Kleines feuilleton. »inftf. Lieder und Balladen. In der täglichen Konzertflut Mhnicn einen besonders breiten Raum die Sänger und Sängerinnen Von Solostücken ein. DieLiederabende" und dieLieder- und Balladenabende erwecken leichl den Anschein, als gäbe» sie ein Bild von dein gegenwärtigen und auch dem früheren Stande des Liedes, der Ballade. Allein ihr Programm ist allermeistenS daraufhin zu- fammengestellt, das wirkliche oder vermeintliche Können des Konzert- gcberS zu zeige» und ihm günstige Beurteilungen einzubringen, die ihm hier oder in der Provinz z» einer Lehrtäiigkeit verhelfen sollen. Indem daS typische Liederprogramm nicist mit älteren italieniscken Arien beginnt und dann Proben auS der Kunstlyrik unserer Klassiker oder unserer Modernen bringt, zeigt es wenigstens eines: den Fort- schritt deS vom Volkslied befruchteren Kunstliedes über den italie- Nischen Bravourgesang hinaus. Wenig mehr als ein Jahrhundert alt, führt dieser Fortschritt nur allmählich durch eine gegen den Text mehr oder weniger rücksichtslose Musik hindurch zu einer wirklich dem Texte gerechten Vertonung. Robert Franz (18 tu 1892) steht hier voran. Seiner Wärme entsprach gut die Innigkeit, mit der vor kurzem Elisabeth S ch u- nr a n n- S o n n t a g ihn und andere Komponisten sang, auch Ivenn ihr Mangel an ausgeglichenem Klang nicht die erwünschte Charakteristik des Inhaltes durch die Kunst der Klangfarben er- nröglichte. Eine llebertragung neuerer französischer Lyrik durch französische Komponisten in Harmonien von einem sozusagen schwebenden Charakter, gipfelnd in C. D e b u s s y(geb. 1862) hörten wir am Mittwoch bei Marie Louise D e b o g i s. Mit hochdramatischer Kraft singt sie am besten grögcre Tongemälde, wie etwaRon Credo" von C. M. W i d o r(geb. 184a). Auch ein Programm, wie es neulich Margarete D ittma r bot, die mit früheren italienischen Sachen begann und.mit späteren deutschen(und französischen) fortsetzte, ist lehrreich; wir freuen uns, eine Sängerin von dem ernsten Können der Genannten zu hören, auch wenn ihre Energie für Schuberts ,, Junge Nonne" nicht zu- reicht, und mit Aufmerksamkeit konnten wir verfolgen, wie da neben den» viclbekannten Hugo Wolf auch ein anscheinend jüngerer Erich I. Wolf zur Geltung kam, dessenFäden" wirklich zarte und dem Wort angemessene musikalische Fäden spinnen. Und nun dieB a I l a d e". die gern in den Titel von Gesangs- konzcrten neben denLiedern" eingefügt wird, nur meist wieder ohne eine Bemühung, über das Geläufigere hinauSziigreisen! Auch Dr. Hermann Brause, der vor kurzem seinen so betitelten Abend gab und am 8. März fortsetzen wird, blieb wenigstens diesmal bei dem wohl hervorragendsten deutschen Balladenkomponistcn, bei C. L o e w e. Natürlich hört man dessen Ton-Erzählungen und die Ton-Lyrik anderer Komponisten gerne wieder, wenn sie von einer so klangvollen, auch im Piano der hohen Töne tragfähigen Baryton- stimme gesungen werden. Aber wir lassen mit unserem Wunsche nachHistorischem" ein- schließlich des Neuesten nicht locker. Jüngste Komponisten scheinen die Ballade nicht zu lieben, obwohl gerade sie noch viel Zukunft hat. Hervorgegangen aus den volkstümlichen Anfängen des Dramas, also auS einer mit Tanz und Gesang dargestellten Handlung, dem Keime desGesamtkunstwerkes", hat das erzählendeTanzlied", die (getanzte") Ballata. sich aus dem Mittelalter bis in unsere Zeit tveikereutfaltet. Vom lyrischen Lied ebenso wenig scharf abgegrenzt, wie sich in ihr Volks- und Kunstgesang abgrenzen, findet sie doch ihre hauptsächliche Ausprägung in dem kurz und hart geformten Sange von» düsteren Verhängnis und ihren wichtigsten Kunstgriff in dem stets gleichlautenden und doch stets anders be° deutungsvollenRefrain". Wie dies zu Goethes Zeit bestimmtere Formen annahm, mit einem Zurückgreifen der Dichter in schottische und andere Vorzeit; ivie unter den Händen von Schillers Freund. Zamstecg, und von Späteren die Stoffe der Leonore und des Erl- königS und dergleichen ihre speziell daSBleibende im Wechsel" faffende Vertonung fanden, bis herauf zu den leider selten mehr ge- hörten Balladen Schumanns und nur spärlich darüber hinaus: daS könnte uns, einschließlichJnstrumentalballaden" von Chopin und anderen, leicht einmal eines unserervolkstümlichen" Konzerte in anschaulicher Vergleichung vorführen. bz. Physikalisches . Sprechende Dynamomaschinen und TranS« formatoren. Zu dem bekannten vom englischen Physiker Duddell entdeckten tönenden Lichtbogen, der unter dem Namen ,, singende und sprechende" Bogenlampe eher bekannt ist, gesellt sich jetzt nach Mitteilungen von Prof. Pcukert in derE. T. Z." die sprechende Dynamomaschine und Transformator. Daß ein Trans- forniator Töne von sich geben kann, davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man i» die Nähe eines der z. B. in Charlotten- bürg zahlreich aufgestellten Transformatorenhäuschen kommt und ein deutliches Brummen vernimmt.(In Berlin ist dies nicht möglich, weil der in Berlin benutzte Strom Gleichstrom ist, während Transformatoren große Blechkernen, die von einer Spule aus Kupferdraht umgeben sind nur bei Wechsel ström erforderlich find.) Prof. Pcukert hat aber durch Experimente festgestellt, daß so ein Transformator direkt als Telephon- Hörer wirkt. Wenn also an irgend einer entfernten Stelle in ein Mikrophon gesprochen wird, so reproduziert der Transformator, der in bestimniter Weise durch die durch das Mikrophon erzeugten Ströme beeinflußt wird, klar und deutlich das Gesprochene. Ebenso verhalten sich unter gewisien Bedingungen Dynamo- Maschinen, die bei einer bestimmten Anordnung sprechen, singen. lachen, überhaupt alle? vom Mikrophon Aufgenommene wiederholen. DieseHörer" oder richtiger Sprecher haben gegen die gewöhnlichen Telephonhörer den Vorteil, daß ihre Töne in einem größeren Räume gehört werden, daß sie also die gegebenen Lautsprecher sind. Die Erklärung dieses interessanten physikalischen Phänomen? dürfte darin zu suchen sein, daß die Eisenmaffcn in Schwingungen geraten, die den Pulsationen der Mikrophonströme entsprechen. Diese Schwingungen teilen sich der umgebenden Lust mit und werden unserem Ohr als Schallwellen vermittelt. Prof. Peukert hat das Prinzip des sprechenden Transformator? auch zur Kon- struktion eines Fernhörers benutzt, der inr Verhältnis zu den jetzt in Gebrauch befindlichen Konstruktionen, die sämtlich auf dem Prinzip der schwingenden Membrane(dünne Haut) beruhen, eine Reihe Vorteile besitzt, die in dem Fortfall dieser Mcm- braue ihre Ursache haben. Vor allem soll die Klangfarbe der Sprache bei der Uebermittelung nicht verwischt werden, dann aber fällt auch daS besonders beim Betrieb mit Zentralbauerien lästig enipsundene und auch gefährliche Krachen der Telcphonmembrane weg. Es scheint daher, ebenso wie der sprechende Lichtbogen in der drahtlosen Tele- graphie und Telephonie praktisch verwertet wurde, der sprechende Transformator keine bloße physikalische Spielerei zu bleiben. Aus dem Pflanzenleben. Die Wirkung deS Windes auf die Pflanzen ist eine sehr mannigfache. Am häufigsten besprochen wird sie mit Rück- ficht auf die Verbreitung der Pflanzen. Millionen von Samen werden, wenn sie sich aus der mütterlichen Frucht loslösen, zum Spiel des Windes, der dadurch zu einer der gewaltigsten und bc- deutsamsten Kräfte für die Besiedelung der Erde durch die Pflanzen geworden ist und bleibt. Der Einfluß deS Windes kann aber auch in vielen anderen Eigenschaften der Pflanzen nach- gewiesen und studiert werden. Namentlich zeigt er sich an Veränderungen des Wuchses und außerdem an dem Ver- lauf der Atmung der Pflanzen. In den letzten Jahren ist eine Reihe wichtiger Arbeiten über diese intereffante Frage erschienen und hat imBotanischen Zentralblatt" eine zusammen- fassende Würdigung gefunden. Was zunächst die Atmung der Pflanzen angeht, so mutz man sich vorstellen, daß bei vollkommen ruhiger Lust die Pflanzen von einer Atmosphäre umgeben sind, die durch ihre eigene Atmung eine Sättigung mit Wasserdampf erfahren hat. So- bald ein Wind einsetzt, treibt er diese Luftschichten fort und ersetzt sie durch andere, weniger feuchte. Dieser Vorgang ist der Pflanze zu einem gesunden Leben genau ebenso notwendig wie frische Luft für den Menschen, denn durch die Anreicherung von Wasserdampf in ihrer Untgebung wird die Atinung der Blätter beschränkt. Daraus ergibt sich freilich auch, daß ein anhaltender trockener Wind eine große Gefahr für die Pflanzen bedeutet, weil dann an ihre Atmung und an die Wasserzufuhr von unten her zu große Ansprüche gestellt werden. Wenn dies in weitgehendem Maße erfolgt, so kann durch Abnahme deS SaftdrnckeS ein allmähliches Absterben der Blattgewebe eintreten, und zioar so, daß sich kleinere oder größere Teile der Blätter braun färben und trocknen. Diese Erscheinung kann an Laubbäumen häufig wahrgenommen werden. Dem eigent- lichen Vertrockenen der Blätter geht das Welken stets voraus; dieses braucht aber nicht unbedingt zum Ab- sterben zu führen, wenn nur mittlerweile die Wasser- Versorgung von der Wurzel auS wieder einen genügenden Grad erreicht. Diese Erscheinung kann also auf der Windwirkung beruhen, aber freilich auch durch andere Einflüsse von außer her herbeigeführt iverden, insbesondere wie allbekannt, durch Hitze. In diesem Falle kommt sie natürlich im Sommmer vor und zeigt sich als..Sommerdürre", die um so stärker wird, Ivenn mit großer Wärme und Lufttrockenheit eine verhälnismäßig starke Lustbewegung verbunden ist. Ein klassisches und recht unerfreuliches Beispiel von Sommerdürre brachte, namentlich für die Umgebung von Berlin das Jahr 1904. das wenigstens den Botanikeni gestattete, am Welken und Vertrocknen der Laubblätter zu ungewöhnlicher Jahreszeit eingehende Studien zu machen. ES läßt sich aber auch ohne weitere Erklärung verstehen, daß der Wind durch seine austrocknende Wirkung einen belebenden Einfluß auf die Pflanze ausübt, indem die zur Aufiiahme und Verteilung des Boden- wasserS bestimmten Organe dadurch angereizt und leistungsfähig er- halten werden. Wenn ein Blatt infolge des WindeS gewelkt ist, so läßt sich diese Ursache daran erkennen, daß die Beschädigung der Blätter hauptsächlkch auf ihren Rand beschränkt ist. Nach den Unter- suchungcn von Hansen wird diese Folge gerade durch einen schwachen, aber beständigen Wind herbeigeführt, während starke Winde zum Zerreißen der Blätter und damit zu ganz anderen Beschädigungen stihren. ES ist sogar gelungen, diesen Vorgang durch Experimente im Laboratorium nachzuahmen und dadurch die hohe Bedeutung einer mäßigen, aber hartnäckigen Luftströmung für die Pflanzen ins rechte Licht zu setzen. kerantw. Rcdakt.: SarlWermuth, Bcrlin-R ixdorf.Druck u. Verlag: Vorwärt« Buchdruckerei u.BerlagSanstalt Paul Singer ScEo..BerlinLVk.