M si? ücirie morgen cm halb PfunS Kaffee zu siebzig, ein Pfund Reis und ein Packchen ruppentasel geholt. Bon Kopf bis zu Füßen batte sie sich abgeseift: sie hatte sich förmlich eingehüllt in diesen Wohlgeruch. Nun stand sie in Korsett und Unterrock vorm Spiegel und steckte il>r Haar auf. Lang und fein, in einem weichen, filberblonden Glanz, floß es ihr über den Rücken. Sie vergrub die Zäkne in die rote Unterlippe und be- trachtete lang und sinnend ihre frische Schönheit. Nein, es wäre schade, wenn sie hier in der beengten Wirtschaft bei Hauptmanns verkommen sollte I Hier war kein Ort für sie. Sie mußte weiter, weiter! Allerhano ehrgeizige Pläne schössen ihr durch den winn. Oh. sie würde sich schon schicken, wenn sich's lohnte, sich ducken, wenn's not tat! Das mußte man. wenn nian's zu etwas bringen wollte. Und hatte sie nicht bei Reschkcs im Keller gelernt, welche Reden den Leuten angenehm find?! Mit einem entschlossenen Blick in den Augen, der das schöne Blau zu einem stahlharten Grau veränderte, nickte sie rhrem Spiegelbild zu hier kündigte sie in nicht zu ferner Zeit, das stand fest. Vorerst aber wollte sie sich heute einmal amüsieren. Auf dein Bett lag der ganze Sonntagsstaat ausgebreitet; kritisckwn Blickes betrachtete sie ihn. DaS perlbestickte Cape von der Freiern war noch sehr schön die lag nun schon beinah ein halbes Jahr m der Erde, die fing gewiß bereits an zu faulen. Ohne jedes Grausen dachte sie daran, mit einem naiven Vergnügen. Hätte sie sonst das schöne Cape be- koninwa?! Das Kleid halle weniger ihren Beifall'S war noch ihr schivarzcr Einsegnungsrock und die rosa Bluse aber zu einem neuen hatte es noch nicht gelangt. Acht Mark mußte sie für den Fedcrhut abbezahlen, sowie sie ihren ersten Monatslohn bekam. In dem winkligen Trödellädchen bei Rosalie Grummach hatte sie den erstanden: die Minna vom Doktor hatte sie dabin rekommandiert, die all ihre Kleider dort kaufte, richtige Tamcnkleidcr. Acht Mark! Llber er war auch noch so gut wie neu, an der Seite oufgesMagen. von weichstem hellem Filz, mit langer gekrauster Straußenfeder. Lächelnd hielt ste ihn mit beiden Händen über ihr Kövf- chen: die kühne Form stand ihrem sanften Madonnenscheitel gar zn gut. Ihre feinen Nasenflügel zitterten und blähten sich in verhaltener Begier; sie schien in die Ferne zu lauschen schon hörte sie die Tanzmusik! Unbennißt summte sie einen Walzertakt. Und wie die Leute sie anlächelten sie lächelte wieder da ein Klingeln an der Hintertür! Aergerlich griff sie nach ihrer Nallüiacke. Ne. mochten sie selber aufmackien. heute war ihr freier Samstag! Die Stimme des kleinen Kurt ertönte draußen:Die Berta ist noch da. jawohl I" Gleich darauf klopfte es an die Kammertür.Berta, maernst! De Mine!" Berta schob den Riegel zurück.Du--?!" sagte sie langgezogen. Mine umarmte sie kräftig. lFortsetzung folgt.) Sin Nekrolog. Aus dem Polnischen des A.©trug. Alles spielte sich ab, wie fich'S gehötte. ES gab Kranze, rote Schleifen und Tausende von Menschen. An dem offenen Grabe wurde dieRate Fahne" gesungen, eine Grabrede gedaltcn, und die Menge lauschte nur konnte die Rode nicht zu Ende gehalten werden.... Kosaken stürmten ans den Friedhof, die Pferde zer- stampften mit ihren Hufen die Gräber. Ein lebhaftes Gefecht ent« spann sich, eS gab einige Dutzend Perwundete und große Begeisterung herrschte.... So etwas erhebt die Menschen immer und fegt wie eine Winds- braut dnrch die muffigen Kellerwohnungen, wo die Konspiration sich verkroch. So hast Du auch nach dem Tode genützt... Jetzt ist mir die Aufgabe zugefallen. Deine Verdienste zu schildern und Deinen unbekannten Namen ans helle Tageslicht zu tragen... Ich werde am Kasten stehen. Buchstaben um Buchstaben wählen Und aneinanderreihen. Du mußt gefeiert werden das versiebt sich... In dickem Trauerrahnien, unter kreuzweise übereinandergelegtem Totenbein... Mögen eS nun die Menschen erfahren, daß Du ge- Wesen bist.., und alle die Dich gekannt, sie erfahren es nun, daß Du e-S gewesen bist, den fi« gekannt... Run ist ja auch di« Konspiration überffüsfig... Du wirst geleiert werden... Mehr alS einen wird Dein Leben erwännen und ein Ansporn sein mehr als einem wird es anSdauern helfen.... Du'ollst gefeiert werden.... Co sttze ich denn über diesem Papierstreifen, fitze schon an die drei Stunden und kann doch nicht anfangen. Dabei weiß ich alles, Ivos Dich betrifft, weiß auch das. was sonst niemandem auf der Welt außer mir bekannt ist niemandem außer mir.... Alles, alles habe ich im Gedächtnis. Doch siehst Du... Di«, nur Du. mein Herzensjunge, fehlst und wirst nimmer sein! Wie kann ich an'S Schreiben gehen, wenn ich gerade das. das Eine nicht begreife? ES wird mir schwer fallen.... Vielleicht bringe ich eS auch fertig, aber ich zögere und will Dir nur noch sagen, daß ich mich fürchte.... Kann, habe ich nämlich zu schreiben angefangen, kau-!, den ersten Buchstaben geschrieben-- so glaube ich's, so fasse ich aucb alles mit einen, Male.... Und das ist'S, wovor ich mich iürchto... ich begreife, daß nun alles zu Ende ist und daß nie- malS , niemals mehr.... Niemals... törichtes Wort... Der Mensch wird eS ja doch nie erfassen.... Wie soll denn gerade ich eS und von Dir?... Bon Dir... Die heißeste Zeit hast Du Dir gewählt. Schickte eS sich jetzt, davonzugehen? Soviel Arbeit! Wen hast Du ans Deinem Pasteil gelassen V ES schickte sich sicher nicht.... AllcS ist verwaist zurück- geblieben. Bei den Arbeiiern in derWola "*) heißt eS:Wo ist denn Walter geblieben? Hai man ihn etwa erwischt? Warum kommt er nicht?" Öh. Ihr Leute von derWola ", eS hat ihn erreicht und nimmer werdet Ihr denWalter" erblicken.... Und sie fragen nach Dir: Was macht denn unserMIotek"'-), daß man ihn gar nicht mehr zu Gesicht bekommt? Du. mein Mlotek . wirst nnwner über die Weichsel schleichen. Und alle Löcher, Winkel und Seilengäßchcn Warschaus werten umsonst nach Dir ftagcn und sich nach Dir lehnen.... Wieviele Stiefel hast Du dabei zerrissen wieviel Zeit verloren I Wieviele Jahre! Nicht wenige Menschen sind vor unseren Augen auf Abwege gc- raten.... Dich haben alle immer geliebt, und wo eS am schwierigsten war~ da warst Du und hast immer alleS begriffen.... Von uns allen sind nur wenige noch an der Arbeit geblieben: Die einen sind in Sibirien zugrunde gegangen, in den Gefängnissen verfault, die andern hat die Arbeil aufgerieben, sie haben sie nicht er- tragen.... Bon den Allen sind nur wenige geblieben, und daß die Allen die Besten waren. haben wir zwei mehr alS einmal zu ein­ander im Vertrauen gesagi.... Und jetzt, wo wir noch mehr brauchten jetzt bist Du ans imd davon... Haben wir jetzt auch mehr Leute, so haben wir doch auch mehr Arbeit... ES heißt sich beeilen und vieles nachholen hast ja selbst mehr als einmal gesagt, und dennoch bist Du da- von gegangen.... Die schlimmste Zeit hast Du Dir gewählt hättest doch abwarten sollen.... So viele Jahre hindurch haben wir bei der Tenrelsarbeit u»S abgeschunden, haben beide unbeirrt mitten im Getüiiimel gestanden, sodaß wir nie eine freie Minute harten, in der wir nnS umschauen konnten aber dabei hatten wir etwas vorwärts gebrach,.. Oft mußte die Arbeit von einem Tag auf den andern verschoben werden, damit wir nur etwas Zeit fanden. an uns selbst zu arbeiten, sonst hätte man lieber gleich unter den Jakuten in Sibirien verrecken können... Und wie im Urwald sahen wir nirgends die Spuren unserer Arbeit. Nur an den Mensche iwxfcn, konnten wir sie zählen, und ihrer waren nicht wenige.... Wer van uns wußte, was vorging? Weiß jemand, der Steine in die MeercStiefe wirst, wann sie den Grund erreichen? Bei jedem Wurfe spritzt die Gischt hack tuif direkt in die Augen das ist aber auch alles.... Wie aber sah'S in der Tiefe auS? AllcS schien endlos und miabsehbar. Allerdings hotten wir auf Wunder ine gerechnet, nie daran gedacht, selbst das Wunderbars mitzuerleben. So ist'S nun einmal bei uns; der eine säet, der andere erntet und irgend ein dritter erst wird ins Brot beißen. Gab eS mal eine freie Minute, so schwärmten wir scherzend, so werde eS fein oder so.... Es wird fein dabei wußten wir, daß eS nur Hoffnungen ivaren; verstieg sich doch keiner von unS in seinen Träumen so weit, an schnelle Erfüllung zu glauben.... Doch der Moment kam. der daS Licht brachte, das blitzartig die Tiefen unserer Arbeit beleuchtete. ES kam der heiße Kampfes-- sommer. der denkwürdige Sommer. Er kam im letzten Jahre deZ alten Jahrhunderts. Gedenkst Du der Tage de-Z Rausches, der uns alte, geriebene, vorsich'.ige Burschen ergriff und mir sich fortriß? Die Hoffnung flatterte einem märchenhaften Vogel gleich zur Höhe-- zur Höbe und zog unsere Blicke magnetisch an sich. Dann wieder ernüchterten wir unS gegenieiiig. Weißt Du eS noch? Was können wir? Wir sind bereit, aber wie den Anfang machen?" Sehnsüchtig schweifte uin'er Auge zur stillen, schweigenden Grenze im Osten, bis Tränen den Blick verdunkelien. Unser Frohsinn war dahin. Traurig gingst Du einher, erinnerst Tn Dich noch? )Sola", Arbeitervierlek in Warschau . **)Mietet" heißt zu deutsch Hammer�,