nach dem Rechtsgrundsatz: ubi iactum requiritur, verba nou sufüciunt(wo eine Tat erfordert wird, genügen Worte nicht), der aus dem lllpianus übernommen ist. Das ganze ist betrüblich genug, »leinen viele. Sie mögen sich aber trösten, eS gibt eine Menge Leute, die nichts von derlei Dingen halten. Ich selbst zum Beispiel bin charakterisiert als wirklicher antarktischer Geheimrat und u. o. Besitzer des Äommandeurtreuzes vom alten Nußhäher am Bande um den Leib zu tragen, und mache dennoch sogar schon hier auf der Erde niemals Gebrauch von meinen Auszeichnungen. Zu verschiedenen Zeitaltern und von verschiedenen Charakteren wurde Titeln und Auszeichnungen nicht immer die gleiche Wert- schätzung enigegengebracht. In manchen Jahrhunderten gab man weit iveniger darauf, als beispielsweise gerade heutzutage. Es richtet sich eben alles nach dem Angebot. Doch glücklickeriveise geht unter uns jetzt schon wieder eine so große Menge von Würdenrrägern einher, daß deren Hochschätzung merklich im Abnehmen begriffen ist, ja daß es schon in manchen Staaten, beispielsweise in Preußen, als Beleidigung empfunden wird, wenn man einem Bater sagt. sein Junge habe Anlage zum Geheimrat. Es ist auch ganz klar, daß mir dein Häufigerwerden der Graduierung und Noblliticrung der mittlere Bildungöstand der Völker, selbst in Europa  , nicht steigen kann. Sonst brauchte man ja nur einfach jeden zum Doktor oder Baron zu ernennen. Wenn man viel graduiert oder nobilitiert, kommt der ganz ungewollte Effekt heraus, daß z. B. die Gilde der Heuochsen, für die derartige« Futter am leckersten ist. bald vollzählig mit einem Titel herumläuft, waS viel anstößiger wirkt, als wenn es lauter einfache Heuochse» gibt. Bei Gelegenheit der Erneniwng des 60 000ften Ritters vom Schwarzen Adler, des Grafen Zeppelin, der Erhebung SchmollerS in den Adelstand und des Austausches des gelben Hemdchens gegen eine gelbe Jacke bei dem ganz neuen Baby» kaiser von China in Asien   habe ich etliche wahre und verbürgte geschichtliche Anekdoten zusammengetragen, aus denen man ersehen kann, wie einzelne dem Orden- und Tilelregen besonders stark aus- gesetzte Meiffchen solchen Sachen resp. aus dem Wege oder in den Weg liefen. Ein Landsmann des zu allerletzt aus der OrdenSbäckerci ge» kommenen luflschiffenden Grafen, des größten Deutschen der letzte« i'echS Monate im 20. Jahrhundert, wird gern den Reigen beginnen. Ludwig U h l a n d war weder entzückt noch dankbar, als ihm die Preußen einst ihren Verdienstorden verleihen wollten. Er wies das zugedachte Geschenk schnöde zurück; eS war ihm von den nämlichen Preußen angeboten, die ihn der besseren Sicherheit halber auch noch in das(1856 erschienene).schwarze Buch" als.gefährlichen Demokraten" eingeschrieben hatten. Schlecht ist so ein Witz nicht, aber doch ein wenig arg-preußisch. Der französische   Nationaldichter Beranger nahni das ihm zugedachte Kreuz der Ehrenlegion ebenfalls nicht an; auch seine Muse flog zu hoch, als daß sie einen Allerweltspiepmatz hätte beachten mögen. Originell ist das Berhalten des Malers und Karlsruher Galeriedirektors L e s s i n g. des Großneffen von Gotthold Ephraim  , der vom Könige Friedrich Wilhelm IV.   den hohen Orden poue Ig mörito zugesandt bekommen hatte. Er packte den unverhofft zugeflogenen Bogel sorgfältig in irgend eine Schachtel und dacht« nicht iin geringsten mehr an den Besitz, bis ihn irgend» wann einmal ein Vemcher daran erinnerte und das Schmuckstück sehen wollte. Die Ehegattin fand schließlich das Kästchen auch, und Lessing  war mm ganz emzückt von dem dazu gehörigen schönen, dicken, schwarzen Seidenbande..Davon möchte ich eine Weste haben I" rief er aus. Weiter reichten seine Wünsche nicht. Gleich einfachen Sinnes war M a n z o n i, der berühmte ita» lienische Dichter. Er entstammte einem gräflichen Geschlecht, unter- ließ es aber geflissentlich, beim Wechsel der Regierung diesen Um- stand verbriefen zu lassen, und äußerte unter anderein einmal:»Ich